Moin, Moin!
Eine Stelle möchte ich bringen, die mir besonders gefallen hat, weil sie so drastisch illusionslos ist:
Freddy fing an: "Andauernd kommen Leute zu mir, deren Zähne nicht mehr zu retten sind, mit Vereiterungen, die sie nicht mehr wahrhaben wollen und sich als Neuralgie erklärt haben. Die Schmerzen müssen grauenhaft gewesen sein. Monatelang sind sie damit herumgelaufen, außerstande, zu kauen oder nur die Kiefer zusammenzubeißen, weil sie sich unterbewußt dagegen sträubten, einen Zahn zu verlieren. Einen Zahn zu verlieren bedeutet Tod für die Leute; es ist ein klassisches Kastrationssymbol. Lieber einen Schwanz, der weh tut, als überhaupt keinen. Sie haben tödliche Angst vor mir, denn von mir könnten sie ja die Wahrheit erfahren. Wenn sie ihre Zahnprothesen eingesetzt kriegen, sage ich ihnen, daß sie besser aussehen als je zuvor, und sie fallen mir nahezu um den Hals, so sehr glauben sie es. Aber alles ist Bockmist. Nie wieder kriegt man sein altes Lächeln hin, wenn man die Zähne verloren hat. Ihr könnt euch ausrechnen, wieviel Süßholz da erst ein Krebsdoktor raspeln muß! Lieber Gott, in dem einen Jahr, als ich Medizin studierte, sind mir Skelette begegnet, die davon redeten, daß es immer mehr bergauf mit ihnen gehe. Ich habe Frauen gesehen, die keine Gesichter mehr hatten, aber sich die Haare aufdrehten. Die groteske Wahrheit ist, es gibt kein Bergauf, und niemand schert sich einen feuchten Dreck darum. Man wird geboren, um sich auf der Matratze vernaschen zu lassen, und dann zu sterben, und je früher, desto besser. Carol, du hast recht, wenn du sagst, was für eine ausgeklügelte Maschinerie wir sind, wenn wir geboren werden; das Dumme ist bloß, daß wir uns nur in einer Richtung bewegen: bergab." (John Updike: Ehepaar, S. 252)