Faszination "großer" Autoren - Teil 1: Thomas Mann

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  • Hallo Ihr Lieben,


    Ich möchte über große Autoren sprechen. Fangen wir mit einem Herren an: Thomas Mann
    Es interessiert mich sehr, was so gefällt an seinen Büchern?
    Er hat heute noch eine große Fangemeinde. Es ist wie mit der Oper... entweder man liebt ihn, oder man hasst ihn - es gibt kaum etwas dazwischen.
    Reden wir über Thomas und seine Romane, über seine Familie und Freunde.
    lg cori

  • Hm, über Thomas Mann selbst kann ich nicht so viel sagen! Ich habe zwar den Film über sein Leben gesehen, aber das ist schon länger her und ich würde nicht sagen, dass ich besonders viel über ihn weiß! Außer vielleicht seine unterdrückte Homosexualität ...


    Von seinen Werken habe ich bisher "Der Tod in Venedig", "Tonio Kröger" und "Mario und der Zauberer" gelesen. Und ich kann nicht von mir behaupten, dass ich ihn komplett liebe oder komplett hasse ... ich habe da eher gemischte Gefühle! :zwinker:
    "Der Tod in Venedig" fand ich, z.B., ganz super! Das lag wahrscheinlich auch daran, dass ich ihn mit meinem Deutsch-LK gelesen habe und wir ausführlich darüber gesprochen haben. Dadurch habe ich so manche Entdeckung gemacht, die mir alleine wohl nie gekommen wäre.
    Voller Vorfreude habe ich mich dann an "Tonio Kröger" gemacht ... und war enttäuscht! Mit dieser Geschichte konnte ich rein gar nichts anfangen!!
    Neulich habe ich dann für ein Referat "Mario und der Zauberer" gelesen und fand es ganz nett. Eine kurze, spannende Erzählung, die man eigentlich schon als Parabel bezeichnen könnte. Allerdings hatte ich hier auch wieder eine Vorlage, in der verschiedene Interpretationsansätze standen.
    Ich habe, glaube ich, einfach nicht die Muse, mich hinzusetzen und Thomas Mann so intensiv zu lesen, dass ich in tiefere Gefilde vordringen kann. Eigentlich sehr schade, weil wenn man dies tut, sind seine Bücher wirklich faszinierend!

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • So, Hallo Mondy, Danke, dass Du so schnell geantwortet hast. Ich habe eine Frage: Du schreibst:

    Zitat

    Eigentlich sehr schade, weil wenn man dies tut, sind seine Bücher wirklich faszinierend!


    Wie hast Du das genau gemeint?
    Was ist denn so faszinierend. Nein, was glaubst Du ist faszinierend?
    Al cori


  • "Der Tod in Venedig" fand ich, z.B., ganz super! Das lag wahrscheinlich auch daran, dass ich ihn mit meinem Deutsch-LK gelesen habe und wir ausführlich darüber gesprochen haben. Dadurch habe ich so manche Entdeckung gemacht, die mir alleine wohl nie gekommen wäre.
    Voller Vorfreude habe ich mich dann an "Tonio Kröger" gemacht ... und war enttäuscht! Mit dieser Geschichte konnte ich rein gar nichts anfangen!!


    Das ist ja interessant. Mir geht es mit den Erzählungen genau anders herum. "Tod in Venedig" fand ich einfach nur fürchterlich langweilig, aber "Tonio Kröger" oder auch "Tristan" find ich total super.
    Außerdem hab ich noch "Der kleine Herr Friedemann", "Mario und der Zauberer" und noch eine kurze Erzählung, dessen Titel ich nicht mehr weiß, gelesen.
    Das alles innerhalb einer Übung in meinem Studium. Die Übung ist jetzt bald vorbei. Aber sie hat mir sehr gut gefallen.
    Was ich immer wieder interessant zu beobachten fand, waren die Parallelen in Thomas Manns Werken und seiner eigenen Geschichte.

  • Wieder interessant. Man kann erst über etwas urteilen, wenn man es gesehen oder gelesen hat.
    Ich habe "Lotto in Weimar" , "Mario und der Zauberer", "Der Zauberberg" "Felix Krull" , "Tod in Venedig" " Tonio Kröger" und die "Buddis" gelesen.
    Eigentlich habe ich meinen "Hass" bei den "Buddis" entwickelt. So etwas langweiliges. Ich kann es einfach nicht beschreiben. Ich frag mich immer, wieviel Lebenszeit mir dieser Autor gestohlen hat. Bei "Lotte in Weimar" überhaupt. Was bringt so ein Buch? Wir hatten den netten Goethe der uns den Werther geschenkt hat und dann kriegen wir sowas nach. Nee, das geht nicht. "Die Schleife..." um Gottes Willen. Lotte auf alt. Braucht einfach niemand.
    Gibt es wenigstens jemanden der sich mit mir Solidarisiert?
    al cori

  • Eigentlich habe ich meinen "Hass" bei den "Buddis" entwickelt. So etwas langweiliges.


