Beiträge von Ati

    Zum Buch /Meine Meinung


    Ein schwarzer, mit weiß-silbernen Ornamenten und einem Siegelring verzierter Schutzumschlag, über den sich ein rot-glänzendes Band – könnte auch ein Tuch sein – schlängelt, schützt die gebundene Hardcoverausgabe. Sieht (für mich) spannend aus und wer den Klappentext liest, kann ebenfalls neugierig werden.


    Dementsprechend groß waren meine Erwartungen, mit denen ich an den Roman herangegangen bin. Die von Trussoni kunstvoll verwobenen Beschreibungen der Engel wie der Angelologen zogen mich anfangs in ihren Bann, verlangten dann aber zunehmend Durchhaltevermögen. Eine mehrmals gelesene Einstufung in das Genre Krimi/Thriller hat mich anfangs zudem etwas irritiert. Denn, obwohl Mord, Entführung und der Kampf ums Überleben thematisiert werden, passt Trussonis Roman für mich nicht in dieses Genre hinein und ich würde ihn eher im Fantasybereich ansiedeln. Doch zum eigentlichen Inhalt.


    Die Nephilim, aus der altisraelischen Mythologie als riesenhafte Mischlinge aus männlichen Götterwesen und Menschenfrauen bekannt, tauchten bereits in Texten aus dem Entstehungsprozess der Bibel auf. Obwohl die apokryphen Texte selbst nicht aufgenommen wurden, findet man die Erwähnung der Nephilim im ersten Buch Mose 6, 5. Sie sollen von großer Boshaftigkeit und die Vorfahren der Riesen der Vorzeit gewesen sein.


    Gemäß Trussonis Roman leben sie beispielsweise noch in New York mitten unter den Menschen, obwohl diese in den seltensten Fällen etwas davon ahnen. Sie wurden über die Jahrhunderte hinweg von Angelologen bekämpft, weil sie für das Böse in dieser Welt stehen. Und sie wollen unbedingt in den Besitz eines göttlichen Instruments kommen. Einer Leier, die die Welt für immer ins Verderben stürzen könnte, sollte sie in die falschen Hände geraten. Aus diesem Grund sind auch die Angelologen hinter dem Instrument her. Doch genau genommen weiß von den Nephilim weder jemand, wie besagte Leier wirklich funktioniert, noch wo sie gerade ist. Nur so viel ist bekannt: Abgesehen davon, dass sie denjenigen, der sie betrachtet, in ihren Bann zieht, kann sie die im Laufe der Zeit durch ihre Vermischung mit den Menschen degenerierten Nephilim heilen. Es gibt beziehungsweise gab mehrere göttliche Instrumente, doch diese eine Leier ist es, die ein mitleidiger Erzengel den ins Innere der Erde verbannten, verdammten und gestürzten Engeln (den Vätern der Nephilim) gebracht hat.


    Die Nonne Evangeline, deren Mutter und Großmutter bereits als Angelologen tätig waren, wird durch eine einfache Anfrage mit der Bitte um Einsicht ins Klosterarchiv in diesen jahrhundertealten Kampf hineingezogen und erfährt stückchenweise Dinge, die bis dahin unvorstellbar für sie waren. Dinge, die ihr peu au peu offenbaren, dass sie weit mehr ist als eine bloße Nonne, die ihr Leben ihrem Gott und dem Kloster gewidmet hat. Ebenfalls ohne sein bewusstes Zutun wird der junge Collegedozent Verlaine, der sich nebenbei mit Beratertätigkeiten über Wasser hält und schwarz für Auktionshäuser tätig ist, in die Sache hineingezogen. Und da ist noch Percival Grigori, der Auftraggeber von Verlaine. Für Menschen ein reicher Geschäftsmann, doch in Wirklichkeit ein dem Tod geweihter Nephilim. Von seiner eigenen Familie wegen seiner krankheitsbedingten Schwäche verachtet, versucht er über Verlaine Informationen zu bekommen, die ihn letztlich zu der begehrten Leier führen sollen.


    Soweit so gut, die Idee klang (und klingt) faszinierend, keine Frage. Die Umsetzung ist jedoch etwas anderes.


    Das Buch selbst ist in drei Teile – Sphären genannt – gegliedert. Der Erste zog mich, wie eingangs erwähnt, in seinen Bann. Doch bereits darin stört eine stilistische Kleinigkeit. Durch die in Klammern geschriebenen Jahreszahlen wirken bestimmte Passagen wie ein Lexikaeintrag oder wie ein Auszug aus Archivunterlagen. Über dieses Manko hilft zu diesem Zeitpunkt jedoch noch der plakative Schreibstil der Autorin hinweg. Dieser führte dazu, dass ich mich rasch in die Umgebung der Geschichte einfinden konnte. Die Hauptfigur Evangeline kann trotz ihrer Zugehörigkeit zu der etwas angestaubt wirkenden Klostergemeinschaft, durchaus als modern bezeichnet werden. Allerdings scheint sie die Einzige zu sein, die so zeitgemäß ist.


    Mit Beginn des zweiten Teils versiegte die anfängliche Begeisterung jedoch rasch. Dieser Abschnitt der Geschichte zieht sich zu sehr in die Länge. Das dürfte daran liegen, dass sich diverse nur leicht variierte thematische Wiederholungen darin finden. Erschwerend tauchen gewisse Bezeichnungen (Angelologen und Liebe betreffend) mit geradezu penetranter Regelmäßigkeit auf und der bisherige, positiv-plakative Stil bekommt einen künstlich hervorgerufenen, gefühlsbeladenen, ja überladenen Touch. Evangeline, Verlaine und Percival werden nahezu durch die sterbenskranke Nonne Celestine verdrängt. Diese erzählt Evangeline rückblickend vom Europa des 2. Weltkriegs und einer Expedition (die zu konkreteren Hinweisen auf den Aufenthaltsort der Leier und dem eigentlichen Fund beziehungsweise deren Sicherstellung führte). Leider liest sich Celestines Erzählung wie ein abgewandelter Vortragstext. Ihre vermeintlich „tiefe“ Liebe zu einer Studienkollegin oder auch ihren Professoren, ihre Überzeugung für die Sache an sich; all das straft sich selbst Lüge, durch ihr Verhalten und Denken. Sympathie oder Verständnis kam bei mir weder für Celestine noch für die erzählerisch heraufbeschworenen Angelologen auf. Vielmehr stellte sich frühzeitig die Frage, ob es nicht besser wäre, wenn diese einfach die Finger von allem gelassen hätten. Zu offensichtlich wissen die Nephilim selbst gar nicht, wo sie suchen sollen. Sie heften sich einfach an die Fersen der Angelologen.


    Im zweiten Teil kristallisiert sich auch zunehmend heraus, wie Evangelines Familie (Mutter, Großmutter und ihr inzwischen verstorbener Vater) in die Sache verstrickt ist. Auch dieser Part der Geschichte fordert dem Leser einiges an Durchhaltevermögen ab. Bis es soweit ist, muss Evangeline eine Art Puzzle lösen, welches ihre Großmutter initiiert hat. Dies hat mich ganz für sich allein genommen fast dazu gebracht hat, das Buch beiseitezulegen. Die Logik der anscheinend immensen Dringlichkeit der Sicherstellung der Leier verpufft angesichts der beschriebenen Inszenierungen. Obwohl auch dieser Buchteil durchaus eine eigene Faszination haben mag, empfand ich den Wechsel zu abrupt, zu unpassend und einfach zu langatmig.


    Der dritte Teil bringt Trussonis LeserInnen dann wieder in die Jetztzeit. In den noch immer anhaltenden Versuch der Nephilim in den Besitz der Leier zu kommen und in Evangelines und Verlaines Versuch, genau das zu verhindern. Was nur zu gelingen scheint, wenn sie die einzelnen Teile der im Zweiten Weltkrieg in die Staaten verbrachten Leier wiederfinden. Auch diese Suche gestaltete sich für mich eher wie eine schlecht organisierte Schnitzeljagd. In diesem Teil wird Evangelines Geheimnis und ihre Verbindung zu dem sterbenskranken Nephilim Percival Grigori gelüftet. Zumindest für die, die es noch nicht geahnt haben.


    Ich kann weder sagen, dass Trussonis Schreibstil mich absolut begeistert noch völlig abgeschreckt hat. Nur dass ich stellenweise fast dachte, zwei verschiedene Autoren hätten an diesem Roman mitgewirkt. Der ist nicht wirklich schlecht, wirklich gut jedoch auch nicht. Das Verhältnis des ersten und dritten Teils zu Teil zwei ist wenig ausgewogen, die Übergänge zu wenig fließend. Das mürbe machende Versteckspiel um die Leier ist von so vielen kompliziert wirkenden und sich dann doch einfach schrecklich leicht lösenden Zufällen gespickt, dass die im zweiten Teil abrupt verlustig gegangene Spannung in dritten Teil nicht mehr aufkommen kann. Der Schluss birgt, obwohl gut angedacht, auch keine Überraschung, da sich bereits lange zuvor eine zunehmende Vorhersehbarkeit der Handlung eingeschlichen hat. Endet die Geschichte nach 600 Seiten? Nein, nicht wirklich. Sie deutet fast schon auf einen Folgeband hin.


    Fazit


    Alttestamentarische Engelszuordnungen nehmen leider die Spannung, obwohl sie durchaus interessant sind. Mir wurde beim Lesen wieder einmal bewusst, das die Begriffe Gut und Böse lediglich eine willkürlich getroffene Definition von Menschen darstellen. Mord bleibt Mord, ob er nun von den „bösen“ Engeln oder von den „guten“ Angelologen begangen wird. Ich habe mir nach dem, was ich im Vorfeld gelesen hatte, mehr von dem Roman versprochen und würde auf einer Skala von 1 bis 5 Punkten allenfalls 3 Punkte vergeben.


    Copyright © 2011 by Antje Jürgens
    3ratten

    Spencer Quinn - Bernie & Chet
    Originaltitel: Dog on It
    Penhaligon Verlag
    ISBN 978-3764530709
    ISBN 3764530707
    Krimi
    Deutsche Erstausgabe 2011
    aus dem Englischen übersetzt von Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck
    Umschlaggestaltung Hilden Design München
    Taschenbuch, 352 Seiten
    [D] 19,99 €


    Verlagsseite http://www.randomhouse.de/weba…/webarticle.jsp?aid=24903


    Zum Autor:


    Spencer Quinn ist ein Pseudonym des am 28.06.1947 in Boston geborenen Autors Peter Brian Abrahams. Bevor er zum Schreiben kam, arbeitete er bei Radio und Fernsehen. Für seine unter dem Namen Abrahams veröffentlichten Kriminalromanen erfolgten Nominierungen für den Edgar Award. 2005 gewann er für den ersten Teil der Echo-Falls-Serie den Agatha Award für das beste Kinder-/Jugendbuch. Abrahams war unter anderem am Drehbuch für den 1996 entstanden Film „The Fan“ beteiligt. Er mag die Musik von Louis Armstrong, den Film „China-Town“ und bezeichnet sich als glücklichen Menschen, dessen größte Herausforderung es war, vier glückliche Kinder zu erziehen. Mit diesen, seiner Frau und seiner Hündin, lebt der Autor auf Cape Cod. Auf die Idee zu dem Roman „Dog on It“ kam er durch seine Frau.


    Zum Buch / Meine Meinung


    Katzenkrimis sind mir schon einige untergekommen, Hundekrimis weniger. Mit Bernie & Chet liegt der Erste vor mir und ich kichere immer noch, wenn ich gedanklich die eine oder andere Passage rekapituliere. Worum geht’s?


    Zitat

    Inhaltsangabe: Bernie Little und sein Partner Chet sind die besten Privatdetektive der Stadt. Und das liegt vor allem an Chet, der immerhin beinahe mal ein Polizeihund geworden wäre. Zugegebenermaßen hat Chet all die typischen Schwächen eines Hundes: So verfügt er über einen unbezähmbaren Spieltrieb und ein äußerst lückenhaftes Erinnerungsvermögen. Doch das macht der smarte Vierbeiner mehr als wett mit seinem Jagdinstinkt und seiner untrüglichen Spürnase. Vor allem jedoch hat Chet ein großes, mutiges Herz, das ganz und gar für sein liebenswertes Herrchen Bernie schlägt – und für die hübsche Menschenfrau Suzie Sanchez, die nach Chets Ansicht das perfekte Weibchen für Bernie wäre. Aber was versteht ein Hund schon vom merkwürdigen Treiben der Menschen?


    Gleich vorab – das gibt es schon mal sehr gut wieder. Die über 100 Pfund schwere, muskelbepackte Promenadenmischung Chet, die uns die Geschichte erzählt - präsentiert sich nicht nur laut Inhaltsangabe als leicht vergesslicher, Fast-Polizeihund (dem bei der entscheidenden Prüfung dummerweise eine Katze in den Weg kam) mit einer Spürnase, die ihn sich schon mal selbst verfolgen lässt. Er ist darüber hinaus äußerst verfressen und verleibt sich alles ein, was irgendwie essbar aussieht, selbst wenn das schon lange vergessen unter irgendwelchen Möbeln liegt und er es hinterher wieder herauswürgen muss. Kann man ihm das übel nehmen? Nein, dazu kommt Chet viel zu sympathisch daher. Ach ja, und sein Spieltrieb ist auch nicht zu verachten. Doch meist genügt nur eine Kleinigkeit, um ihn sich auf seine Aufgabe besinnen zu lassen. Sein Partner Bernie, ein ehemaliger Polizist, betreibt eine mehr schlecht als recht gehende Detektei und ist dankbar für Chets Hilfe. Er kämpft noch mit den Folgen seiner Scheidung oder vielmehr mit den Folgen, die das für seine Beziehung zu seinem Sohn mit sich bringt. Er hat seine Prinzipien, die er eisern verfolgt, selbst wenn sich daraus Nachteile für ihn ergeben.


    Chet kennt seinen Platz und ist dankbar dafür, dass er nicht so wie der Nachbarhund leben muss. Bernie ist eindeutig der Rudelführer, aber der Rüde macht sich durchaus seine Gedanken über sein Herrchen. Über das Wasser, das bisweilen aus seinen Augen fließt und das seltsamerweise salziger schmeckt, als das Wasser, das er sonst so kennt. Über sein seltsames Verhalten, als die Journalistin Sanchez auftaucht. Ganz offensichtlich will Bernie die beeindrucken, selbst wenn er nicht gerade in Bestform ist. Zwar versteht Chet Bernie meistens sofort – umgekehrt gibt es da allerdings das eine oder andere Problem. Manchmal erscheint Bernie dem Hund ziemlich begriffsstutzig – jedenfalls so lange, bis er wieder einmal vergisst, was er gerade dachte, wollte oder sollte.


    Die beiden sind ein eingespieltes Team. Das ist aber mit Erteilung eines neuen Auftrags auch notwendig. Statt der üblichen Beschattung untreuer Ehepartner werden sie um Hilfe bei einer Entführung gebeten, bei der mehr und mehr seltsame Dinge ans Licht kommen. Sie werden sogar von dem Fall abgezogen, machen jedoch – da kommen Bernies Prinzipien ins Spiel, denen auch Chet treu, wie ein Hund es eben tut, folgt – machen unverdrossen weiter. In diesem Zusammenhang erlebt Chet selbst eine Entführung, ihm droht gar das endgültige Aus in einem Tierheim. Und auch Bernie gerät bei seinen Ermittlungen in größere Gefahr, als den beiden lieb sein kann.


    Die Geschichte bietet einige Wendungen und auch kleinere Perspektivwechsel, was die Hintergründe der Entführung relativ bald ans Licht bringt. Madison – das gesuchte Mädchen – weiß beispielsweise auch, wo sie ist und mit ihr erfahren es natürlich die Leser ebenfalls. Stört es? Nein, was mit Sicherheit an den sympathischen Figuren liegt. Die einfach gehaltene Sprache fällt ebenso wenig ins Gewicht, da die Geschichte über gute Strukturen verfügt. Der Plot ist durchgängig erfrischend umgesetzt. Chet wird nicht vermenschlicht, aber sehr überzeugend beschrieben. Ich habe mehrmals meine eigene Hündin angesehen und mich gefragt, ob der Autor vielleicht mal bei uns zu Gast war und ihr Verhalten beobachtet hat. Bernie und die übrigen Zweibeiner sind ebenfalls lebendig beschrieben und könnten gleich nebenan wohnen. Ob Wichtigtuer, Loser, Hysteriker, alter Mann oder Biker – um nur ein paar zu nennen. Sie kommen einem durchweg etwas bekannt vor.


    Fazit 5ratten:


    Es ist kein Krimi, in dem Action und Spannung sich in rasanter Weise mit schockigen Aha-Effekten abwechseln. Der Krimianteil ist eher ... sagen wir mal … gering gehalten, obwohl es am Ende durchaus noch abgeht. Wer mit seinen Lesevorlieben speziell darauf abzielt, sollte vielleicht die Finger von dem Buch lassen. Lesern, die Geschichten über Freundschaften mit einem Schuss Krimi in lockerem, entspannendem und humorigem Erzählstil mögen, kann ich Chet und sein Herrchen jedoch absolut empfehlen. Da ich Ersteres bei einem Hundekrimi nicht wirklich erwartet habe, hat mir das Buch sehr gut gefallen, es war flüssig zu lesen, sorgte für mehrere Lacher und ist für Kinder wie Erwachsene als Unterhaltungs- und Entspannungsbuch geeignet. Deshalb von mir die volle Punktzahl und die Hoffnung auf einen bereits angedeuteten Folgeband. Chet ist einfach unwiderstehlich.


