Beiträge von zwergerl

    Ihr habt hier ein sehr wichtiges Thema aufgegriffen - vielleicht kann ich ein bisserl helfen...


    Ihr könnt mal hier schauen: http://www.capitombolo.de/info.html


    Auf dieser Seite findet Ihr eine breite Palette an Büchern zu diesem Thema, aber auch sonst noch eine breite Palette an Informationen zu sexuellem Mißbrauch bei Kindern.


    Besonders schön finde ich das Buch "Schön und Blöd" und "Das kleine und das große Nein".


    VG
    Zwergerl

    Kurzbeschreibung:


    Vialla lebt in einem Dorf umgeben von Wald und ist nun im heiratsfähigen Alter. Zusammen mit den anderen Mädchen reist der Brautzug in ein anderes Dorf. Dazu müssen sie jedoch den gefährlichen Weg durch die Wälder auf sich nehmen und den wilden Wald meiden - dieser ist sehr gefährlich.
    Im nächsten Dorf warten bereits die Bräutigame auf den Brautzug. Hier trifft Vialla auf Romaro. Die beiden verlieben sich schnell ineinander und wissen, dass sie füreinander bestimmt sind. Ihre Heirat darf jedoch, aus einem nichtigen Grund, nicht zustande kommen. Vialla weigert sich einen anderen Mann zu wählen und zieht mit ihren Eltern wieder in das Heimatdorf zurück. Tief ist die Entäuschung, dass Romaro schweigend gegangen ist und sich von ihr nicht einmal verabschiedet. Die Trauer hält an bis Romaro eines Tages bei ihr ankommt. Da die Hochzeit der beiden in keinem der bekannten Dörfer erlaubt werden würde, beschließen die beiden zu fliehen und in einem fremden Dorf zu heiraten. Dabei verirren sie sich und geraten in den wilden Wald.
    Sie gelangen zu einem See. An diesem See sieht Romaro eine wunderschöne Frau stehen, die ihn lockt und ihn umgehend verzaubert. Er läßt Vialla stehen - so sehr begehrt er diese Frau und folgt ihr in das Schloß, das nun plötzlich vor seinen Augen auftaucht und alles zeigt, was er sich sehnlichst wünscht. Vialla jedoch sieht das wahre Wesen: ein blaues Monster, das den See braucht, um sich zu nähren und nach Liebe dürstet. Sie versucht Romaro zu warnen, ihn zurückzuhalten, doch Romaro verschwindet in der alten Weide. Nun beginnt Viallas hilfloser Kampf gegen das Monster. Doch sie kann nichts ausrichten. Romaro bleibt geblendet und getäuscht. Bis er dem Tode nahe ist.
    Das Monster kündigt an, daß Vialla die nächste sein wird und noch während sie widersspricht nimmt das Monster kurz die Gestalt des schönsten Jungen an, den sich Vialla vorstellen kann. "In diesem Augenblick brach ihr Herz für immer".
    Romaros Todestag naht und somit steigt auch die Gefahr für Vialla, ebenso ihr Leben zu verlieren.


    Bewertung:
    Ein wundervolles Buch zu einem Thema, das man sonst nur in Beziehungsratgebern finden kann. Die Buchhändlerin, die es mir vorstellte, meinte: ein Buch, das jede Frau egal welchen Alters gelesen haben sollte. Was Lilli Thal hier beschreibt ist das immer wiederkehrende Thema, daß Liebe oft einer Täuschung unterliegt, gegen die der Liebende jedoch resistenz ist. Auch wenn für die Umwelt so klar ist, dass die geliebte Person kein netter Mensch ist, sondern ein saugendes Monster sein kann, das einen nie mehr losläßt. Gekonnt und vielschichtig beschreibt sie, wie sich die Liebe anfühlt, wie sich Liebeskummer anfühlt, wie man ihn erträglich macht um weiterzuleben und wie blind die Liebe machen kann. Variantenreich gestaltet sie die Auseinandersetzung Viallas mit dem blauen Monster. Sie erkennt sein Wesen, sucht seine Schwachpunkte und stellt indirekt dar, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind, wenn sie um jeden Preis blenden wollen, um geliebt zu werden. Und wie hilflos eine echte tiefe Liebe sein kann, wenn der andere die Blendung nicht erkennt und der Lust, die ein solch anziehendes Wesen ausstrahlt, stets nachgibt. Es spricht auch alle Fragen der Liebe an: wie weit darf Liebe gehen, wann geht es nicht mehr um Liebe, sondern um Grausamkeit. Dabei wird auch die Seite der hilflos Liebenden beleuchtet: der Fluchtinstinkt und der Drang zu bleiben, die Bemühungen, das Leid zu beenden. Zudem zeigt es auch auf, daß auch eine echte tiefe Liebe und Beziehung niemals davor gefeit ist, zu kippen oder zu scheitern.


