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Klappentext der Ausgabe der SZ-Bibliothek
Neun Tage in Istanbul 1591, die große Stadt ist eingeschneit. Ein Ermordeter erzählt, wie er in einen Brunnen gestürzt wurde: "... niemand weiß, was mir geschah, nur mein ruchloser Mörder. Der aber, widerlicher Schuft, hat auf meinen Atem gehorcht und mir den Puls gefühlt, um sicherzugehen, daß ich wirklich tot war, dann hat er mir einen Tritt in die Weiche versetzt, mich zum Brunnen geschleppt, hochgezerrt und hineinfallen lassen." Der Tote aus dem Brunnen kennt nicht nur den Mörder, sondern, so glaubt er, auch dessen Motiv. Es gebe eine Verschwörung gegen das ganze Osmanische Reich, seine Religion, seine Kultur. Mitten in diesen politischen Verwicklungen stecken die Maler der Buchminiaturen, zu denen auch der Tote gehört. Im Auftrag des Sultans sollen sie zehn Buchblätter bemalen, die für den Dogen in Venedig gedacht sind und ihm die Macht und Pracht der osmanischen Herrschaft zeigen sollen. Doch im Islam sind Bilder nicht erlaubt, und die Einführung der Zentralperspektive gilt gar als Gotteslästerung. Andere Geschichten mischen sich in den Verschwörungskrimi ein: Ein Liebender schildert sein zwölf Jahre dauerndes Warten auf die schöne Seküre; deren Vater berichtet von einer gefährlichen und geheimen Mission ins Abendland; und die Maler sprechen - einer heißt Olive, einer Storch, einer Schmetterling. Sogar Tiere und Farben auf den zehn Bildern fangen an zu reden, der Hund, das Pferd, das Rot. Und natürlich auch jener, der von sich sagt: "Sie werden mich Mörder nennen". Die vielen verschiedenen Stimmen vernetzen und verweben sich gleichermaßen zum orientalischen Märchen, zur Detektiv- und Liebesgeschichte und als Ganzes zum modernen Roman.
Meine Meinung:
Mir gefiel der Klappentext so gut, dass ihn kopiert habe, ich hätte bestimmt keine bessere Zusammenfassung schreiben können. Inhalte und Stimmung dieses großartigen Romans sind sehr gut wiedergegeben.
Alle die verschiedenen, ineinander verwobenen Geschichten und Perspektiven haben einen zentralen Angelpunkt: die osmanische Miniaturenmalerei. Und so erscheint mir der Roman selbst das zu sein, wovon er handelt. Gedanken, Gefühle, Bilder, Taten fügen sich wie zu einem Bild zusammen, das in vielen Einzelbildern eine farbige und duftende orientalische Fülle wiederspiegelt. Obwohl das Buch keine Bilder enthält, gewinnt man beim Lesen den Eindruck, eines dieser mit unzähligen Miniaturen geschmückten Werke in der Hand zu halten, die der Sultan in seinen Schatzkammern sammelt. Und jede einzelne dieser Miniaturen ist eine Vollkommenheit in sich. Obwohl ich beim Lesen schon mal recht ungeduldig werden kann, wenn aus meiner Sicht zu viele Einzelheiten geschildert werden, so fiel es mir hier überhaupt nicht schwer, jede dieser Szenen in ihrer sprachlichen Vielfalt nachzuvollziehen. Das Lesen dieses Meisterwerkes der Erzählkunst ist einfach ein Genuss.
Der Autor
Orhan Pamuk ist der bedeutendste türkische Gegenwartsautor. Er wurde 1952 in Istanbul geboren, studierte nach dem Abitur zunächst Architektur, anschließend Journalismus und lebte mehrere Jahre in New York. 1982 und 1983 erschienen seine ersten beiden Romane, 1985 gelang ihm der internationale Durchbruch mit "Die weiße Festung". 2006 erhielt er als erster türkischer Schriftsteller den Literatur- Nobelpreis.
Werke:
Cevdet Bey ve Oğulları (1982)
Sessiz Ev (1983)
Beyaz Kale (1985), deutsch: Die weiße Festung (1990)
Kara Kitap (1990), deutsch: Das schwarze Buch (1995)
Yeni Hayat (1994), deutsch: Das neue Leben (1998)
Benim Adım Kırmızı (1998), deutsch: Rot ist mein Name (2002)
Öteki Renkler (1999)
Kar (2002), deutsch: Schnee (2005)
İstanbul – Hatıralar ve Şehir (2003), deutsch: Istanbul – Erinnerung an eine Stadt (2006)
Unbedingt: