Beiträge von Nina2401

    Wer träumt nicht davon, seinem Idol persönlich zu begegnen. Der Berliner Taxifahrer Herbert hat so einige Idole, die er in seinen Tagträumen anschmachtet, um sein tristes Leben ein bisschen aufzuhübschen. Dann taucht sein durchgeknallter Bruder Harry auf und auf einmal geht es ziemlich rasant in Herberts beschaulicher Welt zu. Und manche Träume werden auf obskure Weise schneller wahr als es Herbert Recht ist.


    Susanne Fuß erzählt zunächst abwechselnd aus der Perspektive von Herbert und Harry. Herbert ist verklemmt, leicht depressiv und kümmert sich um seine alte kranke Mutter. Sein Bruder Harry ist genau das Gegenteil. Aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung fristet er sein Dasein in einer psychiatrischen Klinik in Hamburg. Und wo könnte der Sunnyboy seine Woche Freigang besser verbringen als bei seinem Bruder in Berlin?


    Ich habe mich von Anfang an köstlich amüsiert über die beiden ungleichen Brüder. Gerade durch das abwechselnde Erzählen waren die Unterschiede besonders deutlich und krass. Harry findet für alles eine Lösung mit seiner blühenden Fantasie. Herbert ist das alles nicht geheuer, doch irgendwann kann er nicht mehr raus aus der Nummer und dieser mitreißend erzählten Geschichte.


    Susanne Fuß hat ihre turbulente Verwechslungskomödie perfekt und meistens auch glaubhaft konstruiert. Ein bisschen sollte man sich schon in diesen Spaß fallen lassen und auch mal fünfe gerade sein lassen. Dann kann man diese furiose Story in vollen Zügen genießen. Man merkt sofort, dass Susanne Fuß bisher Drehbücher geschrieben hat. Das Kopfkino bekommt mit jeder Seite neues Futter, sie erzählt spannend und humorvoll. Mit dem Humor ist das ja immer so eine Sache. Hier musste ich von Anfang an herzhaft lachen und mir war sofort klar, dass Susanne Fuß mein Humorzentrum perfekt getroffen hat. Ich bekam die komischen Situationen kaum noch aus meinem Kopf. Susanne Fuß hat ihre Helden auf eine rasante Fahrt geschickt und lässt sie von einem Fettnäpfchen ins nächste trampeln. Besonders gut hat mir auch die demente Mutter Käthe gefallen. Sie war für mich das Sahnehäubchen in dieser schwungvoll erzählten Komödie.


    Fazit: Mit ihrem unnachahmlichen Humor hat Susanne Fuß mich glänzend unterhalten und zum Lachen gebracht. Ein wirklich lesenswertes Debüt!


    5ratten

    Der Preis der Freiheit


    Als ich mich mit der jungen Deutschen Ida auf die Reise nach Irland begeben habe, wusste ich nicht, was Ida dort erwarten wird. Susanne Goga hat es mit wunderbaren Beschreibungen geschafft, mir die grüne Insel und die Hauptstadt Dublin schnell nah zu bringen. Durch Idas Augen erkunde ich die Stadt und lerne wunderbare und interessante Menschen kennen. Ich habe mich sofort wohl gefühlt, obwohl Susanne Goga auch die Elendsviertel nicht ausgelassen hat. Erinnerungen an „Die Asche meiner Mutter“ von Frank McCourt kamen hoch. Aber Susanne Goga hat für mich eine viel schönere Art auch hässliche und unangenehme Dinge zu beschreiben. Ich konnte mich regelrecht hineinfallen lassen in diese Geschichte. Anfangs war ich auf Erkundungstour und erfahre so einiges über die Konflikte und deren Hintergründe. Der Wunsch nach Freiheit ist für mich verständlicher denn je.


    Viele historische Persönlichkeiten kreuzen Idas Weg und bei einigen historischen Ereignissen bin ich hautnah dabei. Und auch das schildert Susanne Goga ruhig aber gleichzeitig sehr eindringlich. Sie spielt nicht mit mir, sie führt mich behutsam tiefer in die Geschichte von Ida, die immer enger mit Irland verbunden ist. Familiäre Konflikte, die anfangs etwas schwierige Liebe zwischen Ida und Cian und Idas künstlerische Begabung nehmen genau so viel Raum ein wie die historisch belegten Ereignisse. Dadurch bleibt die Geschichte lebendig.


    Susanne Goga hat ihr Buch in drei Teile gegliedert. Die Ankunft und das behutsame Kennenlernen. Die Ausläufer des ersten Weltkrieges, die auch Irland erreichen. Und dann der unausweichliche Aufstand der Iren. Obwohl Susanne Goga sehr ruhig erzählt, knistert die Spannung zwischen den Zeilen. Wer sich ein bisschen mit der Geschichte Irlands auskennt, weiß, welche Ereignisse bevorstehen. Und bis dahin habe ich einige der Betroffenen so gut kennen gelernt, dass mir die Tragik sehr unter die Haut geht.


    Auf dem Umschlag wird dieses Buch als mitreißende Liebesgeschichte beworben, aber für mich ist es viel mehr. Denn die Liebesgeschichte ist nur das Gerüst, um das sich die spannenden Geschehnisse winden. Besonders der letzte Abschnitt ist sehr traurig, aber am Ende bleibt ein Gefühl der Hoffnung.

    Fazit: Susanne Goga beschreibt wunderbar einfühlsam die dramatischen Ereignisse in Irland vor und während des ersten Weltkrieges.


    5ratten

    Der Mut der Berliner


    Titus Müller benötigt nur einen Zeitraum von wenigen Tagen, um eindrucksvoll den Märzaufstand von 1848 zu schildern. Dazu führt er mich als Leser zum einen ins Feuerland, wo ich Hannes kennen lerne, ein pfiffiger junger Mann, der mit aller Kraft versucht, seine Träume von einem besseren Leben wahr zu machen. Auf der anderen Seite, nämlich im Berliner Stadtschloss, treffe ich auf Alice, eine unkonventionelle und selbstbewusste junge Frau, die Hannes den Kopf verdreht. Und mit diesen beiden jungen Leuten erlebe ich die aufregenden und spannenden Tage im März 1848.


    Gekonnt hat Titus Müller die besondere Atmosphäre jener Zeit eingefangen, hat seine Sprache dieser Zeit angepasst und lässt seine Charaktere zeitgemäß reden. Und gerade diese direkte Rede ließ mich oft schmunzeln. Es war schön, längst vergessene Redewendungen zu entdecken und das alte berlinerisch war für mich ein besonderer Genuss. So brauchte es nur wenige Zeilen und ich konnte abtauchen in die von Titus Müller arrangierte Zeitreise.


