Jon Courtenay Grimwood - End of the World Blues

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 3.302 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von illy.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Kit Nouveaus Leben gerät aus den Fugen. Gerade noch führte er (von uns aus gesehen ein paar Jahre in der Zukunft) ein Irish Pub in Tokio, war verheiratet mit einer japanischen Künstlerin und hatte sein früheres Leben in Großbritannien nahezu vergessen - verdrängt wäre vielleicht der bessere Ausdruck.
    Von dem Schock eines Mordversuches, der von einer 15-jährigen Stadtstreicherin verhindert wurde, indem sie Kits Angreifer tötete, hat er sich noch nicht erholt, als seine Kneipe abbrennt (Unfall oder Brandstiftung?),und sich herausstellt, dass seine bei dem Brand umgekommene Frau gar nicht seine Frau war, nicht nach japanischem Recht zumindest, denn ihre in den USA geschlossene Ehe wurde nie bei den japanischen Behörden registriert. Dass er im Krankenhaus von einem Yakuza-Boss besucht wird, mit dessen Frau er eine Affäre hat, kann ihn da kaum mehr überraschen. Überraschender ist da, dass dieser ihn nur auffordert, zu seiner eigenen Sicherheit das Land zu verlassen. Gleichzeitig erfährt er, dass seine Freundin aus Jugendtagen Selbstmord begangen hat; was deren Mutter, hohes Tier im britischen organisierten Verbrechen allerdings bezweifelt. Sie heuert Kit an, dies genauer zu untersuchen. Kit reist also nach Großbritannien zurück, wo sein Leben auch nicht ruhiger wird...
    Der zweite Erzählstrang spielt weit in der Zukunft in der "floating rope world", die sich als ein Segment des Mondes herausstellt. Lady Neku, jüngste Tochter der dieses Segment beherrschenden Familie, findet sich plötzlich allein in dem Stammsitz der Familie. Wo sind Mutter und Brüder? Was ist passiert? Sie hat es vergessen, und erst nach und nach kommt ihre Erinnerung zurück.


    Es ist schwierig, sehr schwierig, diesen Roman, den man sowohl als Science fiction als auch als Thriller bezeichnen kann, zusammenzufassen. Was eigentlich passiert, ist den Lesern ebenso unklar wie den Protagonisten. Grimwood erzählt seine Geschichte(n) nicht chronologisch und es gilt, aufmerksam zu lesen, um allmählich ein genaueres Bild von den Protagonisten zu bekommen. Immer wieder tauchen einzelne Fragmente aus deren Vergangenheit auf, und das Zusammenfügen dieser Fragmente braucht seine Zeit. Wer einen geradeaus erzählten Roman sucht, ist hier falsch beraten, aber mich persönlich faszinierte gerade die disparate Art des Erzählens.
    Überhaupt ist der "Action"-Anteil, den dieses Buch durchaus aufweist, weniger interessant als die Stimmung, die in diesem Buch erzeugt wird. Atmosphärisch dicht ist die Schilderung des Großstadtlebens in Tokio und London und auch die Personenzeichnung ist gelungen. Hier agieren keine Abziehbilder, die wir aus vielen anderen Büchern kennen, sondern "lebendige", glaubwürdige Menschen.
    Auch sprachlich hat mich das Buch überzeugt. Grimwoods Sätze "stimmen", da holpert nichts.


    Es ist Grimwood gelungen, ein Buch zu schreiben, das weniger spannend ist als vielmehr faszinierend. Ein Buch, das es nicht nötig hat, alle Fragen zu beantworten, das es den Lesern nicht einfach macht. Ein gutes Buch, das Lust auf mehr macht.


    4ratten

    Wir sind irre, also lesen wir!

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Fürchterlich :grmpf:


    wie soll man bei solchen Buchtipps denn den SUB abbauen?!? :breitgrins:


    Danke für die Rezi und dafür, dass nicht nur dieses Buch, sondern gleich auch "Pashazade: The First Arabesk" vom gleichen Autor auf meinem Wunschzettel landete.


    :winken:
    illy

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Dieses Buch ist dank obiger Rezension auf meinem SUB gelandet. Ich konnte mir unter der Inhaltsbeschreibung zwar nicht so wirklich etwas vorstellen, aber da ich eine gewisse Faszination für japanische Bücher und Filme empfinde und der Plot sehr japanisch klang, bin ich das Risiko mal eingegangen. Leider kann ich auch nach Lektüre des Buches nur sagen, dass es mir gefallen hat, aber nicht viel Aufhellendes zum Inhalt beitragen. Ein Teil der Geschichte ist eine relativ normale Krimihandlung mit Verbrecherbanden, Yakuzas und Ermittlungseinheiten gegen das organisierte Verbrechen. Die Art und Weise wie Hauptfigur Nik dort hineinrutscht ist eher ungewöhnlich, aber nicht völlig abwegig. Etwas anderes ist da die SF-Handlung um Lady Neku. Hier arbeitet der Autor mit Hintergrundwissen, das der Leser erst nach und nach zumindest teilweise erlangt, allerdings ohne dass am Ende eine völlig eindeutige Wahrheit übrig bleibt, der Leser muss sich immer noch sehr viel zusammenreimen.


    Lange Zeit habe ich mich gefragt, was das Buch soll, insofern war es wirklich typisch japanisch, da auch da häufig meine Faszination (“WAS SOLL DAS?!?“) alle anderen Reaktion bei der Rezeption von Buch oder Film überwiegt. Ich kann trotzdem nicht widerstehen und lasse mich gerne in diese völlig fremde Welt fallen. Außer dieser realen fremden Welt webt der Autor aber auch noch eine zukünftige Welt, die irgendwo neben bzw. nach der unseren existiert und tatsächlich sogar noch fremder ist.


    Einem Autor, der über seinen Helden berichtet, dieser sei nach Japan gereist, mit nichts als Wäsche zum Wechseln und einigen Murakami-Romanen im Gepäck, ist sicherlich eine Orientierung an Murakami zuzutrauen. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich das Buch als eine Art Verbeugung vor Murakami begreifen soll oder ob Grimwood nicht eher ein wenig abgeschrieben hat (sogar die obligatorische Katze fehlt nicht). Trotzdem, wer von Murakamis „Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt“ mit seinen zwei Welten gefesselt war, der sollte vielleicht einmal einen Blick in "End of the World Blues" werfen. Ihm fehlt zwar ein wenig der Mystizismus, der Murakami anhaftet, ist aber immerhin eine annehmbare Ersatzdroge.


    4ratten