Hans-Dieter Gelfert: Was ist gute Literatur? Wie man gute Bücher von schlechten unterscheidet. 12,90 EUR. C.H. Beck.
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Der Titel kommt etwas platt daher, das Buch ist jedoch durchaus anspruchsvoll geschrieben, der Autor ist Professor für englische Literatur an der Freien Universität Berlin.
In den Auftaktabschnitten des 1. Kapitels geht Gelfert den Fragen nach:
Was macht Literatur zur Kunst?
Was bewirkt Kunst in uns?
Warum gibt es überhaupt Kunst?
Schließlich untersucht er ob uns gute Literatur klüger und besser macht. Er diskutiert dann ob es objektive Geschmacksurteile überhaupt geben kann. Diese ersten Abschnitte sind sehr aufschlussreich und bilden eine gute Basis für das Folgende.
Im 3. Kapitel wird über den Grund des Vergnügens an der Kunst nachgedacht (12 Seiten). Interessant hier die Ausführungen zu den zwei vorkommenden Formen der Spannung in einem Roman. Im Zentrum des Buches steht das 5. Kapitel mit 12 Kriterien der ästhetischen Wertung an denen man gute Literatur erkennen kann (25 Seiten). Meines Erachtens sind diese Seiten etwas zu knapp geraten, die ein oder andere Definition bleibt etwas vage, man wünschte sich mehr konkrete Beispiele. So liest es sich etwas zu akademisch. Dennoch ein interessanter Einblick, der anschließend mehr erlaubt als Urteile wie "gefällt mit" oder "gefällt mir nicht". Ein paar Kriterien seien hier exemplarisch aufgezählt: Vollkommenheit, Stimmigkeit, Expressivität, Welthaltigkeit, Originalität, Komplexität, Authentizität.
In den nachfolgenden Kapiteln werden die Kriterien auf Gedichte, Dramen und Prosa angewendet, wenn mir das auch hier oft zu knapp und unsystematisch abgehandelt wird. Zum Schluss gibt es noch einige essayistische Kapitel mit den Fragen:
Muss gute Literatur ernst sein? Die Antwort, warum Tragödien beliebter sind als Komödien ist ganz interessant.
Muss gute Literatur schwierig sein? Auch hier eine interessante Antwort, da Gelfert zwei verschiedene Arten von Komplexität aufzeigt. Ulysses hat eine hohe Anfangskomplexität, während es in Jane Austens Romanen um die Reduktion der Restkomplexität geht.
Was ist Kitsch? Auch dieses Kapitel sehr interessant, anhand eines Gedichtes von Goethe wird aufgezeigt wie aus Kunst mit wenigen Handgriffen Kitsch wird. Er geht aber auch der Frage nach, warum Kitsch durchaus gemocht wird und welche "Gefahren" für den Leser damit verbunden sind. Interessant auch die Information, dass es Kitsch in der Antike nicht gab. Natürlich wird auch erklärt, warum dies so ist.
Was ist Weltliteratur?
Was ist das Deutsche in der deutschen Literatur?
Was soll man lesen? Die Frage nach dem Kanon.
Gelfert stellt die richtigen Fragen, die Antworten sind mir teilweise etwas zu hochgestochen formuliert, im großen und ganzen aber ein erhellendes Buch. Man wünschte sich nun eine ausführlichere Vertiefung.
Schöne Grüße,
Thomas