Halldór Laxness - Das Fischkonzert

Es gibt 67 Antworten in diesem Thema, welches 16.971 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von kaluma.

  • Ich bin ein klein wenig weiter, habe gerade das 18. Kap. gelesen.


    Ist das nicht sonderbar, dass die alte Frau, die im 13. Kap. nach Brekkukot kommt, unbedingt bei Fremden sterben, aber in der Heimat beerdigt werden will, auch wenn das nur schwer zu bewerkstelligen ist? Und wieso will sie eigentlich nicht bei ihren Kindern sterben?


    Dass Gardar Holm tatsächlich mal auftauchen würde, hatte ich nicht gedacht. Typisch dann aber, dass es zu dem angekündigten Konzert auf heimatlichem Boden doch nicht kommt. Mir stellt sich die Frage, wie erfolgreich Gardar wirklich ist. Zwar wirkt er recht wohlhabend, schmeißt mit Goldstücken nahezu um sich, aber...


    Mir kam der Gedanke, dass das Goldstück, dass er Alfgrimur schenkt (Kap. 17), vielleicht ursprünglich aus einem der Beutel des Aufsehers stammte, der im 16. Kap. heimlich mit Gardas spricht. Das Gespräch hat es tatsächlich in sich und auch ich bin mir nicht sicher, ob ich alle Implikationen (richtig) erfasst habe. Immerhin bin ich mir ziemlich sicher, dass die große Berufung, die der Aufseher verspürte, der Führung einer besonders sauberen öffentlichen Bedürfnisanstalt* galt. Nicht gerade das, was ich mir vorgestellt hatte.
    Aber ich frage mich, ob er nicht noch einen "Nebenberuf" als Geldverleiher hat. Immerhin sagt er zu Gardar, dass er auch anderen Menschen "den Steigbügel halten" wolle, also ihnen (wie Gardar auch) Geld (Gold) aus seinem Beutel gibt. Dass er das Geld verschenkt, kann ich mir nicht vorstellen, dann müsste der Beutel schon lange leer sein.


    *Der Aufseher kümmert sich um die Beseitigung menschlicher Exkremente, sein Mitbewohner Ronulfur, der Jauchengrubenmann, um die der Tiere. Ist das ein Zufall, dass hier zwei "Saubermänner" auftauchen?


    Das 15. Kap. brachte mich zum Grinsen mit der Darstellung des nach höherem strebenden, französische Phrasen in seine Konversation einstreuende und sich gleichzeitig nach dem "einfachen Leben" sehnenden Ladenbesitzer Gudmundsen. Er ist so weit von den Lebensbedingungen seiner armen Landsleuten entfernt, dass er deren Leben in miserabelen Umständen romantisieren kann. Ach, Stockfisch und eine Torfhütte sind doch das schönste, dass das Leben bieten kann - wenn man eine Alternative zu ihnen hat!
    Allerdings ist der Großvater hier mit ihm einer Meinung. Er würde wohl nie freiwillig in ein anderes Haus einziehen. Er strebt nicht nach einem "besseren" Leben und schlägt das Angebot Gudmundsens, seine Hütte für viel Geld zu kaufen, kategorisch aus, bzw. "hört" es nicht einmal.
    Kritisiert Laxness hier zwei gleichermaßen extreme Haltungen - einmal die Romantisierung des einfachen Lebens durch die Reichen und zum zweiten die Unwilligkeit, seine Lebensbedingungen zu verbessern?



    Kapitel 14 bringt da Licht ins Dunkel - Björn und die "Großmutter" sind nicht verheiratet und sie war anderweitig verheiratet und ist nach dem Tod ihrer Familie letztendlich auch nur auf Brekkukot "gestrandet".
    Interessant ist dabei wieso sie den Jungen unbedingt Grimur nennen wollte. Dadurch wirkt ihr Verhalten gegenüber dem Jungen nicht mehr so "gefühlskalt" und immerhin kommt hier zum Ausdruck, daß sie sich schon Gedanken um Alfgrimur macht - auch hinsichtlich seiner Zukunft.


    Das habe ich in meinem Buch auch nicht gelesen. Kann es sein, dass Laxness seinen Roman später noch einmal überarbeitet hat und unsere Übersetzungen auf verschiedenen Vorlagen beruhen?

