Arnaldur Indridason - Nordermoor

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 4.163 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Tolpan.

  • Sodele, jetzt habe ich meinen ersten Island-Krimi gelesen, hier ist meine Meinung dazu:


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    Inhalt:
    In Reykjavik wird ein älterer, alleinstehender Mann in seiner Wohnung ermordet - erschlagen mit einem Aschenbecher. Kommissar Erlendur und sein Team übernehmen die Ermittlungen und stossen bald auf die dunkle Vergangenheit des Opfers. Die Ermittler fragen sich, ob sich da jemand für vergangene Schandtaten rächen wollte.


    Gleichzeitig muss sich Erlendur noch mit seiner drogensüchtigen Tochter rumschlagen, die ihn erst um Geld anpumpt und ihm dann auch noch eröffnet, dass sie schwanger ist.


    Meine Meinung:
    Wie man der Inhaltsangabe entnehmen kann, handelt es sich bei «Nordermoor» schon um einen fast klassischen Krimi mit den üblichen modernen Zutaten - nämlich einem kalten, regnerischen Schauplatz (Island) und einem Ermittler mit einem kaputten Privatleben.


    Mit etwas über 300 Seiten ist er nicht besonders lang und die Geschichte konzentriert sich grösstenteils auf die Ermittlungen im Mordfall. Diese sind weitreichend und werden minutiös beschrieben, was für ordentlich Spannung sorgt und Gelegenheit zum Miträtseln gibt. Dabei lernt man viele Isländer und ein wenig ihre Art kennen. Daran, dass sich auf der Insel alle duzen und dass es praktisch nur Vornamen gibt, muss man sich erst mal gewöhnen. Überhaupt, die isländischen Namen: Da ist manchmal nicht auf Anhieb klar, ob es jetzt um ein Männchen oder um ein Weibchen geht. Aber das kann man dem Autoren nicht anlasten - der ist sich das ja gewohnt.


    Insgesamt ein gelungener Krimi mit nachvollziehbarem Ende und nur so viel unwahrscheinlichen Zufällen, wie sie dem Leser grade noch zuzumuten sind. Sicher nicht mein letztes Buch von Arnaldur Indridason.


    4ratten



    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Das Buch hab ich vor ca. 1.5 Jahren mal gelesen, und dazu ein paar Zeilen notiert; ich fand das eher nicht so toll ...


    "Bevor Sie mit dem Lesen des Buches beginnen, schauen Sie bitte auf den Beipackzettel, er enthält wichtige Hinweise und soll Sie mit dem richtigen Umgang des Buches vertraut machen.


    Auszug: Personen mit zu niedrigem Blutdruck sollten die Finger von diesem Buch lassen. Sie könnten sonst nach der Lektüre vor lauter Langeweile in eine Art Wachkoma fallen.
    Ebenso ist das Buch nicht für Personen mit zu hohem Blutdruck gedacht. Diese Personengruppe, nach einem plötzlichen sinnlosen Wutanfall, das Buch an die Wand schmetternd und heulend und schreiend ob solch eines Schwachsinns sich auf dem Boden windend, könnten einen Infarkt bekommen. Oder einen Hirnschlag. Oder noch was schlimmeres.
    Letzendlich seien aber auch diese Personen gewarnt, die weder unter dem einen, noch dem anderen leiden. Über Langzeitfolgen nach Genuss dieses Buches sind noch keine Studien verfügbar. Apathie, Schlaflosigkeit, Desinteresse, ja sogar der Verlust des Glaubens an Autoren, die in der Lage sind, gute und lesenswerte Bücher zu schreiben, ist denkbar.


    Deshalb empfehlen wir dieses Buch auch nur einer ganz kleinen Personengruppe, nämlich jenen, die einfach mal ihr Hirn für ne Weile ausschalten wollen, und sich nicht entscheiden können, ob Sie nun dieses Buch lesen sollen, oder doch lieber den Theaterstadl gucken." :zwinker:


    Arnaldur Indridason, 1961 geboren, war Journalist und Filmkritiker bei Islands größter Tageszeitung. Heute lebt er als freier Autor in Reykjavik und ist in Island bereits eine Legende.
    Dieses zweite Buch von ihm erhielt 2002 den CrimeNovel's Award und auch seine weiteren Werke sollen sich überaus erfolgreich verkaufen (Pro Buch ca. 20000 Exemplare bei einer Einwohnerzahl von 280000). Selbst die isländische Polizei stellt die Fälle in den Büchern nach, um sie zu verfilmen. Nun gut, als Verleger würd ich es auch drucken, wenn sich die Bücher so erfolgreich verkaufen, auch wenn das vorliegende Buch, meiner Meinung nach, ein kompletter Schmarr'n ist.


    Der Autor mixt eine etliche Anzahl von Themen zusammen, in der Hoffnung, das dabei etwas lesenswertes entstünde. Mord, Vergewaltigung, er widmet sich dem Thema der tödliche Erbkrankheiten, dem Verschwinden von Personen und Leichen, dem Alkohol und Drogenkonsum, der p.o.r.n.o.graphie, der Korruption und was weiß ich noch alles, und versucht das ganze Buch über verzweifelt den Leser zu fragen: "Ist doch spannend und fesselnd, oder ? Nicht ? Ok, mmh, lass ma überlegen, aja, ich pack noch was drauf, ich lasse noch ne Leiche verschwinden, jetzt rockts aber, oder ?" Nein, lieber Hr. Indridason. Die Figuren Ihres Romanes sind platt und irren planlos in der Gegend rum, die Dialoge sind hölzern und dämlich (vor allem die zwischen dem Kommissar und seiner Tochter), eine Ermittlungsarbeit scheint es bei der isländischen Polizei wohl nicht zu geben. Der Kommissar und seine beiden Gehilfen ermitteln so jeder für sich selbst dahin, und irgendwie ist das Ende bezeichnend für dieses Buch.



    Es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich Bücher oft wahrgenommen werden. Das macht für mich aber auch den Reiz des Lesens und des Meinungsaustausches darüber aus. :smile:

    Einmal editiert, zuletzt von Thomy ()

  • Es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich Bücher oft wahrgenommen werden. Das macht für mich aber auch den Reiz des Lesens und des Meinungsaustausches darüber aus. :smile:


    Das stimmt absolut. Indridason gehört z. B. für mich zu den Krimiautoren, die mich fesseln, ohne dass sie eine actionreiche Handlung nötig hätten. Nordermoor habe ich auch gelesen, tendiere aber zu denselben Eindrücken wie Alfa.


    Ich habe einige Indridasons gelesen und finde es interessant, wie er tagesaktuelle Themen der Isländer als Hintergrund für seine Krimis nutzt. Mal ist es ein See, der Wasser verliert und Indridason verknüpft das mit dem früheren Studentenaustausch ISL/DDR. Mal ist es die isländische Gendatenbank. Mal ist es ein Stück Geschichte von Reykjavik, Bauboom für die wachsende Stadtbevölkerung. "Einfach so" jemanden aus Neid, Eifersucht, Rache oder Habgier umbringen, gibt es nicht. Und einen Mord ohne lange zurückreichende Vergangenheit gibt es bei den Erlendur-Krimis auch nicht.

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  • @ Bettina, deine Argumente klingen vernünftig, der Aspekt der Verarbeitung von sozialen Themen der Isländer in seinen Romanen ist mir neu. Da will ich mein negatives Urteil über den Autor doch ein wenig abmildern :smile:
    Der nächste in der Reihe wäre, wenn ich das richtig gesehen habe, "Todeshauch". Vielleicht leihe ich mir den ja dann doch noch mal aus.
    Ich konnte mit 'Nordermoor' einfach gar nichts anfangen, keine Identifikation mit den Figuren, weder mit dem Kommissar, noch mit seiner Tochter, oder sonst irgend wem.
    Eine Szene ist mir besonders haften geblieben. Die drogenabhängige Tochter besucht Ihren Vater. Die beiden unterhalten sich in seiner Küche, als urplötzlich, aus heiterem Himmel sozusagen, der Kommissar (oder war es die Tochter?!) damit beginnt, Töpfe, Pfannen, Teller und Geschirr durch die Gegend zu werfen. Dieser unvorhersehbare Wutausbruch stand in keinem Kontext und war für mich nicht nachvollziehbar, es wirkte unnatürlich und aufgesetzt. Und dieser 'rote Faden' zog sich so durch das ganze Buch.