    Die aufgeheizte Stimmung auf den Berliner Plätzen und Straßen hat Titus Müller ganz besonders eingefangen. Er erzählt aus verschiedenen Blickwinkeln und verschafft mir so die Möglichkeit mich wirklich dabei und mittendrin zu fühlen. Atemberaubende Spannung vermischt sich mit der ganz besonderen Art von Titus Müller, diese Szenarien zu beschreiben. Fantastisch!


    Besonders schön fand ich die vielen Kleinigkeiten, die am Rande beschrieben wurden und damit eine unnachahmliche Kulisse schaffen. Titus Müller ist bekannt für seinen Blick gerade für die kleinen Dinge, die er dann sehr liebevoll darstellt und ich liebe es jedes Mal aufs Neue.


    Einen ganz speziellen Platz hat er zwei bedeutenden Persönlichkeiten jener Zeit eingeräumt: Julius von Minutoli, der damalige Berliner Polizeipräsident und General Ernst von Pfuel. Eindrucksvoll schildert Titus Müller deren Gewissenskonflikte und ihre tragenden mitunter auch tragischen Rollen in diesen stürmischen Zeiten. Ihre Auftritte gehörten genau so zu meinen Lieblingsszenen wie all die dramatischen und auch anrührenden Szenen.


    Natürlich hat auch die Liebesgeschichte von Alice und Hannes ihren Raum in diesem lebendig geschilderten Zeitzeugnis. Frei von jeglichem Kitsch aber mit viel Humor und Gefühl fügt sie sich wunderbar in diese spannende Erzählung ein.


    Fazit: Diese Geschichte ist vollgepackt mit sehr vielen historisch belegten Ereignissen und so spannend und flüssig geschrieben, dass es mir eine Freude war, mit Titus Müller auf eine interessante und informative Zeitreise zu gehen!


    5ratten :tipp:

    Hinreißend schön und skurril

    Ein kleines Büro in einem Berliner Hinterhof leistet Großes, es erfüllt Sterbenden letzte Wünsche. So traurig das auch klingen mag, diese Geschichte brachte mich auch sehr oft zum Lächeln. Das liegt zum einen an den skurrilen Hauptpersonen Mathilda und Ingeborg und natürlich an Eddie, Mathildas Freund auf vier Pfoten. Und es liegt an dem leicht schrägen und gleichzeitig liebenswerten Schreibstil von Antonia Michaelis. Es ist mein erstes Buch dieser Autorin, von der ich im Vorfeld schon viel gehört habe.


    Sie hat eine wunderschöne Art, Dinge zu beschreiben und beim Namen zu nennen. Auch Dinge, die eigentlich gar nicht schön sind, wie z. b. eine Intensivstation: „Die Zeit tropfte zäh und langsam durch die Flaschen auf den Infusionsständern, die Sekunden flossen durch Schläuche, die Minuten sammelten sich in den Urinbeuteln der Katheter zu einem trüben, gelben Gewässer aus gelebtem Leben.“ (S. 56)


    Wer sich auf diese Geschichte einlässt, muss sich auch darauf einlassen. Der Tod ist allgegenwärtig, aber er ist nicht beängstigend. Denn Mathilda und Ingeborg haben es sich zur Aufgabe gemacht, ein bisschen Sonne in die letzten Tage zu bringen. Seit der Lektüre dieser wunderbaren Geschichte sehe ich einiges völlig anders, habe viele eingefahrene Verhaltensweisen überdacht. Dieses Buch hat etwas in mir verändert und allein dafür liebe ich es. Viele kleine Szenen gingen mir verdammt nah, ich musste oft mit den Tränen kämpfen, habe sie aber auch genau so oft weg gelächelt.


    Apropos Liebe … eine Liebesgeschichte gibt es natürlich auch. Und die ist so herrlich kitschbefreit und ganz und gar anders und derart skurril wie alles in diesem Buch. Zwischendurch sollte man Fünf gerade sein lassen, nicht alles lässt sich vernünftig erklären und ein bisschen Magie gehört zu diesem Buch einfach dazu.


    Antonia Michaelis spricht einige sehr sensible Themen fernab von Schwarz und Weiß an und man muss eine Weile nachdenken, sacken lassen und noch mal nachdenken. Dieses Buch hinterlässt Spuren und deshalb finde ich es nicht nur einfach schön, sondern auch ungemein wichtig!


    Fazit: Eine wundervoll skurrile Geschichte mit viel Tiefgang!


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Das Superhirn ist zurück!


    Endlich gab es für mich ein Wiedersehen mit Maarten S. Sneijder. Ich durfte den „ollen Knötterkopp mit Herz“ bereits in dem Thriller Todesfrist kennen lernen. Sein scharfer Verstand, sein gewöhnungsbedürftiger Humor, seine Schlagfertigkeit und seine Gradlinigkeit haben es mir von Anfang an leicht gemacht, ihn zu mögen. Nicht unbedingt auf den ersten Blick, aber dafür um so inniger.


    Auch in Todesurteil läuft er von Anfang an zu seiner gewohnten Hochform auf. Ich bin immer wieder fasziniert, welche Schlüsse fähige Ermittler ziehen können und da steht Sabine Nemez ihrem Mentor in nichts nach. Den Gegenpart in Wien besetzt die äußerst taffe und gleichzeitig liebenswerte Staatsanwältin Melanie Dietz, die mich durch ihre unkonventionelle Art direkt begeistert hat.


    Andreas Gruber erzählt in zwei Strängen, die sich abwechseln. Anfangs hatte ich überhaupt keine Ahnung, wie die ungelösten Fälle in Wiesbaden und die Entführung in Wien zusammen hängen. Ab und zu wirft Andreas Gruber mir kleine Informationshäppchen zu, die mir Nahrung für unzählige Spekulationen geben. Manche Hinweise habe ich gar nicht als solche erkannt und manchmal führten sie mich in eine komplett falsche Richtung.


    Andreas Gruber hat seinen Plot sehr raffiniert konstruiert und führt mich ganz schön an der Nase herum. Und immer wieder überrascht er mich mit verblüffenden Wendungen. Mit dem Ergebnis, dass ich mich kaum trennen konnte von Todesurteil. Dieses Buch hat für einen Thriller ungewöhnlich viele Seiten, durch die ich fast geflogen bin. Das lag zum einen an der sehr spannenden Story, aber auch an Grubers flottem und fließendem Schreibstil.


    Todesurteil gliedert sich in neun Tage bzw. Abschnitte, die alle mit einem stimmungsvollen und passenden Zitat eingeleitet werden. Die einzelnen Kapitel sind nicht besonders lang und durch die wechselnden Handlungsorte baut Andreas Gruber eine enorme Spannung auf, die zuweilen kaum auszuhalten ist. Manche Abschnitte enden mit einem Ausflug in den „Schlund der Hölle“ und da sind Gänsehaut und Herzklopen garantiert.


