Penelope Lively - Der wilde Garten

Es gibt 16 Antworten in diesem Thema, welches 5.871 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Weratundrina.

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    Penelope Lively - Der wilde Garten


    Inhalt:


    Helen und Edward - beide altmodisch und oft wunderbar eigensinnig - müssen erkennen, daß sie für die gierigen achtziger Jahre nicht geeignet sind. Der wilde Garten, das Wäldchen hinterm Haus - wie erwehrt man sich der begehrlichen Blicke der Makler und Anlageberater? Und seit die Geschwister nicht mehr unter der Fuchtel der starrsinnigen Mutter stehen, die jeden Heiratskandidaten vergrault hat, ist auch ihre Gefühlswelt durcheinandergeraten. Helen verliebt sich in den Testamentsvollstrecker, und Edward ignoriert eisern, daß ihn der schöne Nachbarssohn in größte Verwirrung stürzt. Das Leben ist auf einmal in Bewegung geraten, und Helen und Edward sind dem Schock der Erkenntnis ausgesetzt, daß nicht nur ihre Idylle und die wuchernde Wildnis hinterm Haus bedroht sind, sondern auch ihre Lebensgewohnheiten und - umstände, in denen sie sich über die Jahre häuslich eingerichtet haben.


    Meine Meinung:


    Penelope Lively macht das, was sie am besten kann: Menschen charakterisieren, an der Oberfläche kratzen und tief ins Innere schauen, Entwicklungen verfolgen und Ereignisse in der Persönlichkeit ihrer Figuren nachklingen lassen. Für ihre intensive und ausgefeilte Figurenzeichnung bewundere ich diese Autorin und ich wurde auch mit diesem Roman nicht enttäuscht.


    Dorothy Glover ist tot und man ist sich als Leser gar nicht sicher, ist das ein Fluch oder ein Segen für ihre Kinder? Das Geschwisterpaar Helen und Edward ist nun so jung auch nicht mehr, 49 und 52 Jahre zählen die beiden, und während all dieser Zeit war ihre Mutter ständig präsent und hat in ihrer egoistischen und selbstherrlichen Weise über das Leben der beiden bestimmt.


    Nun darf man aber nicht denken, dass sie so einfach aus dem Leben der beiden verschwindet; wie ein Schatten, wie ein schwarzes Loch schwebt ihre Aura nach wie vor über Helen und Edward und beeinflusst deren Gedanken und Taten. Es dauert sehr, sehr lange, bis die beiden endlich realisieren, dass es nun gilt, selbst zu leben, selbst Entscheidungen zu treffen, endlich ein eigenes Leben zu führen.


    Es sind die Kleinigkeiten des Alltags, die Unscheinbarkeiten des englischen Landlebens und die Schlichtheit der Handlung, die dieses Buch so lesenwert machen. Völlig unaufgeregt erzählt Penelope Lively, wie zwei Menschen anfangen, langsam aus einem tiefen Schlaf zu erwachen, zu sich zu finden und dabei zahlreiche Irrwege zu gehen. Die Figuren bekommen nach und nach eine gestochen scharfes Profil, so dass man meint, sie selbst zu kennen. Besonders die altmodische Art der beiden rührte mich immer wieder, ihre hilflosen Versuche der Anpassung an das moderne Leben, das durch die dritte Schwester im Bunde verkörpert wird, die ein hektisches Großstadtleben inmitten von London führt. Und trotzdem hat man das Gefühl, die beiden leben trotz aller Unzulänglichkeiten in einer guten alten Zeit, wie man sie selbst gerne kennengelernt hätte.


    Natürlich gibt es auch jede Menge Komplikationen, insbesondere, was das vernachlässigte Liebesleben der beiden betrifft. Hier stellt sich im Laufe der Handlung heraus, dass die Mutter so einiges Aktivitäten unternommen hatte, um ihre Kinder nicht an irgendwelche Partner zu verlieren, und die Aufarbeitung dieser Erkenntnis ist ein bitterer, aber wichtiger Schritt im Laufe der Rückkehr ins Leben.


    Als sehr gelungen empfand ich insbesondere auch die schönen Naturbeschreibungen und die Berichte aus den Britches, einem wilden Waldstück, das dem Buch seinen Namen gibt und das einen wichtigen Bestandteil im Leben der Glovers darstellt. Ich empfehle dieses Buch gerne weiter an Leser, die Freude auch an weniger handlungsorientierten Geschichten haben und Wert auf eine ausgefeilte Figurenzeichnung legen. Wer dazu noch etwas mit dem englischen Landleben anfangen kann, der ist mit diesem Entwicklungsroman bestens bedient.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Viele liebe Grüße
    Miramis

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Hallo Miramis,


    vielen Dank für Deine wunderbare Rezension. Man merkt, wie gut Dir das Buch gefallen hat. Ich werde es mir auf alle Fälle besorgen, denn Du hast mir richtig Appetit auf Penelope Lively gemacht :smile:.

  • Hallo momoline,


    das freut mich! Ich hab übrigens auch eine Rezi zu "Kleopatras Schwester" geschrieben, klickst du einfach hier. Das hat mir noch einen Tick besser gefallen als "Der wilde Garten". Und dann ist da ja noch "Moon Tiger", für das Penelope Lively den Booker Prize bekommen hat. Ich habs zweimal gelesen, aber noch nie rezensiert. Ein Hammer-Buch!