    Copyright © 2011 by Antje Jürgens (AJ)

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Beatrix Mannel - Die Hexengabe
    Diana Verlag
    ISBN 978-3453354258
    ISBN 3453354257
    Historischer Roman
    Originalausgabe 2010
    Umschlaggestaltung t.mutzenbach design, München
    Taschenbuch, 576 Seiten


    Verlagsseite http://www.diana-verlag.de
    Autorenseite http://www.beatrix-mannel.de


    Zur Autorin


    Wer die Homepage der 1961 in Hessen geborenen Autorin besucht, erfährt, dass ihre Liebe zum Schreiben bereits früh entstand und etwas damit zu tun hat, dass sie etwas schaffen wollte, das Bestand hat, das man Zitat: „immer wieder anfassen, betrachten, unters Kopfkissen legen kann. Etwas, in dem man Veilchen pressen, Sandkörner transportieren, einen wackelnden Tisch ruhigstellen, Notizen machen kann“.


    Das war 1996. Heute - 2011 - sind mehrere Bücher von ihr bei verschiedenen Verlagen erschienen. Für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Mit „Die Hexengabe“ erscheint im Diana-Verlag ihr erster historischer Roman. Doch Mannel schreibt nicht nur selbst, sie gibt auch kreative Schreibworkshops für jung und alt – sprich für solche, die ihre Leidenschaft teilen.



    Zum Buch


    Ich mag historische Romane, ich mag fantastische Romane. Der Text auf dem Buchrücken verspricht beides.


    Zitat

    Inhaltsangabe:


    Nürnberg 1697: Rosa ist begabt und schön und doch scheint sie verflicht zu sein. Denn an ihrer linken Hand hat sie einen sechsten Finger, den sogenannten Hexenfinger.


    Als ihr Vater unerwartet stirbt, möchte man sie deshalb nur zu gern loswerden. Aber sie ringt dem Rat der Stadt ein Ultimatum ab: Gelingt es ihr, binnen zwei Jahren ihren Neffen, den einzigen männlichen Erben, aus Ostindien zu holen, darf die Familie die Spielkarten¬druckerei des Vaters weiterführen. Auf der gefahrvollen Reise leistet ausgerechnet ihr sechster Finger wertvolle Dienste – denn mit seiner Hilfe kann Rosa erkennen, wenn jemand lügt …



    Meine Meinung


    Das klang schon mal spannend und ich machte mich neugierig ans Werk. Tatsächlich brachte Mannel mich in eine farbenfrohe und gleichzeitig recht trost- und für Frauen erschreckend rechtlose Welt. Rosas abenteuerliche Aufgabe wird dadurch erschwert, dass jemand einen Mörder auf ihre Spur hetzt und dass ihr vermeintlicher Vater gar nicht ihr Vater ist. Hat ihr Finger, das vermeintlich fantastische Element in dieser Geschichte geholfen? Obwohl er irgendwie dazu beigetragen hat, ihre Aufgabe zu lösen, würde ich eher nein sagen.


    Es gibt tatsächlich Passagen in der Geschichte, die immer wieder dafür sorgten, dass ich weiterlas. Spannung kam dennoch nicht wirklich auf. Für meinen Geschmack beginnt Rosas Abenteuer und ihr Aufbruch in eine ferne Welt überaus schleppend und dehnt sich etwas, während das Ende mit der Rückkehr in ihre Heimat samt der Auflösung des Geheimnisses um ihre Herkunft ziemlich schnell aus der Feder der Autorin geflossen sein muss. Darüber hatte ich aber auch mit gewissen Ungereimtheiten und der enervierenden Blauäugigkeit sowie nahezu fatalistisch wirkenden Edelmütigkeit der Hauptfigur zu kämpfen. Der Entschluss nach Indien zu reisen, passt nicht zu dem Bild, das Mannel zunächst von Rosa zeichnet.


    Zwar ist es einerseits relativ nachvollziehbar für mich, dass Rosa ihren Hexenfinger bewusst vor anderen verbirgt (um ihr Leben zu schützen). Andererseits erscheint es wenig logisch, wie sparsam sie ihn einsetzt, um tatsächliche Gefahr abzuwenden oder auch einfach nur weiterzukommen. Noch weniger schlüssig kommt mir die Leichtigkeit vor, mit der sie ihren Neffen im fernen Indien findet und zurückbringt. Das Problem, dass seine Eltern das vielleicht verbieten, hat die Autorin gekonnt aus dem Weg geräumt, indem sie diese … sagen wir mal eliminiert – soweit so gut. Doch immerhin kann Rosa nicht einfach in ein Flugzeug steigen und in Indien ein Fahrzeug anmieten. Und Geld, damit sie eine Art mittelalterlichen All-Inklusive-Reisegutschein buchen kann, hat sie auch nicht. Außerdem weiß sie weder, wo genau ihr Neffe sich befindet, noch wie dieser aussieht. Beides nicht ganz unabdingbar, wenn ich mir vorstelle, einen kleinen Jungen in einem mir völlig unbekannten Land zu suchen. Einem Land, dessen Sprache ich nicht spreche, dessen Gewohnheiten ich nicht kenne, etc. Und in meiner Vorstellung eine Frau bin, die bis dato nicht über Nürnbergs Grenzen hinausgekommen ist. Wenn ich dazu noch davon ausgehe, wie sehr ihr das Überleben ihrer kleineren Schwestern und ihrer Mutter am Herzen liegt und welchen Aufwand sie betreibt bzw. welches Risiko sie mit der Reise eingeht, um diese zu retten, überrascht mich andererseits der Mangel an Fantasie. Da wären ganz andere Lösungen meines Erachtens viel naheliegender gewesen. Aber geradezu heroisch hält Rosa an ihrem Plan „ihren“ Neffen nach Nürnberg zu holen fest und wird für ihren Einsatz durch haarsträubend glückliche Zufälle belohnt. Hierbei bedient sich die Autorin eines Perspektivwechsels. Einmal beschreibt Mannell Rosas Geschichte und dann die einer Sklavin, die entscheidend für Rosas Heimkehr ist. Was im Grunde genommen spannend sein könnte, allerdings so vorhersehbar ist, dass besagte Spannung nicht wirklich aufkommen möchte.


    Fazit 2ratten


    Eins der Bücher, das mich sehr gespalten zurücklässt. Einerseits kann ich sagen, dass Mannels Schreibstil flüssig und das Buch gut formuliert ist, was für einen gewissen Lesefluss sorgt. Bestimmte Ideen klingen spannend, lassen mich aber angesichts der Auflösung eindeutig frustriert ausatmen. Bestimmte Passagen sind zu sehr gedehnt, andererseits fehlt eindeutig etwas.


    Die Welt ist klein – selbst wenn man davon ausgeht, dass die Protagonistin für ihre Aufgabe einmal von Nürnberg nach Indien und wieder zurück reisen muss. Mein Herz ist rein – so rein, dass einfach alles gut ausgehen muss. Die Mischung aus beidem lässt mich der Geschichte auf einer Skala von 1 bis 5 Punkte 2 Punkte geben. Die gibt es für die zwischendurch vorkommenden guten Passagen in einer ansonsten leider eher flachen Geschichte.


    Copyright © 2010 by Antje Jürgens (AJ)

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Samantha Harvey - Tage der Verwilderung
    Originaltitel: The Wilderness
    DVA
    ISBN 978-3421043825
    ISBN 3421043825
    Roman
    Deutsche Ausgabe 2010
    aus dem Englischen übersetzt von Barbara Heller
    Umschlaggestaltung Rothfos & Gabler, Hamburg
    Hardcover mit Schutzumschlag, 352 Seiten
    [D] 21,95 €


    Verlagsseite: http://www.randomhouse.de/book/edition.jsp?edi=283567
    Autorenseite: http://borange.co.uk/samanthaharvey/


    Zur Autorin:
    Die studierte Philosophin und Mitbegründerin einer 2005 aus der Taufe gehobenen, karitativen Umweltorganisation wurde 1975 in Kent geboren. Samantha Harvey reist sehr gerne und lebte in Irland, Japan und Neuseeland, bevor sie sich in Bath niederließ. Mit der Originalausgabe von „Tage der Verwilderung“ (The Wilderness) stellt Samantha Harvey ihren Debütroman vor. Von Harper’s Bazar wurde sie zur „Women to Watch in 2009“ gekürt.


    Zum Buch / Meine Meinung:


    Zitat

    Inhaltsangabe:


    Ein Haus, ganz aus Glas, inmitten der Moorlandschaft von Lincolnshire, das war Jakes lebenslanger Traum. Doch es kam anders: Einzig für das örtliche Gefängnisgebäude ist der Architekt bekannt – und dort sitzt nun sein Sohn ein.


    Das bewegende Porträt eines Mannes, der darum kämpft seine Erinnerungen zu bewahren, gekleidet in wunderschöne, eindringliche Bilder voller Poesie.


    2005 habe ich einen Film gesehen, der sich – wie es nur wenige Filme schaffen – sofort in mein Unterbewusstsein einklinkte und mich bis heute nicht vergessen ließ. James Garner, Gena Rowlands und Nick Casavattes Umsetzung von „Wie ein einziger Tag“, schafften etwas aus einem Sparks-Roman zu schaffen, was mich berührte. Es ging um das Thema Demenz und dem hoffnungslos anmutenden, aber anhaltenden Versuch eines Mannes, seine Frau in ihrer Welt zu erreichen.


    Durch Zufall stolperte ich kürzlich über die Inhaltsangabe von Samantha Harveys „Tage der Verwilderung“ und abgesehen davon, dass sofort die Erinnerung an diesen leisen, aber sehr eindrücklichen Film da war, wollte ich unbedingt dieses Buch lesen. In dem geht es ebenfalls um die Thematik Alzheimer und Demenz. In Harveys Fall jedoch aus der Sicht des daran erkrankten Patienten selbst.


    Samantha Harvey Tage der Verwilderung – ihr Debütroman, in dem sie sich sofort an ein überaus schwieriges Thema heranwagte – heimste bereits kurz nach der Veröffentlichung Auszeichnungen ein. So etwa den Betty Trask Award 2009 oder den AMI-Literatur-Award 2009. Darüber hinaus wurde er unter anderem für den bedeutendsten Literaturpreis der englischsprachigen Welt, den „Booker-Preis“ nominiert. Er ist zwischenzeitlich in 12 Sprachen übersetzt worden und setzt seinen Siegeszug fort. Bei uns ist er traurigerweise trotz allem noch eher unbekannt. Warum? Nun, Harveys Schreibstil hat aus etwas, das schwer in Worte zu fassen ist, einen sehr bildhaften Tribut geschaffen. Mit klaren und ergreifenden Worten lässt sich die Autorin über die Verletzlichkeit dessen aus, was uns Menschen ausmacht – unseres Geistes. Mit ihrem Buch hat man eines von denen in Händen, die sich schwer beiseitelegen lassen, wenn man sich erst herangewagt hat. Und eins von denen, die man nicht so schnell vergisst.


    Unsentimental und doch tief berührend, schön und gleichzeitig erschreckend, schafft es die Autorin, zu fesseln. Vielleicht weil sie Tage der Verwilderung nach eigenen Angaben mit ihrem Herzen geschrieben hat. Klingt sentimental? Möglich, doch wer sich in ihren Roman vertieft, wird schnell merken, dass diese Worte nicht einfach nur so dahergesagt sind. Absolut unsentimental, dafür aber eindringlich und überaus emphatisch führt Harvey an ihre Figur Jake heran. Wer ist er, wer war er?


    Jemand der verzweifelt versucht, zu begreifen und zu verarbeiten, was mit ihm geschieht. Jemand, dessen Gegenwart bröckelt. Jemand dessen Leben im Nichts verschwindet. Jemand, der versucht, aus alten Erinnerungsfetzen, sein Leben zu rekonstruieren. Erinnerungsfetzen, die viel länger halten, als das, was beispielsweise gestern der Erinnerung hinzugefügt wurde. Und doch etwas, das auf Dauer keinen Bestand mehr hat. Ein Mann mit schwieriger Kindheit. Mit einer Mutter, die vom Holocaust traumatisiert wurde. Mit einer Frau, die in ihrem Glauben ruht und deren Tod unsinnig scheint. Mit einem Sohn, der im Gefängnis landet – warum, daran kann Jake sich nicht mehr erinnern.


    In poetischer Bildhaftigkeit lässt die Autorin die Leser an seiner Welt teilhaben. Lässt seinen Schmerz, seine Verwirrung mitfühlen. Etwa in den Geschichten über Liebesbriefe an seine verstorbene Frau, die er nicht zuordnen kann. Über das fehlende E, die nicht greifbare Tochter oder den Kirschbaum, die Flucht. Sie fragen sich, was darin geschieht? Dann geht es Ihnen genauso wie Jake. Sein Leben wirkt ihm fremd, sein Er-Leben qualvoll. Ausgerechnet der Mann, dessen Name nicht mit der Realisierung großer Träume, sondern nur mit einem Gefängnisgebäude in Verbindung gebracht wird, ausgerechnet dieser Mann wird zu einem Gefangenen der Krankheit. Ausgerechnet der Mann, der zur Erschaffung von Neuem Altes demontieren ließ, erlebt die unaufhaltsame Demontage seines Selbst. Zunächst bewusst, dann zunehmend unbewusster. Immer dann, wenn sich Gegenwart und Vergangenheit überlappen. Realität oder Wahnvorstellung? Die Grenzen sind fließend. Seine Einsamkeit, die Trostlosigkeit seiner Zukunft - all das wird durch die plakative Darstellung von Jakes Situation wie auch seiner Umgebung verdeutlicht. Wie kann man sich mit jemandem unterhalten, Fragen stellen, wenn die Worte dazu fehlen? Wie kann man neue Eindrücke verarbeiten, wenn man hoffnungslos von ihnen überrollt wird. Hilflos, wie ein kleines Kind – das wird Jake; das ist Jake.


    Fazit 5ratten:


    Kein Buch für zwischendurch, keine leichte Kost. Kein beruhigendes, aber auch kein Angst machendes Buch. Ein wundervoller, menschlicher Roman. Gleichermaßen schockierend wie faszinierend. Souverän meistert die Autorin die schwierige, oft ignorierte Thematik. Die Ernsthaftigkeit, mit der sie ihre Figur aufbaut und begleitet, den Zerfall beschreibt, ohne die Würde zu vernachlässigen, zog mich durch die Geschichte. Man kann dafür nur die volle Punktzahl geben und hoffen, dass noch weitere Romane von dieser Autorin folgen.


    Copyright © 2011 by Antje Jürgens (AJ)

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Burkhard Pfister - Gilgamesch – Graphic Novel
    Projekte Verlag Cornelius
    ISBN 978-3862372300
    ISBN 3862372308
    Graphic Novel
    1. Auflage 2010
    Gestaltung & Layout Haymach & Pfister
    Textbearbeitung Ursula Broicher
    Hardcover, 358 Seiten
    [D] 29,50 Euro


    Verlagsseite http://www.projekte-verlag.de
    Buchseite http://www.gilgamesch-epos.de


    Zum Autor


    Wobei man ja hier nicht unbedingt von einem Autoren sprechen kann … Burkhard Pfister, der 1949 in Meiningen geboren und in Baden-Württemberg aufgewachsen ist, hat Malerei studiert. Er reist sehr gerne, weshalb er beispielsweise 1978 ein Jahr im Orient war, oder eine einjährige Radtour durch Jugoslawien, Griechenland und die Türkei absolvierte. Diese Reisen dürften Einfluss auf seine über 30jährige Tätigkeit als freier Maler, Grafiker und Kunsttischler haben.


    Im Jahr 2005 begann er mit seiner Arbeit an einer Grafiknovelle des ältesten, erhaltenen Textes der Weltliteratur. In Zusammenarbeit mit der Grafikerin Kerstin Heymach entstanden so nach und nach 12 Einzelbände oder vielmehr Tafeln des Gilgamesch-Epos. Die Historikerin Ursula Broicher bearbeitete die Texte des Epos neu.


    Zum Buch / Meine Meinung


    Was verrät die Rückseite des Buches?


    Zitat

    Das Gilgamesch-Epos, der älteste erhaltene Text der Weltliteratur, ist die Geschichte des sagenhaften Königs der Stadt Uruk in Mesopotamien, heute Irak.


    Damals von Schreibern in Keilschrift auf Tontafeln geschrieben, jetzt von Burkhard Pfister in über 200 Zeichnungen zu einer Graphic Novel verarbeitet, hat sie über vier Jahrtausende nichts von ihrer Faszination verloren.


    Genau genommen bin ich ja weder Comicfan noch mag ich Grafiknovellen besonders. Aber ich interessiere mich für die Sumerer und das Epos. Da es sehr umfangreich ist, konnte ich mir nicht so recht vorstellen, wie so etwas in eine Grafiknovelle verpackt werden kann. Insoweit konnte ich nicht widerstehen und jetzt liegt die Gesamtausgabe von Pfisters Werk vor mir.


    Gleich vorab. Für sein Geld bekommt man nicht nur die kundenfreundliche – weil kostengünstigere – Zusammenfassung der einzelnen Tafeln, auch die handwerkliche Verarbeitung seitens des Verlages stimmt. Mit den 358 Seiten im A4-Hardcoverformat hält man ein solide gebundenes Buch in Händen, dessen Seiten von einem matt-schwarz-weiß gehaltenen Buchdeckel geschützt werden. Das Buch wiegt so viel, dass man es besser vor sich ablegt und nicht in Händen hält. Der soliden Verarbeitung sei Dank, hält das Buch das ohne Weiteres aus.


    Zum Inhalt des der Novelle zugrunde liegenden Epos möchte ich nur anmerken, dass es sich um einen Schöpfungs- und Heldenmythos aus vorchristlicher Zeit handelt, in den Pfister und seine Mitstreiter jedoch Gegenwartsbezüge eingearbeitet haben.