    Näher am Leben als bei den "Buddis" kann man ja kaum schreiben. Also ich finde Leben immer spannend, zudem wenn es aus einer ganz anderen mir unbekannten Zeit erzählt.


    Gruß, Thomas

  • Yöh! Ich freu mich! Ich liebe es, wenn Du , Tom , Dich meldest, weil wir IMMER unterschiedlicher Meinung sind. Aber, im Ernst, Tom, ich gebe Dir prinzipiell Recht, aber hier ist es BLA BLA BLA BLA. Mich interessen Leben total im Detail von interessanten Menschen und nicht irgendwelchen Reichen aus dem Bürgertum, die ja "so arm" sind. Nee, geht gar nicht. Die Armen, oder die Dichter und Denker, die haben zu erzählen. Nicht die Familie Merian.
    Sorry, der Vergleich lag auf der ZUnge.
    al cori

    Einmal editiert, zuletzt von cori ()


  • Yöh! Ich freu mich! Ich liebe es, wenn ich Du , Tom , Dich meldest, weil wir IMMER unterschiedlicher Meinung sind.


    Ach. Stimmt doch gar nicht. Bei Bernhard sind wir auf einer Wellenlänge. :winken:


    Gruß, Thomas

  • Gut, dass Du ihn erwähnst und übrigen, ja, stimmt.
    Denn, wenn ich z.B. über einen Aufenthalt in einer Lungenheilanstalt lesen möchte, dann lese ich Bernhard und brauche keinen Zauberberg, der nie zu enden scheint. Okay, ich würdige die Tatsache, dass es so ein großer Roman wurde.
    Ich glaube, Thomas Mann hat nicht mit Leidenschaft geschrieben. Nein, er wollte sich ablenken von so manchen Tatsachen! (unterdrückte Homosexualität in Worte fassen.) das ist das Problem. Ich finde, man spürt seinen Drang auch heraus der BESTE sein zu wollen.

  • PEINLICH. LOTTE!!! :redface:
    Oss Du suchst nach Cori Fehlern. Ich stehe unter Beobachtung!


  • Gehe ich recht in der Annahme, dass "große Autoren" für euch in die Sparte Weltliteratur & Klassiker fallen?


    Für mich sind "große Autoren" nicht nur Autoren, die es allgemein zu Klassikern geschafft haben. Ich denk mal, ich würde die Frage ziemlich subjektiv beantworten, was wohl dann nicht zählt.
    Also, ich weiß nicht, was cori genau meint, aber ich glaube schon, dass sie schon die Klassiker gemeint hat, oder?

  • Spannendes Thema, zu dem ich leider zu wenig beitragen kann.
    Ich habe vor kurzem den Zauberberg gelesen und vor langem die Buddenbrooks. Die Buddenbrooks fand ich sehr amüsant und unterhaltsam. Vor allem mochte ich den immer latent ironischen Tonfall von Thomas Mann. Und ich fand die Familie mit ihren Macken und Meisen toll (Christian, dem immer die eine Seite zu kurz war, Toni mit ihrer Art, der gestrenge und auf Haltung bedachte Thomas). Sobald ich die Buddenbrooks wieder gelesen habe, bemühe ich mich um ein differenzierteres Urteil.
    Der Zauberberg-Eindruck ist noch ein wenig frischer. Letztlich ist es wieder die Sprache, die mich förmlich in den Zauberberg hineingezogen hat und mich von Satz zu Satz weitergetragen hat. So nett die ganzen philosophischen Diskurse sind - ich fand sie zwar durchaus spannend, aber ich fürchte, ohne Th. Manns Sprache wäre das alles etwas dröge geworden.


    Das merkwürdige ist, dass ich Th. Mann durchaus schätze, aber ihm irgendwie neutral gegenüberstehe. Er hat mich bisher als Mensch nicht beeindruckt. Nicht, dass ich das erwarten würde, aber diese etwas distanzierte Haltung habe ich auch gegenüber seinen Romanen, die ich bisher kenne.
    In Klaus Mann habe ich mich dagegen in Teenagerjahren sofort und auf der Stelle verliebt: Die Bücher wirkten auf mich viel exzessiver, emotionaler, lebensnäher. Dazu Klaus Manns Biographie zwischen Rausch, Arbeit und Politik. Ein Schriftsteller, der für mich in jungen Jahren aufgrund seiner politischen Haltung, die man eher als ethische Überzeugung bezeichnen kann, eine moralische Autorität geworden ist. Jemand, mit dem man vielleicht nicht befreundet sein möchte, den ich aber unendlich bewundere.
    Heinrich Mann kenne ich nicht so gut - Professor Unrat liegt noch angelesen herum. Prinzipiell ist mir H. Mann mit seiner Einmischung in die Politik und sein Einsatz für die Volksfront in den 1930er Jahren aber auch sympathischer als Th. Mann. Aber wie gesagt - ich denke nicht, dass es die Aufgabe großer Autoren ist, sympathisch zu sein. Aber wenn Du schon fragst, Cori, antworte ich natürlich. :smile:

    Einmal editiert, zuletzt von Vulkan ()

