Ami McKay - In Mondnächten

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 3.060 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Annabas.

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    Klappentext:
    Ein unwirtlicher Landstrich an der Küste von Nova Scotia zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Hier kommt Dora Rare zur Welt, nach fünf Generationen das erste Mädchen der Sippe. Sie wird mit einer Glückshaube geboren, und alle sagen, sie verfüge über besondere Kräfte. Tatsächlich kennt Dora sich wie selbstverständlich aus mit Kräutern und Heilpflanzen und hat die fast magische Gabe, Menschen zu trösten und zu beruhigen. Es wundert keinen als sie Hebamme wird. Dora hilft bei ausbleibender oder ungewollter Schwangerschaft, sie hat ein Kraut, das jähzornige Ehemänner besänftigt und eines, das die Liebe neu erweckt. Kein Wunder, dass sie von vielen verehrt wird und von nicht wenigen gefürchtet. So bleibt die junge Frau eine Außenseiterin in Scots Bay. Als auch noch die moderne Wissenschaft in Gestalt eines jungen, unerfahrenen Arztes Einzug hält, ist Dora bald als Hexe verschrien und in höchster Gefahr. Sind die besonderen Gaben der jungen Frau nicht nur Geschenk, sondern auch Fluch?


    Meine Meinung:
    Wie so oft fragte ich mich nach der Lektüre des Buches, ob der/die Verfasser/in des Klappentextes das Buch selber gelesen hat.
    Dora Rare ist seit Generationen das erste Rare-Mädchen, das geboren wird. Allein das würde sie schon zu einer Besonderheit machen, aber sie unterscheidet sich auch durch ihr Aussehen von den anderen Familienmitgliedern. Bei ihr bricht das alte Indianererbe durch. Sie hat schwarzes Haar und dunkle Haut. Zu allem Überfluß wird sie auch noch mit einer Glückshaube geboren. Diese ermögliche ihr, zumindest im Glauben der Talbewohner, mit Tieren zu sprechen, Geister zu hören und so einiges mehr. Da an der Treue ihrer Mutter nicht zu zweifeln ist und war, gab es nur eine Möglichkeit für die abergläubische Bevölkerung. Ein vertauschtes Feenkind. Somit nimmt Dora von Kindesbeinen an eine Sonderstellung ein.
    Das Wissen über Heilkräuter und die Arbeit einer Hebamme erlernt sie von Marie Babineau, die ebenfalls eine Außenseiterstellung einnimmt.
    (Ich kann mich beim besten Willen an kein Kraut gegen jähzornige Männer erinnern.)


    "In Mondnächten" wird der harte Überlebenskampf der Menschen in Scots Bay an der Küste Neuschottlands geschildert. Die Männer müssen ihre Familien mit Fischfang, Tierhaltung und etwas Landwirtschaft am Leben erhalten. Die Frauen leben wie schon Generationen vor ihnen. Ami McKay schildert den Alltag dieser Menschen sehr anschaulich. Die einzelnen Charaktere sind gut beschrieben.


    Die Ich-Erzählerin Dora Rare lebt im Geburtshaus, so auch der Name des Original-Titels, und blickt mit dem Leser zurück auf ihr bisheriges Leben. Unsentimental berichtet sie über die Menschen und die großen und kleinen Ereignisse in ihren Leben. Wie überall gibt es auch in Scots Bay Grüppchen und krasse Außenseiter, die sehr überzeugend dargestellt werden.
    Der 1. Weltkrieg wirft seine Schatten auch in diese Ecke Neuschottlands. Das ist aber nicht das einzige, was in die Gemeinschaft eindringt. Der Fortschritt in Gestalt von Dr. Thomas versucht Fuß zu fassen. Er arbeitet für eine Geburtsklinik, in der die Frauen der Landwirte, sofern sie in Besitz einer Aktie sind, ihre Kinder in hygienischer Umgebung und unter ärztlicher Aufsicht zur Welt bringen können. Und so steht Alt gegen Neu, (Aber-)Glaube und das Wissen der Kräuterfrauen gegen den Fortschritt. Zwei vermeintlich unterschiedliche Parteien mit dem gleichen Ziel.