    Vielleicht ist der Autor in seinen weiteren Büchern ja steigerungsfähig. Die Zukunft wird es zeigen .... :zwinker:

  • Leihen ist eine gute Idee. Lass Dir bis zu einem zweiten Durchgang durchaus die Zeit für eine Pause.


    Erlendurs Beziehung zu seinen Kindern ist absolut vertrackt. Da weiß ich manchmal auch nicht, was da vielleicht "spezifisch isländisch" ist. Ich glaube, ich spoilere nicht, wenn ich sage, dass die Kinder im Prinzip ohne ihn aufgewachsen sind und die drei füreinander eigentlich Fremde sind als sie sich seit Jahren wieder mal sehen. So richtig zueinander finden sie (zumindest nach meinen Leseerfahrungen) in keinem Buch.
    In Sachen Erlendur-Familie packt Indridason ziemlich starken Tobak aus. Erlendur kann mit manchen Personen sehr gefühlvoll umgehen, aber mit seinen Kindern geht das merkwürdigerweise immer schief. Es kann einem durchaus auf den Senkel gehen.

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  • In Sachen Erlendur-Familie packt Indridason ziemlich starken Tobak aus.


    Wohl wahr. Und ich habe den Umgang von Vater und Tochter miteinander auch nicht immer verstanden - das scheint eine recht komplizierte Beziehung zu sein. Dass Eva Lind ab und zu ausflippt, kann man sich wahrscheinlich mit Entzugserscheinungen erklären. Und Erlendur ist halt der verzweifelte Vater, der weiss, dass er vieles falsch gemacht hat und der seiner Tochter eigentlich helfen will, aber nicht so recht weiss, wie. Schliesslich kann er sie zu nichts zwingen, da sie ja erwachsen ist, aber nur zuschauen mag er eben auch nicht. Er hats nicht leicht...



    Es kann einem durchaus auf den Senkel gehen.


    Ja, für mich hätte es auch nicht viel mehr davon ertragen. In dem Masse gings grade noch. Wie ich schrieb, scheint ein kaputtes Privatleben eben zum modernen Ermittler zu gehören.
    Und alle Erlendur-Fälle hintereinander weglesen würde ich nicht, da brauchts wohl jeweils einige Monate Pause dazwischen :smile:


    Gruss


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • @alpha
    Das ist ja mit den meisten Krimi Reihen so. Zuviel aufeinmal von einer Reihe ist oft zuviel des Guten.


    Mir hat Nordermoor ziemlich gut gefallen und seither les ich von diesem Autor immer mal wieder einen seiner Romane.

  • Dieses Buch ist mein Beitrag für Island in unserem Projekt Wir lesen uns um die Welt. Ich habe es in schwedischer Übersetzung unter dem Titel "Glasbruket" gelesen.

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    In einem Vorort von Reykjavik wird die Leiche eines älteren Mannes gefunden. Ihm wurde mit einem schweren Aschenbecher der Kopf eingeschlagen. Komissar Erlendur steht mit seinem Team vor einem Rätsel: um Raubmord scheint es sich nicht zu handeln, Feinde hatte der Tote auch keine und erst der Fund eines alten Fotos bringt Erlendur auf die richtige Fährte...


    Dies war das zweite Buch, das ich von Indriðason gelesen habe. Es schaffte es, mich von der ersten Seite an zu fesseln und in kürzester Zeit hatte ich es verschlungen. Die Tatsache, dass ich einige Tage vorher die Verfilmung gesehen hatte und daher Handlung und Mörder kannte, konnte meiner Faszination keinen Abbruch bereiten.
    Indriðason gelingt es, seinen Fall trotz wenig "action" äußerst spannend zu schildern. Die Ermittlungen mäandern langsam vor sich hin, führen die Ermittler auf alle möglichen (Ab-)wege, bei denen ein direkter Zusammenhang mit dem Mord oft nicht mehr zu erkennen ist. Parallel dazu erfahren wir einiges über das Privatleben Erlendurs, das wirklich einige Parallelen zu anderen nordischen Komissaren mit kaputten Familienverhältnissen aufweist. Beide Erzählstränge ergeben - zusammen mit dem miesen spätherbstlichen Wetter - ein Bild Islands, das weniger positiv ist, als es die isländische Tourismusbranche gerne hätte. Psychisches Elend gibt es überall, ebenso wie Machtmissbrauch, Brutalität und Hilflosigkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen. Alles das schildert Indriðason gekonnt, glaubwürdig und atmosphärisch dicht und greift gleichzeitig ein aktuelles politisch-wissenschaftliches Thema auf, indem er einen möglichen unerwünschten Nebeneffekt der Genforschung beleuchtet.
    Einzige Kritikpunkte sind für mich ein paar zumindest in der schwedischen Übersetzung weniger gut gelungene Formulierungen sowie an einer Stelle die Erwähnung eines missgünstigen, unfähigen direkten Vorgesetzten, dessen Doppelgänger einfach in zu vielen Krimis auftauchen, als das ich diesem Typ noch etwas abgewinnen könnte.


    Voller Vorfreude auf den nächsten Indriðason, der schon bei mir subbt, vergebe ich überzeugte
    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Klappentext: Was zunächst aussieht wie ein typisch isländischer Mord – schäbig, sinnlos und schlampig ausgeführt -, er weist sich als überaus schwieriger Fall für Erlendur von der Kripo Reykjavik. Wer ist der tote alte Mann in der Souterrainwohnung in Nordermoor? Warum hinterlässt der Mörder eine Nachricht bei seinem Opfer, die niemand versteht? – Während schwere Islandtiefs sich über der Insel im Nordatlantik austoben, wird eine weitere Leiche gefunden ...


    Meine Meinung: Ich glaube ich beschwere mich heute nicht zum ersten Mal, dass der Klappentext in die Irre führt oder etwas falsches suggeriert. In diesem Fall ist es zwar richtig das (später) noch eine zweite Leiche gefunden wird, doch es geht hier keineswegs – was man der Formulierung nach annehmen könnte – um einen Serienmörder. (Aber nicht das ihr denkt, ich hätte mir das Buch gekauft und auf einen Serienmörder-Fall gehofft, ist mir erst beim Lesen aufgefallen. ;) *g*) Mehr möchte ich über den Inhalt des Buches auch nicht verraten, zu leicht kann man bei einem so kurzen Buch zu viel schreiben!


    Dieser Krimi hier ist nicht effektheischend oder blutrünstig (was ich mal als eine schöne Abwechslung empfand) und trotzdem geht er nicht gerade zimperlich mit seiner Hauptfigur, dem Kommisar Erlendur, oder seinen Lesern um. Der behandelte Fall geht in die Tiefe und offenbart uns, je mehr wir lesen, einiges über menschliche Verzweiflung, Tragödien, Abgründe und Hässlichkeit.


    Es ist spannend geschrieben wie nach und nach mehr aufgedeckt wird, wie sich verschiedene Puzzlestücke am Ende schließlich zu einem ganzen Bild ergeben. Sobald die Ermittler in diesem Buch anfangen in der Vergangenheit des Mordopfers Holberg zu wühlen, so war es mir unmöglich Mitleid oder Bedauern zu fühlen. Je weiter Erlendur vordringt ohne das es für ihn ein rechtes Bild ergeben will, desto hässlichere Züge enthüllt der Charakter des Toten und als schließlich der Mörder gefunden war, so hat man eher Mitleid mit ihm.


    Die Geschichte an sich, die Krimihandlung hat mir also gut gefallen.
    Leider war das Buch mit knapp über 300 Seiten eher kurz und ich konnte es dank eines einfachen Stils in einem Rutsch runterlesen. Im Stil gibt es für mich jedoch auch Minuspunkte. Er war mir dann doch viel zu einfach, teilweise recht banal. Häufiger waren die Sätze kurz, wirkten regelrecht abgehackt. Besonders am Anfang ist mir das aufgefallen, später hatte ich mich vermutlich schon zu sehr eingelesen um es noch zu bemerken. Außerdem wechselte der Autor an der ein oder anderen Stelle abrupt das Thema, was mich irritierte. Ich sage jetzt einfach mal: Wem’s gefällt ... meinen Geschmack hat es aber nicht getroffen.


    Mein Fazit: Es handelt sich um einen soliden und spannenden Krimi, der sicher lesenswert ist. Für den Stil, der aber so gar nicht meinen Nerv traf, muss ich leider Punkte abziehen.
    (Sonst hätte es mindestens einen halben Punkt mehr gegeben ... )


    Bewertung: 3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus: