Die Suche hat mir keinen Thread zu diesem Buch ausgespuckt, obwohl ich es mit drei verschiedenen Schreibweisen von "Prozess" versucht habe. Deshalb erlaube ich mir hiermit, einen zu eröffnen.
Dies ist meine 7. Rezi für den SLW 2007.
Franz Kafka - Der Prozess
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Endlich habe ich mich einmal an "Der Prozess" gewagt. Das war das erste Mal, dass ich etwas von Kafka gelesen habe und sicherlich wird es nicht das letzte Mal gewesen sein.
Da ich keine Literaturwissenschaftlerin bin, kann ich natürlich keine wissenschaftliche Abhandlung über das Buch verfassen, sondern lediglich meine Gefühle wiedergeben, die es in mir ausgelöst hat. Deshalb wird meine Rezension wohl nicht sehr qualifiziert klingen, ich bitte dafür um Nachsicht.
Kurzbeschreibung (von Amazon):
"Jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet." So beginnt die Geschichte des Josef K., dem an seinem 30. Geburtstag von einer mysteriösen Behörde der Prozeß gemacht werden soll. Und je mehr er seine Unschuld verteidigen will, um so tiefer sinkt er ins Gestrüpp undurchschaubarer Gesetze und menschlicher Verwirrungen. Josef K. muß schließlich erkennen, daß der "Sinn dieser großen Organisation, dieser korrupten Bande", der Sinn dieses geheimnisvollen Prozesses die "Sinnlosigkeit" ist. Der Prozeß, der erste Roman Franz Kafkas, zwischen 1914 und 1915 entstanden und 1925 zum ersten Mal erschienen, ist zwar Fragment geblieben, aber dennoch ein großes Werk der Weltliteratur. Die Bedeutung für das 20. Jahrhundert kann nicht überschätzt werden: Denn der Prozeß, den Josef K. über sich ergehen lassen muß, ist auch ein Prozeß, den er - unschuldig-schuldig - sich selbst macht und verlieren muß.
Meine Meinung:
"Der Prozess" hat mich sehr beeindruckt und zum Grübeln (und zu abenteuerlichen Interpretationen) verleitet. Das Buch ist auf eine seltsame Weise packend und ich bezweifle, dass es mich so schnell wieder loslassen wird.
Die Sprache Kafkas ist nicht zu kompliziert, da er überwiegend einfache Sätze verwendet. Sie lässt sich daher meiner Meinung nach flüssig lesen, so dass ich nicht lange über die Bedeutung der einzelnen Sätze rätseln musste, sondern mich stattdessen der Bedeutung der Geschichte widmen konnte.
Die Absurdität dieses Gerichtswesens, mit dem der Protagonist Josef K. konfrontiert wird sowie die bedrückende, beklemmende und zum Schluss hin auch hoffnungslose Stimmung, die Kafka hier erzeugt, machten für mich den besonderen Reiz und die Faszination dieser Geschichte aus.
Josef K. wird als pflichtbewusster, fleißiger und vor allem ganz gewöhnlicher Mensch beschrieben, der beruflichen Erfolg als Prokurist bei einer Bank und daraus resultierend recht hohes Ansehen genießt. Zunächst neigt er dazu, den Prozess nicht ernst zu nehmen und denkt zuversichtlich, seine Unschuld wäre schnell zu beweisen. Doch als immer mehr Menschen aus seinem Umfeld ihn auf den Prozess ansprechen, ihm seine Hilfe anbieten und versuchen, ihm Ratschläge zu erteilen, beginnt K. allmählich, sein bisheriges Leben und seinen Beruf zu vernachlässigen. Immer weiter dringt nun dieser geheimnisvolle Prozess in sein Leben ein und er ist fest entschlossen, all seine Kräfte dafür einzusetzen, da er die Bedrohung wahrzunehmen beginnt.
Recht schnell wird klar, dass er selbst mit Hilfe eines Advokaten oder beim Gericht einflussreichen Bekannten kaum die Aussicht hat, jemals einen Freispruch zu erlangen.
Das gesamte Gerichtswesen ist sehr bürokratisch aufgebaut, doch bekommen Angeklagte und Verteidiger die Gerichtsakten nie zu Gesicht und auch die mit dem Fall befassten Richter und Gerichtsdiener schweigen sich aus. Aus diesem Grunde gelingt es Josef K. nicht, zu erfahren, worin seine Schuld nun eigentlich besteht.
Die Gerichte befinden sich vorwiegend auf Dachböden oder auch in Nebenzimmern ärmlicher Wohnungen, es scheint aber dennoch eine große Macht zu haben und weithin bekannt zu sein, da viele Figuren über seine Existenz Bescheid wissen. Dennoch scheint es weitgehend im Verborgenen zu arbeiten.
Es wird recht wenig auf die Gefühlswelt des Protagonisten eingegangen und sein Handeln wird überwiegend auf eine sachliche Art geschildert. Durch die Dialoge wird der Figur jedoch dennoch Leben eingehaucht und der Leser kann sich eine recht gute Vorstellung von K. machen.
Die Nebenfiguren sind ebenfalls sehr interessant gezeichnet und ihre Lebensumstände sind zum Teil ebenso absurd wie das Gerichtswesen, mit dem sie meist auch in Verbindung stehen. Als Beispiel sei hier nur der Maler Titorelli genannt, welcher als Gerichtsmaler tätig ist und dennoch bettelarm ist und in einer winzigen Dachkammer leben muss, die gleichzeitig auch sein Atelier ist. Direkt nebenan befinden sich (wie übrigens auf fast jedem Dachboden) Gerichtskanzleien, durch welche er oftmals Besuch von den Richtern erhält. Durch diesen Maler erfährt Josef K. auch einige interessante Dinge über das Wesen des Gerichts.
Das Ende der Geschichte ist nochmals sehr aufwühlend, auch wenn der Leser die ganze Lektüre über ahnt, dass es so und nicht anders kommen muss.
Das Werk lässt mich ein wenig verwirrt und ziemlich nachdenklich zurück und hat auf jeden Fall großen Eindruck auf mich gemacht.
Es werden zwar viele Dinge nicht erklärt, allerdings wurde "Der Prozess" ja auch nicht vollendet, weshalb ich das nachvollziehen kann.
Ich bin entschlossen, weitere Werke von Kafka zu lesen, allen voran "Das Schloss" und "Die Verwandlung". Bis dahin lasse ich "Der Prozess" weiterhin in mir nachwirken und gebe dem Buch
und
Eine halbe Ratte Abzug für die stellenweise dann doch selbst für mich zu große Absurdität. Aber diese mindert nicht den guten Gesamteindruck, den ich von dem Buch habe.