    Die Geschichte wird durch Briefe, Zeitungsberichte und Anzeigen für moderne Geräte und Behandlungsmethoden aufgelockert. Besonders letztere (sie bezogen sich meistens auf Frauen) hätten mich staunend zurück gelassen, wenn ich nicht schon öfter darüber gelesen hätte. Durch diese Einschübe erhält man interessante Details über den neuesten Fortschritt bzw Erkenntnisse der damaligen Zeit.


    Literatur spielt für Dora Rare eine große Rolle. Sie liest gerne Jane Austen, ebenso wie Fachliteratur der damaligen Zeit. Ihr Tante setzt viel daran um sie von diesem Laster zu befreien, das, wie behauptet wird, der Auslöser für unkeusche Gedanken und Müßiggang sei. Wenn es nicht sogar zu Geistesgestörtheit führe!
    An anderer Stelle ist von „Watch-and-Ward-Zensur“ zu lesen, die Bücher wie „Tess of the d’Urberville“ verbot. Ob sich der Name von dem gleichnamigen Buch von Henry James, der ebenfalls verboten war, herleitet, konnte ich nicht herausfinden. Allerdings habe ich gelesen, dass „Banned in Boston“, Boston war der Sitz der Watch-and-Ward-Society, sich auf die jeweiligen Bücher verkaufsfördernd auswirkte.


    Abgerundet wird das Ganze durch die Notizen aus dem Weidenbuch, das Erbe Marie Babineaus.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Hallo, Yanni!


    3 1/2 Ratten sind keine schlechte Wertung, aber gibt es etwas, daß Dich an dem Buch gestört hat oder hat es einfach nur allgemein keinen besonderen Eindruck hinterlassen? Manchmal hat man ja solche Bücher, die man nach dem Lesen achselzuckend zur Seite legt.
    Ich bin so neugierig, weil das Buch auch noch auf meinem SuB liegt :zwinker:

    viele Grüße<br />Tirah

  • Hallo Tirah,

    die Rattenverteilung macht mir oft Probleme. Anfangs wollte ich dem Buch 4 Ratten geben, habe es mir dann aber anders überlegt.
    Der Hauptgrund ist, daß Dora berichtet. Mir fehlten teilweise ihre eigenen Gefühle. Wenn das Buch nicht in der Ich-Form geschrieben wäre, könnte ich es so akzeptieren. Ein weiterer Grund war das erwähnte Weidenbuch. In diesem hat M. Babineau Rezepte und Rituale schriftlich festgehalten. Dora bedient sich seiner scheinbar auch als Tagebuch. Ich hätte es stimmiger gefunden, wenn die Rezepte nichts als Anhang aufgeführt , sonder wie auch die Tagebucheinträge oder die Inserate in Ablauf mit eingebunden worden wären.


    Was mir etwas unglaubwürdig erschien war die doch kurze Unterweisung Doras, die dann nur noch das Weidenbuch als "Lehrer" hatte. Trotz ihrer Unerfahrenheit zeigte sie kaum eine Spur von Angst oder Nervosität.


    Ich hoffe, ich konnte dir meine Beurteilung etwas durchschaubarer machen.

  • Vielen Dank für die Rezi. Das Buch steht schon eine Weile auf meinem Wunschzettel und ich denke, nun kommt es demnächst auch mal zu mir nach Hause. :winken:

    Liebe Grüße<br />Melli

  • Nachdem ich das Buch geradezu verschlungen habe, hier nun meine Meinung:



    Dora Rare ist keine Schönheit und im ländlichen Nova Scotia am Anfang des letzten Jahrhunderts hat sie schlechte Aussichten, einen Ehemann zu finden. Als die alte Hebamme Miss Babineau sie unter ihre Fittiche nimmt, ist es für sie schon bald eine Berufung. Aber dann heiratet sie doch noch und ihr Ehemann ist strikt dagegen, daß sie als Hebamme tätig ist. Als Miss Babineau bald darauf stirbt, macht ihr auch noch ein neuer Arzt Schwierigkeiten, denn schließlich ist die moderne Medizin das Beste, was einer Frau bei der Geburt widerfahren kann - oder etwa nicht?