    Der von Broicher überarbeitete Text in den Sprechblasen lässt sich den Bildern gut zuordnen. Gleichwohl gibt es einen Unterschied, zu dem, was ich sonst so kenne – die Sprechblasen machen eigentlich nur einen kleinen Teil aus. Den größeren Teil nimmt ein Begleittext ein, der die einzelnen Bilder verbindet. Die Historikerin bedient sich dabei eines veraltet anmuteten Satzbaus, den man im heutigen Sprachgebrauch nicht mehr benutzt, der jedoch gut passt. Er wirkt manchmal etwas umständlich, manchmal poetisch. Auf den Seiten 356 und 357 geht sie auf das Epos selbst ein und führt nochmals auf, worum es darin geht.


    Auf den ersten Blick hatte Pfisters Umsetzung des Epos etwas seltsam Starres für mich. Ich habe es zunächst darauf geschoben, dass ich mich normalerweise nicht für so etwas interessiere. Ein Bekannter, der Comics und Mangas mag, hat die Novelle fast noch schneller als ich aus den Händen gelegt, weshalb ich nach dem Warum gefragt habe. Er antwortete, dass zu wenig Bewegung darin sei. Ferner störte ihn der stetige Wechsel der Anzahl der Grafiken (mal mehrere kleinere auf einer Seite, dann ein- oder auch doppelseitige) und die Grafiken in ihrer Ausführung sprächen ihn nicht an. Alles in allem käme keine Spannung in ihm auf.


    Nach diesem Gespräch habe ich mich ein weiteres Mal über die Grafiknovelle hergemacht. Bei diesem zweiten Versuch wurde mir das eine oder andere klar. Unter anderem, dass die Grafiknovelle kein Objekt für die Masse sein, dafür aber Sammler anziehen dürfte.


    Was mich etwas enttäuschte, ist der Umstand, dass nur acht Seiten der Grafiknovelle farblich gestaltet sind. Die Restlichen zeigen sich, wie der Umschlag, monochrom oder genauer gesagt in verschieden Grauschattierungen und/oder schwarz und weiß. Auf ihnen werden durchgehend abwechselnd mehrere aufeinanderfolgende, ganz- oder auch doppelseitige Bilder abgebildet. Die Bilder sind künstlerisch gut umgesetzt, wirken in sich aber wie bereits erwähnt etwas bewegungslos.


    Pfister spielt mit den Techniken, er schraffiert, wischt, malt, teils separiert, teils kombiniert. Lichteinfall, Perspektive und Schatten verleihen nahezu alle Bilder Plastizität und Tiefe. Die teils nur grob umrissenen Hintergründe haben mich stellenweise etwas gestört, passen jedoch größtenteils. Teilweise setzt Pfister auf sehr harte Übergänge, dann fließt alles wiederum harmonisch zusammen. Teils gibt es grobe Schraffuren, dann wiederum klar ausgearbeitete Details (auch bei den Hintergründen). Bildgewaltige, schmückende Ausarbeitungen wechseln sich mit allenfalls grob zu bezeichnenden Skizzierungen ab. Zusätzlich kommt das Spiel mit der Zeit hinzu, dass Pfister bewusst gewählt hat. Antikes und Modernes stehen sich teils direkt gegenüber, teils wechseln sie sich ab. Antike Gewänder gegen moderne Kleidung, Bauhelme und Arbeitsschuhe auf einer Baustelle, eine belebte Straßenkreuzung gegen ein Relief eines Streitwagens, alte Paläste gegen moderne Skylines. Teils latent, teils ganz offenkundig dargestellt. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was so etwas in einem jahrtausendealten Epos zu suchen hat. Doch – da stimme ich Pfister zu – vieles daraus lässt sich auf die Gegenwart übertragen. Ob es denn tatsächlich sein muss, das so darzustellen, bleibt der Entscheidung des Künstlers und der seines Publikums überlassen. Wirklich störend empfand ich es nicht.


    Fazit:


    Alles in allem würde ich die Grafiknovelle weniger als mit Sprechblasen versehene Bilder bezeichnen, sondern eher als illustrierten Text bezeichnen. Und diese Illustration finde ich – wenn auch erst auf einen zweiten Blick - durch die experimentelle Umsetzung durchaus gelungen.


    Gilgamesch ist nicht unbedingt etwas für reine Comic- und Mangafans. Wer sich jedoch für künstlerische Illustrationen, die Geschichte oder Sammelbildbände interessiert, kommt hier durchaus auf seine Kosten.


    Was die ebenfalls erhältlichen Einzelbände betrifft: Auch diese sind handwerklich sehr gut gemacht und ebenso stabil gebunden, wie der Gesamtband. Die einzelnen „Tafeln“ kosten 18,50 Euro, Insgesamt gibt es die Tafeln 0 bis 11. Die vor mir liegende sechste Tafel (ISBN 978-3866347083), in der es um „Der Zorn der Ischtar – Der Himmelsstier“ geht, ist ebenfalls monochrom gehalten. Allerdings nicht in schwarz-weiß, sondern sepiafarben.



    Copyright © 2011 by Antje Jürgens (AJ)

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Die große Kannibalenschau
    von CKLKH Fischer


    periplaneta
    ISBN 978-3940767608
    historischer Roman
    Originalausgabe 2010
    Umschlaggestaltung Marion Alexa Müller
    Taschenbuch, 240 Seiten
    € 13,00 [D]


    www.periplaneta.com
    www.cklkh.de


    Zum Autor


    Hinter dem auf dem Buchcover seltsam wirkenden Namen CKLKH Fischer verbirgt sich der Autor, Musik- und Kulturjournalist Christian Fischer. Neben seiner Tätigkeit für verschiedene Magazine wie etwa Melodie & Rhythmus oder auch Motor.de, war er Mitherausgeber der 2001 eingestellten Literaturzeitschrift Der kleine Dilettant. Doch damit nicht genug. Der Poet-2000-Stipendiat arbeitete in der Assistenz des Geschäftsführers des Maas-Verlages, lektorierte bei Heyne und Goldmann erschienene Bücher von Mark Pätzold und schrieb neben zwei Drehbüchern für Whiteport Film auch den hier vorgestellten Roman Große Kannibalenschau.


    Zum Buch


    Es ist abgesehen von Fischers Debütroman auch der 60. Roman aus dem Hause periplaneta. Gemäß der Inhaltsangabe entführt der Autor seine Leserschaft darin nach



    Treffender könnte sein Roman nicht beschrieben werden. Der Autor hat das Buch in drei Handlungsstränge geteilt. Der Erste umfasst eine Reise Hermanns nach Neuguinea zur Beschaffung neuer Objekte für Hagenbeck. Der Zweite sein Leben, seine Familie und die Ausstellungszeit in Hamburg. Der dritte in die beiden anderen geschickt verwobene Strang Hermanns Kampf mit sich selbst.


    Meine Meinung


    In seinem Debütroman führt der Autor den Leser in eine bizarre und skurrile Welt, die faszinierend kurzweilig unterhält und gleichsam ein Gedankenkarussell in Gang setzt, das nicht so einfach zu stoppen ist. Der Roman selbst mag zwar fiktiv sein, die der Geschichte zugrunde liegende Idee besitzt jedoch durchaus einen historischen Kontext, an den sich Fischer größtenteils hält.


    Es scheint einerseits schwer vorstellbar, was man zu lesen bekommt. Wer würde heute noch in einen Zoo gehen, um jemandem dabei zuzusehen, wie er kocht? Andererseits hat sich, auch wenn heute die sogenannten Wilden größtenteils zivilisiert sind und damit uninteressant geworden zu sein scheinen, doch ein ähnliches Phänomen bis in die heutige Zeit gerettet. Immerhin gibt es Menschen, die sich an irgendwelchen Orten zusammenpferchen lassen, um ihre Kunststückchen und verbalen Ergüsse für ihre Anhängerschaft vor laufender Kamera vorzuführen. Und noch immer finden sich weltweit seltsamerweise Zuschauer aus allen Bevölkerungsschichten, die mehr oder weniger gebannt zusehen.


    Damals jedoch waren es Menschen, die – im Gegensatz zu den Figuren in Fischer Roman oder den Teilnehmern irgendwelcher Fernsehsendungen – vermutlich nicht freiwillig gekommen sind, um Hagenbeck-Besucher (oder die anderer Zoos, Zirkusse, Varietés) zu ergötzen. Menschen, die oftmals und allenfalls als Tiere bezeichnet und stellenweise weitaus schlimmer behandelt wurden. Aus ihrem natürlichen Umfeld und ihren Familien gerissen und zur Schau gestellt. Und, falls sie das Pech hatten hier einer der zahlreich auf sie einstürmenden Krankheiten zu erliegen, weit ab der Heimat und ihren Vorfahren nicht würdig beigesetzt, sondern eventuell seziert und für die Ewigkeit konserviert zu werden. Und das alles vielleicht, nachdem sie zuvor in ihrer Heimat bereits feststellen mussten, dass die seltsamen Fremden, die übers Meer zu ihnen gekommen waren, nicht so nett waren, wie sie anfangs schienen. Sie in bestimmten Situationen zwar als so menschlich betrachteten, dass sie für Mischlingsnachwuchs mit ihnen sorgten, ansonsten jedoch als amüsante Alternative zu sonstigen Haustieren oder als billige, beliebig austauschbare, arbeitende Kreaturen sahen.


    Klingt bitter und nach keinem Kapitel unserer Geschichte, auf das wir stolz sein können, kommt aber dank Fischers Idee, die Wilden den Spieß umdrehen zu lassen, sie als geschäftstüchtige, durchaus gewiefte Figuren und nicht als absolut hilf- und willenlose Kreaturen darzustellen, anders herüber.


    Exotische Länder und Lebewesen. Eine bei allem Mangel an Zivilisation lockende Freiheit. Eine gewisse Machtposition in der Fremde und die Chance auf Bewunderung, wenn er erfolgreich heimkehrt. All das steht seinem engen bürgerlichen, scheuklappenbehaftetem Dasein gegenüber. Mit all dem muss Fischers Protagonist fertig werden und zeigt die Tendenz, daran zu zerbrechen. Seine Erlebnisse, seine Ängste, seine Hoffnungen. Von all dem schreibt Fischer überaus lebendig und tiefgründig und schafft es gleichzeitig das Ganze dezent und unkompliziert zu gestalten. Sein humoriger Schreibstil und seine greifbaren Beschreibungen sowohl der einzelnen Handlungsschauplätze als auch der versnobten, ach so zivilisieren Bürgerschaft in Europa, respektive Hamburg, mit überaus bigotten Ansichten, machen seinen Debütroman zu einem Buch für mich, das ich mit Sicherheit nochmals lesen und gerne weiterempfehlen kann.


    Fazit 4ratten


    Skurrile und kurzweilige Unterhaltung vor einer realen historischen Kulisse. Macht eindeutig Lust auf mehr.


    Copyright © 2010 by Antje Jürgens (AJ)



    EDIT: Betreff angepasst. LG Seychella

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Das Schwert der Druiden
    von Werner Diefenthal


    Acabus
    ISBN 978-3941404687
    Fantasy
    Originalausgabe 2010
    Taschenbuch, 233 Seiten
    € 13,90 [D]


    http://www.acabus-verlag.de
    http://dino1963.de


    Zum Autor


    Ein Besuch auf einem Trödelmarkt und damit verbunden der Anblick eines alten Schwertes brachte den 1963 geborenen Rheinländer, der heute mit seiner Familie in Oberfranken lebt, dazu, seinen ersten Roman zu schreiben. Nach einer Ausbildung zum Schlosser ist er heute hauptberuflich im Qualitätsmanagement tätig. Zwischen der Idee, dem ersten Manuskript und der Veröffentlichung im Acabus Verlag vergingen fast zwei Jahrzehnte.


    Zum Buch/Meine Meinung


    Das Angebot auf Trödelmärkten ist ein Stück gelebte Geschichte. Die Teile, die man dort betrachten oder kaufen kann, erzählen etwas. Mal größere, mal kleinere Geschichten. Oder sie regen, wie zum Beispiel bei Diefenthal geschehen, dazu an, eine Fantasygeschichte zu schreiben


    Die Inhaltsangabe umreißt ziemlich gut, worum es geht:


    Zitat

    Nach dem Tod seines Großvaters ist für den 17jährigen Michael nichts mehr, wie es einmal war. Im Zimmer seines Großvaters entdeckt er nämlich ein geheimnisvolles Schwert, und ehe er es sich versieht, findet er sich in einer fremden Welt wieder und dessen Bewohner heißen ihn als "Erlöser" willkommen, der in einer langen Reihe von Kriegern dazu auserkoren ist, eine alte Prophezeiung zu erfüllen...


    Nichts wirklich Neues also, aber das ist bei der Masse an erhältlichen Büchern auch gar nicht mehr machbar. Dennoch überraschen die Fantasien immer wieder, die sich um ein uraltes Thema ranken. Das Thema, welches vom Kampf gut gegen Böse berichtet, von alten Prophezeiungen, von einem Erlöser. Von Hoffnung.


    In Diefenthals Roman trifft es Michael. Gerade mal mit 17 und relativ unbedarft stolpert er in eine Welt, die es nach normalem Dafürhalten eigentlich nicht geben kann. Eine Welt, in der die Toten seiner Welt nicht unbedingt tot sein müssen. Eine Welt, in der Menschen aus seinem realen Umfeld vorkommen. Eine Welt, die akut bedroht und für immer verloren ist, wenn er versagt, denn er ist genau genommen der letzte Krieger einer uralten Prophezeiung.


    Wie so oft braucht es ein Portal, um diese magische Parallelwelt zu betreten, die irgendwo in der Vergangenheit festzustecken scheint und im Großen und Ganzen doch der unseren ähnelt. Das Portal ist im Falle von Diefenthals Roman ein magisches Schwert, welches Michael nach dem Tod seines Großvaters in einer Truhe findet – oder das genau genommen ihn findet. Und ihn bei genauerem Betrachten zu dieser Aufgabe zwingt, denn bei einer Weigerung droht ihm der Tod durch eben dieses Schwert.


    Das Problem bei magischen Portalen ist meist, dass sie die Protagonisten kalt erwischen. Michaels Vater etwa konnte Jahre vor ihm beispielsweise nicht reiten und war im Schwertkampf genauso wenig bewandert wie Michael das jetzt ist. Dabei bleibt wenig Zeit, solche Dinge zu lernen, und die Mitstreiter, die den prophezeiten Kriegern solche Kleinigkeiten beibringen sollten, verzweifeln fast, weil das eben nicht so schnell geht.


    Natürlich meistert auch Diefenthals Protagonist nach vielen Problemen seine Aufgabe, rettet die Parallelwelt und seine eigene, darf dorthin zurück und wird letztlich noch belohnt für seinen Tapferkeit und seinen Mut – so wie es den Protagonisten solcher Geschichten für gewöhnlich immer geht. Man fiebert gemeinhin trotz des an sich ja bekannten Plots immer wieder aufs Neue mit. Die Kunst bei dieser Thematik ist es einfach, die Erzählung immer wieder so zu gestalten, dass sie den Lesern/Leserinnen neu vorkommt. Dies ist Diefenthal jedoch leider nur bedingt gelungen, da vieles zu vorhersehbar war und sich die eine oder andere Schwierigkeit zu einfach quasi in Luft auflöste.


    Dadurch wird das Buch aber nicht wirklich schlecht. Der Autor versteht es durchaus, seine Figuren lebendig zu gestalten und entführt sein Publikum in eine Welt, die alte Werte heraufbeschwört. Mut und Vertrauen etwa. Durchhalten, auch wenn etwas fast unmöglich scheint. Durch die einfache Sprache des Autors wird das Hineinfinden in die von ihm geschaffene Fantasywelt erleichtert. Und der flüssige Schreibstil sorgt dafür, dass man verwundert feststellt, dass man bereits die letzte Seite aufgeschlagen hat.


    Fazit 3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Ich würde das Buch als Jugendbuch (ab 14 Jahre) bewerten, habe mich jedoch durchaus kurzweilig unterhalten gefühlt, obwohl ich bereits weit älter bin. Auf einer Skala von 1 – 5 Punkten würde ich dafür 3,5 Punkte vergeben.


    Copyright © 2010 by Antje Jürgens (AJ)



    EDIT: Betreff angepasst. LG Seychella

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Brigitte Riebe
    Die Nacht von Granada


    cbj
    ISBN 978-3570136805
    historischer Roman, Thriller, Liebesgeschichte, Jugendbuch ab 12 Jahre
    Originalausgabe 2010
    Umschlaggestaltung Geviert – Büro für Kommunikationsdesign
    Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag, 400 Seiten
    € 15,99 [D]


    www.cbj-verlag.de
    www.brigitteriebe.com


    Zur Autorin


    Die 1953 in München geborene Brigitte Riebe studierte Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte, ist promovierte Historikerin und arbeitete als Museumspädagogin und später als Verlagslektorin bei Bertelsmann. Diese Stelle gab sie 1991 zugunsten einer Tätigkeit als freie Schriftstellerin auf. Genre übergreifend schrieb sie seither etwa 30 Romane. Sie ist über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt, da ihre Romane in über acht Sprachen übersetzt wurden.


    In den 1990er Jahren verfasste Griebe moderne Gesellschaftsromane. Darüber hinaus erschien bei Goldmann 1992 der erste Band einer letztlich achtbändigen Krimireihe um die Juristin und Antiheldin Sina Teufel. Diesen und die folgenden sieben Bände verfasste die Autorin jedoch unter dem Pseudonym Sara Stern. Im achten Roman der Krimireihe verabschiedete sich Riebe/Stern von ihrer Hauptfigur. Einer der Bände wurde Mitte der 1990er Jahre unter anderem mit Rufus Beck unter dem Titel Inzest filmisch in Szene gesetzt.