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Nur die Namensbedeutung von "Alfgrimur" wurde erklärt (durch Gardar Holm): "der, der eine Nacht bei den Elfen verbringt". Sehr poetisch. Ist es nicht so, daß nach so einer Nacht in der realen Welt hundert Jahre vergangen sind? Und was mögen dann wohl die Einzelnamen bedeuten...


    Ach ja, ich hatte mir doch extra ein isländisches Wörterbuch ausgeliehen!
    Álfur ist die Elfe, oder richtiger der Elf; das Substantiv ist auf Isländisch ein Maskulinum. Es hat aber auch die Nebenbedeutung "Dummkopf".


    Gríma bedeutet "Nacht" oder "Maske".

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Ist das nicht sonderbar, dass die alte Frau, die im 13. Kap. nach Brekkukot kommt, unbedingt bei Fremden sterben, aber in der Heimat beerdigt werden will, auch wenn das nur schwer zu bewerkstelligen ist? Und wieso will sie eigentlich nicht bei ihren Kindern sterben?


    Daß sie in ihrer Heimat beerdigt werden will, kann ich absolut verstehen (ich lebe selber in der Fremde und möchte keinesfalls jemals hier beerdigt werden). Wieso sie aber dann nicht gleich zuhause bleibt zum Sterben, war mir auch nicht klar. Ich habe das erstmal so hingenommen in der Hoffnung, daß wir vielleicht später noch mehr über sie und ihre Beweggründe erfahren... Vielleicht will sie ihren Kindern nicht zur Last fallen? (Aber Fremden dann schon? :confused:) Oder sie schämt sich? :gruebel:



    Aber ich frage mich, ob er nicht noch einen "Nebenberuf" als Geldverleiher hat. Immerhin sagt er zu Gardar, dass er auch anderen Menschen "den Steigbügel halten" wolle, also ihnen (wie Gardar auch) Geld (Gold) aus seinem Beutel gibt. Dass er das Geld verschenkt, kann ich mir nicht vorstellen, dann müsste der Beutel schon lange leer sein.


    Also, ich hatte den Eindruck, das war nicht geliehen, sondern eine Spende. Vielleicht gibt er nicht jedem? Oder es wissen nicht viele?



    *Der Aufseher kümmert sich um die Beseitigung menschlicher Exkremente, sein Mitbewohner Ronulfur, der Jauchengrubenmann, um die der Tiere. Ist das ein Zufall, dass hier zwei "Saubermänner" auftauchen?


    Gute Frage, das war mir noch gar nicht so klar.



    Kritisiert Laxness hier zwei gleichermaßen extreme Haltungen - einmal die Romantisierung des einfachen Lebens durch die Reichen und zum zweiten die Unwilligkeit, seine Lebensbedingungen zu verbessern?


    Hm, geht es wirklich um eine Verbesserung der Lebensbedingungen? Das schien mir gar nicht so. Im Gegenteil, Gudmundsen wollte Björns Hof aufkaufen und es scherte ihn einen Dreck, was er damit zerstört und ob er Björn damit vielleicht unglücklich macht... Ich mag Leute nicht, die glauben, sie müßten nur mit genug Geld winken und schon könnten sie alles haben.
    Interessant, daß dieses Kapitel bei dir so anders angekommen ist.



    Das habe ich in meinem Buch auch nicht gelesen. Kann es sein, dass Laxness seinen Roman später noch einmal überarbeitet hat und unsere Übersetzungen auf verschiedenen Vorlagen beruhen?


    Ich habe mal vorgeblättert und die Erwähnung der Diphtherie und die Angaben über die Großmutter im 19. Kapitel gefunden. Ich glaube nach wie vor an eine veränderte Kapiteleinteilung.


    Was mir noch aufgefallen ist: Gardar Holm vergißt immer wieder Alfgrimurs Namen und fragt ihn mehrfach, wie er heißt.
    Ist er vielleicht mental gar nicht in Island anwesend?


    Gute Nacht,
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.


  • Hm, geht es wirklich um eine Verbesserung der Lebensbedingungen?


    Nein, Gudmundsen geht es natürlich nicht um die Verbesserung der Lebensbedingungen der Brekkukoter. Der will nur eine pseudoidyllische Hütte haben und kann sich nicht vorstellen, dass er etwas mit genug Geld nicht kaufen kann. Eine wirklich unsympathische Haltung.
    Aber die Haltung des Großvaters finde ich auch nicht ganz okay. Zwar gefällt es mir, dass er sich nicht kaufen lässt, aber er steht ja grundsätzlich jeder Veränderung seines Lebens ablehnend gegenüber, denkt noch nicht einmal darüber nach, dass eine Verbesserung möglich sein könnte.



