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Ich habe das Buch in der schwedischen Übersetzung unter dem Titel "Tålamodets sten" gelesen. (Hier das viel schönere schwedische Cover.)
Ein nahezu leeres Zimmer in einer afghanischen Stadt. Darin liegt bewegungslos ein Mann mit einem Tropf im Arm. Nur seine Atemzüge hört man.
Eine Frau kommt herein, kontrolliert den Tropf, feuchtet seine Augen an und betet im Rhythmus mit seinen Atemzügen den Rosenkranz. Sie beginnt zu sprechen und wir erfahren, dass der Mann eine Kugel in den Nacken bekommen hat und seitdem gelähmt ist. Ob er etwas von seiner Umwelt wahrnimmt, ist unklar.
Seine Nicht-Reaktion nimmt die Frau zum Anlass, sich immer weiter zu öffnen. Zum ersten Mal spricht sie aus, wie sie ihr Leben erlebt hat. Zum Teil erschreckt sie über ihre eigenen Worte, die sie bisher wohl teilweise nicht einmal zu Denken gewagt hat, nutzt aber die Gelegenheit immer weiter. Sie sieht in ihrem Mann ihren "sang-e sabour", den Stein der Geduld, dem man alles erzählen kann bis er schließlich zerbricht und allen Kummer mit sich nimmt.
Und zu erzählen hat sie viel - ihr Leben in einer sehr traditionellen islamischen Gesellschaft war nicht einfach und der herrschende Krieg, der sich immer wieder durch Schüsse oder eindringende Soldaten bemerkbar macht, erschwert es noch mehr. Sie erzählt, bis der Stein schließlich zerspringt.
Ein interessantes Buch mit einer interessanten Erzählperspektive: Der Leser befindet sich wie eine feste Kamera mit in dem Zimmer, in dem sich die gesamte Handlung abspielt, sieht nur, was dort geschieht und kann die Umwelt nur durch sein Gehör wahrnehmen. Die beiden Kinder des Paares tauchen nur in einer enzigen Szene direkt auf, ansonsten verlässt die Frau immer mal wieder das Zimmer, um sich um sie zu kümmern, bis sie sie der Sicherheit wegen zu ihrer Tante bringt.
Beklemmend ist ihre Welt, die allmählich immer deutlichere Konturen annimmt und das nur zu einem geringen Teil durch den Krieg. In dieser Gesellschaft eine Frau zu sein, noch dazu eine, die nicht sofort einen Erben produziert, ist nicht leicht, wobei es der Frau, die wie alle Personen des Buches namenlos bleibt, im Vergleich mit anderen Frauen noch (relativ) gut ergangen ist, denn immerhin hatte sie in ihrem Schwiegervater und ihrer Tante zwei Verbündete, denen sie sich anvertrauen konnte.
Neu ist mir diese Thematik nicht unbedingt, aber sie ist hier durch die ganz intensive Konzentration auf lesenswerte Weise dargestellt.
Für dieses Kammerstück, sein erstes Buch, das er auf Französisch geschrieben hat, bekam Atiq Rahimi 2009 den Goncourt-Preis. So ganz kann ich dies nicht nachvollziehen, denn bei aller Stärke des Inhalts konnte mich der Stil nicht ganz überzeugen. Zwar ist er fehlerfrei, aber es fehlt ihm an ... wie soll ich es ausdrücken? ... Magie. (Ob das nur an der schwedischen Übersetzung liegt, kann ich natürlich nicht beurteilen.) Nur an wenigen Stellen, an denen der Text fast zum Gedicht wird und am atemberaubenden Ende bekommt der Text die Intensität, die ich mir für das gesamte Buch gewünscht hätte.
Daher "nur"