    Je weiter ich gelesen habe, um so gespannter war ich auf die Auflösung. Und damit hat mich Andreas Gruber dann wirklich überrascht. Das beste daran war, dass ich anfangs fast auf der richtigen Spur war, diese dann aber wieder verloren habe, weil ich mich auf andere Wege verleiten ließ. Großes Kompliment an Andreas Gruber, das ist wahrlich meisterhaft.


    Fazit: Brillant konstruierter und nicht vorhersehbarer Thriller, der mich gefesselt und fasziniert hat!


    5ratten :tipp:

    Die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft


    Charlotte Lyne schreibt so einzigartig und speziell, dass ich schon nach wenigen Sätzen wusste, dass ich ein „Charlie-Buch“ lese. Ich durfte wieder viele schöne Sätze genießen und habe mich treiben lassen auf den Wogen dieser unnachahmlichen Sprache. Sie erzählt die Geschichte einer bedingungslosen Freundschaft zwischen drei Menschen, die verschiedener nicht sein könnten. Fenella, die „nur“ ein Mädchen und somit nichts wert ist, bekommt die Anerkennung, die sie braucht, von Anthony und Sylvester. Sylvester ist der „Gute“ in der Geschichte, der Strahlende, der so unendlich viel Liebe in sich trägt. Anthony ist der Exot mit autistischen Zügen.


    Ich begleite die drei Werftkinder, die zur Zeit von Henry VIII aufwachsen, insgesamt 33 Jahre, erlebe Höhen und Tiefen, Harmonie und Konflikte und sehr dramatische Szenen. Mein Lieblingskönig hat ein paar kurze „Auftritte“, die für mich kleine Highlights waren und auch Anne Boleyn, die Charlotte Lyne so beschreibt: „Sie war auf eine gewaltsame, nicht leicht erträgliche Art schön“ (S. 237), hat ihren Platz in der Geschichte. Die heimliche Hauptrolle spielt die Mary Rose.


    Das Buch besteht aus fünf Teilen. Die einzelnen Kapitel sind unterschiedlichen Personen gewidmet und werden jeweils aus deren Sicht erzählt. Das hat mir sehr gut gefallen. So konnte ich das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.


    Charlotte Lyne mutet ihren drei Werftkindern einiges zu, sie lässt sie leiden und lieben. Manche Stellen waren so wunderschön beschrieben, dass ich beim Lesen inne halten musste, um sie zu genießen. Von manchen Szenen ging ein Zauber aus, der mich ganz andächtig gemacht hat.


    Leider macht die Geschichte im letzten Drittel eine Wendung, die mir persönlich nicht gefallen hat. Ich habe mich an der schönen Sprache weiterhin erfreut, mich aber auch über das Verhalten der Werftkinder mehr als gewundert. Da war zu viel Gefühlsduselei, die ich nicht so mag. Auch kam mir der historische Hintergrund ein wenig zu kurz. Im Vordergrund stehen die Probleme, die so eine innige Freundschaft zwischen drei Menschenkindern nun mal mit sich bringt.


    Und so habe ich das Buch mit etwas gemischten Gefühlen beendet. Ich liebe es für seine wunderschöne und intensive Sprache. Aber die Geschichte konnte mich leider nicht hundertprozentig überzeugen.


    4ratten

    Ich fands toll :smile:


    Schöne neue Welt?


    Neue Technologien erleichtern das Leben und ich nutze sie selbst sehr gerne. Ein Besuch bei Facebook gehört zum Tagesablauf und ein Tag ohne Smartphone ist fast unvorstellbar. Und deshalb war ich so gespannt auf dieses Buch. Marc Elsberg hat ein brandaktuelles und hochbrisantes Thema in einen spannenden Thriller gepackt. Ich habe sehr viele interessante Infos bekommen und teilweise standen mir die Haare zu Berge. Ich wusste gar nicht, was alles möglich ist. Die totale Überwachung und die totale Manipulation.


    Schon nach ein paar Sätzen packte mich das Grausen. Marc Elsberg hat eine besondere Art gefunden, mich zu fesseln. Er erzählt sehr temporeich, sehr dicht und im Präsens. Es geht Schlag auf Schlag. Er wechselt immer wieder die Perspektive. Ich beobachte Cynthia, mit der ich mich nicht nur altersmäßig identifizieren konnte. Ich erhalte Einblick in die oberste Etage von Freemee und werde Zeuge von sehr üblen Machenschaften. Und ich schaue dem Stabschef im Weißen Haus über die Schulter und das bereitet mir mehr als einmal Bauchschmerzen. Sehr gelungen fand ich die Chats der Zero-Mitglieder, die die einzelnen Kapitel miteinander verbinden.


    Die Story ist so komplex, ich komme kaum zum Luft holen. Und obwohl ich mich mit technischen Dingen nicht besonders gut auskenne, blieb bei mir kaum eine Frage offen. Marc Elsberg hat mir alles so gut erklärt, dass ich gleichzeitig fasziniert und abgestoßen war von dem, was er mir in seinem Roman präsentiert hat. Was ich auf den ersten Blick sehr positiv empfunden habe und vielleicht auch nutzen würde, wenn es möglich wäre, war bei genauerem Hinsehen der absolute Datenmissbrauch-Horror. Wie so oft, liegen auch hier bei einigen Dingen Gut und Böse so nah beieinander.


    „Die Menschen lebten ganz gut ohne Privatsphäre, bis sie ein raffinierter Anwalt vor hundert Jahren erfand“ „Er erfand sie nicht, sie wurde bloß damals in die Gesetze aufgenommen“ „Gesetze kommen und gehen. Die Privatsphäre wohl auch“


    Die Aussage machte mir die totale Gänsehaut und fast Albträume. Ich habe nach der Lektüre viel mehr Verständnis für Datenschützer und sehe nun einiges anders. Ich bin immer noch fasziniert von technischen Neuerungen, aber das Buch hat mich etwas skeptischer gemacht. Es hat mir die Augen geöffnet und mich sensibilisiert. Ich hoffe einfach, dass diese Fiktion nie Wirklichkeit wird!


    Brandaktuell und hochbrisant und es lässt mich nicht mehr los!


    5ratten

    Grandios!


    Es geht heftig los im neuen Thriller von Martin Krist. Das Anfangsszenario bekomme ich nicht mehr aus dem Kopf, weil mir da schon klar ist, dass die Geschichte kein gutes Ende nehmen wird. Dann springt Martin Krist in der Zeit etwas zurück. Er versteht es wahrhaftig, von Anfang an Spannung aufzubauen und den Spannungsbogen konstant oben zu halten. Ich bin jedes Mal aufs Neue fasziniert, wie geschickt Martin Krist seinen Plot aufbaut, viele Handlungsstränge eröffnet, sie nach und nach ineinander fließen lässt und am Ende stimmig zusammen führt. Das ist für mich ganz große Thrillerkunst, die leider nur wenige Autoren beherrschen. Martin Krist beherrscht sie perfekt!


