Hallo Ihr Lieben,
nachdem in dem Thread der Buchflops des Jahres 2009 das Theaterstück "Warten auf Godot" erwähnt wurde und ich da gleich an mein Referat über das Theater des Absurden erinnert wurde, schreibe ich hier ein paar lustige Anekdoten aus dem Referat von damals hier in einen eigenen Thread.
Samuel Beckett: "Warten auf Godot"
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Aus der amazon-Reaktion:
Ein Autor (Samuel Beckett). Ein Drama (Warten auf Godot). Zwei Akte.
Zweimal zwei Personen: Wladimir (Didi) und Estragon (Gogo), Pozzo und Lucky (Herr und Sklave) sowie ein Junge.
Landstraße. Ein Baum. Abend.
Man wartet. Auf Godot. Ganze zwei Akte lang. Doch Godot kommt nicht.
Es passiert nichts. Nichts von Belang. Man wartet und langweilt sich. Man tauscht Banalitäten aus, Weisheiten... Man nervt sich. Man könnte sich umbringen, dann würde endlich mal was passieren! Man verzichtet darauf. Godot kommt nicht. Man wartet. Vielleicht morgen...
Absurd!
So eine karge Bühne, so eine karge Handlung und so eine karge Sprache! Was der irische Dramatiker Anfang der 50er Jahre auf die Bühne brachte, war eine schallende Ohrfeige für ein Publikum, das gewohnt war, im Theater vor allem eins zu Gesicht zu bekommen: Stücke mit Sinn.
Das hier hatte keinen, und so rauschte man, ohne den zweiten Akt abzuwarten, in der Pause empört aus dem Theater.
Aber die Gemüter beruhigten sich im Laufe der Zeit. Becketts Drama ist längst ein moderner Klassiker, und sein Autor einer der wichtigsten Autoren des absurden Theaters sowie des 20. Jahrhunderts überhaupt.
Es gibt unzählige Deutungsversuche. Eine Warnung vor der Atombombe. Die Darstellung zweier Fellachen, die auf die Bodenreform warten. Die Frage nach Gott. Die Interpretationen sagen stets mehr über den Interpretierenden selbst aus, als über das Drama. Die Antwort des Autors ist karg wie sein Stück: "Wenn ich es wüßte, würde ich es sagen."
Fast fünfzig Jahre nach seiner Entstehung können wir die Empörung, die das Drama einst auslöste, kaum nachvollziehen. Heutzutage ist doch nichts mehr absurd. Oder?
Als eine englische Theatergruppe das Stück 1998 mit einer Besetzung, die nur aus Frauen bestand, inszenieren wollte, wurde es ihr mit der Begründung, das entstelle zu sehr den Sinn, untersagt. Vielleicht morgen...
Und hier ein bisschen "Senf" von mir:
Ich habe das Stück selber nicht gelesen, mich nur im Rahmen des Referats damals mit dem "Theater des Absurden" im allgemeinen beschäftigt, dessen einer Hauptvertreter Samuel Beckett ist.
Als Einleitung zu dem Referat hatte ich damals die Geschichte gefunden, dass am 19.11.1957 in einem Zuchthaus in San Quentin die Aufführung eines Theaterstückes geplant war. Das Stück wurde damals ausgesucht, da es keine Frauenrolle enthielt, schwer verständlich war und handlungsarm. Bei der Aufführung des Stückes in Westeuropa wäre es damals fast zu Tumulten unter den intellektuellen Snobs gekommen und deswegen machten sich die Schauspieler und Regisseure entsprechend Sorgen. Deswegen beschloss der Regisseur die Insassen des Zuchthauses auf das Stück vorzubereiten. Er trat auf die Bühne und verglich das Stück mit Jazz-Musik: "Die jeder sich anhören muss, bei der jeder sich denken kann, was er will!".
Und was geschah: Der Vorhang hob sich, das Stück begann und was das intellektuelle Publikum in Europa verwirrt hatte, verstanden die Sträflinge sofort.
Das Stück, das da aufgeführt wurde, war "Warten auf Godot"!
Als Erklärung, wieso die Sträflinge sich so angesprochen fühlten, heißt es, dass das Stück sie berührte, weil ihre eigenen inneren Erfahrungen der Zeit, des Wartens, Hoffens und Verzweifelns wiedererkannten. Außerdem erkannten sie ihre eigenen zwischenmenschlichen Beziehungen aus dem sado-maso Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeiten zwischen Pozzo und Lucky und der streitsüchtigen Hassliebe zwischen Estragon und Wladimir wieder.
Vielleicht noch so als kleine Zusatz-Info zu den Tiefen des Theater des Absurden. Ich habe damals - spontan - das Stück "Breath" von Samuel Beckett vorspielen lassen. Dieses Stück dauert genau 35s (!) ist damit wohl das kürzeste Theaterstück überhaupt und soll die Geburt und das Leben als tiefen Seufzer über einem Haufen Dreck darstellen! Es beschränkt die Äußerungen eines Menschen auf ein Minimum! Ich habe sogar noch die zeitlich Abfolge da, falls es jemanden interessiert!
Ich fand die Auseinandersetzung mit dem Theater des Absurden total spannend und interessant, muss aber sagen, dass ich denke, dass man die ganzen Stücke, die in diesen Kontext fallen ohne Interpretation und Beschäftigung mit den Autoren wohl eher als "absurd" empfindet!
Liebe Grüße
Tammy