    Während in den 1990ern neben ihren modernen Gesellschaftsromanen nur zwei historische Romane erschienen, verlagerte sich der Schwerpunkt ihrer schriftstellerischen Tätigkeit ab 2000 eindeutig auf den historischen Roman. Seither erschienen 11 weitere Romane mit dieser Thematik, wovon zwei als Jugendbücher verlegt wurden. Eines davon möchte ich heute vorstellen.



    Zum Buch


    Geht man auf die Verlagsseite, erfährt man Folgendes über den Inhalt:


    Zitat

    Packender Thriller und mitreißende Liebesgeschichte


    Granada 1499: Die 16-jährige Lucia, Tochter des Goldschmieds Antonio, ist seit ihrer Kindheit eng befreundet mit Nuri, der Tochter des Steinschleifers Kamal. Und verliebt in Rashid, Nuris Bruder. Eine solche Verbindung wird jedoch undenkbar: Nach der Vertreibung der Juden richtet sich das spanische Königspaar nun gegen die Mauren, die in Granada jahrhundertelang friedlich mit Juden und Christen zusammengelebt haben. Kamal gerät in die Fänge der Inquisition, die ihre Fühler auch nach Antonio ausstreckt. Lucia ist verzweifelt. Da tritt Miguel auf den Plan, ein junger Steinschleifer, der Lucias Gefühle heftig durcheinanderbringt …


    Diese Geschichte ist auf 358 Seiten verteilt in Worte umgesetzt, gebunden und mit einem Schutzumschlag versehen worden, der durch das ruhige Gesicht vor der mondbeschienenen Kulisse Granadas schlicht aber schön wirkt. Das Buch soll für LeserInnen ab 12 Jahren sein. Ein Nachwort, in dem die Autorin auf die damalige Zeit und einen Bezug zum Dritten Reich eingeht, füllt zusammen mit einem Anhang aus alphabetisch sortierten Begriffserklärungen die restlichen Seiten.


    Meine Meinung


    Nicht zum ersten Mal streckte die Autorin also ihre Recherchefühler in die Vergangenheit aus. Dieses Mal entführt sie LeserInnen in die Zeit der erzwungenen Christianisierung Granadas. Einer Stadt, in der muslimische Mauren viele Jahrhunderte als Herrscher in friedvoller Gemeinschaft mit den beiden anderen großen Religionen (Christentum und Judentum) lebten. Ein Leben, in dem Kultur und Wissen einen hohen Stellenwert hatten. Ein Leben, in dem Freundschaften entstanden, die Familienverhältnissen glichen und in dem sich lange Zeit niemand an der Andersartigkeit der Glaubensrichtungen störte. Sie nicht nur tolerierte, sondern mit lebte.


    Doch all das hat ein Ende, als, kurz nachdem die Juden erfolgreich ausgegrenzt und gejagt wurden, auch die Mauren dazu gezwungen werden, den christlichen Glauben anzunehmen oder zu fliehen, wenn sie dem Tod entgehen wollen. Ein sehr düsteres Kapitel in der Kirchengeschichte, der Geschichte des spanischen Königshauses, der Menschheit überhaupt. Ein Kapitel, das deutlich vor Augen führt, was im Namen des Glaubens alles angerichtet wurde und bedauerlicherweise immer noch wird. Riebes Roman stimmt nachdenklich, wirft die Frage auf, wie das Verhältnis der Weltreligionen untereinander heute wohl sein könnte, wenn damals nicht aus Machtgier und künstlich heraufbeschworenem Hass unter dem Deckmantel des Glaubens so viel zerstört worden wäre.


    Diese gewaltsame Christianisierung, die mit verständlicher Gegengewalt vonseiten aufständischer Muslime beantwortet wird, ist einer der Themenstränge in Riebes Geschichte. Eng verbunden damit ist der Zweite, der die Aufklärung eines Diebstahls betrifft, und wiederum mit dem Dritten, einer religionsübergreifenden Liebesgeschichten verknüpft ist.


    Diese Grundgedanken an sich haben mir gefallen, allerdings empfand ich sowohl die einzelnen Charaktere als auch die Handlungsstränge stellenweise zu flach. Es mag sein, dass das an meinem Alter liegt, das nicht mehr der Zielgruppe (ab 12 Jahren) entspricht. Allerdings habe ich mit der Freigabe für diese Zielgruppe auch so meine Probleme. Warum? Nun das Buch ist zum einen angenehme Alternative zu den derzeit auf den Markt befindlichen Fantasygeschichten für junge LeserInnen, vermittelt nachvollziehbar historische Begebenheiten und ergeht sich trotz der darin beschriebenen Brutalität nicht in Gewaltorgien. Auch die Sexualität wird nicht als verkaufsförderndes Element mit einbezogen. Dennoch würde ich persönlich es meinen Nichten in dem Alter noch nicht geben, wobei ich auch denke, dass diese ganz leichte Probleme mit dem Sprachgebrauch der Autorin hätten. Ihre Sprache ist einfach, wirkt aber bisweilen fast melodramatisch und lässt dann wiederum an Tiefe vermissen.


    Die, laut Klappentext, mitreißende Liebesgeschichte von Lucia und Rashid ist leider nicht wirklich tief gehend beschrieben. Sie enthält romantische Momente, geht aber genau genommen fast verloren. Fast gleichwertig scheint die Beziehung der muslimischen Haushälterin und Geliebten zu Lucias Vater. Auch die zarten, sich zwischen Nuri und Miguel anbahnenden Bande, verblassen in ihrer Andeutung und werden für mich nicht ausreichend beleuchtet, gehen fast unter gegenüber der Erwähnung der Gefühle, die ein befreundeter Priester für Lucias Tante empfindet. Selbst unter Berücksichtigung dessen, dass die Liebesgeschichte ja hauptsächlich um Lucia und Rashid gehen soll, wobei Lucias Gefühle wegen Miguel durcheinandergeraten, gewinnt dieser Strang nicht an Faszination. Daneben erscheint sowohl die Aufklärung des Diebstahls als auch der Part, der an dieser Stelle eingreifenden Inquisition, zu eindimensional und vorhersehbar dargestellt.


    Gelohnt hat es sich für mich trotzdem, das Buch zu lesen. Denn der erstgenannte Handlungsstrang rettet Riebes Geschichte. Die Nacht von Granada ist nicht nur der Titel des Buches, sondern auch der Gipfel dessen, was damals passierte. Die unnötige und berechnende Vernichtung von Wissen und Kulturschätzen durch den Erlass der Verbrennung aller arabischen Schriften, die damals zu wochenlangen Aufständen führte. Riebes Beschreibung des Vertrauensbruchs, den die Kirche und spanische Krone durch die Missachtung des Übergabevertrages der Stadt von den bisherigen an die neuen Machthaber begangen hat, ist sehr gut gelungen. Ebenso die Schilderung der erzwungenen Taufen und der Diskriminierungen, die die maurische Bevölkerung ertragen musste. Ihre den Umstand beschreibenden Worte, dass Angst vor einer ungewissen Zukunft Stimmungen weckt, die massenhysterische Züge annehmen können, sind nachvollziehbar echt gewählt. Da auch die Tatsache, dass es schon immer in allen Glaubensgemeinschaften Menschen gegeben hat, die ihren Glauben gelebt und nicht missbraucht haben, nicht zu kurz kommt, gefiel mir der für mich eigentliche Hauptstrang gut.


    Fazit


    Vielleicht ist es etwas weit hergeholt, aber historische Romane wie Die Nacht von Granada können mit dazu beitragen, dass es ein besseres Verständnis zwischen den Religionen geben kann. Das ist leider auch in der heutigen Zeit noch ein nach wie vor aktuelles Thema. Und damit wird das Buch, trotz anfänglicher Bedenken, dann doch wieder etwas für junge LeserInnen. Und ältere Fans historischer Romane kommen auch nicht zu kurz.


    Copyright © 2010 by Antje Jürgens (AJ)

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Lynsay Sands
    Vampire sind die beste Medizin


    Originaltitel Vampires Interrupted
    Lyx
    ISBN 978-3802583735
    Romantic-Fantasy, Vampire
    Dt. Erstausgabe 2010
    Aus dem Amerikanischen von Ralph Sander
    Taschenbuch, 364 Seiten
    € 9,95 [D]


    http://www.egmont-lyx.de
    http://www.lynsaysands.net



    Zur Autorin


    Die in der kanadischen Provinz Ontario geborene Autorin Lynsay Sands studierte Psychologie. Ihr erster Roman wurde nach Beendigung ihres Studiums veröffentlicht. Sie verfasste mehrere zeitgenössische und historische Romane und liest selbst gerne Horror- oder Liebesromane. Ihre Serie über die Familie Argeneau ist einer der erfolgreichsten Vampirserien der USA und erfreut sich auch bei uns großer Beliebtheit. Die Autorin lebt und arbeitet heute im Norden Englands.


    Zum Buch


    Für alle, die noch nie etwas von Sands oder den Argeneaus gelesen oder gehört haben sollten: Mit einem an Philipps oder McAlister erinnernden und doch auch ganz eigenen Schreibstil hat die Autorin die Welt einer Vampirfamilie geschaffen, die (zumindest teilweise) in Atlantis geboren wurde und durch nanotechnologische, medizinische Fortschritte vor dem Untergang dieser mystischen Welt zu (Fast-)Unsterblichen wurden. Zum Überleben brauchen sie Blut. Sie können sich durch Geburten vermehren und sie können Menschen durch Bisse wandeln. Doch die Vampire von Sands entsprechen dem modernen Vampirtyp. Was bedeutet, dass sie ihre Opfer nicht töten und Sonnenlicht ihnen zwar nicht unbedingt gut tut, sie aber auch nicht in Rauch aufgehen lässt. Sie gehen normalen Berufen nach, leben unter und teilweise mit Menschen, und haben im Laufe der Zeit die eine oder andere Eigenart angenommen und/oder (emotionale) Verletzung davon getragen. Die Vampire dürfen nur einen Menschen in ihrem Leben wandeln, wenn sie sich nicht von vornherein mit einem anderen Vampir zusammentun. Aufgrund ihrer langen Lebensdauer ist eine genaue Wahl des Partners sehr wichtig, allerdings gibt es eine Eigenheit unter Menschen wie Vampiren, die quasi von selbst für den richtigen Partner sorgt. Jedenfalls für denjenigen, der die Ausdauer besitzt, auf den richtigen zu warten. Die Überzeugung der Autorin, dass etwas Humor in allen Lebenslagen hilft, kommt in der Serie zum Tragen. Denn neben der Fantasy-Romance-Thematik kommen humorige Szenen nicht zu kurz.


    Marguerite Argeneau, die kuppelfreudige Mutter/Tante/demnächst-Oma der Argeneau-Familie, will eigentlich nur alle glücklich sehen. Nachdem sie in den vorangegangenen acht Bänden der Vampirserie für die Anbahnung der Beziehungen der einzelnen Familienmitglieder gesorgt hat, schwimmt sie sich 75 Jahre nach dem Tod ihres Mannes aus ihrer 700jährigen katastrophalen Ehe auch selbst langsam frei.


    Der neunte Band Vampire sind die beste Medizin ist ihr gewidmet. Sie arbeitet als Detektivin und ihr Job führt sie nach England, wo sie die Mutter eines Vampirs ausfindig machen soll. Dessen Vater sträubt sich allerdings mit aller Macht dagegen. Die Frau, auf die Marguerite und ihr Partner angesetzt sind, wollte vor mehreren Jahrhunderten genau den Sohn töten lassen, der sie jetzt suchen lässt. Zwischen Julius (dem Vater ihres Auftraggebers) und ihr funkt es quasi sofort, denn beide merken, dass sie besagte Eigenheit besitzen, die sie zum Seelengefährten des anderen machen könnte. Allerdings gestehen sie sich das erst einmal nicht ein und der Umstand, dass beide reichlich eingerostet sind, was zwischenmenschliche bzw. zwischenvampirische Beziehungen betrifft, reizt bisweilen zum Lachen. Die angeblich verschollene Mutter ist eigentlich zum Greifen nah und behindert gleichzeitig in gewisser Weise eine Annäherung der beiden. Es kommt zu einigen Verwicklungen und jemand trachtet Marguerite nach dem Leben. Ein Umstand, der Julius dazu bringt, sich auf ihre Seite zu schlagen und ihr dabei zu helfen, Licht in die vertrackte Familiengeschichte zu bringen. Und sie ganz nebenbei und wirklich für sich zu beginnen.


    Meine Meinung:


    Wie auch die übrigen Bände lässt sich die Geschichte Marguerites, obwohl alle miteinander verwoben sind, völlig für sich lesen. Auch hier wird auf die Lebensgefährtenthematik eingegangen und die Entstehungsgeschichte der Vampire mit wenigen Worten umrissen. Vielleicht liegt es daran, dass ich es in den vorangegangenen Büchern bereits zu oft gelesen habe. Doch obwohl es, liest man Marguerites Geschichte separiert, sicher ganz praktisch ist, alles nochmals in Vampire sind die beste Medizin nachlesen zu können, störte mich die Sache mit den Lebensgefährten dieses Mal etwas.


    Abgesehen davon führt die Autorin ihre Leser aber gewohnt kurzweilig an Marguerites Seite durch die Geschichte und lässt sie an dem Dilemma teilhaben, das sich aus einer Ehe mit jemandem ergibt, der einen völlig kontrollieren kann. Selbst wenn man über 700 Jahre alt ist, können sich da enorme Minderwertigkeitskomplexe halten, die in eine neue Beziehung hineinspielen. Vor allem, wenn sich herausstellt, dass besagter Ehemann sogar über den Tod hinaus noch Macht auf sie auszuüben scheint und womöglich gar nicht tot ist. Oder auch an Julius Problemen, die sich aus seinem Wissen um die Mutter seines Sohnes ergeben, als er feststellt, dass damals nicht alles so war, wie es den Anschein hatte. Dass diese Mutter eher Opfer als Täterin war. Und er sie weder vergessen kann noch wirklich will.


    Sands Vampire sind nach wie vor trotz ihrer körperlichen Besonderheiten menschlich. Machen Fehler oder begehen Dummheiten. Sie müssen nicht gegen etwas übernatürlich Böses kämpfen oder abgehobene Abenteuer bestehen. Vielmehr quälen sie sich mit den gleichen Problemen herum wie wir. Eifersüchteleien, Neid, Missachtung bis hin zu Hass. Ansonsten machen Marguerite und Julius einfach das, was Vampire in Fantasy-Romance-Romanen tun: Sie verlieben sich und müssen auf dem Weg zum Happy End einige Unwägbarkeiten meistern.


    Die Lösung des Rätsels kommt etwas zu kurz und war bereits beim ersten Gespräch zwischen Marguerite und der Person, die sie töten will, für mich vorhersehbar. Dieser Teil hätte mehr ausgebaut werden können, lässt er doch den Teil der Geschichte, der für Spannung sorgen sollte, zu flach ausklingen.


    Fazit:


    Fortsetzung mit kleinen Schwächen. Dank Sands Schreibstil jedoch gewohnt lustig und kurzweilig. Ein Buch zum Entspannen. Da die Reihe noch ein paar Bände weitergehen soll (zumindest die amerikanischen Originalausgaben, in Deutsch ist bislang nur ein Folgeband für nächstes Jahr angekündigt) bleibt die Hoffnung, dass die Autorin wieder die Spritzigkeit und Spannung der ersten Bände erreicht.


    Copyright © 2010 by Antje Jürgens



    EDIT: Betreff angepasst. LG Seychella

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Begegnungen mit dem Unfassbaren – Reiseführer zu fantastischen Phänomenen
    von Hartwig Hausdorf


    Heyne
    ISBN 978-3453701175
    Erstausgabe 2010
    Umschlaggestaltung Guter Punkt, München, Anke Koopmann
    Taschenbuch, 256 Seiten
    € 8,95 [D]


    http://www.heyne.de
    http://www.hartwighausdorf.de


    Zum Autor


    Der 1955 geborene Autor studierte an der FH München Touristik und leitet ein Reisebüro. 12jährig wurde seine Neugier auf Präastronautik durch ein Buch Erich von Dänikens geweckt, das er bis heute nicht verloren hat. Er zählt weltweit zu den bekanntesten Autoren und Forschern auf dem Gebiet der SETI-Forschung. Hausdorfs Erstlingswerk „Die weiße Pyramide, außerirdische Spuren in Ostasien“ wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Bis heute hat er etwa zwanzig Bücher geschrieben und war mehrmals in weltweiten Fernsehauftritten zu sehen. Hausdorf, der auch für mehrere internationale Filmproduktionen mit dem Themenschwerpunkt „Rätsel aus dem Reich der Mitte“ vor der Kamera stand, reist regelmäßig weltweit, um Phänomene zu ergründen, die die „normale“ Wissenschaft als Lügen oder Spinnerei abtut. Seine Ergebnisse macht er einem breiteren Publikum nicht nur in seinen Büchern, sondern auch in zahlreichen Publikationen und Vorträgen zugänglich.


    Zum Buch

    Begegnungen mit dem Unfassbaren
    ist für die Fans dieser Materie nichts grundsätzlich Neues. Nachdem zuerst im Jahr 1998 der Titel X-Reisen, Lokaltermine an den geheimnisvollen Stätten unserer Welt auf den Markt kam, legte 2008 der Herbig-Verlag eine überarbeitete, veränderte, umbenannte gebundene Ausgabe nach, die rein covermäßig schon ziemlich nahe an die jetzt dank Heyne erhältliche Taschenbuchversion herankam. Der Heyne-Verlag hat auch den Titel dieser gebundenen Ausgabe übernommen. Mit fast identischem Cover (lediglich die Farbgebung wurde verändert, das Auge und der Sternenhimmel blieben gleich) sind zuvor zwei weitere Bücher bei Heyne erschienen, in denen sich der Autor ebenfalls mit der Thematik befasst. (Bizarre Wirklichkeiten: Auf geheimen Wegen ins Unbekannte/2009 und Nicht von dieser Welt: Dinge, die es nicht geben dürfte/2009.)