    Auch dieses Mal – wie schon in der Kalkbrenner-Trilogie – beschäftigt er sich mit Themen, die unter die Haut gehen. Denn er hat nicht seine Fantasie spielen lassen. Nein, diese schrecklichen Dinge passieren … direkt vor seiner Haustür. Auch diesem Thriller merkt man an, dass Martin Krist sich auskennt. Er ist mit den Örtlichkeiten vertraut und er hat gut recherchiert. Und gibt seiner Wut über die schrecklichen Vorkommnisse durch Kommissar Kalkbrenner eine Stimme.


    Er erzählt ausgesprochen vielschichtig und seine Figuren sind bemerkenswert authentisch. Er fängt den Alltag in der Patchworkfamilie von Juliane und Yvonne sehr gut ein. Ich habe mich anfangs ein bisschen einlullen lassen von der familiären Atmosphäre und dann kommt ein Anruf, der die Idylle zerstört. Und genau so passiert es, immer wieder. Familien und Beziehungen zerbrechen, wenn ein Kind verschwindet. Er lässt Juliane erzählen. Von ihrer verzweifelten Suche nach ihrer Pflegetochter, von ihrer eigenen problembehafteten Vergangenheit. Ich habe das Gefühl, dass sie mir gegenüber sitzt. Auch wenn ich ihr Handeln teilweise übertrieben fand, musste ich dennoch die ganze Zeit überlegen, ob ich mich in dieser Situation nicht genau so verhalten hätte. Das Thema, das Martin Krist in den Focus gestellt hat,ließ mich frösteln, die ganze Zeit.


    Aber zwischen all den Grausamkeiten ist noch Platz für Gefühle, die Liebe zu einem Kind, die zarte Pflanze der ersten Verliebtheit. Ich konnte mich über das Wiedersehen mit Kommissar Kalkbrenner freuen, den ich für seinen Humor und sein Mitgefühl liebe. Und seine familiären Belange hat Martin Krist perfekt mit der gnadenlos spannenden Story verwoben. Und wieder überlässt er es mir, ob ich die grausamen Dinge in meinem Kopfkino aufleben lasse oder die Informationen abspeichere und weiter lese. Es muss nicht alles bis ins kleinste Detail beschrieben werden.


    Martin Krist erzeugt Spannung auf ganz andere Art.Viele Cliffhanger, sprachliche Feinheiten und vollkommene Übergänge, all das sind die Markenzeichen von Martin Krist, die jeden seiner Thriller zu etwas Besonderem machen. Am Ende flossen Tränen, was mir bei einem Thriller äußerst selten passiert. Aber Martin Krist hat es geschafft, dass mir sein Thriller Engelsgleich verdammt nah gekommen ist und noch einige Zeit nachwirken wird.


    Engelsgleich verbindet auf wunderbare Weise Trieb mit dem Drecksspiel und steht dennoch für sich alleine. Man kann es lesen, ohne die anderen beiden Bücher zu kennen. Aber nach Engelsgleich wird man das Drecksspiel mit ganz anderen Augen sehen und es noch mal lesen wollen.


    Das Warten hat sich gelohnt und Martin Krist hat mit Engelsgleich einmal mehr bewiesen, dass er zu den besten Thrillerautoren gehört, die unser Land zu bieten hat.


    5ratten

    Glaube, Liebe, Freiheit


    Seit dem Maikäfermädchen, das ich Anfang 2013 gelesen habe, mag ich die Bücher von Gina Mayer sehr. Deshalb war ich neugierig auf eins ihrer früheren Werke. Die Protestantin wurde in diesem Jahr in einer überarbeiteten Fassung neu aufgelegt.


    Gina Mayer erzählt die Geschichte von drei starken Frauen und ich begleite sie in einem Zeitraum von über 50 Jahren. Gina Mayer hat ihre Geschichte in fünf Teile gegliedert und ich schaue abwechselnd Johanne und Catherine über die Schulter. Der letzte Teil ist Magdalena gewidmet. Alle drei Frauen haben es nicht leicht, aber sie gehen beständig ihren Weg. Jede ist auf ihre ganz eigene Art sehr faszinierend. Der historische Hintergrund hat einen sehr hohen Stellenwert und wird perfekt in die Geschichte eingebunden. Genau so mag ich historische Romane, denn ich erfahre sehr viel über die damalige politische Situation, die Anfänge der Arbeiterbewegung und bekomme das „Brodeln“ hautnah mit.


    Bis dato hatte ich noch nichts von Theodor Fliedner gehört und bin froh, diesen engagierten Pfarrer und sein Lebenswerk durch diesen Roman kennen gelernt zu haben. Ihm und seinen beiden Ehefrauen gibt Gina Mayer sehr viel Raum. Johannes Weg ist eng mit Fliedner verbunden, dadurch bin ich ganz nah bei ihm, erfahre von seinem Leid und seinen Zweifeln, aber auch von all dem Guten, was er nicht nur für seine Gemeinde getan hat.


    Genau wie Fliedner sind auch die fiktiven Personen sehr sperrige Charaktere mit vielen Ecken und Kanten. Und genau das macht die Geschichte enorm spannend und interessant.


    Ein besonderes Markenzeichen von Gina Mayer ist ihr Schreibstil, der auf seine ganz eigene Art so unglaublich viel Poesie verströmt. Auch in diesem Buch begegnen mir immer wieder Sätze, die ich mehrmals lesen muss, die ich ganz langsam lese, um sie zu genießen. Sätze wie: „Sie waren voller Hoffnung und die Hoffnung hing an einem seidenen Faden und der Faden riss. Seitdem fielen sie“. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel Gina Mayer mit wenigen kraftvollen Worten aussagen kann. Dafür liebe ich ihre Bücher.


    Fazit: Ein faszinierender Roman über den Glauben, die Freiheit und auch die Liebe!


    5ratten

    Und dann kam die Flut ...


    Der Tsunami im indischen Ozean und auch die europäischen Hochwasserereignisse der letzten Jahre sind uns allen noch gut im Gedächtnis. Aber wer wusste, dass im Juli 1342 das schlimmste Hochwasser des gesamten 2. Jahrtausends im mitteleuropäischen Binnenland statt gefunden hat? Diese Bildungslücke hat Richard Dübell mit „Zorn des Himmels“ eindrucksvoll geschlossen, denn das Magdalenenhochwasser, wie es auch genannt wird, bildet den historischen Hintergrund für seinen Roman.


    Und da geht es von Anfang an sehr heftig zur Sache. Und humorvoll, so wie ich es von Richard Dübell gewohnt bin. Der Dübell'sche Humor ist mittlerweile legendär und er findet sich schon in der Personenliste ganz am Anfang wieder. Ein Service, den ich gerade bei historischen Romanen sehr zu schätzen weiß. Für mich war es eine schöne Einstimmung.