    Für mich das Jugendbuch 2007 :tipp:


    Dann würde mich interessieren, wie Du Schuld ohne Sünde definierst ;).


    Ganz einfach - damit wir uns schuldig fühlen, brauchen wir keine Sünde, sondern nur das Gefühl, einer Sache nicht gerecht zu werden, der wir aber für jemand anderen gerecht werden sollten - die Kirche arbeitet zwar nach diesem Prinzip, aber erfunden hat sie es mit Sicherheit nicht - und deshalb auch keine copyright darauf.


    Hier ist ein Auszug aus Kafkas Brief an seinen Vater - diesem kann man sehr gut entnehmen, woher seine Schuldgefühle kommen, gegen die er sich stets gewehrt hat und die Abneigung gegenüber Autoritäten hat hier wohl auch seine Ursache:


    Liebster Vater,


    Du hast mich letzthin einmal gefragt, warum ich behaupte, ich hätte Furcht vor Dir. Ich wußte Dir, wie gewöhnlich, nichts zu antworten, zum Teil eben aus der Furcht, die ich vor Dir habe, zum Teil deshalb, weil zur Begründung dieser Furcht zu viele Einzelheiten gehören, als daß ich sie im Reden halbwegs zusammenhalten könnte. Und wenn ich hier versuche, Dir schriftlich zu antworten, so wird es doch nur sehr unvollständig sein, weil auch im Schreiben die Furcht und ihre Folgen mich Dir gegenüber behindern und weil die Größe des Stoffs über mein Gedächtnis und meinen Verstand weit hinausgeht.


    Dir hat sich die Sache immer sehr einfach dargestellt, wenigstens soweit Du vor mir und, ohne Auswahl, vor vielen andern davon gesprochen hast. Es schien Dir etwa so zu sein: Du hast Dein ganzes Leben lang schwer gearbeitet, alles für Deine Kinder, vor allem für mich geopfert, ich habe infolgedessen »in Saus und Braus« gelebt, habe vollständige Freiheit gehabt zu lernen was ich wollte, habe keinen Anlaß zu Nahrungssorgen, also zu Sorgen überhaupt gehabt; Du hast dafür keine Dankbarkeit verlangt, Du kennst »die Dankbarkeit der Kinder«, aber doch wenigstens irgendein Entgegenkommen, Zeichen eines Mitgefühls; statt dessen habe ich mich seit jeher vor Dir verkrochen, in mein Zimmer, zu Büchern, zu verrückten Freunden, zu überspannten Ideen; offen gesprochen habe ich mit Dir niemals, in den Tempel bin ich nicht zu Dir gekommen, in Franzensbad habe ich Dich nie besucht, auch sonst nie Familiensinn gehabt, um das Geschäft und Deine sonstigen Angelegenheiten habe ich mich nicht gekümmert, die Fabrik habe ich Dir aufgehalst und Dich dann verlassen, Ottla habe ich in ihrem Eigensinn unterstützt und während ich für Dich keinen Finger rühre (nicht einmal eine Theaterkarte bringe ich Dir), tue ich für Freunde alles. Faßt Du Dein Urteil über mich zusammen, so ergibt sich, daß Du mir zwar etwas geradezu Unanständiges oder Böses nicht vorwirfst (mit Ausnahme vielleicht meiner letzten Heiratsabsicht), aber Kälte, Fremdheit, Undankbarkeit. Und zwar wirfst Du es mir so vor, als wäre es meine Schuld, als hätte ich etwa mit einer Steuerdrehung das Ganze anders einrichten können, während Du nicht die geringste Schuld daran hast, es wäre denn die, daß Du zu gut zu mir gewesen bist.