    Viele liebe Grüße :winken:
    Miramis

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel


  • [[Ich empfehle dieses Buch gerne weiter an Leser, die Freude auch an weniger handlungsorientierten Geschichten haben und Wert auf eine ausgefeilte Figurenzeichnung legen. Wer dazu noch etwas mit dem englischen Landleben anfangen kann, der ist mit diesem Entwicklungsroman bestens bedient.


    Hallo Miramis,


    diese Empfehlung hat mich sehr angesprochen. Ich bin wirklich gespannt auf Frau Lively, denn ich kenne sie gar nicht. In unserer Bücherei gibt es "Das Photo", das ich mir in den nächsten Tagen holen will. Und "Der wilde Garten" habe ich bestellt, sollte dann auch bald kommen. Ich freue mich schon !

  • Ich sag nur 0,01 Cent. :rollen: :klatschen:

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~



  • Ich bin wirklich gespannt auf Frau Lively, denn ich kenne sie gar nicht. In unserer Bücherei gibt es "Das Photo", das ich mir in den nächsten Tagen holen will.


    "Das Photo" subt bei mir auch noch... :breitgrins:


    Das neueste Buch von Penelope Lively heisst "Wechselspiele" und ist eben erst erschienen. Ein heißer Kandidat für meine Wunschliste. :zwinker:


    Viele liebe Grüße :winken:
    Miramis

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • ...kostet es gebraucht bei Amazon und ist daher sofort in meinem Einkaufswagen gelandet.

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Oh, das ist ein echtes Schnäppchen :klatschen:. Ich kriege beide Bücher über unsere Bücherei. Und wenn sie mir gefallen, kaufe ich sie mir. So mache ich das ganz oft.
    Ich habe auch gerade 2 gebrauchte Schätzchen bei Amazon erstanden (Die Wand, M. Haushofer; Im Herzen des Tals, N. Hinton). Die waren zwar nicht ganz so günstig. Aber Festeinband. Da freue ich mich.

  • Oh, Hardcover war das auch - die bekommt man, wenn es wirklich ältere Bücher sind auch schon für 1 Cent. Na ja- es sind dann ja 3,01 Euro, aber trotzdem. :zwinker:

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Wundervolle Rezi Miramis - sofort auf meiner Wunschliste gelandet. *schnauf, jetzt hatte ich mal ein paar weg, nun geht das wieder los* :zwinker:

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Guten Morgen,


    so, gestern habe ich im Liegestuhl unter'm Apfelbaum die letzten Seiten von "Der wilde Garten" gelesen und das Buch mit einem wohligen, zufriedenen Seufzer und einem Lächeln auf den Lippen beendet. Hach, was für ein schönes Buch :smile: !!! Es gehört ganz ohne Zweifel in mein Bücherregal !!!


    In seiner langsamen und unaufgeregten Erzählweise vermittelt es eine wunderbar altmodische und betuliche Atmosphäre, in der ich mich sofort wohlgefühlt habe. Die liebevolle Beschreibung der Natur hat mir ausnehmend gut gefallen und die Hauptpersonen Helen, Edward und Louise, aber auch der Neffe (Himmel jetzt fällt mir der Name nicht ein :sauer:) sind wunderbar gezeichnet. Ich konnte ihre Gedanken und Gefühle sehr gut nachvollziehen und fühlte mich ihnen binnen kurzem sehr nah. Langeweile kam nie auf, oft musste ich schmunzeln oder sogar laut lachen, und obwohl es ja nicht wirklich der spannende Reißer ist, mochte ich es ganz und gar nicht aus der Hand legen. Wie gut, dass Wochenende war :smile:!


    Miramis, nochmals vielen Dank für Deine schöne Rezi, die mich so neugierig auf Penelope Lively gemacht hat. Dies war garantiert nicht das letzte Buch von ihr. So nach und nach werde ich sie mir wohl alle besorgen. "Der wilde Garten" aber wird jetzt erstmal gekauft.

  • Ist bei mir jetzt übrigens auch eingezogen - dauert aber noch etwas bis ich es lesen kann. :klatschen:

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Danke dir - werde berichten :winken:

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Die Rezi hat mich auf den Geschmack gebracht und das Buch hat nicht enttäuscht. Helen und Edward sind absolut liebenswerte Personen. Obwohl oder vielleicht gerade weil sie etwas schräg und anachronistisch erscheinen, rütteln sie den Beschützerinstikt in mir wach. So wenig handlungsorientiert, wie Miramis schreibt, fand ich das Buch gar nicht. Es passiert halt nicht alles mit einem Paukenschlag, sondern ganz allmählich und ohne großes Gebaren


    4ratten

  • Also im Großen und Ganzen hat mir das Buch sehr gut gefallen, die schöne sanfte Erzählweise, die Charaktere, die außergewöhnlich sind, ohne abgedreht oder unrealistisch zu sein und die Landschaftsbeschreibungen und das Hausinterieur.


    Allerdings hat mich der Fehltritt von Edward am Ende doch sehr geschockt, auch wenn es natürlich abzusehen war, dass sowas noch passiert. Schlimm aber, dass es von der Familie so bagatellisiert wurde. Das hat bei mir einen sehr bitteren Nachgeschmack hinterlassen und ich finde es nicht geschickt so etwas in einem Roman einfach so stehen zu lassen.


    Daher gibt es von mir eine Ratte Abzug, es verbleiben:
    3ratten

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


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    ~ IDLES ~