    Doch zum jetzigen Buch und seinem Inhalt, in dem Hausdorf nach einem einleitenden Vorwort von seinen weltweiten Reisen berichtet oder vielmehr von dem, was (nicht nur) er dort vorgefunden hat. Und von seinen Deutungsmöglichkeiten. Er erzählt von Orten, die überraschend verlassen und nie wieder besiedelt wurden. Von unerklärlichen Bränden, die übernatürliche Hitze entwickelten. Von den Steinskulpturen der Osterinseln und Pyramiden in Ländern, von denen wir lange Zeit annahmen, dass es diese dort gar nicht gibt. Von steinernen Abbildern unseres Sonnensystems, die trotz ihres Alters etwas enthalten, was erst Jahrhunderte später entdeckt wurde. Auch Entführungen durch extraterrestrische Lebensformen oder Kontaktaufnahme zu ihnen werden beschrieben. Vorkommnisse mit Menschen, die plötzlich und unerklärlich auftauchen. Oder ein totes Kind, das wegen seiner Andersartigkeit kaum als Missgeburt bezeichnet werden darf, sondern als etwas, das eigentlich nicht existieren dürfte. Spuren, die nicht von dieser Welt zu sein scheinen und die doch real zu besichtigen sind. Oder waren, denn viele der Reisen und Begebenheiten fanden bereits in den 1970erJahren oder gar in früheren Jahrhunderten statt und zwischenzeitlich hat sich das eine oder andere geändert. In der Mitte des Buches sind Farbfotos seiner Reisen eingefügt. Ab Seite 211 beginnt dann ein Reiseführer zu den geheimnisvollsten Plätzen, der Insider- und Geheimtipps enthält.


    Meine Meinung


    Wie bei allen Büchern oder sonstigen Publikationen zu diesem Thema wird es auch hier etliche Fachleute, Forscher und Skeptiker geben, die sofort und sehr laut Fälschung und Humbug schreien, wenn sie etwas davon lesen. Doch frage ich mich manchmal, warum sie glauben, dass ausgerechnet ihre Meinung der Weisheit letzter Schluss ist. Zumal sie in den seltensten Fällen selbst mit wirklich schlüssigen Erklärungen aufwarten können. Und immerhin gingen sogenannte Gelehrte ja auch einmal davon aus, dass die Erde eine Scheibe ist, um die sich sogar die Sonne dreht.


    Genau wie viele seiner Mitstreiter will Hausdorf mit diesem Buch niemand absolut von seiner Meinung überzeugen. Es ist kein Wissenschafts-, sondern eher ein Erlebnisbericht. Ersteres wäre, seien wir ehrlich, für den Taschenbuchpreis absolut nicht zu erhalten und darüber hinaus auch nicht so leicht zu lesen. Was er aber bietet, sind Denkanstöße zu Dingen und Vorgängen, die unerklärlich erscheinen, geheimnisumwittert sind und genau genommen nach regulärer Schulmeinung eben einfach nicht sein dürfen bzw. von dieser völlig anders dargestellt werden. Wirklichkeit ist etwas, das uns oftmals passend vorgesetzt wird. Verdreht kann sie in beide Richtungen werden. Ob sie real so richtig ist, steht dann auf einem anderen Blatt und jeder kann und sollte sich seinen eigenen Teil denken. Hausdorf bringt natürlich keine absoluten und unwiderlegbaren Beweise für seine Theorien, dennoch muss er mit seinen Schlussfolgerungen noch lange nicht falsch liegen.


    Die Berichte seiner Reisen sind so abgefasst, dass sie sowohl auf jüngere wie ältere Leser passen. Wer unvorbelastet oder bereits von Überlegungen dieser Art überzeugt an dieses Buch herangeht, springt leichtfüßig mit dem Autor in die einzelnen Länder und erfährt vielleicht, wenn er es denn noch nicht weiß, dass es oftmals nur eine Frage des Betrachterstandpunktes ist, wie die Wirklichkeit sich gestaltet. Anhänger der sogenannten regulären Wissenschaftstheorien werden mit dem Buch natürlich ihre Probleme haben, auch wenn die an sich kurzen Kapitel sich sehr leicht lesen lassen.


    Die Fotos, etwa von den angeblich mit Faustkeilen herausgehauenen und dafür erstaunlich ebenmäßigen, riesigen Figuren der Osterinseln, lassen einen zusammen mit den Deutungsversuchen Hausdorfs überlegen. Vielleicht sind unsere Vorfahren nicht so vorsintflutlich gewesen, wie wir gemeinhin annehmen. Womöglich verfügten sie über Wissen und technische Gerätschaften, die es zu der Zeit eigentlich noch gar nicht geben durfte. Oder hatten sie tatsächlich Hilfe von … außerhalb? Wie bereits erwähnt, kann Hausdorf natürlich keine unwiderlegbaren Beweise bringen. Dies würde bei der Fülle der vorgestellten Phänomene die Dimensionen eines Taschenbuches hoffnungslos sprengen.


    Seine Reiseberichte und Deutungsvarianten sind weder wissenschaftlich abgehoben noch mystisch verklärt und sprechen mich – als überzeugte Nonkonformistin – an. Ein kleines Manko gibt es allerdings. Einiges von dem, was man in diesem Buch findet, haben andere Autoren, wie etwa von Däniken, schon aufgegriffen.


    Fazit


    Für alle Fans des Unerklärlichen, und solche, die vielleicht zum ersten Mal einen Blick über den Tellerrand der Schulmeinung werfen möchten.


    Copyright © 2010 by Antje Jürgens (AJ)

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Wir sind die Nacht
    von Wolfgang Hohlbein


    Heyne Verlag
    ISBN 978-3453266780
    Fantasy, Vampire
    Deutsche Erstausgabe 2010
    Umschlaggestaltung Nele Schütz Design, München
    gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag, 608 Seiten
    € 19,95 [D]


    http://www.heyne.de
    http://www.hohlbein.net


    Zum Autor


    Der 1953 in Weimar geborene und in Krefeld aufgewachsene Autor ist größtenteils im Horror-, SciFi- und Fantasygenre zuhause. 1982 erschien sein Roman Märchenmond, mit dem ihm der Durchbruch gelang. Seither wurden seine Bücher über 35 Millionen Mal verkauft, was ihn zu einem der erfolgreichsten Autoren in unserem Land macht.


    Zum Schreiben kam er, weil seine Tätigkeit als Nachtwächter ihn langweilte. Seine anfänglichen Kurzgeschichten wandelten sich bald in Romane. Hohlbein schreibt stellenweise unter verschiedenen Pseudonymen, mal allein und mal zusammen mit seiner Frau Heike, mit der er seit 1974 verheiratet ist und sechs Kinder hat. Von ihr stammte auch die Idee zu seinem Roman Märchenmond. Dieser wurde mehrfach ausgezeichnet und verbuchte nationale wie internationale Erfolge. Über 200 weitere Romane wurden seither veröffentlicht. Diese kamen nicht bei allen und überall gleich gut an. Zumal Hohlbein bisweilen vorgeworfen wird, bereits auf dem Markt befindliche Idee anderer Autoren zu übernehmen und in mittelmäßige bis schlechte Romane umzusetzen.


    Zum Buch


    Über Nacht ändert sich das Leben der fast 21jährigen Lena, das eindeutig die Tendenz hat, eine Schussfahrt in den Abgrund zu werden. Vorbestraft und auf Bewährung frei, wird sie von ihrem Bewährungshelfer erpresst. Da sie arbeitslos ist, stiehlt sie nicht nur das Geld für besagten Bewährungshelfer zusammen, sondern auch das für den Unterhalt ihrer alkoholabhängigen Mutter. Von ihrem eigenen ganz zu schweigen. Ansprüche hat sie schon lange keine mehr, vielleicht auch nie gehabt. Bei einem ihrer Taschendiebstähle ist sie zur falschen Zeit am falschen Ort und gerät ins Visier einer Verbrecherbande, die ein paar Nummern zu groß für die menschliche Seite in Lena wäre. Dabei lernt sie den Polizisten Tom kennen, von dem sie sich von Anfang an seltsam angezogen fühlt.


    Auf einer weiteren Diebestour kommt sie mit Louise in Kontakt, die ihr nicht nur vor Augen führt, dass sie von ihrer Tätigkeit weiß, sondern noch am gleichen Abend beißt. Dieser Biss ist Segen und Fluch zugleich, denn obwohl sie sich dadurch selbst in eine Blutsaugerin verwandelt, gibt er ihr andererseits die Kraft, sich gegen die Leute zu wehren, in deren Visier sie durch einen dummen Zufall geraten ist. Der Luxus, den ihre Bekanntschaft mit Louise und ihrer Clique mit sich bringt, ist auch nicht zu verachten. Abgesehen davon muss sie erfahren, dass Louise zwar letztlich mittels ihrer Fänge den Stein ins Rollen gebracht hat, dieser aber grundsätzlich bereits bei ihrer Geburt für genau diesen Fall mehr als bereit lag. Und Louise ist nicht allein, zwei weitere Vampirinnen sind bei ihr und helfen Lena mehr oder weniger durch ihre Wandlung. Doch obwohl sie nach einigen Bedenken den Luxus und ihr neues Leben anfänglich genießt, werden ihr die Mordlust und der Blutdurst ihrer Clique bald zu viel. Auch wegen ihrer mehr und mehr erwachenden Gefühle für den Polizisten Tom will sie die Vampirclique wieder verlassen, doch sie hat die Rechnung ohne Louise gemacht.


    Meine Meinung


    Der Schutzumschlag war das Erste, was mir ins Auge fiel. Dunkel, ein einzelnes Auge, darunter eine Art stilisiertes Fragezeichen aus durchscheinenden Flammen (so habe ich es jedenfalls gesehen). Das alles in meiner Lieblingsfarbe blau mit einem Schuss lila. Es brauchte nicht einmal mehr den Klappentext, um mir dieses Buch zu wünschen. Hat es sich gelohnt?


    Zunächst einmal: Wäre im Klappentext nicht explizit Berlin genannt worden, wo sich der Hauptteil der Geschichte abspielt, könnte sie auch in eine beliebig andere Stadt verlegt werden. Detailliertere Beschreibungen beziehen sich lediglich auf einzelne Gebäude bzw. Räume darin. Sie könnte sich auch, sieht man von Kleinigkeiten ab, die einen Bezug zum Jetzt herstellen, in einer beliebig anderen Zeit ereignen. Der Zeitraum wiederum, über den sich die Geschichte zieht, ist auf wenige Tage zusammengefasst, und diese Tage sind randvoll gespickt mit Lesegenuss.


    Doch allen Menschen recht getan, ist bekanntlich eine Kunst, die keiner kann. Und so hat Hohlbeins Vampirgeschichte bereits kurz nach Erscheinen die eine oder andere herbe Kritik einstecken müssen. Von dem Vorwurf noch kurz auf den Zug des momentanen Vampirhypes aufspringen zu wollen bis hin zu einer flachen Geschichte, einfallslos und vorhersehbar, war so einiges dabei. Jemand urteilte gar Zitat: Die Sprache ist platt, die Charaktere bleiben seltsam blass, auch die Protagonistin Lena gewinnt über die ganzen zähen 800 Seiten kein Profil. Das Ganze wirkt wie ein ellenlanger Fotoroman aus der BRAVO.


    Abgesehen davon, das Hohlbein bereits lange vor Twilight und Konsorten die Chroniken der Unsterblichen herausbrachte, in denen es ebenfalls um Vampire ging, weiß ich nicht, wann oder wie oft sich der Verfasser des eben erwähnten Zitats Fotoromane zu Gemüte führt oder welche Ausgabe von Hohlbeins Roman er in Händen hielt. Meine Harcoverausgabe umfasst keine 800 Seiten. Lässt man diese kleine Unstimmigkeit einmal völlig außer Acht, kann ich mich der schlechten Kritik trotzdem und definitiv nicht anschließen. Wobei ich ja zugeben muss, dass ich sowohl Hohlbein gerne lese, als auch ein geouteter Fan des Vampirgenres und in diesem Zusammenhang vielleicht nicht ganz unvoreingenommen bin. Allerdings: Wer kann das schon von sich behaupten?


    Mit hat Wir sind die Nacht gefallen und ich konnte keine wirklich blassen Figuren entdecken. Es ist natürlich nichts bahnbrechend Neues, was Hohlbein auf den Markt gebracht hat. Zumal er das Buch nach dem Drehbuch von Jan Berger, welches wiederum auf einem Drehbuch von Dennis Gansel basierte, geschrieben hat. Aber man muss das Rad auch nicht jedes Mal neu erfinden, um eine Geschichte in Worte zu fassen, die gut zu unterhalten vermag. Der gleichnamige Film ist derzeit in den Kinos. Wie sehr das Buch nun dem Film entspricht, weiß ich nicht, denn ich sehe mir in den seltensten Fällen die Filme der Bücher an, die ich gelesen habe und umgekehrt.


    Armes Opfer der Gesellschaft in einer frauenfeindlichen Welt, in der alle Männer einfach nur schlecht zu sein scheinen, gelangt in eine (Vampir-)Welt von Frauen, die sich selbst zu helfen wissen und sich gegenseitig helfen (jedenfalls bis zu einem gewissen Grad). Ein kleiner Schuss Liebe, ein paar sexuelle Anspielungen, Gewalt. Das mag fast banal sein; stellenweise uraltbekannten Klischees entsprechen. Allerdings – und das ist das Gute an diesem Buch: Hohlbein setzt es spannend um. Er versteht es, diese Story so zu gestalten, dass sie doch wieder wie neu wirkt.


    Die Erzählung von Lenas bisherigem Leben; das Gefühlsdilemma, welches die Wandlung in einen Blutsauger für sie so mit sich bringt; ihre Weigerung sich vollständig zu wandeln; die Beschreibung ihres Hungers, aber auch das Verhalten der Vampire an sich ist glaubwürdig und – trotz des Fantasyelements Vampir - lebensnah gelungen. Mir gefällt, dass die Vampire in ihrer eigenen Welt und doch mitten unter den Menschen quasi direkt Tür an Tür leben. Auch die Verknüpfung einer zunächst perfekt scheinenden, aber brutalen Welt mit Lenas anfänglich aussichtslosem Kleinkriminellendasein passt. Die Geschichte hebt sich mehr als angenehm aus der Masse an Vampirbüchern hervor, die es gerade auf dem Markt gibt, weil die Vampire darin nicht mystisch verklärt werden. Weil die Grenzen gut und böse wieder neu abgesteckt werden. Weil die Liebesgeschichte zwischen Tom und Lena nur angedeutet ist und sich nicht in den Vordergrund drängt. Weil die Vampire als stark und rücksichtslos beschrieben werden. Das macht sie aber nicht automatisch gefühllos oder in allen Situationen unmenschlich. Ihre Andersartigkeit und ihr langes Dasein machen sie zu dem, was sie sind. Dennoch steckt etwas in ihnen, was sich Lena selten zeigt, das sie aber gleichzeitig zutiefst er- bzw. abschreckt.


    Einen kleinen Abzug gibt es allerdings, denn das Ende hat mir – obwohl es trotzdem passt – nicht hundertprozentig gefallen. Es war tatsächlich nicht wirklich überraschend. Das schmälert aber den Gesamteindruck der Geschichte nur minimalst.


    Fazit


    Wer Hohlbein liest, weiß, dass sein Schreibstil Schwankungen unterworfen ist. Genau deshalb lese beispielsweise ich seine Romane ja so gerne. Wer Vampire mag, sollte auf alle einen Blick in das Buch werfen. Für mich hat es sich gelohnt und ich werde es, nach einer kleinen Pause, garantiert nochmals lesen. Wir sind die Nacht ist nicht nur der Titel des Clubs bzw. der Disco, in der sich Lenas Leben für immer zu ändern beginnt. Es ist auch ein spannendes Buch zum Entspannen. Von mir gibt es deshalb 4,5 von 5 Punkten.


    Copyright © 2010 by Antje Jürgens



    EDIT: Betreff angepasst. LG Seychella

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Sigrid Früh (Hg.)
    Märchen vom Tod und neuem Leben


    Königsfurt-Urania Verlag GmbH
    ISBN 978-3868260120
    Kinderbuch, Märchen
    Sonderausgabe 2009
    Umschlaggestaltung Stefan Hose, Götheby-Holm
    Gebundene Ausgabe, 192 Seiten
    € 4,95 [D]


    www.koenigsfurt-urania.com
    www.sigrid-frueh.de


    Zur Autorin:


    Die 1935 geborene, studierte Germanistin und Volkskundlerin Sigrid Früh zählt zu den bekanntesten Märchenforscherinnen bzw. –Erzählerinnen in unserem Land. Sie lebt und arbeitet in der Nähe von Stuttgart und bringt ihre Arbeit unter anderem in Seminaren und Vorträgen einer breiteren Öffentlichkeit dar.


    Zum Buch/Meine Meinung:


    Der Inhalt einer Traueranzeige (Zu früh, zu spät, tragisch, grausam, schmerzvoll, sinnlos, mitverschuldet, plötzlich. Immer unerwünscht, immer sinnlos darüber zu diskutieren, immer schmerzhaft, immer ungewollt, aber immer und schon von Geburt an vorbestimmt.), den ich kürzlich gelesen und aus unerfindlichen Gründen nicht mehr aus dem Kopf bekommen habe, hat mich mehr oder weniger dazu veranlasst, zu diesem Buch zu greifen.


