Felix Dahn - Ein Kampf um Rom

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  • Für Historische-Roman-Fans ist dieses Buch eine Pflicht. Dahns Werk ist nicht nur ein Klassiker, sondern ein Maßstab für alle nachfolgenden Historische Romane im deutschsprachigen Raum.


    Dahn hat schon im 19. Jahrhundert gewusst, auf was es in Historischen Romanen ankommt:


    - Spannnung
    - historische Fundiertheit
    - sprachliche Finesse
    - inhaltliche Feinfühligkeit
    - Gelehrsamkeit.


    Dahn personifizierte diese Eigenschaften in "Kampf um Rom" fast in die Perfektion. Mit der alten epischen Sprache des 19. Jahrhunderts hat dieses Buch einen sehr edlen Stil, und das Lesevergnügen wird dadurch nur gestärkt. Spannend wird die Geschichte der Goten ca. ab dem Jahre 520 nach Christus beschrieben, als sie nicht nur Herrscher in Italien und Rom waren. Amalaswintha, Mataswintha, Athalarich, Totila, Teja, Witichis, Justinian, Narses, Belisar sind nur wenige interessante Persönlichkeiten, die Dahn realistisch beschreibt. Wie kann es anders sein, ist ein Römer namens Cethegus, der hinterlistig aber sehr klug gegen die verhassten Goten vorgeht, die faszinierendste und zwielichtigste Persönlichkeit. Aber lest selbst.


    Auch muss man sehr kritisch mit dem deutschnationalen Denken des 19. Jahrhunderts umgehen. Die Goten werden von Dahn teils glorifiziert und verehrt,als die wahren Helden und einzigen Helden beschrieben, ohne Fehl und Tadel.


    Wenn man diese Denkweise kritisch betrachtet, oder sogar über dieses Denken lernen will, es verstehen will, dann hat dieses Buch sogar einen höchst interessanten Lerneffekt.


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  • Hallo Historikus,


    das hört sich ja wirklich sehr interessant an! Muss ich mir gleich mal merken! Vielen Dank für den Tipp!


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Den Roman habe ich schon seit Anfang Juli in Arbeit, ich tue mich aber sehr schwer mit ihm.
    Viele kennen wohl den Inhalt:
    Es geht darum, dass die Ostgoten nach Theoderichs des Großen (des Dietrichs von Bern aus der Sagenwelt) Tod, versuchen, das Königreich Westrom gegen aufständische Weströmer und die Byzantiner zu halten.
    Felix Dahn (1834-1912) war selber Professor der Geschichte und hat die meisten Fakten im Buch richtig wiedergegeben, allerdings auch an einigen Stellen ziemlich geklittert, um historische Figuren in spannende oder tendenziöse Zusammenhänge zu bringen.
    Das mit der Tendenz ist für mich überhaupt das größte Problem. Das Buch wurde kurz nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 veröffentlicht und enthält schon all die Antipathie zwischen Deutschen und "Welschen", im Roman als gute Goten und intrigante Römer getarnt, die uns später bis nach dem Zweiten Weltkrieg so belasten sollten und zu so vielen bitteren Fehlentscheidungen führten.
    Dahn kann schon schreiben, vor allem die Massenszenen gelingen ihm gut und so manche dramatische Begegnung gestaltet er gelungen aus. Er motiviert seine Handelnden auch überzeugend, aber der oben dargestellte Hintergrund scheint immer durch.
    Deshalb brauche ich immer längere Lesepausen, so auch im Moment, wo ich mir einen Zwischenkrimi gönne (der in Frankreich unter lauten netten Franzosen spielt :breitgrins:).
    Aber ab Mitte nächster Woche werde ich wieder weiter"kämpfen".

  • Das mit der Tendenz ist für mich überhaupt das größte Problem. Das Buch wurde kurz nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 veröffentlicht und enthält schon all die Antipathie zwischen Deutschen und "Welschen", im Roman als gute Goten und intrigante Römer getarnt, die uns später bis nach dem Zweiten Weltkrieg so belasten sollten und zu so vielen bitteren Fehlentscheidungen führten.


    Eine Tendenz, die allerdings auch schon runde 70 Jahre alt ist (und wohl letzten Endes auf Napoléon I. zurückgeht): Karl Ludwig von Woltmann (1770-1816), Professor der Geschichte in Jena, hat in einem Artikel in der Zeitschrift "Die Horen" (Theoderich, König der Ostgothen) im Jahre 1796 genau diese Tendenz eingeläutet. (Vlg. hier: http://litteratur.ch/SMF/index.php?topic=666.msg8066#msg8066 - und folgende)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Vielen Dank, sandhofer, für diesen sehr interessanten Hinweis. Im Gegensatz zu dir befasse ich mich ja sehr selten mit historischen Quellen außerhalb der Literatur. Da entgeht einem so manches.
    Übrigens wird in Dahns Roman auch die Sympathie Theoderichs für die Juden herausgearbeitet, etwas, was mich dann wieder versöhnlicher stimmt und was zu dem passt, was du in deinem Link zu dem Artikel anführst.

  • Hurra, mein Kampf mit dem "Kampf um Rom" ist zu Ende :klatschen:.
    Um es gleich vorwegzuschicken: Selten habe ich ein Buch mit mehr Widerwillen gelesen. Deshalb hat es auch so lange gedauert.


    Inhalt:
    Nach Theoderichs des Großen Tod versuchen die Ostgoten das von diesem eroberte Italien als gotisches Reich zu halten. Aber sie scheitern letzten Endes an Intrigen, den großen Feldherren Justinians und dem Wankelmut der italienischen Bevölkerung. In der Mitte des sechsten Jahrhunderts müssen die letzten Überlebenden nach großen, historisch verbürgten Schlachten Italien verlassen, das danach kurzzeitig wieder zu Ostrom gehört, bevor andere Barbarenstämme einfallen.


    Meine Meinung
    Auch wenn Dahn die meisten Eckdaten der wirklichen Geschichte entnimmt, reichert er doch die Story mit schönen, aber gefährlichen Frauen, miesen Verrätern, einem römischen Gegenspieler von satanischem Ausmaß und vor allem zahlreichen übermenschlich mutigen und schönen gotischen Helden an, so dass das ganze zum Teil im wahrsten Sinne des Wortes sagenhafter Kitsch ist, zum anderen gefährliche Tendenzliteratur, die der Hybris der Deutschen als - gedachte - Nachfolger der mutigen und guten Goten massive Unterstützung leistete. Ich nehme an, bei den Nazis sah man den Roman gerne in jedem Bücherregal eines Hitlerjungen oder deutschem Mädel, enthält er doch vieles für die ideologische Aufrüstung.
    Warum habe ich den gräßlichen Schinken dann überhaupt gelesen?
    Erstmal fällt es mir sehr schwer, eine Lektüre abzubrechen. Und, nun, Dahn kann auch nicht daran vorbei, dass er vor allem Historiker war, und die größten Stellen im Roman sind, wenn er denn zähneknirschend den Gegnern der Goten doch ihr politisches Geschick, ihre Toleranz (Narses), ihren Mut und ihre Treue (Belisar) zugesteht. Diese Menschen beschreibt er auch gekonnt und differenziert: So wirkt besonders sein Portrait des byzantinischen Kaisers Justinian sehr lebensecht.
    Außerdem konnte er schon schreiben, der Herr Professor. Besonders die Versammlungs- und Schlachtenszenen könnte man 1:1 in großartige Filmszenen umsetzen.


    Aber für empfehlenswert halte ich diesen Roman nicht wirklich.

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()