    Dann betritt einer nach dem anderen die Bühne in Frankfurt und ich bin hingerissen von der Lebendigkeit, mit der Richard Dübell seine Figuren beschreibt. Ich habe zwar schnell meine Lieblinge gefunden, aber jeder ist auf seine Weise höchst interessant, amüsant und stark. Besonders gefreut habe ich mich über Philippa. Sie ist natürlich ein Kind ihrer Zeit, aber sie hat ihren eigenen Kopf, ist mutig und schlagfertig und auf der Suche nach dem Abenteuer ihres Lebens. Und genau wie der Fluss, mit dem sie seit Kindertagen eng verbunden ist, aus den Fugen gerät, so gerät auch Philippas Leben aus den Fugen. Und das ist genau so spannend wie die Beschreibung der Flutwelle, die über Frankfurt hereinbricht. Ich habe so etwas zum Glück noch nicht am eigenen Leib erfahren müssen, aber Richard Dübell hat mich mitten rein gezerrt in diese Katastrophe und mir das Gefühl gegeben, das alles selbst zu erleben. Das war Kopfkino vom Allerfeinsten.


    Richard Dübell erzählt sehr dicht, es passiert unheimlich viel in kürzester Zeit. Manchmal kann ich kaum atmen vor Spannung, dann wieder muss ich schmunzeln über diesen Humor, den ich so liebe. Er blitzt immer wieder fein zwischen den Zeilen hervor und beherrscht auch die stimmigen Dialoge. Aber Richard Dübell zeichnet sich nicht nur durch seinen einzigartigen Humor aus. Er ist für mich mittlerweile ein wahrer Meister der Actionszenen. Ich kenne kaum jemanden, der atemberaubende Szenen so gut in Worte fassen kann. Auch hier läuft jedes mal ein fantastisches Kopfkino ab. Und wenn es mal so richtig heftig wird, dann fängt er mich auch wieder auf. Deshalb habe ich mich trotz der dramatischen Ereignisse so wohl mit diesem Buch gefühlt.


    Der Showdown, der sich lange ankündigt, ist einfach grandios. Ich habe gezittert und gebibbert und war dann sehr zufrieden mit dem Ende. Auch das ist für mich wichtig, ich möchte ein Buch am Ende mit einem guten Gefühl zuklappen. Dieses hier habe ich mit einem Lächeln zugeklappt.


    Fazit: Atemberaubende Spannung, feinster Dübell'scher Humor und eine erstklassig erzählte Geschichte vor der Kulisse des Magdalenenhochwassers in Frankfurt machen „Zorn des Himmels“ zu einem Lesegenuss der Extraklasse!


    5ratten

    Niveauvolle Erotik


    Angesteckt vom derzeit grassierenden SoG-Fieber hatte ich auch mal wieder Lust auf erotische Literatur. Der Klappentext lässt ahnen, dass es sich auch hier um einen Roman handelt, in dem Dominanz und Unterwerfung eine große Rolle spielen. Die anfänglichen Ähnlichkeiten zu SoG lösen sich allerdings an der Côte d'Azur schnell in der lavendelgeschwängerten Luft auf. Denn die Geschichte von Sylvain und Hannah ist eine ganz Andere.


    Anfangs dachte ich, dass ich in einem Liebesroman gelandet bin, denn das Autorenduo Felicity la Forgia lässt sich viel Zeit bis zur ersten wirklich erotischen Szene. Ich lerne zunächst die beiden Turteltäubchen und die traumhaft schöne Umgebung kennen. Untermalt mit unvergleichlichen Düften, die ich durch die intensiven Beschreibungen fast riechen kann.


    Als es dann endlich „zur Sache“ geht, bin ich sehr erfreut über den niveauvollen Schreibstil. Natürlich nennen die Autorinnen die Dinge beim Namen, aber eben auf eine angenehme und gleichzeitig anregende Art. Die erotischen Szenen sind eingebettet in eine überaus spannende Geschichte.


    Allerdings haben mir nicht alle Szenen gefallen, was aber nicht am abwechslungsreichen Schreibstil lag, sondern an meinem Unverständnis für bestimmte Verhaltensweisen. Sylvain wurde mir im Laufe der Geschichte immer unsympathischer und bei Hannah konnte ich vieles nicht mehr nachvollziehen. Vielleicht ist eine devote Neigung wichtig, um diesen Roman mit allen Sinnen genießen zu können.


    Ich habe für mich festgestellt, dass zwar gerne Erotik lese, aber bei Schlägen und Schmerzen hört der Spaß für mich auf. Auch wenn es so anspruchsvoll und ästhetisch beschrieben wird wie in diesem Roman.


    Und so lässt mich „Lavendelküsse“ mit gemischten Gefühlen zurück. Ich habe die wunderschönen Beschreibungen, die Spannung und die Düfte sehr genossen, aber die heißen Szenen haben mich oft kalt gelassen, weil ich Sylvain immer weniger mochte und mich Schmerzen und Unterwerfung nicht begeistern können.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Unvorhersehbar und sehr spannend!


    Dieses ist schon der 2. Band, in dem Kristina Reitmeier und Daniel Wolf ermitteln. Es ist nicht das erste Mal, dass ich mittendrin einsteige und obwohl ich jetzt auch neugierig auf den ersten Teil bin, hat er mir beim Lesen nicht gefehlt. Alle wichtigen Informationen hat mir Oliver Kern zwischendurch präsentiert. Immer dann, wenn es nötig war, hat er sie in den Text eingebaut.


    Ich wusste zunächst gar nicht so genau, was mich erwartet. Der Prolog, der mich nach Afrika führte, war sehr geheimnisvoll. So etwas mag ich sehr und im Nachhinein hat er die Geschichte absolut „rund“ gemacht. Ziemlich schnell wird dann die Leiche des Nigerianers entdeckt und die wilden Spekulationen konnten beginnen. Denn genau wie das Ermittlerduo hatte ich überhaupt keine Ahnung, warum der junge Mann aus Nigeria sterben musste. Und das sollte auch lange so bleiben!


    Oliver Kern hat einen genialen Plot konstruiert und fast bis zum Schluss alle Möglichkeiten offen gelassen. Ich bekomme zwar immer mehr Informationen und kann so nach und nach die Puzzleteilchen zusammen fügen. Und dennoch laufe ich immer wieder in Sackgassen, muss umkehren, die Richtung wechseln. Schon lange hat mich kein Autor mehr so an der Nase herum geführt und dafür verdient Oliver Kern ein dickes Lob!


    Der Schreibstil ist nicht dauerhaft so fließend, wie ich es gerne hätte und bei zu viel Action wird es etwas wirr. Dafür sind die Dialoge sehr authentisch. Die Charaktere sind ebenfalls sehr glaubhaft und interessant, mit vielen Ecken und Kanten. Genau wie die beiden Ermittler, die ganz spezielle Typen sind. Die etwas ruppige Kristina ist nicht unbedingt eine Sympathieträgerin, macht aber mit ihrem scharfen Verstand einiges wett. Daniel ist das genaue Gegenteil, etwas ungestüm, aber herzallerliebst. Und er riskiert einiges, um seinen Job gut zu machen. Mir gefallen die Beiden, es hat mir sehr viel Spaß gemacht, sie zu beobachten. Das ist eine weitere Besonderheit. Oliver Kern erzählt die ganze Zeit in der dritten Person, aber ich schaue abwechselnd Kristina und Daniel über die Schulter. Diese Perspektivenwechsel fand ich äußerst interessant und so war ich den Beiden immer ein kleines Stückchen voraus.