    Bei keinem Schriftsteller, auch bei Kafka nicht, ist es so, dass jeder einfach drin finden kann, was ihm passt oder ihn spiegelt ... ;)


    Wenn Du diese Aussage generell nimmst, dann hast wohl recht, man kann nicht jeden Autor so interpretieren, wie man möchte. (Andererseits halte ich gleich noch entgegen, daß wir immer stets das lesen, was wir verstehen können, weil es in unserem Horizont liegt.)


    Aber gerade bei Kafka liegt mir Moosbummerls Aussage näher. Kafka fordert, so stark wie ich es von keinem anderen kenne, dazu auf, seine eigenen Vorstellungen mit in das Geschriebene zu legen. Wenn ich mir so seine Biographie anschaue, dann macht das auch Sinn. Lange Zeit drehte er sich um sich selbst - nahm immer wieder andere Standpunkte an in seinen inneren Kämpfen. (Von diesen Kämpfen ahnten die meisten wohl nicht einmal etwas, war er doch ein liebenswürdiger, aufgeschlossener und herzlicher Zeitgenosse)


    Die Sünde selbst sehe ich bei Kafka auch eigentlich nirgends. Wohl aber die Schuldgefühle. Es gibt einen wunderschönen Brief von Kafka an seinen Vater, in dem er diese Schuld zurückweist. Das Thema gegleitete ihn, aber ich kenne jetzt nichts von ihm, in dem er die Schuldgefühle zur allgemeinen Sünde transportiert hätte.

    Hallo Phil,


    dieses Zitat von Kafka kenne ich, weiß aber die Quelle nicht. Aber es gibt ein Zitat: Mein Leben habe ich damit verbracht, mich gegen die Lust zu wehren, es zu beenden. - das stammt aus den Fragmenten und den losen Schriften.


    LG
    Zwergerl

    nun, wie viele andere hier hab ich es auch getan - dieses Buch als Hardcover gekauft. Normalerweise tut mir das hinterher immer leid. Aber hier nicht.


    Es ist seltsam: dieses Buch hat mich sehr tief berührt. Es ist viele Jahre her, daß ich am Ende eines Buches weinen mußte, als Kind einmal bei Black Beauty. Aber hier war es tatsächlich so: ich mußte die letzte Seite dreimal hintereinander lesen und, keine Ahnung warum, mir liefen dabei die Tränen runter. Nicht weil ich traurig war, einfach nur so. Es war fast so, wie er beschreibt: irgendwann bringt dieser Weg alle zum Heulen.


    Es ist leicht und locker geschrieben, es enthält keine Moralpredigten, keine anbiedernden mystischen Erlebnisse, es setzt nicht eine bestimmte christiliche Lebenshaltung voraus. Es ist menschlich und ehrlich.

    Obwohl ich das Buch an sich für vollkommenen Blödsinn halte, macht es mir trotzdem Spaß :eis:. Nach einigen der Tipps habe ich gar kein Bedürfnis. Ich finde es schön, bestimmte Lebenszyklen lang Dinge anzuhäufen, die damit verbunden sind, aber dann, irgendwann kommt der Zeitpunkt, da merkt man: die Zeit ist jetzt einfach vorbei und man wirft die Dinge weg. Und so lange meine Fußböden frei sind :breitgrins: und der Schrank nicht überquillt ist mir das herzlich egal. Das gilt auch für die Papiere: zweimal im Jahr setze ich mich auf den Fußboden und sortiere, dann wandert alles in die Ordner. Dinge, die zu erledigen sind, werden erledigt. Aber auch hier habe ich nicht das Problem, in Unwichtigem zu ertrinken, sondern setze logische Prioritäten - insofern macht mir das Buch einen Heidenspaß, weil es mir zu Dingen rät, von denen ich nie auf die Idee gekommen wäre, daß man sie brauchen könnte :zwinker:


