Catherine Parr Traill - Briefe aus den Wäldern Kanadas

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  • Catherine Parr Traill - Briefe aus den Wäldern Kanadas

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    Klappentext:


    Catherine Parr Traill (1802-1899) veröffentlichte in Kanada acht Bücher: Handbücher über das Siedlerleben, botanische Studien, Tiergeschichten und Kinderbücher; gründete in Peterborough eine Schule und gebar neun Kinder, von denen sieben überlebten. In den vorliegenden Briefen (1832-1835, Erstveröffentlichung 1836) beschreibt sie ihrer Mutter und ihren Freundinnen in England die Reise ins Exil per Schiff und Kutsche, die Urbarmachung ihres Landbesitzes, den Bau der Blockhütte und den Alltag einer Siedlerfrau. Mit wachem Blick und Verstand beobachtet die Autorin die wenigen Menschen ihrer Umgebung, die Fauna und Flora, das Klima und die Jahreszeiten in der neuen Heimat. Sie empfindet Sehnsucht nach England und Einsamkeit inmitten der kanadischen Wälder.
    "Und doch muß ich sagen: Trotz seiner Rauheit liebe ich Kanada... Die Gewohnheit macht manches erträglich, was erst abstoßend war. Es war schon immer meine Art, aus dem Kelch des Lebens das Süße herauszuholen und nicht das Bittere; sicher ist das auch der beste und klügste Weg. In einem Land, das von allen Altersgruppen und Rängen der Siedler ständige Anstrengung fordert, wäre es ziemlich dumm, unsere Energie durch Klagen zu lähmen..."


    Meine Meinung:


    In 18 Briefen an ihre Mutter und ihre Freundinnen in England beschreibt Catherine Parr Traill ihr Auswandern nach Kanada im Jahr 1832 und den Alltag der ersten Jahre im neuen Land. Über den Atlantik, den Sankt-Lorentz-Strom, den Ontariosee und den Fluß Otanabee reisen sie und ihr Mann Thomas Traill von England nach Peterborough, um sich in der Nähe dieses Ortes (d. h. unter damaligen Bedingungen einige Tagesreisen davon entfernt) niederzulassen, Land urbar zu machen, das ihnen von der Regierung geschenkt wurde, und sich damit eine Existenz in Kanada aufzubauen.


    Ich habe lange gezögert, dieses Buch zu lesen, weil ich dachte, es sei altmodisch und langweilig geschrieben. Das ist überhaupt nicht der Fall. In den Briefen werden die Reisebedingungen, die Zustände im Kanada der 1830er Jahre und die erste Siedlerzeit sehr lebendig, authentisch und hautnah geschildert. Immer wieder spielen die großen Schwierigkeiten eine Rolle, mit denen die neuen Siedler in den ersten Jahren zu kämpfen haben: es gibt keine Straßen und Wege, keine sonstige Infrastruktur, und nur sehr begrenzte Möglichkeiten, sich im ersten Jahr, bevor man auf dem neu gerodeten Land etwas ernten kann, zu versorgen. Ebenfalls beschrieben werden die gegenseitige Hilfe, die die Siedler sich leisten, das Zusammenleben mit den Indianern, die Schönheiten der Natur, das Klima, das Wetter, und sehr detailliert und ausführlich auch die Pflanzen- und Tierwelt Kanadas.


    Catherine Parr Traill hatte die Absicht, die Briefe als eine Art "Handbuch für die kanadische Siedlerfrau" zu veröffentlichen. Deswegen bleibt sie stets sehr sachlich. So finden sich im Anhang des Buches Rezepte zur Herstellung von Seife, Kerzen, Ahornzucker, Essig und Hefe und zum Konservieren von Gemüse. Nur am Rande erwähnt werden Catherines Heimweh, das man sich höchstens zwischen den Zeilen denken kann, das Leiden unter den Insekten im Sommer und der Kälte im Winter, der Hunger des ersten Jahres. Sehr unpersönlich spricht sie von den Nachbarn als "Familie S." - erst im Nachwort erfährt der Leser, daß es sich um die Familie ihres Bruders handelt... Ihre Choleraerkrankung beschreibt sie rein sachlich, eigentlich nur als ungeplante Reiseunterbrechung, und auch von der Geburt ihres ersten Kindes erfährt man nur dadurch, daß sie das Kind irgendwann beiläufig erwähnt.


    Immer wieder weist Catherine darauf hin, daß Einwanderer aus der höheren englischen Gesellschaftsschicht in Kanada nur etwas erreichen können, wenn sie unermüdlich fleißig sind, auch "niedere Arbeiten" wie Holzhacken nicht scheuen und überall selbst Hand anlegen, wo es nötig ist. Trotzdem, und trotz Catherines nimmermüder Tatkraft und Optimismus, schimmert an mehreren Stellen des Buches doch ein wenig englischer Standesdünkel durch.