    Der Spannungsbogen bleibt konstant oben, es gibt keine Längen oder unnötige Informationen. Der Showdown legt dann noch mal einen Zahn zu und ich musste Nachtschicht einlegen, weil ich ab einem bestimmten Punkt auf gar keinen Fall mehr aufhören konnte, zu lesen. Die Auflösung hat mir sehr gefallen, sie war stimmig und macht dem Titel alle Ehre. Und am Ende gibt es dann noch eine kleine „Überraschung“!


    Fazit: „Geist des Bösen“ brilliert mit einem exzellent konstruierten Plot, einem konstanten Spannungsbogen und mit einem sehr überraschenden Ende!


    4ratten

    Das Leben der Blutgräfin


    Dieses ist nun schon mein drittes Buch von Tereza Vanek und dieses Mal nimmt sie mich mit nach Ungarn. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich bisher noch nie etwas von Elisabeth Bathory gehört habe.


    Zunächst einmal lerne ich Emilia kennen. Die ehrgeizige junge Frau mag sich nicht mit ihrem Schicksal abfinden und schafft es, in den Dunstkreis der mächtigen Erzsébet Báthory – Tereza Vanek verwendet im Buch den Namen in der Landessprache – zu kommen.


    Tereza Vanek hat eine ganz besondere Art, mir ihre Personen vorzustellen und nahe zu bringen. Schon nach ein paar Seiten bin ich so vertraut mit ihnen und ihrer Geschichte. Besonders bei Emilia hatte ich schon nach kurzer Zeit das Gefühl, sie schon ewig zu kennen. Ich erlebe alles mit ihren Augen, lerne mit ihr die Gräfin kennen, teile ihre Bedenken. Und obwohl es nur diesen einen Erzählstrang gibt, ist die Geschichte so fesselnd und dramatisch.


    Tereza Vanek erzählt die Geschichte der ungarischen Blutgräfin Erzsébet Báthory sehr spannend und gleichzeitig einfühlsam. Ein besonderes Kribbeln löste die Tatsache aus, dass es eine wahre Geschichte ist, die Tereza Vanek ohne jede Wertung beschreibt. Denn sie stellt die Gräfin nicht nur als grausames Monster dar, sondern gibt ihr ein facettenreiches Gesicht. Ich erfahre viele Dinge aus ihrer Vergangenheit und kann ihre Entwicklung sehr gut nachvollziehen und sogar verstehen. Das Leben hat sie hart gemacht, denn sonst hätte sie nicht überlebt.


    Mir geht es so wie Emilia. Ich verabscheue die Grausamkeiten, die Tereza Vanek zwar deutlich, aber dennoch sehr behutsam geschildert hat. Und gleichzeitig finde ich Erzsébet Báthory so faszinierend. Sie ist eine Persönlichkeit, der ich gerne mal begegnet wäre, obwohl ich dabei sicher Bauchschmerzen gehabt hätte. Die zarte und verbotene Liebesgeschichte zwischen Emilia und Istvan ist das Sahnehäubchen und sorgt für zusätzliche Spannung.


    Fazit: Eine sehr beeindruckende Darstellung einer faszinierenden Frau.


    5ratten

    Ein großartiger Roman über eine großartige Frau


    Die Geschichte Asiens finde ich so interessant und faszinierend und bin deshalb immer auf der Suche nach Romanen, die mich in das vergangene Asien entführen. Tanja Kinkel hat im letzten Jahr anlässlich einer Lesung ein bisschen über dieses Buch erzählt und da stand für mich schon fest, dass ich es unbedingt lesen möchte.

    Anfangs musste ich mich etwas an den Schreibstil gewöhnen, denn Tanja Kinkel hat eine ganz besondere Sprache. Sie erzählt sehr „dicht“ und hat zwischen den Zeilen viele kleine Kostbarkeiten versteckt. So habe ich sehr langsam gelesen, weil ich nichts davon verpassen und diese wunderbare Art zu erzählen ganz bewusst genießen wollte.


    Die Mongolei ist für mich historisches Neuland und so war es wahnsinnig fesselnd, so viel über dieses Volk und seine ganz eigene Lebensart zu erfahren.


    Die Geschichte beginnt mit der kleinen Manduchai und das kleine Mädchen hat sich mit ihrer Klugheit und ihrem Humor schnell einen Platz in meinem Herzen erobert. Schon als Kind begegnet sie der Dame Wan und auf eine besondere Weise ähneln sich die Lebenswege der beiden „großen“ Frauen. Ich darf sie einige Jahre begleiten und miterleben, wie sie sich zu einer großartigen Persönlichkeit entwickelt, die an ihren Aufgaben wächst und so viel Gutes für ihr Volk tut.


    Tanja Kinkel beschreibt so intensiv und mit so viel Feingefühl, ich bin regelrecht eingetaucht in diese mir so fremde Welt. Es gibt viele Szenen, die auf eine einzigartige Weise emotional sind. Es gibt so viele Szenen, die so atemraubend spannend sind. Und es gibt so viele Szenen, die mich staunen und lächeln lassen. Ich erfahre so viel, so viel erstaunliches, so viele Feinheiten und Kleinigkeiten, die aber diese Geschichte so besonders machen. Ich habe den Text regelrecht aufgesaugt und die Bilder in meinem Kopf genossen. Ich habe mir einige Weisheiten aufschreiben müssen, damit ich sie nach Lust und Laune immer wieder lesen kann: „Wer alle seine Ziele erreicht, hat sie wahrscheinlich zu niedrig gewählt, doch nur ein Narr tut, was er nicht lassen kann, wo der Weise lässt, was er nicht tun kann“ (S. 150). Nicht nur die Chinesen verstanden sich auf das Schmieden von Worten, Tanja Kinkel schreibt so kluge und kunstvolle Sätze, ich musste immer wieder inne halten, um sie zu verinnerlichen und zu genießen.


    Es ist ein bisschen schade, dass so großartige Persönlichkeiten wie Manduchai hier kaum bekannt sind. Um so glücklicher bin ich über dieses fantastische Buch, mit dem Tanja Kinkel Manduchai ein würdiges Denkmal gesetzt hat!


    5ratten :tipp:

    Wie Rache einen Menschen verändern kann


    Schottland übt von jeher eine außerordentliche Faszination auf mich aus und so konnte ich nicht widerstehen, als mir das Buch angeboten wurde. Trotz des Covers, das mich so gar nicht anspricht. Im Buchladen wäre ich bestimmt daran vorbei gelaufen. Aber das sind ja nur Äußerlichkeiten.