    Was mich aber wirklich berührt hat, war der Satz: beschäftigen sie sich eine Stunde am Tag mit ihren Träumen (also mit den Dingen, die man sich wünscht) Ja, hier habe ich jetzt ein bisserl entrümpelt: Gedanken an "Funktionen und Funktionierendes" ein bisserl raus und einfach nur mal träumen. Und da sind mir echt schon super Ideen gekommen


    Und dann gab es auch den Satz so in etwa: Menschen, die dazu neigen, Dinge unbeendigt zu lassen, lassen auch alles liegen. Wenn sie im Auto gegessen haben, dann bleiben die Verpackungen drin. :redface: - Da ich oft sehr viel im Auto bin ist mein Auto wirklich voll. Und ich bin einfach zu praktisch, um jedesmal das Auto aus- und wieder einzuräumen. Das ist wirklich Geschleppe: Einsatzsachen rein, Einsatzsachen raus, Helme und Stiefel rein, Helme und Stiefel raus, dazwischen ein paar Kurse halten, in den Sport gehen, Hundefutter mitführen... wenn ich hier Ordnung halten wollte, würde ich mehr Zeit mit räumen verbringen, als ich hätte, abgesehen davon, daß es tierisch nervt. Und inzwischen haben sich alle daran gewöhnt, daß sie mir sagen müssen, wie viele Leute mitfahren, damit ich Raum schaffen kann. :engel:


    Ja, genau über diesen Satz, den Du hier hingeschrieben hast, denke ich immer noch nach und bin mir gar nicht so sicher, ob meine Interpretation von oben da so stimmig ist. Mir scheint eher nein. Würde sonst dieser Satz fallen? Aber ich habe mir überlegt, daß sie vielleicht tatsächlich der Meinung ist, daß sie als emanzipierte Frau nicht wirklich in die Gesellschaft paßt und sie denkt vielleicht tatsächlich, daß sie, so wie sie grad spinnt, sozusagen, kein Anrecht auf die Kinder hat....


    Was meinst Du? Klingt für mich logischer...

    danke, daß Du den Fehler vor mir gesehen hast - manchmal ist man einfach betriebsblind


    Dramen habe ich von ihm noch nicht gelesen - aber zum Teil die Lyrik und gerade seine Liebeslyrik berührt mich auch sehr tief. Aber ich schau mir mal ein Drama von ihm an, dann kann ich auch mitreden


    :winken:

    hab gschaut, aber nix dazu gfunden.


    Nun, ein herrliches Buch - bin absolut begeistert.
    Zuerst vielleicht kurz die Novellen


    Der fünfte Oktober
    ...beschreibt einen Aufstand des Hungers in Paris. Beschreibt das Kippen einer Menschenmenge in die Raserei.


    Der Irre
    ...wird aus der Haftanstalt entlassen. Er beschreibt, wie skurril ihm die ganzen Irren dort erschienen, wie sehr er darunter gelitten hat, unter diesen Irren zu sein. Man denkt, er selbst wäre normal, glaubt an einen Irrtum. Dann laufen ihm zwei Kinder über den Weg, er bringt sie um. Seine Motivation ist klar, er mag sie nicht. Dann kommt eine Frau - sie selbst ist schuld, daß sie nicht weiß, daß es hier Raubtiere gibt. Ein alter Mann kann entkommen. Die Geschichte gipfelt in dem völligen Ausrasten des Irren und er wird erschossen.


    Die Sektion
    ...Ärzte sezieren einen Toten, dem Heym noch die Seele hinzufügt.
    Jonathan
    ...eine Krankengeschichte. Jonathan liegt in eine Krankenhaus, seine Beine sind zu behandeln. Er leidet unter der Einsamkeit in dem Krankenzimmer. Einmal hat er die Möglichkeit, dem quälenden, verhaßten Schweigen und dem Zurückgeworfensein auf sich zu entfliehen, da er mit einer Zimmernachbarin sprechen kann. Dann wird die Tür wieder verschlossen, er auf sich zurückgeworfen. Am nächsten Tag müssen beide Beine amputiert werden...