    Es ist Teil einer Märchenreihe, die der Königsfurt-Urania Verlag in den letzten Jahren thematisch getrennt auf den Markt gebracht hat. Es gibt Märchen von Hexen und Weisen Frauen, von Wünschen, von Müttern und Töchtern ebenso wie Indianische Märchen, keltische oder türkische und – neben etlichen anderen – auch solche vom Tod und neuem Leben. Die teils überlieferten, teils schriftlich niedergelegten Geschichten im vorliegenden Buch wurden von Sigrid Früh in ganz Europa zusammengesucht, übersetzt und herausgegeben.


    In diesem Buch wird der Tod als Freund und Gefährte dargestellt oder als Wegweiser. Als unabdingbarer Bestandteil des Lebens. Als Tor in eine andere Welt. Er tritt in vielerlei Gestalt auf. Mal strahlend faszinierend schön und jung, mal hässlich und alt. Wandelbar. Mal übermächtig und mal so, dass er gar überlistet werden kann. Jedenfalls zunächst, denn irgendwann heißt man ihn dann doch willkommen.


    Anders also, als wir ihn gemeinhin sehen. In unserer realen Welt ist er oftmals zu etwas stilisiert, das Angst macht, wird mit Verderben und Hoffnungslosigkeit gleichgesetzt, ausgeklammert. Von vielen als Endpunkt betrachtet und gefürchtet. Unbekannt, durch das, was wir viele von uns aus ihm gemacht haben: ein Tabu. Dennoch gehört er bereits bei der Geburt zum Leben dazu.


    Die in Märchen von Tod und neuem Leben enthaltenen 29 Geschichten sind in drei Bereiche gegliedert. Im ersten Teil handeln sie von der Gestalt des Todes, im Zweiten von Jenseitsvorstellungen, der Dritte geht auf die Punkte Tod und Wiederkehr ein – womit klar wird, dass er nicht als das Ende des Lebens verstanden werden soll. Teils sind sie bekannter (etwa von den Gebrüdern Grimm), teils sind sie (zumindest mir) eher unbekannt.


    Einige der Geschichten sind sich trotz unterschiedlicher Herkunft sehr ähnlich. Das fällt besonders auf, da sie unmittelbar nacheinander kommen. Manche sind nur wenige Sätze lang, andere mehrere Seiten. In manchen müssen die Figuren symbolische Todeserfahrungen und Jenseitserlebnisse durchleben, über das Irdische hinausgehen, mutig ihre Furcht überwinden. Auch bei der dem Buch zugrunde liegenden Thematik spielen Demut, Aufopferung, Vertrauen und Liebe eine wichtige Rolle. Sie stehen für den Aufruf das Leben zu leben und dafür, dass es Dinge gibt, die über den physischen Tod hinausgehen. Für Hoffnung, durch Überwindung von Aufgaben und Ängsten weiterzukommen, beisammenzubleiben mit denen die wir lieben. Aber auch für die Hoffnung, nicht vergessen zu werden, Spuren zu hinterlassen.


    Denn wie sagte schon Friedrich von Logau? Wenn wir aus dieser Welt durch Sterben uns begeben, so lassen wir den Ort. Wir lassen nicht das Leben.


    Fazit:


    Traurig und hoffnungsvoll zugleich. Da der Tod märchenhaft abstrakt dargestellt wird, eigenen sie sich zum Vorlesen und Erzählen genauso wie zum einfach so darin Lesen.


    Copyright © 2010 by Antje Jürgens

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Sigrid Früh und Ulrike Krawczyk (Hg.)
    Märchen von Müttern und Töchtern


    Königsfurt-Urania Verlag GmbH
    ISBN 978-3-86826-010-6
    Kinderbuch, Märchen
    Sonderausgabe 2009
    Umschlaggestaltung Stefan Hose, Götheby-Holm
    Gebundene Ausgabe, 192 Seiten


    www.koenigsfurt-urania.com
    www.sigrid-frueh.de



    Zu den Autorinnen/Herausgeberinnen:


    Die 1935 geborene, studierte Germanistin und Volkskundlerin Sigrid Früh zählt zu den bekanntesten Märchenforscherinnen bzw. –Erzählerinnen in unserem Land. Sie lebt und arbeitet in der Nähe von Stuttgart und bringt ihre Arbeit unter anderem in Seminaren und Vorträgen einer breiteren Öffentlichkeit dar. Die Vorliebe für das Märchengenre teilt sie mit ihrer Tochter Ulrike Krawczyk, die, 1953 geboren, ebenfalls Germanistik studierte. Ferner absolvierte sie ein Studium in Linguistik und zusätzliche Ausbildungen in Sprecherziehung und Stimmbildung. Auch sie hält Seminare zum Thema Märchen und veröffentlichte, unter anderem in Zusammenarbeit mit ihrer Mutter, ihre Arbeiten bei verschiedenen Verlagen.


    Zum Buch/Meine Meinung:


    Nicht zum ersten Mal haben sich Mutter und Tochter zusammengetan, um das zu tun, was sie leidenschaftlich gerne tun. Mündlich überlieferte wie schriftlich aufgezeichnete Geschichten in ganz Europa sammeln, übersetzen und, zu einem Buch zusammengefasst, veröffentlichen. Der Verlag hat eine Reihe Märchenbücher veröffentlicht, in denen jeweils andere Themen aufgegriffen wurden.


    In vorliegenden Buch geht es um Märchen in denen, wie der Titel schon verrät, Mütter und Töchter die Hauptrolle spielen. Das Schöne an diesem Buch ist, dass es eine Sammlung an 29 Märchen beinhaltet, wie es sie nicht überall gibt. Bekannte Gestalten, wie etwa Frau Holle, kommen zwar vor; allerdings in einem weniger bekannten Zusammenhang. Auch die in Märchen selten beliebte Stiefmutter wird hier etwas anders gezeichnet und muss sich beispielsweise nicht in glühenden Schuhen zu Tode tanzen.


    Alles Friede, Freude, Eierkuchen? Mitnichten. Die Beziehungen von Müttern zu ihren Kindern, Mädchen wie Jungen, können vielfach gestaltet sein. Nicht immer und zu jeder Zeit sind Mütter ihren Töchtern gegenüber (oder umgekehrt) hilfreich und, sogar über den Tod hinaus, beschützend. Es gibt auch eifersüchtige und bedrohliche Mutter-Töchter-Verhältnisse. Oder mystisch und magisch angehauchte, in denen eine ganze Bandbreite an Gefühlen zum Ausdruck kommt. Neid und Missgunst treiben manche der Mütter im Hinblick auf ihre eigenes (vertanes) Leben und der Schönheit und dem damit verbundenen Erfolg ihrer Töchter zu Handlungen, die deren Vernichtung dienen sollen. Doch, obwohl bedrohliche Situationen vorkommen, werden diese meines Erachtens nach nicht zu gewalttätig, wie es bisweilen in den eher bekannten Märchen vorkommt.


    Es gibt Märchen, in denen die innige Beziehung der Mütter und ihrer Töchter beschrieben wird, während andere von Neid und Missgunst bestimmt sind. Und solche, die von Trauer, Krieg, Tod und Melancholie berichten. Problematisch-konfliktbeladene Situationen wiegen sich mit innig-verbundenen auf. Die Symbolik in den Märchen spiegelt das wider, was im Leben passiert. Und das, was den Menschen antreibt – Hoffnung. Auf das Erreichen von Liebe und Glück, aber auch Selbstständigkeit, Zufriedenheit. Bis das soweit ist, durchlaufen die Hauptfiguren der Märchen diverse Prozesse. Abnabelung, der Weg von der Unselbstständigkeit in ein selbst behauptetes Leben, der Moment des Loslassens. Situationen, in denen der Schutz der Kinder oberste Priorität hat und solche, in denen ohne nachzudenken willkürlichen Befehlen Folge geleistet wird, Situationen, in denen das beschrieben wird, was jahrhundertelang real praktiziert wurde und stellenweise nach wie vor praktiziert wird: die Vormachtstellung des Patriarchats. Augenblicke des Verlustes und solche der Wiederkehr.


    Durch die liebevoll zusammengetragenen und umgesetzten Geschichten ist dieses Buch nicht nur zum Vorlesen geeignet, sondern – für Märchenfans, wie beispielsweise mich – auch einfach so zum darin schmökern. Geschichten, die zum Nachdenken anregen. Die an Werte erinnern, die heute oft viel zu flüchtig verkommen; durch das Bewahren dieser Geschichten jedoch erhalten und weitergegeben werden können.


    Fazit:


    Empfehlenswert. Für Märchenfans und solche, die es werden wollen. Und diejenigen, die einfach mal etwas andere Märchen kennenlernen möchten.


    Copyright © 2010 by Antje Jürgens

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Die Unschuld des Wassers
    Von Ruth Rendell


    Titel der engl. Originalversion “The Water’s Lovely” erschienen bei Century Hutchinson 04/2007
    dt. Übersetzung Eva L. Wahser
    ISBN-10: 3764502681 - ISBN-13: 9783764502683
    Genre: Krimi/Thriller/Psycho
    Deutsche Erstausgabe im Verlag blanvalet 06/2010
    Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 384 Seiten, 13,5 x 21,5 cm


    Zur Autorin


    Ruth Rendell oder auch Barbara Vine. Der eine Name steht für Krimis, der andere für Thriller. Hinter beiden verbirgt sich die 1930 als Tochter eines Lehrerehepaares in einem Londoner Vorort geborene Ruth Barbara Graseman und von Königin Elizabeth in den Adelstand erhobene Baroness Rendell of Babergh. 1964, zehn Jahre nach der Geburt ihres Sohnes, begann die frühere Journalistin einer kleinen Wochenzeitschrift, ihre Liebe zur Schriftstellerei auszuleben, indem sie den ersten Krimi um Detective Inspector Wexford schrieb. Neben 21 Wexford-Romanen verfasste Rendell über zwei Dutzend weitere Kriminalromane und begann darüber hinaus Mitte der 1980er-Jahre Psychothriller unter ihrem Pseudonym Barbara Vine zu veröffentlichen. Sie erhielt für ihre Werke verschiedene Auszeichnungen. Darunter 3x den Edgar-Allen-Poe-Preis, 2x den Golden Dagger Award und 1997 den Grand Masters Award der Crime Writers Association of Amerika. Letzerer gilt als der Krimipreis schlechthin. Die heute in Suffolk lebende Autorin steht mit ihren Romanen seit Jahrzehnten auf den Beststellerlisten.

    Zum Buch


    Zitat Verlagsseite


    Zitat

    Immer wieder hat Ismay den gleichen Traum: Sie und ihre Mutter folgen Ismays Schwester Heather die Treppe hinauf in einen riesigen Raum, in dessen Mitte sich ein See mit einer Oberfläche wie aus Glas befindet. Darin treibt mit dem Gesicht nach unten eine weiße Gestalt. Vor neun Jahren ist Ismays Stiefvater Guy in der Badewanne ertrunken. Neun Jahre, in denen Ismay und Heather niemals miteinander über jenen Tag gesprochen haben. Doch egal, wie sehr sie sich bemühen, das Geschehene zu verleugnen und alle Erinnerungen zu unterdrücken – die schreckliche Wahrheit drängt unerbittlich ans Tageslicht …


    Meine Meinung


    Durch diesen Text wird man ja schon neugierig und Rendell-Fans dürfen sich auch auf eine Geschichte freuen – die sich, wie so oft bei Rendell – nicht nur um die darin angesprochenen Personen oder Vorfälle dreht. Rendell gelingt es auch in diesem Roman, die einzelnen Figuren sehr nachdrücklich herauszuarbeiten. Menschen, die direkt in unserer Nachbarschaft leben könnten. Banal normal und doch hat jeder seine größeren und kleineren Sorgen, ein Geheimnis oder eine symbolische Leiche im Keller.

    Da sind Heather und Ismay, die ein schreckliches Geheimnis genauso verbindet wie die Sorge um ihre schizophrene Mutter, um die sie sich zusammen mit deren Schwester kümmern. Da ist ihre Tante, allein, bindungsunfähig, die in ihrer Einsamkeit über eine Dating-Agentur jemanden sucht und einen hohen Preis dafür bezahlen muss. Da sind Edmund und Andrew, die sich für Heather bzw. Ismay interessieren und grundverschieden sind. Andrew, der nicht nur Heather an die Vergangenheit erinnert und dafür sorgt, das Ismay sich in einem Albtraum gefangen fühlt. Edmund, der eigentlich nur mit Heather ausgeht, weil er seiner dominanten Mutter entfliehen möchte und dabei auf jemanden trifft, der wie für ihn geschaffen scheint. Seine Mutter, die von Marion gepflegt wird. Marion, die sich, nicht ganz uneigennützig, auch um andere alte Menschen kümmert und darüber nachdenkt, deren Ableben notfalls zu beschleunigen, um an ihr Ziel zu kommen. Marion, die skrupellos genug ist, Ismay zu erpressen, als sie durch einen dummen Zufall hinter ihr Geheimnis kommt. Und plötzlich feststellen muss, dass sie selbst erpressbar ist.

    Und dann sind da noch die beiden Morde. Einer der bereits 13 Jahre zurückliegt und Ismay neben ihren Träumen auch einen Gewissenskonflikt beschert. Der Tathergang war anders, als die Ermittlungen damals ergaben. Und obwohl sie nichts genaues weiß, weckt ein weiterer, aktueller Mord einen schrecklichen Verdacht in Ismay. Das Geheimnis, das die beiden Schwestern verbindet, ja förmlich aneinander fesselt, spielt trotz seiner ursächlichen Wirkung trotz allem nur eine eher untergeordnete Rolle. Dennoch fordert die Wahrheit zunehmend ausgesprochen zu werden, was den beiden Schwestern erst am Ende des Romans gelingt und für eine weitere kleine rendellmäßige Überraschung sorgt. Und so wie mit Wasser und Tod alles beginnt, endet es auch.

    Rendell-Neulingen könnte die Fülle an Figuren anfangs Schwierigkeiten bereiten. Doch werden auch sie feststellen, dass die Autorin einen geschickt gesponnenen roten Faden in Händen hält, der Leser flüssig und ohne Probleme durch die Geschichte führt. Eine Geschichte, die sich weniger mit den Morden als mehr mit dem Leben der Protagonisten beschäftigt. Ein Leben, das so einfach, so normal, so komfortabel ist – oder sein könnte, wenn, ja wenn da nicht die Geheimnisse und Probleme wären, die jeder von ihnen mit sich herumträgt.

    Ein Buch zur Entspannung? Ja, denn es lässt sich wie alle Rendell-Romane leicht lesen.

    Ein Buch ohne Spannung? Mit Sicherheit nein. Obwohl Rendell weder auf blut- oder gewalttriefende Einzelheiten noch ermüdend detaillierte Ermittlungsdetails zurückgreift. Die Spannung baut sich rein aus Rendells Erzählstil auf. Die Unschuld des Wassers spricht auch sozialkritische Themen an, die gerne unter dem Deckmäntelchen der Normalität unter den Teppich gekehrt werden. Phädophilie etwa, sexueller Missbrauch oder auch Obdachlosigkeit finden in der Geschichte einen Platz. Ohne Bigotterie, aber auch ohne den Unterhaltungswert des Buches zu stören. Und gerade weil der Alltag der Figuren so wohltuend normal, ja stellenweise banal dargestellt wird, können vermutlich viele Leser jemanden aus ihrem Umfeld oder gar sich selbst in der einen oder anderen Person wiederfinden. Und die Vorstellung, dass der eine Schritt, der die Normalität in einen Albtraum verwandeln kann, so klein ist, dürfte mit einem kleinen Schauer für das Umblättern der Seiten sorgen.

    Fazit


    Ein Buch zum Weiterempfehlen? Ja. Rendell kann und wird mit diesem Roman garantiert weitere Fans des Genres gewinnen.


    © 2010 Antje Jürgens

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Daniela Schenker
    Sprudelnde Heilkraft


    Allegria im Ullstein Taschenbuch Verlag
    ISBN 978-3-548-74505-3
    Gesundheit & Wellness
    Originalausgabe Oktober 2010
    Umschlaggestaltung FranklDesign, München
    Taschenbuch, 234 Seiten
    € 9,95 [D]


    www.ullstein-taschenbuch.de


    Zur Autorin


    Seit mehr als 20 Jahren befasst sich die Autorin und Diplomübersetzerin Daniela Schenker mit asiatischen Traditionen. Sie lehrt und berät in der Thematik der ganzheitlichen Lebensführung und unternahm zahlreiche Weltreisen und Pilgerfahrten, um ihr eigenes Wissen zu vervollkommnen.


    Zum Buch/Meine Meinung


    Wasser: Es kann zerstörerisch und lebensspendend sein. Aufwühlend oder beruhigend. Der Einsatz von Wasser im privaten Lebensbereich erfolgt heute in unseren Breitengraden viel zu oft gedankenlos. Sei es im Verbrauch oder als Gestaltungselement. Will man es in den Wohnbereich oder das persönliche Lebensumfeld integrieren, merkt man schnell, dass das frei zugängliche Wissen uralt und/oder fernöstlich und oftmals ein Kapitel für sich ist. Falsch eingesetzt kann Wasser krankmachen. Im Umkehrschluss kann es natürlich auch unendlich guttun.


    Wasser ist bzw. Zimmerbrunnen sind nicht nur ein gerne eingesetztes Element im Feng-Shui, doch die Informationen im Buch Sprudelnde Heilkraft gehen in diesen Bereich. Nach einem Vorwort von Dr. Jes T. Y. Lim – Feng-Shui- und Tao-Geomantie-Großmeister – in dem er auf die Bedeutung des Wassers eingeht, meldet sich die Autorin selbst zu Wort und beschreibt ihr Verhältnis zum Wasser und wie dieses Verhältnis zu dem geworden ist, was es heute ist.