    Im Nachwort erfährt man dann noch einiges über die Hintergründe von Catherines Auswanderung, daß auch ein Bruder und eine Schwester Catherines (Susanna Moodie, die ihre Erfahrungen ebenfalls in einem Buch veröffentlichte) fast gleichzeitig nach Kanada ausgewandert sind, daß Catherine und ihr Mann die Farm zwar erfolgreich aufgebaut haben, sie aber 1839 schon wieder verkauften und danach in Peterborough lebten, wo Catherine eine Schule gründete und als Lehrerin arbeitete.


    Fazit: Ein sehr beeindruckendes Buch, das mir Lust dazu gemacht hat, auch das Buch ihrer Schwester Susanna Moodie noch zu lesen, und das dem Leser von heute vor Augen führt, wie sehr wir doch gerade in Europa auf dem und von dem leben, was die Generationen vor uns geschaffen haben.
    Und Catherines Leitspruch, aus dem Kelch des Lebens lieber das Süße als das Bittere herauszuholen, kann man auch heute noch beherzigen.


    5ratten


    Viele Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • Hallo!


    Ich habe lange gezögert, dieses Buch zu lesen, weil ich dachte, es sei altmodisch und langweilig geschrieben.


    Genau das dachte ich zuerst auch als ich den Titel gelesen habe. Deine Rezi dagegen hat mir richtig Lust darauf gemacht das Buch auch zu lesen :winken:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • Deine Rezi dagegen hat mir richtig Lust darauf gemacht das Buch auch zu lesen :winken:


    Schön!
    Aber wie es aussieht, ist das Buch zur Zeit nur antiquarisch zu erwerben.


    Ich habe mal einen Amazon-Link ergänzt, den ich beim erstenmal nicht gefunden hatte, weil der Name der Autorin falsch geschrieben ist. Ich selber habe allerdings nicht diese Ausgabe, sondern die etwas dezenter aussehende Reclam-Ausgabe von 1989 (und genauso lange subte das Buch bei mir).


    Grüße
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

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  • Hallo!


    Schön!
    Aber wie es aussieht, ist das Buch zur Zeit nur antiquarisch zu erwerben.


    Schade :sauer: Andererseits: ich liebe die Suche/Jagd nach Büchern die schwer zu bekommen sind :zwinker:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Mein erster Eindruck von dem Buch ist sehr gut. Catherine ist eine aufmerksame Beobachterin. Aber so ganz scheint sie sich mit der Rolle der weiblichen Einwanderin noch nicht angefreundet zu haben. Ähnliches hat sie schon im Vorwort angedeutet, als sie schrieb dass Kanada für junge Männer ein wunderbares Land sei, weil sie jagen und fischen und ohnehin viel draussen sein könnten. Frauen hätten es da nicht so einfach, weil sie mehr ans Haus gefesselt wären. Auch sie selbst muss erleben, dass sie auf dem Schiff bleiben muss, während die Männer das neue Land erkunden dürfen. Aber bei der Überfahrt hatte es doch Vorteile, eine Frau zu sein. Schließlich konnte sie sich mit ihren Näharbeiten von der Monotonie der Überfahrt ablenken während die armen Männer nur lesen konnten :zwinker:


    Eine Sache ist mir dagegen negativ aufgefallen. Sie beschrieb die Schulen, in denen die Indianerkinder unterrichtet wurden, um ihnen religiöse und gesellschaftliche Moral beizubringen. So aufgeklärt, wie sie mir bis dahin vorkam, hätte ich nicht erwartet, dass sie in dem Punkt eine so einseitige Sicht hat. Aber vielleicht ändert sich das noch.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Auch wenn Catherine sehr heiter schreibt und vieles herunterspielt, kann ich doch zwischen den Zeilen ihre wahren Gefühle herauslesen. Ich kann mir nicht annähernd vorstellen, wie schwer sie und ihr Mann (von dem sie immer nur als "mein Ehemann" schreibt) gehabt haben müssen. Dabei hatten sie offensichtlich genug Mittel, um sich das Auswandern noch relativ leicht zu machen. Wie schwer es die Menschen hatten, die ihr letztes Geld für die Reise nach Kanada ausgegeben hatten, beschreibt sie nur zu deutlich. Sie mussten oft jahrelang in kleinen Hütten hausen, bis sie die notwendigen Mittel hatten, um endlich das Land zu roden und ihr Haus zu bauen. Da hatten es Catherine und ihr Ehemann deutlich einfacher.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Die Briefe aus den Wäldern Kanadas haben mich sehr gut unterhalten. Catherine entgeht auch nicht die kleinste Sache und alles wird sehr liebevoll beschrieben. Gut, auf die vielen Pflanzenbeschreibungen hätte ich verzichten können, aber gerade die Geschichte der räuberrischen Eichhörnchen war zu süß :herz:


    Auch wenn sie große Sehnsucht nach den Freunden in der alten Heimat hat, ist sie doch in der neuen Heimat angekommen. Den Wunsch, in die Zukunft zu blicken und zu sehen, wie ihr Heimatdorf in hundert oder mehr Jahren aussieht, kann ich gut verstehen. Wenn sich in so kurzer Zeit so viel tut, wie wird es jetzt wohl aussehen?
    5ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.