    Das Schiff
    ...die Pest erscheint in Gestalt einer Frau und rafft eine ganze Schiffscrew hin - es ist das Grauen schlechthin


    Ein Nachmittag
    ...schildert die Enttäuschung einer jungen Liebe und zeigt ganz herrlich auf, wie unterschiedlich die Liebe gleiche Dinge anders erscheinen läßt


    Der Dieb
    ...raubt die Mona Lisa - zwischen ihm und ihrem Lächeln herrscht eine tiefe Haßliebe. Die Geschichte beruht auf dem Diebstahl des echten Gemäldes 1911.


    Ein wundervolles Buch. Heym schildert dunkel, düster, beschreibt das Grauen und das Grauenhafte meisterhaft. Mit Schmerz kennt er sich aus. Die Geschichten pendeln zwischen der Beschreibung und der Handlung, beides würde ich als gleich raumnehmend bezeichnen. Es ist nicht die Handlung, die fasziniert, es ist der Nebel, das schwarze Tuch, das Gespenstische, das so sehr fasziniert. Diese Stimmung kenne ich ein bisserl von Kafka, von Gogol (Der Mantel) und von E.T.A. Hoffmann. Wer diesen Stil, die Abgründe ab und an mag, kommt hier voll auf seine Kosten. Das Gefühl der Endzeit ist wunderbar vermittelt.


    Ich würde hier 4ratten geben, aber nur aus persönlichen Gründen - die erste Geschichte war nicht so meins - mir hat das Szenario nicht gefallen, aber besonders Der Irre, Jonathan und Ein Nachmittag gingen mir sehr unter die Haut

    Du hast Recht - ich finde das Ende auch etwas überspitzt (und Noras Wandel um 180 Grad innerhalb ein paar Zeilen auch). Aber, seltsamerweise, sonst bin ich hier sehr streng, würde ich es dennoch gelten lassen - mir scheint, daß hier eine Art Zeitraffer wirkt. Denn dass Nora geht ist die einzige logische Konsequenz (zumindest innerlich geht, das äußere braucht es halt für das Drama und ihr Mann hätte sich und seine lerchenhafte Einstellung zu seiner Frau wohl nie geändert, das wäre ein ständiger Kampf geworden), nur dauern solche Prozesse in der Regel sehr lange, vom Erkennen bis zur Durchführung. Das Zurücklassen der Kinder ist mir auch nicht ganz klar, das kann ich mir nur so erklären, daß Nora sich bewußt ist, daß sie gegen alle gesellschaftlichen Regeln verstößt und da ihre Kinder nicht mit reinziehen will. Ich weiß nicht genau, wie eine Frau in dieser Zeit in der Gesellschaft ge- oder verachtet wurde, die ihren Mann sitzen läßt.


    Und die Männer: ja, Helmer kommt auf jeden Fall schlecht weg. Der ist aber auch eine "laare Hosn" wie wir sagen :lol:. Der Krogstedt ist wohl eher ein Schurke aus Mangel an Liebe - diese Figur find ich am wenigsten spannend. Aber Rank, der gefällt mir sehr gut, das ist ein Mann mit Biss, geradlinig und treu zu sich und seiner Umwelt - eigentlich der Spiegel zu Nora. Eigentlich auch ihr Vertrauter, er kennt sie wohl am besten.... und sie geht am Ende ja auch in seine Richtung.