    Danach erfährt der interessierte Leser von der Bedeutung des Wassers in verschiedenen Kulturen, von seiner Natur, seiner Aufgabe und Wirkung. Die Autorin gleitet fließend über in eine Kurzbeschreibung der fünf Elemente, bevor sie auf einen Spaziergang durch die Welt der Brunnen einlädt, der uns auch etwas über Brunnenalternativen, wie etwa Nebler oder auch Trockenbrunnen beziehungsweise Trockenwasser verrät.


    Weder die Brunnentypen, noch die Symbolik der Gestaltungselemente, des Lichts oder die Effekte der Wasserverteilung kommen zu kurz. Auf die Möglichkeiten der Wasseraromatisierung wird ebenso eingegangen, bevor es zu Anleitungen für den Bau eines Brunnens geht. Im fünften Kapitel lässt uns die Autorin auf über 50 Seiten einen Einblick in die Grundlagen der Raumharmonie und des Feng-Shui erhaschen, bevor sie über die Möglichkeit schreibt, Wasser auf Reisen zu nutzen und das Buch mit einem Ausblick und einem Literatur- und Bildnachweis ausklingen lässt.


    Alle Beschreibungen sind kompakt und leicht verständlich. Fotos in Schwarz-weiß und Farbe sowie Skizzen lockern den Text immer wieder auf. Wichtiges ist in grauen Feldern hervorgehoben.


    Man merkt, dass die Autorin Wasser als das sieht, was es ist. Ein lebendiges Element, das zu uns sprechen kann, wenn wir zuhören. Das können wir deshalb, weil wir selbst zu einem großen Teil daraus bestehen.


    Wasser kann uns tatsächlich helfen, etwas für unsere Gesundheit zu tun. Genau dasselbe Wasser, das den meisten von uns vielleicht eher durch Horrornachrichten von Überschwemmungen oder sintflutartigen Regenfällen oder durch das Ausbleiben von Regenfällen ein Begriff ist. Für die meisten von uns ist es darüber hinaus ein absolut selbstverständliches Gut, das viel zu gedankenlos verwendet wird. Es hat aber grundsätzlich eine überaus kraftvolle und sanfte Seite, die wir für uns nutzen können. Schenkers Buch, in dem sie unter anderem (wenn auch nur kurz) auf die Wiederbelebung von Wasser eingeht, ist ein kompaktes Handbuch, das uns hilft Wasser als lebendiges, heilendes Element auf einfache Weise in unser Leben zu integrieren.


    Fazit


    Gelungenes Handbuch. Die Gliederung ermöglicht ein leichtes Nachschlagen. Das Buch könnte ausführlicher sein, muss es aber nicht, da alles grundsätzlich relevante erwähnt wird und es sonst in ein Praxisbuch ausarten würde. Sprudelnde Heilkraft bietet auch Laien, die völlig unvorbelastet an die Thematik herangehen, einen guten Einstieg in die Materie.


    Copyright © 2010 by Antje Jürgens


    4ratten und noch ein Mäuschen dazu

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Geister küsst man nicht
    von Sally Ann Morris


    Titel der englischen Originalausgabe „Trick or Treat“
    Rowohlt Verlag
    ISBN Geister küsst man nicht
    von Sally Ann Morris


    Titel der englischen Originalausgabe „Trick or Treat“
    Rowohlt Verlag
    ISBN 978-3499255182
    Roman
    Deutsche Erstausgabe 2010
    aus dem englischen von Sabine Maier-Längsfeld
    Umschlaggestaltung any.way Hannah Krause
    Taschenbuch, 352 Seiten
    € 8,95 [D]


    www.rororo.de



    Zur Autorin:


    Auszug aus der Verlagsseite: Sally Anne Morris lehrte über zehn Jahre Psychologie, bevor sie mit dem Schreiben begann. Ihr Studium finanzierte sie mit Hilfsarbeiten als Kurierfahrerin, Erntehelferin und Kellnerin. Früher mochte sie laute Musik, Motorräder und Mode aus den 50ern. Heute lebt sie mit einem ehemaligen Rockmusiker und ihren zwei Kindern in London. Die Vorliebe für Kleider aus den 50ern ist geblieben. (Weitere infos unter www.sallyannemorris.com)


    Zum Buch/Meine Meinung:


    Zitat

    Hokuspokus – Liebesglück!


    Lucy Diamond ist weder besonders hübsch noch besonders begabt – so glaubt sie jedenfalls. Doch als sie den attraktiven Jonathan trifft, merkt sie, dass sie außergewöhnliche Fähigkeiten besitzt. Denn Jonathan ist ein Geist. Und nur Lucy kann mit ihm kommunizieren. Aber kann sie ihm auch helfen? Jonathan leidet nämlich unter Liebeskummer. Er ist bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen und hat noch eine dringende Nachricht für seine trauernde Verlobte. Aber wie soll Lucy einen Geist glücklich machen, wenn sie nicht mal ihr eigenes Liebesleben in den Griff bekommt?


    Die Inhaltsangabe gibt schon mal gut wieder, worum es in dem Buch geht. Wenngleich man Lucy nicht unbedingt unterstellen kann, ein Liebesleben zu haben. Es sei denn, man zählt einen gut aussehenden Arbeitskollegen dazu, der sich lediglich aufgrund einer Wette mit ihr einlässt. Was sie aber hat, ist ein SBF (schwuler bester Freund, in den sie quasi verliebt ist) und eine leicht durchgeknallte aber schöne und erfolgreiche beste Freundin, die schon mal die Rechnung für das Dreigespann übernimmt, wenn die anderen beiden wieder einmal pleite sind. Alle drei sind Singles, mehr oder weniger glücklich darüber, um die Dreißig und damit am Scheideweg. Das Ganze spielt in England, wobei der Schauplatz der Geschichte sich auch überall auf der Welt befinden könnte. Lucys Mutter ist eine reichlich durchgeknallte Esoterikerin, mit der Lucy eigentlich so gar nichts am Hut hat. Sie selbst ist bei ihrer Großmutter aufgewachsen und sehnt sich nach einem normalen Leben mit gesichertem Einkommen und einem Mann an ihrer Seite. Also eins der Bücher, die es schon zuhauf gibt.


    Spaß hat die Lektüre trotzdem gemacht. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig, leicht und spritzig. Es gab Passagen, bei denen ich reichlich verwirrte Blicke aus meiner mehr oder weniger unmittelbaren Umgebung geerntet habe, weil ich angesichts dessen, was ich gerade gelesen hatte, einfach loskichern musste. Mit „Geister küsst man nicht“ hat man definitiv ein Buch zum Entspannen in der Hand. Wobei ich anmerken muss, dass nicht alles so spritzig leicht rüberkommt, wie die Inhaltsangabe es andeutet. Dies trifft auf den ersten Teil des Buches zu, als Lucy und Jonathan aufeinander aufmerksam werden und er sich, wie Falschgeld, in ihr Leben drängt. Der Wechsel in den nicht so unbeschwerten Teil geht recht sprunghaft und ist auch nur kurz, bevor alles wieder in einer entspannenden Leichtigkeit endet.


    Nach dem überraschenden Auftauchen des Geistes kann Lucy ihre Freunde ebenso wenig wie sich selbst davon überzeugen, dass alles mit rechten Dingen zugeht und ihre Psyche ihr wegen Dauerbelastung lediglich einen unschönen Streich spielt. Spätestens als Gegenstände durch ihre Wohnung fliegen, karren Jojo und Nigel die mittlerweile recht verzweifelte Lucy zu ihrer Mutter, weil sie sich am ehesten Rat von dieser erhoffen. Die bringt allerdings nur insofern etwas Licht ins Dunkel, als sie Lucy von einem Ritual erzählt, dass anlässlich ihrer Geburt für sie abgehalten wurde und in dem sie quasi für eine besondere Gabe gesegnet wurde. Lucy sieht nicht nur im Erwachsenenalter Geister. Sie hatte schon in ihrer Kindheit einen unsichtbaren Freund, tat ihn allerdings ab einem gewissen Alter als Fantasiegestalt ab. Jetzt scheint ihre Gabe wieder hervorzubrechen. Der frisch verstorbene Geist Jonathan will eigentlich nur eines von ihr, dass sie seiner trauernden Verlobten eine Nachricht überbringt. Doch das ist gar nicht so einfach. Erstens, weil Lucy und Jonathan sich erst einmal aneinander gewöhnen müssen. Zweitens, weil Jonathans Kräfte schwinden, je öfter er sich ihr zeigt. Doch das erfahren die beiden erst nach und nach.


    Und während Lucy noch versucht, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen und nach Möglichkeiten strebt, ihre „Gabe“ zu nutzen, bekommt sie nicht mit, wie sich das Leben ihrer Freunde drastisch zu verändern beginnt. Im Laufe der Geschichte kommt Lucy mit einer Gesellschaft in Verbindung, die sich der „Erforschung anormaler Phänomene“ verschrieben hat. Da kommt dann ein leichter Gruseltouch hinzu, denn die Mitglieder der Gesellschaft beschwören mit Lucy etwas herauf, das nicht ganz so nett wie Jonathan ist und ihr Leben in Gefahr bringt. Jonathan wiederum organisiert Leidensgenossen aus seiner neuen Welt, die Lucy helfend zur Seite eilen und plötzlich hat sie nicht nur einen Geist, sondern gleich sieben an ihrer Seite und für alle soll sie Botschaften überbringen. Eine Aufgabe, die sich stellenweise sehr leicht und stellenweise fast unmöglich zu gestalten scheint. Simon, eines der Mitglieder der Gesellschaft, unterstützt sie bei ihrer Aufgabe. Lucy und er kommen sich dabei näher und gerade, als sich herauszukristallisieren beginnt, dass Lucy vielleicht doch ein Liebesleben hat, erfährt sie etwas über ihn, das ihr den Boden unter den Füßen wegzieht. Fast zeitgleich bekommt sie von den Nöten ihrer Freunde etwas mit und die bis dahin wohl wichtigste Bezugsperson in ihrem Leben stirbt. Reichlich viel Aufregung also, über die sie ihren Hauptgeist Jonathan fast vergisst.


    Fazit:


    Man könnte sagen, „Geister küsst man nicht“ ist ein bisschen Ghostwisperer auf englisch. Wobei Lucys Geister weder halb zerfallen durch die Gegend laufen noch mit Schockeffekten auf sich aufmerksam machen müssen. Vielmehr stellen sie sich schön in Reih und Glied, wie man es vom typischen Engländer eben zu erwarten scheint. Der Teil, in dem Lucy ihre Geister bzw. Aufgaben nach und nach abarbeitet, hat genau genommen gut zur gesamten Geschichte gepasst und hätte vermutlich dennoch nicht wirklich gefehlt, wäre er beiseitegelassen worden. Deshalb gibt es auf einer Werteskala (von 1 bis 5) nicht die volle Punktzahl. Stattdessen würde ich, weil der Roman sehr kurzweilig war, 4 Punkte vergeben.


    Copyright © 2010 Antje Jürgens (AJ)


    4ratten

    Hier noch meine Meinung.


    Zum Buch:


    Die Protagonistin des Buches ist die 17jährige Vanessa, deren heile Welt von heute auf morgen aus den Fugen gerät, als ihre Schwester anscheinend Selbstmord begeht. Eine Schwester zu der sie immer aufgesehen und die sie immer beschützt hat. Eine Schwester, die so etwas wie ein Rettungsanker für das junge, von Ängsten geplagte und überaus sensible Mädchen war. Doch das ist nicht das Einzige, womit Vanessa fertig werden muss. Sie stellt darüber hinaus fest, dass ihre Schwester Justine das eine oder andere Geheimnis hütete. Und Vanessa muss sich damit abfinden, dass ihre tote Schwester mit ihr spricht.


    Ein Grund mehr, herauszufinden, was genau passiert ist. Deshalb macht sich Vanessa ohne ihre Eltern an den Ort auf, an dem das Unglück geschehen ist. Ihre Familie besitzt ganz in der Nähe ein Ferienhaus. Und Caleb, einer der Carmichael-Brüder, mit denen sie seit Jahren die Ferien verbringen, wohnt direkt nebenan. Caleb, von dem sie vermutet, dass er bis zum Schluss mit Justine zusammen war. Umso schockierter ist sie, als sie von seinem Bruder Simon erfahren muss, dass Caleb nicht nur untergetaucht ist, sondern ebenfalls das eine oder andere Geheimnis hat.


    Zusammen mit Simon, für den sie mehr und mehr zu empfinden beginnt und der ihr in etwa den Halt gibt, den Justin ihr bisher gegeben hat, begibt sich Vanessa auf Spurensuche. Da die Sache sie nicht schlafen lässt, beginnt sie nebenher in einem Restaurant zu arbeiten. Die Besitzerfamilie umgibt ein Geheimnis, das sich nach und nach offenbart und das nicht nur mit Justines Tod zu tun hat. Die meldet sich immer öfter aus dem Jenseits bei Vanessa; warnt sie, rät ihr Caleb zu suchen, gibt Tipps, wo sie suchen kann. Und Simon scheint durch dieses Geheimnis genauso in Gefahr zu geraten, wie Caleb.


    Abgesehen von Justines „Selbstmord“ kommt es zu unerklärlichen Wetterphänomenen. Stürme brechen über Winter Harbour herein, während die übrige Küste in strahlendem Sonnenschein liegt, die Flut kommt unnatürlich schnell. Und es gibt weitere mysteriöse Todesfälle. Die Toten sind ausnahmslos Männer, junge und alte. Alle scheinen im Wasser und mit einem Lachen im Gesicht gestorben zu sein. Vanessa und Simon stoßen nach und nach auf eine Geschichte, die so unglaublich erscheint, dass sie sie erst weit von sich weisen. Meerjungfrauen gibt es doch nur in Mythen und Legenden, oder nicht? Und doch scheint sich etwas zu wiederholen, was bereits Jahre zuvor geschah. Etwas, das auch unmittelbar mit Vanessa selbst zu tun hat.


    Meine Meinung:


    Rayburn pflegt einen flüssigen leichten und klaren Schreibstil, der es älteren Lesern locker ermöglicht sich durch den anfänglich etwas spannungslosen Start der Geschichte zu lesen. Die zu Beginn zwar klar, aber leicht flach und amerikanisch-teenager-typisch gezeichneten Charaktere gewinnen im Verlauf der Geschichte an Tiefe. Die Geschichte selbst steigert sich ebenfalls. Dennoch erscheint vieles vorhersehbar, weil an diversen Stellen Hinweise auftauchen, die sofort die Lösung verraten. Andere Passagen wiederum erscheinen wie Lückenfüller und hätten wesentlich gekürzt werden können oder aber deutlich ausgebaut werden müssen.


    Alles in allem empfand ich das in sich abgeschlossene Buch nicht schlecht. Mir gefällt vor allem Rayburns Schreibstil und das Grundthema an sich. Der Meerjungfrauenmythos wird nicht romantisch verklärt. Da es der Auftakt einer Buchreihe sein soll, erklärt sich vielleicht auch die eine oder andere eben angesprochene fehlende Sache oder Ungereimtheit. Sollten sich die Folgebände so fortsetzen, wie der Teil des ersten Buches, in dem Caleb wieder auftaucht und die Geschichte an Fahrt aufnimmt, lohnt es sich diese weiterzuverfolgen. Für jüngere Leser ist das Buch deshalb zu empfehlen, weil es eine gelungene Alternative zu anderen derzeit auf dem Markt befindlichen Geschichten ist.


    Copyright © 2010 Antje Jürgens (AJ)


    4ratten

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Gute Frage, nächste Frage - Willi gibt schlaue Antworten auf clevere Fragen
    Von und mit Willi Weitzel und Florian Sailer


    Ullstein Taschenbuch
    ISBN: 978-3548373515
    Genre: Sachbuch, Kinder, Wissen
    Umschlaggestaltung HildenDesign, München
    Originalausgabe 2010
    Paperback, 267 Seiten
    € 7,95 [D]


    www.ullstein-taschenbuch.de


    Zum Autorduo


    Das Duo Weitzel/Sailer hat bereits bei dem Film „Willi und die Wunder dieser Welt“ zusammengearbeitet. Wer den Film kennt, kann nachvollziehen, warum auch das gleich im Anschluss besprochene Buch lesens- und empfehlenswert ist.


    Willi Weitzel wurde 1972 in Stadtallendorf geboren und begann nach seinem Studium für den Bayrischen Rundfunk als Kinderreporter tätig zu werden. Die Sendung „Willi wills wissen“, ausgestrahlt in der ARD, wurde bereits mehrfach ausgezeichnet und für seinen Film „Willi und die Welt der Wunder“, der 2009 in die Kinos kam, erhielt er den Adolf-Grimme-Preis (siehe auch www.williweitzel.com).


    Der Autor und Journalist Florian Sailer lebt in München. Er ist Mitarbeiter der Redaktion „Willi wills wissen“ und arbeitete auch, wie bereits erwähnt, an dem mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Kinofilm mit.


    Zum Buch/Meine Meinung


    Wer mit Kindern zu tun hat, weiß, dass die allermeisten ein schier unerschöpfliches Fragenpotenzial haben. Ihr Wissensdurst, gepaart mit einer noch gesunden Neugier, geht viel weiter als der von Erwachsenen und hat mich schon manches Mal hart schlucken lassen und das Bedürfnis geweckt, schnell noch mal die Schulbank zu drücken. Denn mit einer schnellen Antwort ist es meistens nicht getan. Kinder denken unkompliziert und stellen unkomplizierte, aber sehr gute und kluge Fragen. Jedenfalls so lange, bis sie es sich abgewöhnen, weil sie eventuell öfter die Antwort „das ist aber eine dumme Frage“ bekommen, als dass ihr Wissensdurst gestillt wird. Und das dann nicht, weil es eine dumme Frage ist (die gibt es ja bekanntlich nicht), sondern weil viele einfach die Antwort nicht kennen.