    Mich hat dieses Buch begeistert! Es ist in einer Mischung aus Romanform und Tagebucheinträgen gehalten, aufgelockert durch altmodische Anzeigen für allerlei wundersames.
    Es geht um Ehe und um Selbstbestimmung und vor allem ums Kinderkriegen. Die Frauen bilden eine Gemeinschaft und besonders die "Gelegentlichen Strickerinnen" sind herzerfrischend sympathisch. Besonders angetan hatte es mir allerdings die alte Miss Babineau. Die Männer aber kommen fast durchgehend schlecht weg und ich habe mich gefragt, ob nette Männer damals wirklich so rar gesät waren?
    Es ist ein Buch, das wohl nur für Frauen interessant ist und besonders Mütter werden einiges nachvollziehen können. :baby:



    Ich vergebe
    5ratten

    viele Grüße<br />Tirah

  • Ami McKay – In Mondnächten
    Übersetzerin: Mo Zuber


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    Inhaltsangabe: (dem Buch entnommen)


    Neufundland zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Die junge Hebamme Dora Rare kennt für jedes Leiden das richtige Kraut. Sie weiß, wofür frischer Tau gut ist, wie man ein Kind auf die Welt singt und wie man betrunkene Männer besänftigt. Doch dann hält die Medizin in Gestalt eines jungen, unerfahrenen Arztes Einzug an der rauen Küste, und Dora muss kämpfen – für ihr Glück und für ihre Zukunft ...


    Der erste Satz:


    „Mein Haus steht am Rande der Welt.“


    Meine Meinung zum Buch:


    Das Buch lässt einen Einblick in die Situation der Frauen zu, die Anfang des 20. Jahrhunderts in abgelegenen Gegenden lebten.


    Besonders interessant fand ich die Art, wie das Buch aufgebaut ist. Es folgt ziemlich chronologisch Doras Leben (greift allerdings in ein paar Passagen auch auf Ereignisse zurück, die vor Doras Geburt passierten) und enthält Tagebuchnotizen, Erzählungen aus Doras Sicht, Zeitungsausschnitte, Einladungskarten, Werbeanzeigen u.s.w. Das machte das Lesen sehr abwechslungsreich und sorgte manchmal auch für Komik – wenn man z. B. über einen Zeitungsartikel erfährt, wie Dora auf eine taktlose Äußerung des neu zugezogenen Arztes reagierte.


    Dora war mir von Anfang an sympathisch, wenn ich auch hin und wieder vor mich hin grummelte, wie wenig sie sich ihrem Ehemann widersetzte – aber das ist eine Einschätzung aus der heutigen Zeit. Ich denke, dass für die Zeit, in welcher der Roman spielt, Dora sogar eine sehr freie Frau war. Am Anfang des Buches gefiel mir Miss Babineau, Doras Lehrerin als Land-Hebamme, sogar noch besser. Ich mochte das Hexenhafte, das dieser Frau anhaftete und die Beschreibung der Rituale, Heilungsmethoden und Zubereitung der geheimen Kräuterrezepte habe ich gerne gelesen. Beide Personen sind sehr lebhaft beschrieben, man kann sie sich sehr gut vorstellen und begleitet sie auf ihrem Weg durch freudige und traurige Ereignisse mit Spannung.


    Etwas mehr Handlung hätte ich mich allerdings gewünscht. So interessant Doras Werdegang ist, manchmal schrammt die Geschichte knapp an der Langeweile vorbei. Besonders betrifft das den Zeitabschnitt, in dem Dora als junge Ehefrau ihren Beruf nicht mehr ausübt (ausüben darf) und sich als Haus- und Farmersfrau versucht.


    Fast gruselig erschienen mir die „modernen“ Heilmethoden, die der neue Arzt Dr. Thomas nach Neufundland bringt. Wieder einmal bin ich froh, dass ich in der heutigen Zeit lebe und die Kenntnisse der Medizin fortgeschritten sind.


    Das Buch ist sehr schön zu lesen. Die Autorin verwendet einen ruhigen Stil, der auf mich sehr angenehm wirkte. Allerdings hielt diese Ruhe mich auch etwas auf Distanz, so dass mich das Lesefieber nicht so richtig packen und fesseln wollte.


    Trotzdem kann ich das Buch für schöne, ruhige Lesestunden empfehlen. Wer allerdings schnelle Ablenkung vom Alltag sucht, sollte das Buch zu einem anderen Zeitpunkt lesen.


    Meine Bewertung: 3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:


    Viele Grüße von Annabas :winken: