Sabine Ebert - Die Spur der Hebamme

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  • Direkt nach dem ersten Band nahm ich das zweite Buch zur Hand! Und es las sich wieder so schnell – man bekommt allerdings im Wesentlichen dasselbe vorgesetzt wie schon zuvor: Die Guten sind gut, die Bösen böse und man rutscht von einer Katastrophe in die nächste. Es handelt sich hier mehr um ein Abenteuerbuch als einen historischen Roman…


    Erhofft hatte ich mir ja, dass sich die Charaktere weiterentwickeln, aber dem ist nicht so! Es warten hier also kaum Überraschungen auf einen!
    Wieder war es mir unmöglich, die Beherrschung zu behalten: Bei all den machhungrigen (insbesondere die Kleriker) und skrupellosen Menschen gehen die tugendhaften Charaktere unter und man könnte meinen, es gäbe nur bösartige Männer, die Frauen als Ware ansehen sie nur zum Vergnügen halten wollen! Auch das Verschweigen einer heiklen Angelegenheit gegenüber dem Liebsten, aus Angst, dieses könnte die Beziehung gefährden, wodurch nur weitere Schwierigkeiten entstehen darf nicht fehlen!
    Schlimmer noch als Randolf oder die Kleriker fand ich aber Otto! Der hat mich schon im ersten Teil genervt, aber im zweiten Teil ist der ja noch schlimmer. Ein einfältiger Mann, der um sich herum die besten Eigenschaften sieht (allen voran Hedwigs Weitsicht und Mitgefühl), aber das komplette Gegenteil zeigt und wie ein bockiges Kind mit Jähzorn reagiert, läuft etwas nicht nach seinem Willen.


    So viele gefährliche Situationen und knappes Entrinnen daraus, Rettungen in letzter Sekunde, unwahrscheinliche Genesungen (einschließlich des mehrfachen (dreimal!!) Wiedererscheinens Totgeglaubter), Gewalt und Folter, so derart böse Menschen und auf der anderen Seite herzensgute und treue wie in diesem Buch sind mir selten zuvor begegnet. Hier trägt Frau Ebert sehr dick auf.


    Das kann ich nur unterschreiben! So viele Dinge wurden zu schnell aufgelöst. Häufig liest man sich gerade in Rage oder fiebert mit und Ruck Zuck ist dieses Problem gelöst – puh, denkt man, doch die nächste Gefahr lauert ja schon an der nächsten Ecke! :rollen: So kann ich gar nicht mehr erinnern, was Marthe und Christian alles durchlebt haben.


    Marthe kam mir hier zudem zu kurz, auch wenn sich so vieles um sie gedreht hat. Ihre Aufgabe als "Kräuterhexe" und Hebamme rückte zu sehr in den Hintergrund, stattdessen wartet sie zu oft bei Anzeichen einer Gefahr quasi hinter die Bühne, bis die Luft wieder rein ist.
    Bemerkenswert ist, wie viele Sexszenen – ob erzwungen oder nicht – hier vorkommen! Auf Dauer sehr anstrengend zu lesen!


    Schade finde ich es, dass man als Leser ständig die "unglücklichen" Zeiten erlebt. Wir springen zu Beginn des Buches also und lesen nur in einem Nebensatz, dass es sechs glückliche Jahre gab. Dabei würde ich gerne das normale Leben in Christiansdorf mit seinen Bewohnern kennenlernen. Christian bei Marthe, ihr Haushalt, ihre Freunde, ihren Alltag!


    Und trotz all der negativen Punkte: Ich fand es wieder spannend und habe das Buch gerne gelesen. Die Seiten sind dahingeflogen und ich habe nicht bemerkt, wie schnell die Zeit vergeht! Tatsächlich habe ich auch zwischendurch immer wieder an Marthe, Christian und die Bewohner in Christiansdorf gedacht! Sie haben es mir einfach angetan! Bei der Sprache fällt es auch leicht, sich Orte, Geräusche und Personen (der "Raubvogelmann" war mir soo unheimlich!) genaustens vorzustellen!
    Da ich den Schuber habe, warten die drei anderen Bände noch, aber nachdem ich die ersten zwei Bände direkt hintereinander gelesen habe, in beiden eigentlich genug Handlung für weitaus mehr Bücher steckt und die anderen Bücher vermutlich nach demselben Schema aufgebaut sind, hebe ich sie mir für verregnete oder kranke Wochenenden auf!


    3ratten

    Es geschah kurz nach Anbruch des neuen Jahres, zu einem Zeitpunkt,

    als die violetten und gelben Blüten der Mimosenbäume rings um die Ambulanz

    aufgesprungen waren und ganz Missing in Vanilleduft gehüllt war.


    Abraham Verghese – Rückkehr nach Missing

  • Marthe is back! Quasi mit Popcorn und Cola in der Hand :riesenpopcorn: lehne ich mich auf meinem Sofa zurück und genieße die Telenovela in Buchform.


    Dachte ich schon, dass die arme Marthe im ersten Teil genug für drei Leben erleiden musste und nicht mehr viel nachkommen kann, so habe ich mich getäuscht. Eine Gruppenvergewaltigung wie in Band 1 blieb ihr bis jetzt erspart, aber sonst geschieht ihr alles, was ein Mensch nicht erleben möchte.


    Zu Beginn ist sie glücklich mit Christian in ihrem Dorf verheiratet. Sie haben zwei gesunde Kinder und das dritte ist unterwegs. Aufgrund des Silberaufkommens sind sie finanziell abgesichert, auch wenn Christian das gesamte Einkommen in die Verteidigung des Dorfes stecken muss. Aber schnell tauchen wieder düstere Wolken am Horizont auf. Ihr Widersacher Randolf kommt scheinbar geläutert aus dem heiligen Land zurück und wird ihnen von Markgraf Otto als Burgvogt vor die Nase gesetzt. Scheinbar, denn wie wir wissen, gibt es bei Sabine Ebert nur Schwarz und Weiß und keine Grautöne dazwischen. Noch aber hält er sich zurück. Mussten doch er und Christian auf das Kreuz schwören, Frieden zu halten und sich nicht gegenseitig zu schaden.


    Um die Spannung aufrecht zu erhalten, zaubert die Autorin erst einmal ein Kirchenverfahren gegen Marthe wegen Hexerei aus dem Hut. Dabei wird auch immer wieder die Gefahr des Scheiterhaufens erwähnt und munter ignoriert, dass im zwölften Jahrhundert Hexen noch nicht so genannt, eigentlich nicht verfolgt und schon gar nicht verbrannt wurden. Zur Ehrenrettung von Sabine Ebert möchte ich noch erwähnen, dass sie im Glossar sogar zugibt, dass in der Zeit, in der der Roman spielt, Hexen in Wirklichkeiten Zaunreiterinnen genannt wurden und sie der Lesbarkeit halber lieber auf das bekanntere Wort Hexe zurück griff.


    Aber egal. Ich lese dieses Buch nicht wegen seiner geschichtlichen Authentizität, sondern weil ich mich ohne Anstrengung unterhalten möchte. Und dieses Ziel wird definitiv erfüllt :breitgrins:

  • Ich war gerade am Überlegen, ob das der zweite oder dritte Teil ist. Da sieht man wie sehr sich die Bände ähneln. :zwinker:
    Das mit dem Schwarz-Weiß ist (zumindest bei dem Marthe-Büchern) wohl ihr Markenzeichen.
    Ich freue mich auf deine Eindrücke, wie auch immer sie ausfallen mögen. :breitgrins:

    Es geschah kurz nach Anbruch des neuen Jahres, zu einem Zeitpunkt,

    als die violetten und gelben Blüten der Mimosenbäume rings um die Ambulanz

    aufgesprungen waren und ganz Missing in Vanilleduft gehüllt war.


    Abraham Verghese – Rückkehr nach Missing


  • Ich war gerade am Überlegen, ob das der zweite oder dritte Teil ist. Da sieht man wie sehr sich die Bände ähneln. :zwinker:
    Das mit dem Schwarz-Weiß ist (zumindest bei dem Marthe-Büchern) wohl ihr Markenzeichen.
    Ich freue mich auf deine Eindrücke, wie auch immer sie ausfallen mögen. :breitgrins:


    Es ist das zweite Buch, ich habe also noch drei vor mir. :zwinker: Nachdem ich Band eins schon kenne, weiß ich, was mich erwartet. Mich kann also nichts mehr erschüttern :breitgrins:


    Weiter zum Buch:


    Marthe wird entgegen ihrem Stand behandelt. Sie wird bei der Verhaftung bereits in Fesseln weg geführt, was einem Todesurteil gleich kommt. Im Verlies werden ihre kostbaren Kleider zerrissen, so dass sie nichts mehr hat, mit dem sie ihre Blöße bedecken könnte. Ihr Peiniger ist ein Geistlicher, dessen Name wir nicht erfahren. Er wird allgemein nur RAUBVOGELGESICHT genannt - also hier hätte ich mir schon etwas mehr Einfallsreichtum erwartet. Wie wäre es mit Lucius? Dieser Name wäre doch passend gewesen, bei so viel Verderbtheit in einem Menschen.

  • Wo war ich? Genau, bei Marthes Anklage wegen Hexerei! Wie nicht anders zu erwarten, führt Sabine Ebert alle Geschütze auf. Der Geistliche, der Marthe verhört, wir erinnern uns, das Raubvogelgesicht, findet natürlich sadistische Freude daran, eine hilflose Frau zu schlagen und zu peitschen. Er quält sie solange, bis er sich in seiner Kutte erleichtert hat.


    Am nächsten Tag wird sie vor das Kirchengericht geführt. In ihrem Zustand wirkt sie nicht mehr wie eine adelige Dame, sondern wie eine Gemeine, die aus der Gosse aufgeklaubt wurde. Trotz allem haben manche ihre Richter Bedenken, sie wegen Hexerei zu verurteilen. Also einigen sie sich auf ein Gottesurteil: Marthe soll gefesselt in den nahen Fluss geworfen werden. Geht sie unter, ertrinkt sie zwar, ihre Unschuld gilt aber als bewiesen. Schwimmt sie auf dem Wasser auf, ist sie mit dem Teufel im Bunde und wird gerichtet werden. Für sie bedeutet das eigentlich keinen Unterschied: so oder so, ist das ein Todesurteil.


    Kurz bevor sie in die wogenden Fluten gestoßen wird, raunt ihr der Henker noch zu, tief Luft zu holen. Er holt sie im allerletzten Moment aus dem Wasser, so dass sie knapp, aber doch überlebt. Das stellt ihr Richtertribunal vor ein entscheidendes Problem: wurde Marthe von Gott verschont, weil sie unschuldig ist oder weil er ihr ungeborenes Kind vor dem Tod retten wollte? Da der örtliche Bischof Martin nicht vor Ort ist, entscheidet man sich letztendlich, dass sie bis zu seinem Eintreffen im Verlies ausharren soll.


    Hier geschieht das nächste Wunder. Sie wird von einem geheimnisvollen Fremden befreit und in Sicherheit gebracht. Er kümmert sich rührend um sie und sorgt für medizinische Versorgung, als sie ihr Baby verliert und danach an schwerem Fieber erkrankt. Doch es wäre nicht Sabine Ebert, wenn nicht schon das nächste Ungemach auf Marthe lauert. Ihr Retter ist niemand anderer als Ekkehart, der Freund des bösen Randolf, der vor ein paar Jahren begeistert bei der Gruppenvergewaltigung dabei war. Seither ist er in sie verliebt, ja gerade zu besessen und will Marthe ganz für sich allein haben.


  • Das klingt wirklich faszinierend schlecht :breitgrins:


    Ist es auch :zwinker: Wenn man weiß, was einem erwartet und sich dementsprechend eingestellt hat, ist es sogar herrlich amüsant. Man kann das Buch einfach nicht ernst nehmen :breitgrins:

  • Den Rest erspare ich euch einmal großzügig. Es geht eigentlich immer gleich weiter: drohende Vergewaltigungen werden nur knapp entronnen, immerhin drei (!) Totgeglaubte kehren wieder, eine - zum Glück gerade noch nicht vollzogene - Zwangsverheiratung und so weiter und so fort.


    Das faszinierendste an dem Buch ist, dass ich mich schon nur noch verschwommen daran erinnere, dabei habe ich es erst gestern beendet. Wahrscheinlich hat sich mein Gehirn mit einer Art Schutzfilter geschützt :lachen:


  • Wahrscheinlich hat sich mein Gehirn mit einer Art Schutzfilter geschützt :lachen:


    :breitgrins:



    Ihr Retter ist niemand anderer als Ekkehart, der Freund des bösen Randolf, der vor ein paar Jahren begeistert bei der Gruppenvergewaltigung dabei war. Seither ist er in sie verliebt, ja gerade zu besessen und will Marthe ganz für sich allein haben.


    Alleine die Beschreibung fasst super zusammen, wie verquer und an den Haaren herbeigezogen die Geschichten so sind.
    Die Hebammen-Bücher (zumindest die ersten drei) sind bestens für Erkältungstage geeignet: Man muss sich überhaupt nicht konzentrieren und wird dennoch unterhalten - auch wenn es immer dasselbe nur eben mit anderen Namen ist...

    Es geschah kurz nach Anbruch des neuen Jahres, zu einem Zeitpunkt,

    als die violetten und gelben Blüten der Mimosenbäume rings um die Ambulanz

    aufgesprungen waren und ganz Missing in Vanilleduft gehüllt war.


    Abraham Verghese – Rückkehr nach Missing

  • Eigentlich wurde bereits wirklich alles über das Buch gesagt. Eine gefährliche Situation jagt die andere, kaum wurde durch Zufall, Glück oder Können eine Gefahr gebannt, lugt um die Ecke schon die nächste. Wenn man Teile des Buches nicht lesen würde, hätte man trotzdem kein Problem, der Handlung zu folgen. Der Schreibstil ist wie im Vorgängerband einfach gehalten und die Charakterzeichnung der Protagonisten unterscheidet nur zwischen schwarz und weiß.
    Jetzt kommt allerdings das große ABER. Wenn man weiß, worauf man sich einlässt und einfach nur wie British_Soul bereits schrieb, sich an einem verregneten beziehungsweise kranken Wochenende beschäftigen möchte, ist das Buch perfekt. Manchmal braucht man seichteste Lektüre, die durch zugegebenermaßen wahrscheinlich unfreiwillige Komik zu unterhalten weiß.


    Von mir gibt es daher amüsierte


    3ratten