Françoise Giroud - Zwei und zwei sind drei

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    Inhalt: Paris während des Zweiten Weltkriegs. Die junge Marine unterstützt den Kampf ihres Bruders in der Résistance. Als sein Mitstreiter Igor bei ihr auftaucht, verlieben sich die beiden ineinander.


    Meine Meinung: Es dürfte sich herumgesprochen haben, dass ich nicht unbedingt ein Fan von Liebesromanen bin. Dass ich nun einen gelesen habe, kann nur die Folge arglistiger Täuschung sein - durch die Autorin, den Verlag, den Klappentextschreiber. Eine geschickt eingefädelte Verschwörung. Von Giroud habe ich vor Jahren eine Biografie von Cosima Wagner gelesen, die ich sehr positiv in Erinnerung habe, daher fiel mir ihr Name auf dem Tisch mit Mängelexemplaren ins Auge. Das Foto auf dem Cover stammt von Doisneau und ist für mich eine schöne Momentaufnahme, die ich weniger mit Kitsch als mit der Diskussion um ihre spontane Entstehung verbinde. Und der Klappentext erwähnt zwar, dass sich Marine und Igor "Hals über Kopf" ineinander verlieben, aber wesentlicher für mich waren die Schlüsselworte "Krieg", "Résistance" und "verhaftet". Lediglich den Titel fand ich dämlich (und tue es nach wie vor), aber naja ...


    Immerhin hat der Klappentextschreiber nicht gelogen, denn die Liebesgeschichte beginnt tatsächlich vor dem Hintergund der Résistance. Marine ist eine stille Person, Sekretärin in einer Import-Export-Firma, nicht schön aber hübsch (diese Abstufung hat mir schon immer Rätsel aufgegeben). Sie unterstützt ihren Bruder Louis soweit es ihr möglich ist, indem ihre Pariser Wohnung als Treffpunkt für Mitglieder seiner Gruppe von Widerständlern fungiert. Igor ist einer davon, ein geheimnissvoller, draufgängerischer Russe mit strahlend blauen Augen. Beide verlieben sich ineinander (erwähnte ich das schon?), was Igors vorherige Geliebte (ebenfalls Russin, Diva, verwöhnt) zu einer Eifersuchtstat treibt - sie schwärzt Marine an, die daraufhin deportiert wird. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich schreibe, dass sie das Ende des Krieges nur gerade eben so erlebt und in Igors Armen wieder gesundet. Ende Akt eins. Vorhang.


    Soviel zu den ersten sechzig Seiten, in den folgenden sechzig verfolgen wir die Ehe der beiden. (Für mich hätte nach dem ersten Kapitel Schluß sein können, schließlich ist auch der Krieg beendet und die Résistance damit nichtig.) Igor kehrt zu seinem eigentlichen Job zurück, da er weder im Widerstand aktiv sein noch Schwarzhandel betreiben kann, und arbeitet als Regieassistent. Marine wendet sich dem Journalismus zu. Damit trotz der Geburt einer Tochter, Louise, und eines Sohnes, Louis, keine Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung aufkommt, streut Giroud ein wenig Würze ein: Seitensprünge, Alkohol, Selbstzweifel, einen schweren Unfall, dunkle Erinnerungen, usw. Marine steht nach wie vor im Mittelpunkt unseres Interesses und muss damit kämpfen, dass sie aufopfernde Liebe und Selbstverwirklichung als Journalistin nicht unter einen Hut bringen kann. Ende Akt zwei. Vorhang.


    Schlußendlich wird eine große Liebe von einer anderen große Liebe abgelöst, die allerdings auch Opfer verlangt. Man, pardon, Frau hat es nicht eben leicht. Die Erzählung endet mit einem großen Knall ...


    Was mich am meisten gestört hat, war das verschenkte Potential. Die interessanten Ansätze verkommen zu Folien - der zweite Weltkrieg ist lediglich Bühnendeko, die Konflikte werden zur Farce und die Protagonisten haben allesamt eine Tiefe, die gegen Null tendiert. Marine, die von vornherein als starke Frau angelegt ist, hat zwar mit Rückschlägen zu rechnen, aber was lernt sie daraus?


    Hinzu kommt der Stil: Nie lässt Giroud einen gelungenen Satz nachwirken, immer lässt sie eine Erklärung folgen. Wenn sie von den Bildern, die sie beschreibt, nicht überzeugt ist, warum schreibt sie sie dann? Ich komme mir auf jeden Fall für dumm verkauft vor. Und überhaupt. Diese Sätze. Ist das Dramatik? Der Großteil des Romans ist zwar nicht überragend geschrieben, aber immerhin solide. Nur manchmal. Da verfällt sie in Halbsätze. Schrecklich.


    1ratten


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Guten Morgen Breña,


    vielen Dank für die gelungene Rezension. Von dem Buch habe ich nie gehört und es fällt auch überhaupt nicht in mein Beuteschema, aber Deine Rezension habe ich gerade mit Genuß gelesen :klatschen:


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • :totlach: Was für ein schöner ein Einstieg in den Tag so ein schallendes Lachen doch sein kann, das dürfte gerne immer so sein. Dieses Buch werde ich garantiert nie lesen, aber der Verriß hat wirklich Spaß gemacht. Danke!

  • Schön, dass ich euch den Morgen versüßen konnte! :breitgrins:

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Sehr schöne Rezension, Breña! Vor allem die Sätze. Die halben. Das mag ich auch. Sogar sehr. :zwinker:
    Auch auf die Gefahr hin, ganz vielleicht mal ein Schätzchen zu verpassen, sollte man Romane vom Knaur Verlag einfach grundsätzlich meiden... Bei den Krimis ist das ein bißchen anders, da sie dort Val McDermid verlegen.
    Vielen Dank jedenfalls für die erheiternde Meinung! :klatschen:


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea


  • Auch auf die Gefahr hin, ganz vielleicht mal ein Schätzchen zu verpassen, sollte man Romane vom Knaur Verlag einfach grundsätzlich meiden...


    Da Du das gerade ansprichst fällt mir auf, dass ich nur noch ein Buch von Knaur im Regal stehen habe, ein Geschenk. :hm: Aber das ist bestimmt eines der Schätzchen!



    Ich frage mich momentan was genau der Titel eigentlich mit der Handlung zu tun hat? :gruebel: :lol:


    Mir fiel gerade eine passende (mathematisch nicht korrekte) Erklärung ein, die auch gleich das Buch zusammenfasst: A+X und A+Y = A+X+Y. Alles klar, oder? ;)

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges


  • Auch auf die Gefahr hin, ganz vielleicht mal ein Schätzchen zu verpassen, sollte man Romane vom Knaur Verlag einfach grundsätzlich meiden...


    Da mußte ich natürlich auch gleich mal nachschauen, nur daß ich (noch) nicht für alle Bücher den Verlag mit erfaßt habe. Aber ein überschlägiges Abwandern meiner Regale zeigt mir: Der Verlag ist höchstens sporadisch vertreten. Wird seinen Grund haben :breitgrins: