Ich habe heute länger als erwartet arbeiten müssen, habe aber vorhin wenigstens noch Kapitel 3 bis zum Ende geschafft.
Erstaunlich, wie schnell Hans Castorp sich dem Leben "dort oben" anpasst. Sein Gemüts- und Gesundheitszustand verfinstern sich so rapide, dass er nach nur zwei Tagen so weit ist, dass er durchaus als Patient im Berghof bleiben kann.
Interessant war auch Castorps erstes bewusstes Wahrnehmen von Madame Chauchat, der interessanten Russin mit dem französischen Namen (toller Name übrigens: chaud chat = heiße Katze ). Sein erster Eindruck von ihr ist ja nicht gerade der beste, sie tut auch nicht viel, um einen guten Eindruck zu hinterlassen, aber ich schätze mal, dass Hans' Interesse an ihr sich noch ziemlich steigern wird...
Eine sehr interessante Figur ist auch Settembrini, der schöngeistige und scharfzüngige Italiener mit dem fehlerlosen und ausdrucksstarken Deutsch. Von dem kann Hans Castorp (und der Leser) bestimmt noch was lernen. Ich schätze mal, dass Thomas Mann eine Menge seiner eigenen Ansichten durch Settembrini transportieren wird. Ich werde ihn jedenfalls aufmerksam im Auge behalten...
Wie schon gesagt beschreibt Mann äußerst detailreich, wodurch die Handlung sehr langsam vor sich hin plätschert. Das gleiche Gefühl hatte ich auch schon bei den Buddenbroocks. Beide Bücher entwickeln eine sehr subtile Art von Spannung. Man weiß vage, was noch passieren muss und wartet auf den Fortgang der Ereignisse.
Gerade durch die detaillierte Beschreibung all' der Routine wird klar, wie eintönig das Leben da oben eigentlich ist: die festgelegten Essenszeiten, die Liegekur jeden Tag, die Ruhezeiten, die Untersuchungen, das Fiebermessen usw. Kein Wunder, dass die Patienten alle kleine Macken entwickeln, um der Monotonie ein wenig Abwechslung zu geben, und der Leser wartet ja nur auf den einen oder anderen Ausbruch...
Na gut. Spät genug. Morgen geht's weiter. Jetzt bin ich doch ziemlich an Hans Castorps weiterer Entwicklung interessiert. Vielleicht schaffe ich's ja auch, mal wieder etwas längere Zeit am Stück zu lesen. Ich habe nämlich festgestellt, dass kleine Leseportionen vom "Zauberberg" gar nichts bringen, weil ich immer erst eine kleine Weile benötige, um in den Lesefluss zu kommen. Aber wenn ich erst mal drin bin, läuft's auch ganz gut.
Viele Grüße + gute Nacht!
Stefan
P.S.: Ich bin etwas unschlüssig, ob und inwieweit ich hier die Spoilerfunktion hätte verwenden sollen. Ich weiß nicht, wie Ihr das einschätzt, aber ich glaube, hier wird jemandem, der noch nicht so weit ist, keine allzu große Spannung genommen, oder?