    Also, ich hatte den Eindruck, das war nicht geliehen, sondern eine Spende. Vielleicht gibt er nicht jedem? Oder es wissen nicht viele?


    Das ist natürlich auch möglich. Aber abgesehen davon, dass das Geld doch mal zu Ende gehen müsste, frage ich mich, wieso ausgerechnet Gardar Holm "bedürftig" sein sollte. Der müsste doch viel mehr Geld haben als die meisten Isländer.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich kam die letzten Abende nicht zum Lesen, weil ich mich mit einer Magen-Darm-Geschichte herumschlage. Selbst mein Mann mancht sich endlich :breitgrins: mal Sorgen (O-Ton: "Das muss arg sein, wenn Du nicht mal lesen willst").


    Heute Abend aber besteht Hoffnung, dass ich wieder aufschliessen kann.

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  • Ohje Bettina... und ich dachte schon, dein kleiner Sohn hält dich so sehr auf Trab, daß du keine Zeit für uns hast.


    Dann wünsche ich weiter gute Besserung! :winken:


    Grüße, Katja

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    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.


  • Aber die Haltung des Großvaters finde ich auch nicht ganz okay. Zwar gefällt es mir, dass er sich nicht kaufen lässt, aber er steht ja grundsätzlich jeder Veränderung seines Lebens ablehnend gegenüber, denkt noch nicht einmal darüber nach, dass eine Verbesserung möglich sein könnte.


    Da hast du schon recht, der Großvater ist stur. Aber in dem Fall habe ich das gar nicht so stark empfunden. Vielleicht lehnt er den Verkauf seines Hofes so vehement ab, weil er weiß, daß der Verkauf nichts an seinem Leben verbessern würde, weil der Hof eben die Grundlage seines Lebens ist: zwar ärmlich, aber wenigstens sicher. Und eine Heimat für ihn.
    (Kommt dieses Thema (Verkauf des Landes) nicht auch in anderen Laxness-Büchern vor?)
    Mich hat eher gewundert, wieso er sich taub stellt und nicht einfach sagt: ich verkaufe nicht und basta.

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  • Ich komme mit dem Lesen wieder etwas weiter :klatschen:


    Aktuell habe ich Kapitel 14 beendet.
    Mir fällt inzwischen auch auf, was schon einmal angeklungen ist: Die ganzen Geschichten werden aus der Sicht bzw. den Erinnerungen eines kleinen Buben erzählt und ich weiß tatsächlich nicht immer auf Anhieb, wo er sich einigermaßen korrekt erinnert und wo die Erinnerung ein kindliches Bild ist.


    ...


    Ist das nicht sonderbar, dass die alte Frau, die im 13. Kap. nach Brekkukot kommt, unbedingt bei Fremden sterben, aber in der Heimat beerdigt werden will, auch wenn das nur schwer zu bewerkstelligen ist? Und wieso will sie eigentlich nicht bei ihren Kindern sterben?


    ... Kann es sein, dass Laxness seinen Roman später noch einmal überarbeitet hat und unsere Übersetzungen auf verschiedenen Vorlagen beruhen?


    Die alte Frau (kommt in meinem Buch aus "Landbrot") fand ich auch merkwürdig. Bin aber nicht auf die Schliche gekommen, was das soll. Es gibt ja Hospize, die beim Sterben begleiten, das würde aber bedeuten, dass Brekkukot einen Ruf bis ans andere Ende von Island als Herberge genießt. Das kann ich mir aber nicht so recht vorstellen, da die Unterkunft auch für isländische Verhältnisse sicher nicht außergewöhnlich ist.


    Gibt es in den Steidl-Ausgaben ein Nachwort? Vielleicht findet sich da ein Hinweis auf eine Mitarbeit von Laxness. Ich erinnere mich an ein Nachwort, in dem erwähnt wurder, Laxness selbst habe die neuen Übersetzungen ins Deutsche begleitet. Da muss ich morgen mal schauen, in welchem Buch das war.


    kaluma:
    Die Liedertitel fand ich auch besonders auffällig :zwinker:


    Dafür finde ich das Getue rund um Gardar Holm immer merkwürdiger. Einerseits ist er offensichtlich ein Star im Ausland, aber stolz auf sein Tun scheinen die Verwandten auch nicht wirklich zu sein. Die haben zwar ein Bild an der Wand, aber geben Null-und-gar-nicht Auskunft über den Verwandten bzw. Bekannten. Sie haben ein "fast unlösbares soziales Problem" damit (findet Alfgrimur), dass Gardar sich so arg von ihnen unterscheidet. Da frage ich mich, warum Gardar nicht auf dem Hof seiner Mutter übernachtet. Will SIE nicht, dass er übernachtet oder will ER nicht auf dem Hof sein?


