Peter Høeg - Das stille Mädchen

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    Klappentext


    "Kasper Krone ist der berühmteste Clown Europas. Seit einem Unfall in seiner Kindheit verfügt er über ein einzigartiges Gehör: er kann am Telefon aus den Hintergrundgeräuschen erkennen, wo sein Gesprächspartner sich aufhält, und weiß sofort, auf welchen Grundton ein Mensch gestimmt ist. Als Musiktherapeut arbeitet er mit der neunjährigen KlaraMaria, von der so eine tiefe Stille ausgeht, wie er sie noch nie erlebt hat. Doch dann wird KlaraMaria entführt, und Kaspar Krone ahnt, es wird etwas Entsetzliches geschehen, wenn er sie nicht sucht und befreit.
    Autojagden und Fensterstürze, eine Flucht durch das Kopenhagener Kanalisationssystem und eine Naturkatastrophe - Peter Hoeg ist ein Meister der Spannungsliteratur. Aber er vermag auch eine ganz andere Geschichte zu erzählen: von der Suche nach Weisheit und dem Sinn des Lebens, von Mystik und Musik, vom Glück der Kindheit und der großen Liebe, von tiefem Verlust und höchster Harmonie. Mehr als zehn Jahre nach Fräulein Smillas Gespür für Schnee hat Hoeg einen phantastischen Thriller geschrieben, der das Populäre mit dem Erhabenen mischt und Witz und Ironie auch dann noch aufleuchten lässt, wenn es um die ernstesten Fragen geht. "


    Der Autor


    Peter Hoeg, 1957 in Kopenhagen geboren, studierte Schauspiel, Tanz und Literaturwissenschaften. Er arbeitete in vielen Bereichen, reiste durch viele Länder und gründete eine Stiftung zugunsten von Frauen und Kindern in Entwicklungsländern. Er lebt heute als freier Schriftsteller in Dänemark. Mit seinem Roman "Fräulein Smillas Gespür für Schnee", der mehrfach ausgezeichnet wurde, erlangte er internationale Aufmerksamkeit.



    [li]Vorstellung vom 20. Jahrhundert (Forestilling om det tyvende århundrede 1988, dt. 1992)[/li]
    [li]Von der Liebe und ihren Bedingungen in der Nacht des 19. März 1929 (Fortællinger om natten, 1990, dt. 1996)[/li]
    [li]Fräulein Smillas Gespür für Schnee (Frøken Smillas fornemmelse for sne 1992, dt. 1994)[/li]
    [li]Der Plan von der Abschaffung des Dunkels (De måske egnede 1994; dt. 1995)[/li]
    [li]Die Frau und der Affe (Kvinden og aben 1995, dt. 1997)[/li]
    [li]Das stille Mädchen (Den stille pige 2006, dt. 2007)[/li]



    Meine Gedanken zum Buch
    Ich finde es nicht leicht, etwas zu diesem Buch zu sagen, vor allen Dingen etwas abschließendes. Das Buch hat sehr unterschiedliche Kritiken bekommen und ich kann diejenigen verstehen, die gar nichts damit anfangen können. Es ist nicht leicht, sich in diesem Labyrinth zurecht zu finden und man muss „labyrinthische“ Literatur mögen. Hat man sich gerade auf einer Sinnebene eingewöhnt, schon wird einem der Boden unter den Füßen weggezogen und man findet sich auf einer anderen Bedeutungsebene wieder oder wird mit Verweisungszusammenhängen konfrontiert, die man nur erahnen kann, oder auch nicht – man weiß es nie so genau. Vieles bleibt offen und der eigenen Interpretation überlassen.