  • Von Thomas Manns Wälzern habe ich die "Buddenbrooks" und den "Zauberberg" gelesen (die "Josephs"-Romane warten noch im Regal), daneben die dünneren Werke "Tonio Kröger" und "Mario und der Zauberer", die letzteren allerdings schon vor ca. zwanzig Jahren, so dass mir davon nicht viel in Erinnerung geblieben ist. Die "Buddenbrooks" habe ich als einen teilweise etwas altbacken, jedoch locker und verständlich geschriebenen und - für damalige Literaturverhältnisse - immer spannenden und abwechslungsreichen Roman empfunden, eine schöne Beschreibung des Aufstiegs und Falls einer Familiendynastie. Das Buch gibt einen recht anschaulichen Einblick in die damalige Zeit. Ich habe mit den Protagonisten gelitten, wenn sie an den damaligen Umständen verzweifelten. Und - mit das Wichtigste an einem Buch - ich habe mich gut unterhalten gefühlt.


    Den "Zauberberg" habe ich erst kürzlich hier in einer Leserunde gelesen. Das war schon etwas stärkerer Tobak. Das war kein reiner Unterhaltungsroman mehr. Dem "Zauberberg" mit all' seinen raumgreifenden philosophischen, politischen und religiösen Abhandlungen hat man angemerkt, dass er uns sagen will: "Seht her - ich habe euch etwas Wichtiges und Bedeutungsschwangeres zu sagen." Da fand ich Thomas Mann schon recht anstrengend, weil ich nicht drauf eingestellt war. Als ich mich jedoch darauf eingelassen hatte, mit diesem Buch auch einen Bildungsroman (passt hier dieser Begriff?) in der Hand zu halten, war's ok. Ich habe nur für mich festgestellt, dass für bestimmte Themen mein Horizont einfach noch nicht weit genug ist.


    Kurz, Thomas Mann ist in meinen Augen schon ein wichtiger Autor, der mir - und auch das halte ich für gut und wichtig - noch so manches über die Welt, in der wir leben, sagen kann.


  • Denn, wenn ich z.B. über einen Aufenthalt in einer Lungenheilanstalt lesen möchte, dann lese ich Bernhard und brauche keinen Zauberberg, der nie zu enden scheint.


    Thomas Bernhard und Thomas Mann im Vergleich nur wegen Lungenheilanstalt, also, damit bin ich nicht einverstanden. Im Zauberberg liegt auch der Geist der damaligen Zeit, und im Zauberberg geht es nicht darum, über die Herren Doktoren herumzugranteln (wie bei Bernhard), sondern Thomas Mann arbeitet mit feinerer Ironie. Im Grunde genommen haben Thomas Mann und Thomas Bernhard beide Humor, jeder auf seine Weise.


    Das andere ist, entweder man kommt mit der Ausgedehntheit des Zauberbergs zurecht oder nicht. Übrigens, mir gefällt der Zauberberg sehr wohl.


    In Korrektur von Bernhard zieht sich alles humorlos in die Länge mit Hunderten von Wiederholungen. Da frage ich mich jetzt wirklich, welcher Thomas mir nun besser gefällt? :zwinker:



    Ich finde, man spürt seinen Drang auch heraus der BESTE sein zu wollen.


    Bei Thomas Bernhard kann man auch so manche Eitelkeit erkennen. Lies' mal "Meine Preise" :breitgrins:


    Liebe Grüße
    mombour

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()


  • Wie hast Du das genau gemeint?
    Was ist denn so faszinierend. Nein, was glaubst Du ist faszinierend?
    Al cori


    Faszinierend finde ich, was Thomas Mann in seinen Geschichten alles "versteckt". Wenn man nur so drüberliest, kann einem ganz viel entgehen!
    Bei "Der Tod in Venedig" zum Beispiel ist das Thema Tod schon von Anfang an überall zu entdecken, wenn man nur genau hinschaut.
    Oder die Beschreibung homoerotischer Fantasien, die in eine Art Vision eingekleidet sind ... absolut spannend!!
    Sehr interessant fand ich auch die sehr philosophische Abhandlung am Schluss! Beim ersten Lesen habe ich rein gar nichts verstanden, aber beim 4.-5. Mal kam mir dann langsam der tiefere Sinn.
    Das finde ich so toll an Thomas Mann: Auch beim 10. Mal kann man noch neue Dinge entdecken! Allerdings: Wie oft nimmt man sich die Zeit, bestimmte Stellen 5 mal zu überdenken?

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • Mal eine ganz blöde Frage:
    Warum hängen sich so viele an Thomas Manns (angeblichen oder wirklichen oder was auch immer) homoerotischen Neigungen auf? Ich habe jetzt die Buddenbrooks und den Zauberberg gelesen und wüsste nicht, inwiefern das eine Rolle spielt. Ich will nicht übermäßig "political correct" sein, aber sobald der Name Th. Mann fällt, fällt das Wort "Homoerotik" binnen Minuten.
    WARUM??? (Das ist nicht als Polemik gemeint, sondern eine ernstgemeinte Frage!)