    Viele Fragen kann man selbst gut beantworten, aber wie gesagt nicht alle. Wie gut, dass es Willi gibt. Den Mann, der denkt, das echte Reporter nie ganz erwachsen werden dürfen und auch niemals aufhören dürfen, wissensdurstig zu bleiben. Was sich übrigens meiner Meinung nach für jeden Menschen gehört.


    Im Buch „Gute Frage, nächste Frage“ kommen Kinder und ihr schier unerschöpflicher Wissensdurst zu Wort. Fragen über ganz Alltägliches, über Tiere, über Menschen. Wissen Sie, warum Giftschlangen sich nicht selbst vergiften? Oder wieso unsere Finger alle unterschiedlich lang sind? Oder haben Sie sich schon mal gefragt, zu welchem Land ein Kind gehört, das in einem fliegenden Flugzeug zur Welt kommt? Warum es in Flugzeugen Schwimmwesten aber keine Fallschirme gibt? Fragen über Fragen und auf alle findet Willi in Zusammenarbeit mit etlichen Experten und seinem Team passende, detaillierte Antworten. Und übersetzt sie so, dass sowohl Erwachsenen als auch Kinder sie verstehen, ohne irritiert nachfragen zu müssen. Auf die typische Art und Weise, wie Willi alles erklärt.


    Gute Frage, nächste Frage ist eins der Bücher, dass ich sehr gerne weiterempfehle. Es eignet sich zum Vorlesen ebenso wie für Kinder, die selbst lesen. Auf einer Werteskala von 1 – 5 möchte ich diesem Buch eine 5+ geben und werde garantiert auch in Zukunft öfter einen Blick hineinwerfen. Vielleicht habe ich ja dann öfter passende Antworten auf kluge Fragen eines Kindes, über die ein Erwachsener gar nicht mehr nachdenkt.


    Copyright © 2010 Antje Jürgens (AJ)


    5ratten und am liebsten noch 1ratten dazu

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Charlotte Freise
    Die Seelenfotografin


    Rowohlt Verlag
    ISBN 978-3499255120
    Historischer Roman
    Originalausgabe 2010
    Umschlaggestaltung any.way Sarah Heiß
    Taschenbuch, 320 Seiten
    € 8,95 [D]


    www.rororo.de



    Zur Autorin:


    Die bereits unter dem Namen Karla Schmidt tätige Autorin Charlotte Freise wurde 1974 in Göttingen geboren. Sie studierte Kultur-, Theater- und Filmwissenschaften. Im Jahr 2009 erhielt sie den Deutschen Science-Fiction-Preis für die beste Kurzgeschichte. Die Autorin lebt zusammen mit ihrem Mann und zwei Töchtern in Berlin. Der Umstand, dass im März 2010 bereits ein Psychothriller unter ihrem richtigen Namen Karla Schmidt veröffentlicht wurde, hat die Autorin dazu gebracht, ihren ersten historischen Roman „Die Selenfotografin“ unter einem Pseudonym zu veröffentlichen. (Weitere Infos unter www.karla-schmidt.de.)


    Zum Buch:


    Die Inhaltsangabe verspricht einen Ausflug ins historische Berlin mit einem Hauch Fantasy. Die Zeilen darüber (Ein Mann ohne Vergangenheit. Ein Mädchen ohne Zukunft. Eine Liebe, die nicht sein darf.) klingen gut; sind jedoch nach Lektüre des Buches ein klitzekleiner Widerspruch in sich. Denn natürlich hat der Mann eine Vergangenheit. Und genau genommen hat die Protagonistin auch eine Zukunft; wenngleich die anders aussieht, als man sich das anfangs vorstellt. Was stimmig war und blieb, ist die Liebe, die nicht sein darf.


    Denn Isabel ist Teil von Ruvens Vergangenheit, an die er sich jedoch fast den ganzen Roman hindurch nicht erinnert. Seine früheste Erinnerung beginnt im Waisenhaus, in dem er ein zwar ein hilfsbedürftiges, elternloses Kind war, aber eben auch nur ein hungriges Maul, das sich schon früh sein tägliches Brot durch harte Arbeit verdienen musste. Während diverse Mädchen von der Leiterin des Heims als „Modelle“ zum Wanderfotografen Bing geschickt werden, verkauft sie Ruven an ihn, damit er ihm zur Hand geht. Viele Jahre zieht er mit Bing umher und absolviert quasi eine Lehre. Doch er lernt nicht nur die Kunst des Fotografierens. Er sieht viel Gewalt. Bing verachtet Frauen, misshandelt, missbraucht und/oder fotografiert sie – Aktfotografien, die etwas zensiert, als wissenschaftliches Anschauungsmaterial verkauft werden.


    Als sich Ruven eine Chance bietet, neu anzufangen, greift er zu. Sprichwörtlich. Er stiehlt seinem Chef eine Fotoausrüstung und folgt dem Ruf eines Arztes, der ihm eine Festanstellung verspricht. Ruven soll fortan, psychisch Kranke vor und nach ihrer Behandlung ablichten. Mit dem ebenfalls gestohlenen Geld mietet er sich ein Zimmer bei der alleinstehenden Elfie und ihrem Sohn. Dieses Zimmer wiederum befindet sich im selben Haus, in dem Isabel wohnt. Sie ist eine der Patientinnen, die Ruven fotografieren soll. Isabel interessiert sich nicht nur fürs Fotografieren, sie ist fasziniert von der Art der Fotos, die Ruven bis dahin angefertigt hat. Denn Peter, der Sohn seiner Zimmerwirtin, ist nicht nur mit Isabel befreundet und bringt sie zu den Behandlungsterminen in die Klinik (wo er auf Ruven trifft und mit zu sich nach Hause nimmt, als er feststellt, dass es ihm nicht gut geht). Er ist ferner in den Wagen von Bing eingebrochen und hat die dabei gestohlenen Fotos teilweise Isabel gezeigt. Und – bei diesem Einbruch wurde er von Ruven ertappt, der sich gerade mit seinem eigenen Diebesgut davonstehlen wollte.


    Alles scheint gut zu werden. Zwischen Ruven und Elfie bahnen sich zarte Bande an, die Arbeit in der Klinik sichert ihm ein geregeltes Einkommen. Er denkt daran, eine Familie zu gründen. Doch eine ihm unerklärliche Faszination für Isabel, die er nur wenige Male gesehen hat, hindert ihn daran, Elfie einen Antrag zu machen. Er überlegt, die ihm zunehmend an die Nieren gehende Arbeit in der Klinik aufzugeben und ein eigenes Fotoatelier zu eröffnen. Letztlich verdankt er das Atelier Isabel, die ihm nicht nur eine von ihr entwickelte Formel für ein neues, revolutionäres Verfahren übergibt, sondern auch an der Erfindung der Seelenplatte arbeitet, von der sie ihn ebenfalls zu überzeugen versucht.


    Die Charaktere sind klar gezeichnet. Ruven - ein junger Mann, will weiterkommen, das Elend und die Gewalt hinter sich lassen, und begeht dafür sogar eine Straftat; und wird schneller von seiner Vergangenheit eingeholt, als ihm lieb ist. Peter - ein Teenager, der aufgrund der Armut keine Kindheit und Jugend hat, sich aber immer irgendwie durchmogelt. Seine Mutter Elfie - hilfsbereit, aufopferungsvoll, immer fröhlich, höflich, und desillusioniert. Anna - die Tante, die Isabel versorgt, nachdem ihre Familie bei einem Unglück ums Leben kam, alt und krank. Isabel – ein junges Mädchen, wissbegierig, gebildet, vertrauensvoll unschuldig und berechnend manipulativ, verzweifelt und doch lebenslustig. Der Arzt - pflichtbewusst, fortschrittlich …


    Doch wie weit darf dieser Fortschritt gehen? Seine Versuche gereichen Frankenstein zur Ehre. Er experimentiert mit Toten. Was in Ruven den Wunsch weckt, zu kündigen. Der Arzt strebt danach, diese Versuche auch am lebenden Objekt zu probieren. Als Isabel erfährt, wie Ruvens und ihre Vergangenheit zusammenhängen, erleidet sie einen Zusammenbruch und wird zum geeigneten Versuchsobjekt für den Arzt. Und die Seelenplatte zum einzigen Versuch, Isabel zu retten.


    Meine Meinung:


    Die Autorin hat durch Wortwahl und Schreibstil eine Kulisse für die Geschichte geschaffen, die den Leser wie einen Voyeur auf die damalige Zeit blicken lässt. Er sieht die unschönen Seiten eines Daseins in Not und Elend. Bis auf wenige Ausnahmen scheint nichts dieses Leben dort wirklich lebenswert zu machen. Und doch gibt es sie. Gestohlene Momente des Glücks, die Hoffnung und so etwas wie Zufriedenheit in den Charakteren der Geschichte wecken.


    Die Grundidee ist gut und die gesamte Geschichte an sich ist nicht ohne Spannung. Ob die Story allerdings wirklich packend ist, steht auf einem anderen Blatt. Zum einen sind die Charaktere zwar klar, aber etwas flach gezeichnet. Zum anderen schrammt man aber größtenteils an Erpressung, sexuellem Missbrauch, medizinischem Wahnsinn oder auch dem tagtäglichen Kampf ums Überleben genauso vorbei wie an der eigentlichen Liebesgeschichte zwischen den beiden Protagonisten. Man blickt neugierig darauf, taucht aber nicht richtig ein. Die Geschichte liest sich zwar flüssig, aber nicht reißend. Außerdem – das Buch ist in vier Teile gegliedert – erscheint der letzte Teil schneller und flüchtiger erzählt.


    Dennoch kann ich nicht sagen, dass mir das Buch nicht gefallen hat. Wie gesagt, die Idee ist gut. Die Beschreibung der damaligen Lebensumstände oder etwa der Behandlungen auch – größtenteils eine bloße Draufsicht, aber das stört nicht völlig. Ich empfand das sogar fast detaillierter beschrieben als das, was in der Inhaltsangabe angekündigt war. Mir persönlich fehlte der tiefere Einblick in die eigentliche Liebesgeschichte. Und auch mehr zu der Seelenplatte an sich und den damit verbundenen Aspekten. Allerdings: Das Ende ist mehr oder weniger offen. Vielleicht gibt es ja irgendwann einen zweiten Teil, in dem ich dann auf meine Kosten komme. Es gibt nicht die volle Punktzahl für „Die Seelenfotografin“ Isabel; die übrigens eigentlich gar nicht selbst fotografiert. Mir persönlich hätte der ursprünglich angedachte Titel „Isabels Schöpfung“ besser gefallen.


    Copyright © 2010 Antje Jürgens (AJ)


    3ratten



    EDIT: Betreff angepasst. LG Seychella

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Bartimäus – Der Ring des Salomo
    von Jonathan Stroud


    Titel der englischen Originalausgabe: Bartimaeus – The Ring of Solomo
    cbj, München
    ISBN 978-3570139677
    Fantasy, Jugendbuch
    1. Auflage 2010
    aus dem Englischen von Katharina Orgaß und Gerald Jung
    Umschlaggestaltung Klaus Renner
    Hardcover, 480 Seiten


    www.cbj-verlag.de



    Zum Autor


    Der in Bedford/England geborene und bei London lebende Jonathan Stroud schreibt bereits seit 33 Jahren Geschichten, hat also seine Vorliebe dafür bereits mit sieben Jahren entdeckt. Nachdem er Jahre später zunächst als Lektor für Kindersachbücher tätig war, beschloss er nicht nur seine eigenen Kinderbücher zu veröffentlichen. Er wollte sich auch fortan ganz dem Schreiben widmen. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. (Autorenhomepage: www.jonathanstroud.com)


    Zum Buch


    „Bartimäus – Der Ring des Salomo“ ist eigentlich die Entstehungsgeschichte zu den bereits veröffentlichten Bänden der Bartimäus-Trilogie. Ein in sich abgeschlossenes Buch, in dem es um einen gewitzten, stets zu Streichen aufgelegten Dschinn geht, der immer wieder wider Willen von Magiern heraufbeschworen wird. Man kann es völlig unabhängig von der Trilogie lesen.


    Gleich zu Beginn folgt eine Liste der Hauptpersonen, eine Karte mit den Ländern Israel, Saba und deren Umgebung zum Handlungszeitpunkt. Nach dem eigentlichen Schluss der Geschichte kommen noch Anmerkungen zu Zauberei und Geistern. Und nach Erwähnung der Trilogie ein kleines Kapitel, von dem ich ausgehe, dass es sich um ein Kapitel des ersten Bandes der Trilogie handelt – die ich leider noch nicht gelesen habe.


    Doch zum Inhalt. Bartimäus ist ein Dschinn. Ein Wesen, das seinem Meister alle Wünsche erfüllen muss. Sein Herr ist Magier am Hofe König Salomos 959 v. Chr. in Jerusalem. Salomo wiederum, Hüter eines Ringes, der ihm unendliche Macht und Reichtum verleiht, scheint sich alle umliegenden Königreiche untertan machen zu wollen. Er schreckt nicht davor zurück, den Geist des Ringes heraufzubeschwören, um seine Macht zu erhalten und sein Gefolge gefügig zu halten.


    Als Salomo das Königreich Saba bedroht, schickt die Königin eine ihrer Wächterinnen nach Jerusalem. Diese soll den König töten und den Ring nach Saba bringen. Asmira, die Wächterin macht sich sofort auf den Weg und trifft dabei auf Bartimäus und seinen Herrn. Mit ihrer Hilfe gelangt sie schneller als erwartet in den Palast Salomos.


    Doch dort stellt sich heraus, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Ihr blinder Gehorsam gegenüber ihrer eigenen Königin ist plötzlich infrage gestellt, als sie mit Bartimäus Hilfe in den Besitz des Ringes zu kommen versucht. Ist Salomo ein tyrannischer Machthaber oder gehen hinter seinem Rücken Dinge vor, die er nicht weiß? Herrscht er oder wird er beherrscht? Sie und der Dschinn müssen einige Schwierigkeiten meistern und um ihr Leben kämpfen.


    Meine Meinung


    Ich würde das Buch in die Kategorie All-Age (zumindest ab 14 aufwärts) einsortieren und wurde von der ersten bis zur letzten Seite gut unterhalten. Stroud hat mich in eine fantastische Welt aus Zauberern, Kobolden, Dämonen und Menschen eintauchen lassen. Der Schauplatz ist größtenteils im antiken Jerusalem, wobei Zeit und Ort vermutlich auch hätten beliebig ausgetauscht werden können, denn es ist gewissermaßen eine ganz eigene Welt, in die man sich beim Lesen begibt. Am Ende kommt wie gesagt vermutlich der Auftakt der Trilogie. Jedenfalls landet der Dschinn in der modernen Zeit bei einem Jungen in London.


    Doch soweit ist es anfangs noch nicht. Bösartige und gewalttätige Dschinns werden beschrieben, die immer bereit sind auf ihren Herrn zu stürzen und diesen zu töten, sobald dieser die kleinste Schwäche zeigt. Und ihre Sehnsucht nach Freiheit, die genau genommen nie erfüllt wird, denn jeder der ihren Namen kennt, kann sie heraufbeschwören und sie müssen ihm bedingungslos gehorchen oder werden bestraft. Bartimäus ist ein bereits uralter Dschinn, sarkastisch und humorvoll und trotz seiner Hinweise auf seinen Appetit kommt er liebenswert herüber. Er glaubt an das Gute im Menschen, als er auf Asmira trifft, und wird gewissermaßen belohnt. Sie schafft es nicht nur, den Bann, der ihn an seinen bisherigen Herrn bindet, zu brechen (an der Stelle habe ich mich köstlich amüsiert, wer die Gelegenheit hat einen Blick auf die Seiten 276-280 zu werfen, weiß vielleicht warum). Sie verspricht ihm auch die Freiheit, sobald er ihr geholfen hat, den Ring zu bekommen. Asmira wiederum würde alles für ihre Königin tun, sogar ihr eigenes Leben opfern. Blind gehorcht sie jedem Befehl, bis sie zu begreifen beginnt, dass Gehorsam vielleicht nicht alles ist und es zwischen Schwarz und Weiß viele Grautöne gibt.


    Stroud lässt zum einen Bartimäus selbst zu Wort kommen, zum anderen wird die Geschichte von einem Beobachter erzählt. Was mich anfangs etwas störte, waren die Fußnoten, die keiner eigentlichen Erklärung dienen, sondern genau genommen teilweise recht biestig-eloquente Gedanken des Dschinns sind. Doch das war wie gesagt nur anfangs, was vielleicht wiederum am äußerst lebendigen Stil und modernen Sprachgebrauch des Autors liegen könnte. Damit führt er einen leicht verständlich in die Handlung ein, wobei er gleichzeitig von Anfang an Spannung aufbaut. Seine Ideen sind durchdacht, nichts wirkt langatmig. Die Beschreibung seiner Figuren, wie auch ihrer Erlebnisse ist detailliert.


    Fazit


    Das Buch hat eindeutig nicht nur für Jugendliche Unterhaltungswert. Mich hat es auf die bereits 2006/2007/2008 erschienene Trilogie mehr als neugierig gemacht. Auf einer Skala von 1 – 5 bekommt „Bartimäus – Der Ring des Salomo“ die volle Punktzahl, weil einfach alles stimmt.


    Copyright © 2010 Antje Jürgens


    5ratten


    Emoticon aus Threadtitel entfernt. LG, Valentine