    Und das ist vielleicht auch eines der Hautthemen dieses Buches, in dem hinter der eigentlichen Thrillerstory andere Themen hervortreten, ja, sich im Verlauf der Geschichte immer mehr in den Vordergrund drängen: die Welt ist so, wie wir sie wahrnehmen (wollen). Das ist eine Aussage bei der sich spirituelle Mystiker und die Ergebnisse der Quantenphysik treffen. Nur weiß niemand, was das eigentlich für den Alltag des Menschen bedeutet. Noch will das überhaupt jemand wissen. Die Konvergenz spiritueller Erkenntnis und naturwissenschaftlichen Forschens, die ständig in diesem Roman präsent ist, ist erfolgreich aus dem öffentlichen Bewusstsein gebannt, Sinn- und Lebensfragen zu Spezialgebiet von Kirchen und „Mystikern“ reduziert, im Allgemeinen mehr als naiv belächelt als ernst genommen.


    Wie auch schon in Fräulein Smillas Gespür für Schnee ist die Hauptfigur ein Außenseiter, hier männlich, und in dieser Rolle sowohl mit dem inneren Netzwerk der politischen Steuerung der Gesellschaft verknüpft als auch außerhalb von ihr und immer durch die Maschen schlüpfend: Kaspar Krone, ein Artist, einer der großen Clowns, wie er sich selbst bezeichnet. Die Figur des Clowns war immer schon Stoff für große Literatur, die sich an die Sinnfragen des Lebens heranwagte. Eine für uns etwas aus der Mode geratene Figur, die gleichwohl in ihrer Authentizität durch das moderne Kabarett, Komikserien oder Karikaturen nicht vollständig zu ersetzen ist. Der Narr am Hofe war der einzige, der dem Herrscher Dinge sagen durfte, die dieser nicht hören wollte. In vielen Phasen der Geschichte der Völker gehörten die Clowns und Narren zu den wenigen, die sich auf ihre Art und mit verschlüsselten Botschaften über Meinungszensur und Bewusstseinsdiktat hinweg setzten.


    Wenn man als Leser zunehmend ratlos vor dem Ereignisablauf steht und einen am Ende sogar das Gefühl beschleicht, dass man in die Irre geführt wurde und sich jemand über einen lustig gemacht hat, so ist dies durchaus eine Clowns- Signatur. Sie pflegen mehr Fragen als Antworten zu hinterlassen, hebeln Gewissheiten aus, machen sich über des Kaisers neue Kleider lustig und stürzen mit unerwarteten Wendungen als wahr angenommenen Überzeugungen um. Vielleicht sollte man dieses Buch scherzhaft ernst nehmen und fragen, wo es uns mit der Thematik Gebrauch oder Missbrauch von „paranormalen“ Fähigkeiten in Verbindung mit moderner Technik einen Spiegel vorhält. Welche Fragen dürfen nicht gestellt werden? An welcher Wirklichkeitswahrnehmung halten wir uns fest? Und welche Dinge weigern wir uns zu sehen?


    Ein weiteres Thema, dass sich auch schon in früheren Werken des Autors findet und auch diesen Roman durchzieht, ist die Auseinandersetzung Kaspar Krones mit dem Weiblichen und der Liebe. Daneben, dadurch und dazwischen schwingen vielfältigste Töne, Geräusche und vor allem die Musik. Es gibt wundervolle Dialoge zwischen Kaspar und den verschiedenen weiblichen Figuren, und jeder Liebhaber ausgefallener sprachliche Wendungen und vor allem tiefgründiger Interpretationen von klassischer Musik hat in diesem Werk eine Fundgrube für inspirierende Details vorliegen.


    Ich finde: 4ratten - aber bestimmt nicht jedermanns und jederfraus Sache


    EDIT: Autorennamen im Threadtitel korrigiert. LG, Saltanah

    Liebe Grüße!<br />Zoe

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Von dem Autor kenne ich lediglich 'Fräulein Smillas Gespür für Schnee', und die Eindrücke, die du in deiner tollen Rezi zum Ausdruck bringst, konnte ich da auch in der einen oder anderen Form festmachen. Das Buch hat mir gefallen, der ganze Plot war allerdings oftmals auch sehr nebulös, irgendwie nicht greifbar; das hat zwar auch seinen Reiz, ich wünschte mir aber hin und wieder mal einen klaren Standpunkt, die Interpretationsvielfalt ermüdete mich mit der Zeit etwas.