    Lesen wir weiter...

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  • Das Buch gefällt mir nach wie vor sehr gut, auf manches, vor allem Gespräche, muß ich mich allerdings sehr konzentrieren (z.B. das zwischen Gardar Holm und dem "Aufseher" in Kapitel 16. Da hatte ich den Eindruck, nicht recht zu verstehen, worum es eigentlich geht - was natürlich wiederum die gut getroffene Wahrnehmung des uninformierten Jungen ist.


    Ich bin aus dem Gespräch auch nicht schlau geworden. Ich frage mich aber auch, ob tatsächlich Gardar mit dem Aufseher gesprochen hat, oder ob da jemand anderes zu Gast war.

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  • Ich habe mal vorgeblättert und die Erwähnung der Diphtherie und die Angaben über die Großmutter im 19. Kapitel gefunden. Ich glaube nach wie vor an eine veränderte Kapiteleinteilung.


    Besser nicht daran glauben... jääkaappirunous hat einfach einen Knick in der Optik ober besser gesagt... kann nicht richtig zählen (römische Zahlen halt) :redface:
    Ich schiebe das jetzt mal auf die Erkältung mit Fieber... :breitgrins:

  • Mich hat eher gewundert, wieso er sich taub stellt und nicht einfach sagt: ich verkaufe nicht und basta.


    Das ist für mich der äußerste Beweis seiner Unwilligkeit zu jeder Veränderung. Ein Verkauf ist so undenkbar für ihn, dass er ein Angebot nicht einmal hört. Das exisitert für ihn einfach nicht. Und was nicht existiert, kann man nun mal nicht wahrnehmen.


    Dafür finde ich das Getue rund um Gardar Holm immer merkwürdiger. Einerseits ist er offensichtlich ein Star im Ausland, aber stolz auf sein Tun scheinen die Verwandten auch nicht wirklich zu sein. Die haben zwar ein Bild an der Wand, aber geben Null-und-gar-nicht Auskunft über den Verwandten bzw. Bekannten. Sie haben ein "fast unlösbares soziales Problem" damit (findet Alfgrimur), dass Gardar sich so arg von ihnen unterscheidet. Da frage ich mich, warum Gardar nicht auf dem Hof seiner Mutter übernachtet. Will SIE nicht, dass er übernachtet oder will ER nicht auf dem Hof sein?


    Ich glaube, niemand will das - am ehesten vielleicht noch Gardar selbst. Er scheint sich mir bei seinem Besuch in Brekkukot seiner Kindheitserinnerungen vergewissern zu wollen. ("Ach, das [size=1][was war es noch gleich?][/size] existiert ja wirklich.") Aber gerade dies zeigt auch den gewaltigen Abstand der zwischen seinem früheren und jetzigen Leben entstanden ist. Seine Kindheit scheint ihm selbst nicht mehr ganz real, mehr wie ein Traum.
    Für seine Mutter, die nie über ihn redet, zählt er wohl nicht mehr zur Familie, gerade weil er in so ganz anderen Verhältnissen lebt.
    Und die "High Society", die Gardar seine Karriere finanziell ermöglicht hat, sieht ihn natürlich als einen der ihren und versucht, ihn zu vereinnahmen. Dass ein so großer Mann in einer Kate - mag es auch noch so sehr sein Elternhaus sein - übernachtet, ist für sie ebenfalls undenkbar.
    Dabei fällt mir auf: Für die "Oberen Zehntausend" Islands ist Gardar der Prachtisländer schlechthin, der ihr Land in der restlichen Welt bekannt macht und der Welt zeigt, dass auch Island ein ernstzunehmendes Land ist.
    Für die einfachen Leute hingegen ist er zu einem "Dänen", einem Fremden, geworden. Eigentlich ziemlich tragisch.