    @Lidscha
    Deine Meinung zu Ibsens Nora kann ich nur unterschreiben - und würde gerne noch einen Aspekt hinzufügen: Nora eignet sich prima für Frauen mit Liebeskummer, ist Balsam für die, die noch heute neben dem Telefon sitzen und warten, zu sehr im Gegenüber hängen, sich zu sehr aus der Hand geben und nicht zu dem stehen, was sie wollen. Eine wunderbare Schocktherapie. Dieses Stück öffnet einem die Augen - irgendwie erinnert mich die Botschaft, auf moderne Weise gesehen, an Ildiko von Kürthy.
    Und wunderbar, wie er aufzeigt, wie gern man in seine eigenen Fallen rennt: Nora, die alles ignoriert und wirklich nur ein lustiges Püppchen ist oder eine trällernde Lärche, ganz Eigentum des Mannes und im Gegenzug ihre alte Jugendfreundin Christine, die "sich nie wieder an einen Mann verkaufen würde" und im gleichen Augenblick genau dies wieder tut. Ihre Vorstellungen von dem Verhalten der Frauen und ihren Aufgaben sind einfach zu tief und zeigen schön auf, daß man nie den eigenen Horizont so weit verlassen kann, um alle Fallen zu vermeiden.

    Ein wunderbares Stück, schon etliche Male gelesen, immer wieder empfohlen und, in zweierlei Hinsicht hochmodern.

    An den Prozeß von Kafka kann ich mich noch sehr gut erinnern - ist aber x Jahre her. Noch tiefer ging für mich die Verwandlung. Aber Kafka ist ein Meister der eindeutigen Zweideutigkeit, er überzeugt mit der Vielzahl an Interpretationsmöglichkeiten, wie ich finde. Allein der erste Satz des Buches geht, wie ich finde, sehr unter die Haut: jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne, daß er etwas Böses getan hatte, wurde er eines Morgens verhaftet. Ich finde, hier spiegelt sich wunderbar seine eigene Dualität heraus - die hilflose, rettungslose Verzweiflung, die sich wohl aus seinem Verhältnis zu seinem Vater und seiner Geschichte spiegelt und die große Menschenfreundlichkeit, der Glaube an Menschenfreundlichkeit und Gerechtigkeit schlechthin. Viele beschreiben ihn als vergnügten, ja heiteren Menschen, der stets hilfsbereit war. Setzt man diese beiden Teile zusammen, ergibt sich daraus eine fast unglaubliche menschliche Kontur - das ist es, was mich an Kafka so sehr fasziniert. Und immer wieder sind es diese Einzelbilder, sei es, im Roman eingegliedert, sei es in kurzen kleinen "Anekdoten", die diese Dualität spiegeln.

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Hallo,


    das hier ist jetzt mein erster Beitrag (hoffe, es paßt alles, rein formal, wenn nicht, dann sagt es mir bitte). Hab auch bisher hier zu diesem Buch nichts gefunden.


    hab mir jetzt grad mal von Peter Leuschner das Buch Hinterkaifeck vorgenommen, das Buch, das die Vorlage für den Roman Tannöd war und wo nun bald der Plagiatsprozeß ansteht. Interessant finde ich das schon. Liest man den Roman Tannöd, dann betrachtet man die Schreibkunst von Frau Schenkel und kann dem vielleicht noch einen eigenen Stil abgewinnen. Liest man dann jedoch als Ergänzung das Buch HInterkaifeck, schwindet die Eigenleistung von Frau Schenkel plötzlich auf den Nullpunkt.


    Peter Leuschner hat sich die Mühe gemacht und Berge an Akten sortiert, die zu der Zeit, als er das Buch geschrieben hat, nur ihm zugänglich waren. Es ist journalistisch eine sehr gute und sauber recherchierte Arbeit, mit viel Liebe zum Detail gewürzt mit einer Prise Phantasie. Der Mord an sich, zum Beispiel, also das Ereignis, zu dem es ja keine Akten geben kann, sowie die Reihenfolge in der die Morde verübt werden, müssen von ihm frei geschrieben sein. Auch beschreibt er sehr detailliert die Abläufe im Haus der Hinterkaifecker kurz vor dem Mord.


    Zudem hat er Fotomaterial zusammengetragen, das den Ort des Geschehens dokumentiert.


    Nun, ich werde weiterlesen und Euch berichten, wie er dieses Buch weiter bearbeitet. Und dann wird wohl irgendwann der Prozeß angehen, den ich, soweit möglich, gerne verfolgen möchte.


    [size=1]EDIT: Amazonlink eingefügt. LG, Saltanah[/size]