Der argentinischen Essayisten, bibliophilen Globetrotter, Lektor und Literaturdozenten Alberto Manguel schreibt gerne über seine Leidenschaft. "Eine Geschichte des Lesens" erschien im Jahr 1998, noch vor seinem "Tagebuch eines Lesers" und "Bibliothek bei Nacht". Gerade wer letzteres Buch gelesen und geschätzt hat, wird auch mit diesem keinen Fehlkauf tätigen.
Was uns zum ersten Minuspunkt bringt: das Buch ist im Moment vergriffen und daher nicht sehr preiswert zu erhalten. Die gute Nachricht: es wird im Herbst eine (ebenfalls nicht billige) Neuauflage geben, die als "große illustrierte Ausgabe" beworben wird, was in mir die Hoffnung weckt, die reichlichen Bilder könnten in dieser Ausgabe dann farbig sein - was den Genuss des Buchs sicher erhöht.
Viel mehr Minuspunkte habe ich im Folgenden nicht mehr anzubringen - ich schätze den Autor, ich schätze diese Buch.
Manguel hat nicht den Versuch unternommen eine chronologische Geschichte des Lesens zu schreiben. Zwar hält er in manchen der thematisch gegliederten Kapitel eine zeitliche Abfolge ein, meistens orientiert er sich aber an inhaltlichen Strukturen. Da gibt es Kapitel, die sich mit "Vorlesen" beschäftigen (naheliegend für den ehemaligen Vorleser Jorge Borges'), mit der äußerer Erscheinungsform des Buchs, wie sich Autoren und Übersetzer als Leser verhalten. Wie aus dieser zufälligen Auswahl ersichtlich: er bleibt nicht allzu eng an seinem Kerngegenstand, dem Lesen, sondern schweift gerne auch ins nahe Umfeld ab. So füllt er über 400 Seiten, die genaue Quellenangaben mit persönlichen Eindrücken verbinden. Seine Betonung liegt so weit möglich auf einzelnen Menschen statt auf Verallgemeinerungen - ein anekdotenreiches Buch, das an manchen Stellen etwas unstrukturiert wirken mag, dafür aber umso lebendiger ist. Bilder, Portraits, Bücher, Gegenstände, die im Text erwähnt sind, werden auch abgebildet und ergeben so ein abgerundetes Buch, dessen breiter Rand einlädt eigene Beobachtung einzutragen.
Ein Buch zum Durchlesen, zum Nachschlagen (leider nur ein Personenregister), zum Wiederlesen. Ein Buch eines leidenschaftlichen Leser für leidenschaftliche Leser.
Katia