    @Jääkaappi:
    Dann ist das Rätsel ja gelöst. :zwinker:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Saltanah, ich glaube, Du hast mit der Einschätzung Recht: Gardar gehört nicht mehr dahin, wo er herkommt. Am tragischsten finde ich, dass nicht einmal die Familie den Sohn als solchen behalten mag und er selbst da auch nicht weiter Sohn bleibt. Man muss also so bleiben wie immer, damit man anerkannt und geschätzt wird. Aber mit der Haltung entwurzelt man die Leute erst Recht statt sie (im übertragenen Sinne) auf dem Boden zu halten.

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  • @jääkaappirunous:
    Das ist doch nicht schlimm, kann ja mal vorkommen... auch dir gute Besserung!! :winken:


    Das ist für mich der äußerste Beweis seiner Unwilligkeit zu jeder Veränderung. Ein Verkauf ist so undenkbar für ihn, dass er ein Angebot nicht einmal hört. Das exisitert für ihn einfach nicht. Und was nicht existiert, kann man nun mal nicht wahrnehmen.


    Nein, ganz so sehe ich das nicht.
    Er hat es ja durchaus gehört und wahrgenommen und tut nur so, als hätte er das nicht gehört. Und das macht man ja dann, wenn jemand etwas sagt, was absolut daneben, beschämend, peinlich ist... Deshalb steckt für mich darin vor allem eine versteckte, aber deutliche Kritik Björns am Verhalten Gudmundsens: Björn will ihm damit sagen, daß er ihm damit ein "unmoralisches Angebot" gemacht hat...
    Natürlich ist das auch ein Beweis der absoluten Unwilligkeit Björns zu Veränderungen. Darin stimme ich mit dir überein.


    Bezüglich Gardar Holm stimme ich euch auch zu. Das ist wirklich tragisch. Seine eigene Mutter spricht ihn auf Dänisch an... :entsetzt:
    Die ganze Zeit beim Lesen hatte ich das Gefühl, Gardar Holm ist nicht wirklich anwesend in Island, möchte aber gern dazugehören, sucht nach seinen Kindheitserinnerungen (als er mit den Kindern Kuchen essen geht, sagt er z.B.: "Wir gehören alle zusammen." Aber seine Familie und die Leute aus dem Ort geben ihm gar keine Chance.
    Vielleicht ist er auch deswegen vor dem geplanten Konzert so sang- und klanglos verschwunden.


    Beim Weiterlesen fallen mir immer wieder, neben ironischen Spitzen, gewisse Seltsamkeiten auf:


    - Eines der Goldstücke, die Gardar Holm vom Aufseher bekommen hat (und mit denen er ziemlich sorglos umgeht) kehrt zum Aufseher zurück.


    - Kap. 18: Als die Frau stirbt, die speziell dafür nach Brekkukot gekommen war. Sie versucht noch, ihren Kindern einen Brief zu schreiben, aber daraus wird nichts, weil sie es nicht schafft, ihn perfekt genug gemäß ihren eigenen Ansprüchen zu formulieren... auch hier sind die Worte/die Sprache ein Thema (siehe unten). Ihr Tod wird sehr beiläufig erwähnt, neben einen Satz in dem es ums Wetter geht... Dann wird gleich wieder umso genauer auf die technischen Aspekte ihrer Heimreise eingegangen.


    - Immer wieder ist die Rede von einer Katze und ihren neun Leben.


    - In den Kap. 19/20/21 zeichnet sich Alfgrimurs Zukunft ab: er soll die Erwartungen seiner Großeltern erfüllen, die ihn gegen seinen Willen zur Schule schicken, aber ob ihm dadurch nicht ein ähnliches Schicksal blüht wie das Gardar Holms? :sauer:


    - Im Kap. 22 ist mir wieder das Thema Sprache/Sprachlosigkeit aufgefallen: "In Brekkukot waren die Worte zu wertvoll, um sie zu benutzen; unsere Sprache war wie wertbeständiges Geld..." und wenig später: "Wenn man der Überzeugung ist, daß Worte gesagt werden, um Gedanken zu verbergen; daß Worte etwas ganz anderes bedeuten, bisweilen sogar das genaue Gegenteil von dem, was sie vorgeben..."
    Dann dürfen wir jetzt überlegen, wie die Worte Björns von Brekkukot zu deuten sind, und auch die Worte der anderen Beteiligten... :breitgrins:

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • So richtig werde ich mit dem Buch nicht warm. Es liest sich zwar gut und ist skurril und auf sympathische Art merkwürdig, aber ich stecke in der Hälfte (Kapitel 22) und mir fehlt der Durchblick. Wo hängen all diese Dinge zusammen? Zwar geben alle möglichen Teile potenziell Hinweise, Ideen oder könnten eine bestimmte Bedeutung haben, aber ich finde das "grosse Ganze" nicht.