    Das Buch hatte ich sogar schon mal gekauft, es dann aber wieder ovp wieder zurückgegeben, eben weil mir da noch Smilla im Kopf rumspukte :smile:
    Aufgrund deiner schönen Buchvorstellung geb ich dem Buch vllt. doch noch eine Chance, wenn ich in der entsprechenden Stimmung bin, mal gucken :zwinker:

    Einmal editiert, zuletzt von Thomy ()

  • Hallo,
    der Roman ist Teil meiner Leseweltreise, hier meine Besprechung, die leider sehr von Zoes abweicht.


    Peter Høeg: Das stille Mädchen


    Inhalt:


    In einem durch eine Erdbebenkatastrophe zum Teil überfluteten Kopenhagen sucht der weltberühmte, aber von den Finanzbehörden wegen Steuerunterschlagung verfolgte Musikclown Kaspar Krone nach einem besonderen Mädchen, das er einmal im Rahmen einer Musiktherapie behandelt hat. Klara Maria ist von einer mysteriösen Organisation entführt worden, da sie – gleich Kaspar - mit besonderen akustischen Sinnen begabt ist und daher Voraussagen über Naturkatastrophen machen kann. Kaspar kommt bei der Suche nach diesem und anderen ähnlich begabten Kindern einer gigantischen Verschwörung von Immobilienspekulanten auf die Spur.


    Meine Meinung:
    „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ ist ein mir besonders liebes Buch. Deshalb dachte ich, nachdem ich den Umschlagtext des hier behandelten Romans gelesen hatte, ein ähnlich schönes Leseerlebnis vor mir zu haben. Falsch gedacht:


    Dieser Roman ist unglaublich verquast, undurchsichtig und gleichzeitig voller billiger Kolportageelemente.
    Kaspar Krone kommt als verhinderter James Bond daher, der statt in seinem Martini äußerst lächerlich in der abendländischen Philosophie und Religionsgeschichte herumrührt. Im Gegensatz zu Zoe finde ich, dass hier aus wenig viel aufgeblasen wurde: Kaspars Überlegungen zum Weltsinn, der Liebe und den Frauen sind wenig originell und auch seine besondere akustische Begabung weckt keine neuen Einsichten, sondern mündet in abgeschmackte Sentenzen.
    Die Handlung ist mir völlig unklar geblieben, die Personen sind holzschnittartig und werden ebenfalls unnötigerweise selbst als Nebenfiguren in Misteriosität gewickelt.


    Ich habe die Lektüre nur durchgehalten, weil ich fast nie ein Buch ungelesen weglege. Aber gelohnt hat es sich in keiner Weise! Literatur, die kunstvoll wirken will, indem sie den Leser ständig in die Irre führt und mit abgedroschenen Sentenzen zumüllt, erreicht das Gegenteil ihrer Absicht.


    HG
    finsbury

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()

  • Hallo!


    Ich gehöre auch zu den Leuten, die mit "Das stille Mädchen" nicht viel anfangen können. Für mich war die Geschichte zu verwirrend und mehr als einmal fühlte ich mich wie in einer Traumwelt gefangen. Dazu kam noch, dass mir keine der Personen auch nur das kleinste bisschen sympatischwaren. Jeder Einzelne hat versucht die Menschen in seiner Umgebung zu manipulieren. Besonders bei Kapser Krone ist mir das aufgefallen. Er reagiert sehr stark auf das, was sein Umfeld sagt oder tut und spinnt danach seine Geschichten. Ich denke dass ich schon verstanden habe worum es in dem Buch letztendlich geht, aber von der Ausführung und vom Stil ist es nicht meins. Deshalb bekommt es von mir auch keine Ratten.
    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.