    Dies ist mein erstes Buch von Rebecca Michele und das war ein weiterer Grund, denn ich lerne sehr gerne neue Autoren kennen. Der Schreibstil ist überaus angenehm, aber teilweise war er mir etwas zu modern. Kam einem jungen Mädchen zur damaligen Zeit ein trotziges „Bla bla bla“ über die Lippen? Ich erwarte keine historisch absolut korrekte Sprache, aber junge Menschen haben damals einfach anders geredet als heute. Zum Glück gab es nur sehr wenige dieser Ausrutscher.


    Hauptthema ist der Rachefeldzug von Maureen und er nimmt erstaunliche Ausmaße an. Damit hat Rebecca Michele mich absolut überrascht. Ich hätte Maureen, so wie ich sie anfangs in der Geschichte kennen gelernt habe, nicht so viel Gerissenheit und auch Kälte zugetraut. Sie macht eine eindrucksvolle Wandlung durch, aber dass sie so ihren Charakter verändern kann, hätte ich nicht gedacht. Aber Hass ist etwas, das einen Menschen sehr verändern kann. Und so werde ich Zeuge, wie sie die Peiniger ihrer Mutter nacheinander jagt und keine Gnade walten lässt. Und zwar so heftig, dass sie streckenweise etwas befremdlich auf mich wirkte und ich schon fast Mitleid mit den „bösen Jungs“ hatte.


    Die Personen sind allesamt sehr vielschichtig, das ist für mich ein großer Pluspunkt. Sie verändern sich zwar nicht so sehr wie Maureen, machen die Geschichte aber recht interessant. Die Schauplätze sind gut gewählt und der historische Hintergrund dient nicht nur als Kulisse. Aber ich hätte mir mehr schottisches Flair gewünscht. Der Konflikt zwischen den Schotten und den Engländern wurde sehr gut dargestellt und auch die Schlacht von Culloden spielte eine wichtige Rolle. Und dennoch fehlte mir etwas, um die Geschichte zu einem wirklichen Highlight werden zu lassen. Einige Längen zwischendurch und das irgendwann vorhersehbare Ende schmälerten meinen Lesegenuss ein wenig.


    3ratten

    Ende gut, alles gut!


    Ich habe im letzten Jahr den 2. Teil der Trilogie (Die Lagune der Flamingos) mit Begeisterung gelesen und war sehr gespannt auf die Fortsetzung. In der Zwischenzeit sind acht Jahre vergangen und der ganz vorne abgedruckte Stammbaum half mir anfangs, die zahlreichen Personen auseinander zu halten. Der Einstieg war sehr spannend und geheimnisvoll und ich habe die wunderbaren Landschaftsbeschreibungen genossen. Das ist eine große Stärke von Sofia Caspari in diesem Buch. Sie beschreibt so detailliert und atmosphärisch, dass mein Kopfkino pausenlos arbeitete. Nach und nach führte sie ihre Figuren in die Geschichte ein und ich habe mich gefreut, alte Bekannte wieder zu sehen und neue Gesichter kennen zu lernen. Aber es ist auch hier nicht erforderlich, die Vorgeschichte zu kennen. Alle wichtigen Details aus der Vergangenheit lässt Sofia Caspari in die Geschichte einfließen.


    Leider flacht der Spannungsbogen nach der Hälfte etwas ab, viele Konflikte werden sehr undramatisch gelöst und einiges ist leider sehr vorhersehbar. Ich hatte beim Lesen immer mehr das Gefühl, dass Sofia Caspari all ihren Hauptpersonen noch etwas Gutes tun wollte. Das war mir persönlich etwas zu seicht und zu kitschig. Zu viel Happy End gefällt mir einfach nicht so gut.


    Im Vorgängerbuch habe ich sehr viel ganz allgemein über Land und Leute und das damalige Leben erfahren. Das fehlte mir hier ein bisschen. Es ging hauptsächlich darum, für alles ein gutes Ende zu finden. Es war mir „zu wenig Argentinien“ und zu viel Familiengeschichte.


    Sofia Caspari führt auch dieses Mal alle Stränge zusammen, es bleibt nichts offen und ich habe das Buch mit dem Gefühl beendet, dass nun wirklich alles erzählt ist. Das passt sehr gut zum Ende einer Trilogie.


    Wer ein Fan von einfühlsam erzählten Familiengeschichten ist und auf Dramatik gut verzichten kann, für den ist dieses Buch sehr gut geeignet. Mir hat es teilweise gefallen und als Ende der Trilogie ist es schon ok.


    3ratten

    Viele kleine Szenen ergeben ein großes Ganzes


    Ich habe bisher noch nichts von Conn Iggulden gelesen und war zunächst angenehm überrascht von dem sehr bildhaften und atmosphärischen Schreibstil, der manchmal etwas detailverliebt ist und manchmal auch etwas brutal. Aber das passt zur damaligen Zeit und auf all zu blutrünstige Details hat Conn Iggulden dann doch verzichtet.


    Er erzählt aus verschiedenen Perspektiven und so lerne ich auch ich einige Personen und deren Gedanken besser kennen. Dem kindlichen Charme von Margaret bin ich sofort erlegen. Der fiktive Charakter Derry Brewer ist ein gewitztes Kerlchen mit einem messerscharfen Verstand. Am besten gefallen hat mir der besonnene William de la Pole, der oft mit Derry Brewer auftritt. Auch die beiden Anführer der Aufständischen – Tom Woodchurch und Jack Cade, bringt mir Conn Iggulden sehr nah. Und so erlebe ich auch den großen Aufstand in London aus der Sicht von verschiedenen Personen.


    Ein Personenregister ist in der Regel sehr hilfreich, gerade die in historischen Romanen sehr zahlreich auftretenden Personen auseinander zu halten. So war ich auch in diesem Buch sehr erfreut über dieses Register. Allerdings sind hier die Personen alphabetisch gelistet, was ich eher verwirrend als hilfreich empfunden habe.


    Die Erzählung springt zwischen den verschiedenen Handlungssträngen hin und her, manchmal liegen größere Zeiträume dazwischen. Ich habe ein wenig eine durchgängige Geschichte vermisst. Denn … keine Geschichte wird wirklich erzählt, das Hauptaugenmerk liegt auf den kriegerischen Handlungen. Conn Iggulden liebt es offenbar, in den Kampfszenen zu schwelgen. Darin ist er auch richtig gut. Die actionreichen Szenen hat er perfekt und spannend geschildert. Ich war so nah dabei, bekam Gänsehaut und hatte so viele Bilder vor Augen. Aber dennoch … mir war es teilweise zu lang. Ich hätte lieber mehr von Henry und Margaret oder auch William de la Pole und Derry Brewer gelesen. Aber sie hatten keine wirklichen Hauptrollen in diesem Roman, der zwischendurch eher Sachbuchniveau hatte. Er ist wirklich sehr gut recherchiert und auch gut erzählt. Aber mir fehlte die Lebendigkeit, mit der Rebecca Gablé ihre Geschichten erzählt. Ich habe sehr viel erfahren, aber ich war nicht durchgehend gefesselt.