    Aktuell denke ich, könnte Alfgrimur einen Scheideweg erleben. Entweder er bleibt er selbst - wie auch immer das aussieht - oder er wird wie Gardar und verliert den Boden unter den Füssen. Dafür allerdings, für diese allererste Idee, wohin das Buch uns führen könnte, brauchte das Buch die Hälfte aller Kapitel. :grmpf:

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  • :heul: :heul: :heul: Heute musste ich schockiert feststellen, dass ich ein echtes Mängelexemplar erwischt habe. 30 Seiten lang fehlt in meinem Exemplar jede zweite Doppelseite. Das ist leider zuviel fehlender Text als dass das Weiterlesen noch sinnvoll wäre. Ich werde gucken, ob es das Buch in der Bib in einer lesbaren Übersetzung gibt, habe aber frühestens am Montag Zeit, es mir gegebenenfalls auszuleihen.


    EDIT: Natürlich hat die Bib es. Ich kann zwischen der schwedischen und der englischen Übersetzung wählen. Montag abend werde ich also weiterlesen können.

    Wir sind irre, also lesen wir!

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()


  • So richtig werde ich mit dem Buch nicht warm. Es liest sich zwar gut und ist skurril und auf sympathische Art merkwürdig, aber ich stecke in der Hälfte (Kapitel 22) und mir fehlt der Durchblick. Wo hängen all diese Dinge zusammen? Zwar geben alle möglichen Teile potenziell Hinweise, Ideen oder könnten eine bestimmte Bedeutung haben, aber ich finde das "grosse Ganze" nicht.


    So ähnlich geht es mir auch. Ich kann die Dinge nicht ordnen... aber vielleicht erwarte ich auch zuviel?
    So lese ich eben erstmal einfach weiter und schaue, wohin das Buch mich führt und ob sich das große Ganze erst am Ende ergibt.


    In Kapitel 26 wartet eine Überraschung auf uns. Damit hätte ich ja nun nicht gerechnet!
    Wieso verbirgt Gardar Holm sich dort in der Scheune - etwa schon länger, wie seine "harten und aufgeschürften Hände" aus Kap. 23 vermuten lassen? Und gehört ihm das Foto mit der Frau und den Kindern?
    Das wird aber gar nicht weiter verfolgt - Alfgrimur nimmt das auch so hin und stellt gar keine Fragen (nunja man benutzt eben keine Worte), statt dessen tauchen wieder neue Leute in Brekkukot auf: Ebeneser Draummann (was für ein Name! :breitgrins:) mit seiner Frau, die auch sehr seltsam ist... Brekkukot scheint eine magnetische Anziehungskraft auf allerlei Sonderlinge und Außenseiter auszuüben.


    Ich bin jetzt bei Kap. 29 und werde heute dann wohl erfahren, wodurch sich "eine gute Ehe" auszeichnet ("eine gute Beerdigung" hatten wir ja schon weiter vorne. :breitgrins:)


    Saltanah
    was für ein Pech, mit deinem Buch! Schön, daß du wenigstens weiterlesen kannst.
    Kannst du das Buch denn umtauschen?

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • In Kapitel 26 wartet eine Überraschung auf uns. Damit hätte ich ja nun nicht gerechnet! ...
    Das wird aber gar nicht weiter verfolgt - Alfgrimur nimmt das auch so hin und stellt gar keine Fragen (nunja man benutzt eben keine Worte), ...


    Ja, dieses Kapitel hat mich auch überrascht. Ich bin allerdings misstrauisch geworden, als Kristin eine "Maus" bewirten lassen wollte und hatte schon in die richtige Richtung getippt. Das Foto allerdings ist mir auch ein Rätsel und die Tochter vom Gudmundsen ist wohl unheilbar verknallt in den berühmten Sänger. Die ist nicht nur traurig um das Geld, das der Vater in den Künstler investiert hat.


    Da stelle ich übrigens eine weitere Überraschung fest: Berühmt soll Gardar sein, aber er kann weder seine Hotelzimmer zahlen noch scheint man im Ausland dem Star die Übernachtung zu zahlen, wenn man ihn zu sich einlädt. Diese Schlussfolgerung jedenfalls ziehe ich aus der Schimpftirade der Tochter.


    Ganz so fern von Daheim scheint Gardar nicht zu sein und auch Kristins Schweigen erklärt sich, wenn sie Gardar heimlich beherbergt. Aber warum kann man die gute Mutter-Sohn-Beziehung nicht öffentlich haben?


    Brekkukot scheint eine magnetische Anziehungskraft auf allerlei Sonderlinge und Außenseiter auszuüben.


    Das hast Du treffend herausgefunden.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Ja, dieses Kapitel hat mich auch überrascht. Ich bin allerdings misstrauisch geworden, als Kristin eine "Maus" bewirten lassen wollte und hatte schon in die richtige Richtung getippt. Das Foto allerdings ist mir auch ein Rätsel und die Tochter vom Gudmundsen ist wohl unheilbar verknallt in den berühmten Sänger. Die ist nicht nur traurig um das Geld, das der Vater in den Künstler investiert hat.


    Da stelle ich übrigens eine weitere Überraschung fest: Berühmt soll Gardar sein, aber er kann weder seine Hotelzimmer zahlen noch scheint man im Ausland dem Star die Übernachtung zu zahlen, wenn man ihn zu sich einlädt. Diese Schlussfolgerung jedenfalls ziehe ich aus der Schimpftirade der Tochter.


    Ganz so fern von Daheim scheint Gardar nicht zu sein und auch Kristins Schweigen erklärt sich, wenn sie Gardar heimlich beherbergt. Aber warum kann man die gute Mutter-Sohn-Beziehung nicht öffentlich haben?


    Mir kam dann die ganze Zeit in den Sinn, daß er vielleicht garnicht wirklich singen kann und die Vermarktung im Ausland evtl. nur eine Inszenierung sein könnte - zumal immer wieder erwähnt wird, daß sie Gardar nie singen gehört haben und die angedachten Konzerte immer ganz plötzlich ausgefallen sind. :gruebel:


    An der Stelle empfinde ich auch die Mutter-Sohn-Beziehung nicht unbedingt als "gut". Mir erscheint die ganze Situation einfach peinlich denn

    und dann wiederum schickt Kristin Alfgrimur, um der "Maus" Speis und Trank zu bringen. Hält sie den Jungen denn für so naiv, daß der nicht merkt, was los ist?! Oder braucht sie einen verbündeten in dieser verzwickten Situation?


    Wobei all dies für mich als Leser sehr misteriös/absonderlich wirkt - auf den Jungen macht all dies keinen großartigen Eindruck. Vielleicht liegt es an der Gewöhnung an die vielen Sonderlinge und merkwürdigen Gestalten, die auf Brekkukot aus- und eingehen.

  • Mir kam dann die ganze Zeit in den Sinn, daß er vielleicht garnicht wirklich singen kann und die Vermarktung im Ausland evtl. nur eine Inszenierung sein könnte - zumal immer wieder erwähnt wird, daß sie Gardar nie singen gehört haben und die angedachten Konzerte immer ganz plötzlich ausgefallen sind. :gruebel:


    ...


    Wobei all dies für mich als Leser sehr misteriös/absonderlich wirkt - auf den Jungen macht all dies keinen großartigen Eindruck. Vielleicht liegt es an der Gewöhnung an die vielen Sonderlinge und merkwürdigen Gestalten, die auf Brekkukot aus- und eingehen.


    Die Idee kam mir auch schon mal und blinkte auf, aber ich habe sie gleich wieder verworfen. Vielleicht sollte ich nochmals drüber nachdenken? Hatte man irgendwann irrsinnige Hoffnungen in Gardar gesteckt, die sich nicht erfüllen lassen? Aber gab es nicht auch ausländische Zeitungen, die von Gardars Künsten berichteten? Was für Künste könnten das ggf. noch sein?


    Dass Alfgrimur da immer so stoisch ist kann zweierlei sein. Zum einen die emotionslose Erzählweise, die wir bei den isländischen Sagas auch treffen. Oder Alfgrimur ist tatsächlich so ein Stoffel und Sonderling. Oder beides kommt zusammen. Die Art, sich für gar nix zu interessieren, ist dennoch sehr irritierend.

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