    Fazit: Sehr gut recherchierter Roman, der mir ein bisschen zu sachlich war.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Brandaktuell und spannend!


    Gina Mayer ist immer wieder für eine Überraschung gut. In ihrem aktuellen Jugendthriller hat sie ein brandaktuelles Thema aufgegriffen, das nicht nur für junge Leser höchst interessant ist. Und sie lenkt die Geschichte in eine ganz andere Richtung als ich anfangs – natürlich durch den Klappentext beeinflusst – vermutet habe. Denn es geht nicht um das Stockholm-Syndrom und eine entsprechend dramatische Liebesgeschichte. Gina Mayer hatte etwas ganz anderes im Sinn. Ich war sehr erstaunt, was technisch heute alles möglich ist und wie manipulierbar wir doch alle sind. Crowdfunding war bisher ein Begriff, den ich zwar am Rand wahr genommen habe, aber ich habe mich noch nie damit beschäftigt.


    Gina Mayer hat die topakutellen Themen in einen spannenden Jugendthriller gepackt und Charaktere ins Rennen geschickt, die zunächst undurchsichtig und auch nicht auf den ersten Blick Sympathieträger sind. Da ist erst mal Jo, der Freund der entführten Myriam. Er ist ziemlich verpeilt, der klassische Loser. Er kann die Finger weder vom Alkohol noch von anderen Drogen lassen und hat schon mal ein paar Aussetzer. Und dennoch wurde aus der anfänglichen Antipathie schnell Sympathie. Ihm ist ein Erzählstrang gewidmet und so werde ich Zeuge seiner verzweifelten Gedanken und seiner Sorge um Myriam.


    Der andere Strang hat Hauptkommissarin Amelie Fröhlich zur Hauptperson. Sie ist durch und durch unperfekt, macht Fehler und tappt sowohl im Entführungsfall als auch in ihrem Privatleben im Dunkeln. Hier war es genau umgekehrt. Anfangs fand ich sie ziemlich taff, so nach und nach ging mir ihre Art immer mehr auf die Nerven. Auch die anderen Personen wurden nicht zu Statisten verdammt, sondern waren ebenso vielschichtig wie undurchsichtig.


    Gina Mayer erzählt abwechselnd aus der Sicht von Jo und Amelie, die auf verschiedenen Seiten stehen – eine sehr gelungene Mischung. Und natürlich hat Gina Mayer wieder viele falsche Fährten gelegt, denen ich natürlich gefolgt bin. Es war schon ein bisschen verwirrend und irgendwann hatte ich jeden mal in Verdacht, an der Entführung beteiligt zu sein.


    Sehr authentische Dialoge und kurze prägnante Sätze, dann wieder Vergleiche, die für mich sprachliche Besonderheiten sind, das alles rundet diese Geschichte sehr gut ab. Schon nach den ersten Sätzen wusste ich wieder, warum ich die Bücher von Gina Mayer so mag. Denn die für sie so typische Sprache begeistert mich immer wieder aufs Neue. Es war spannend, es war sogar lehrreich. Und es gibt einige versteckte Wegweiser für junge Menschen zwischen den Zeilen. Ein gutes Buch, das mich dennoch nicht so sehr begeistern konnte wie die beiden anderen Jugendtriller von Gina Mayer.


    Fazit: Ein gut konstruierter und sehr moderner Thriller nicht nur für junge Leser!


    4ratten

    Ich konnte mich leider auch nicht wirklich für das Buch begeistern ...


    Der untalentierte Poet?


    Ich bin ein großer Fan der Serie Breaking Bad und das war der Grund für mich, dieses Buch lesen zu wollen. Das geniale Cover, ein vielversprechender Klappentext und eine Leseprobe, die mich mit schwarzem Humor überzeugt hat, all das versprach mir ein Buch ganz nach meinem Geschmack.


    Anfangs war ich auch ziemlich begeistert von der skurrilen Geschichte. Matt Prior wirkte auf mich sympathisch verpeilt und so schön schräg. Und trotzdem kümmert er sich geduldig um seinen dementen Vater und seine beiden Kinder. Aber schon nach wenigen Kapiteln kam die Ernüchterung. Mein Bild von Matt veränderte sich. Ich finde ihn immer noch ziemlich verpeilt, aber nachdem ich ein paar Hintergründe erfahren habe, die er sehr ausführlich erzählt, sehe ich ihn eher als eine ziemlich verkrachte Existenz, leichtgläubig und zu allem Überfluss ist er auch noch ein ziemlicher Feigling. Er zerfließt in Selbstmitleid, bespitzelt seine Ehefrau und trifft Entscheidungen, die ich einfach nicht nachvollziehen kann. Da blieb leider nicht mehr viel Sympathie übrig und es fiel mir immer schwerer, ihn und seine Geschichte zu mögen.


    Jess Walter lässt Matt selbst erzählen. Die Ich-Form in Verbindung mit dem Präsens kann einem schon mal zu nah kommen. Obwohl Matt nicht ständig kifft, jagt ein „Laberflash“ das andere und er philosophiert über alles mögliche. Manches kann ich nachvollziehen, manches ist einfach nur abgedreht und manches … hat mich so sehr genervt und gelangweilt. Matt hält sich für einen Poeten, seine Gedichte, die er jedem Kapitel voranstellt, fand ich persönlich so schlecht, dass ich sie nur noch überflogen habe. Die eigentliche Geschichte rückt immer wieder in den Hintergrund und irgendwann rutscht auch das, was ich anfangs spannend und interessant fand, ins Absurde ab. Ich weiß gar nicht, wie oft ich beim Lesen den Kopf geschüttelt oder mit den Augen gerollt habe.


    Nick Hornby lobt auf der Rückseite: „Der witzigste Roman des Jahres“. Dem kann ich leider nicht zustimmen. Natürlich gibt es sehr witzige Momente, aber so oft blieb mir das Grinsen im Hals stecken und richtig lachen musste ich gar nicht. Aber Humor ist ja so eine Sache, die jeder anders sieht. Trotz aller Kritikpunkte hat das Buch auch seine Highlights und einiges regt zum Nachdenken an. Aber über solche Ausdrücke wie „Die Arroganz der Erwerbstätigen“ und diese ständigen Rechtfertigungen, warum gerade er keinen Job hat, habe ich mich einfach nur geärgert. Und trotz einiger guter Passagen war ich dann froh, als ich das Buch endlich zuklappen konnte.


    Fazit: Eine skurrile Geschichte über den sozialen Abstieg im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.


    3ratten