Nora Melling - Schattenblüte
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Erstveröffentlichung in Deutschland: 2010
Verlag: Rowohlt Polaris
Seiten: 352
Bindung: Hardcover
Klappentext:
Eine Liebe‚ stärker als der Tod Seit dem Tod ihres Bruders ist für Luisa nichts mehr, wie es war. Sie beschließt zu sterben. Aber kurz vor dem letzten Schritt hält jemand sie auf: Thursen nennt sich der Junge mit den geheimnisvollen Schattenaugen. Mit einer Gruppe Jugendlicher lebt er im Wald, und er spürt Luisas Schmerz. Die «Verborgenen» können ihre Gestalt ändern: Sie sind Werwölfe. Mit jeder Verwandlung wird Thursen mehr zum Tier – und die Erinnerungen an sein vorheriges Leben verblassen. Bald wird er ganz Wolf sein. Dann hat Luisa auch ihn verloren. Für ihre große Liebe würde sie alles tun. Doch reicht das, um Thursen zu retten?
Meine Meinung:
Sie nennen sich "die Verborgenen": Eine Gruppe Jugendlicher, die das Vergessen sucht. Auch Luisa würde am liebsten vergessen. Nie wieder daran denken, dass ihr kleiner Bruder an Leukämie gestorben ist. Nie wieder daran denken, wie sehr er ihr fehlt und was für ein tiefes, schwarzes Loch er in ihre Familie gerissen hat. Luisas Eltern verkauften ihr Haus und flohen mit der Tochter in die neue Stadt Berlin, um auf ihre Art Vergessen zu finden. Doch das Mädchen versinkt in ihrer Trauer und hat niemanden, mit dem sie reden kann und der ihr über diese schwere Zeit hinweghilft. In ihrer Verzweiflung streift sie durch den Grunewald und gerade als sie sich von einem Turm stürzen möchte, wird sie von dem geheimnisvollen Thursen gerettet. Thursen, der einst auch das Vergessen suchte und nun als Mensch und Werwolf durch die Wälder Berlins streift. Gemeinsam mit den Verborgenen. Und je öfter diese sich in Wölfe verwandeln, umso mehr vergessen sie - bis sie schließlich unwiderruflich zum Wolf werden.
Nora Melling hat sich mit "Schattenblüte" einen Kindheitstraum erfüllt und schrieb ihren Debütroman als Einstieg in eine Trilogie. Nun könnten böse Zungen behaupten, dass sie gerade rechtzeitig auf den fahrenden Hochgeschwindigkeitszug aufsprang, der die ganzen Vampir- und Werwolf-Liebesgeschichten befördert. Dies mag ich auch gar nicht bestreiten, denn dieser Plot liegt nunmal gerade sehr im Trend. Was "Schattenblüte" aber ein bisschen vom gewohnten Mainstream abhebt, ist die ungewöhnliche Sprache, der sich Nora Melling bedient. Die Geschichte beginnt düster und melancholisch in kurzen, abgehackten Sätzen. Die Autorin lässt Luisa ihre Geschichte in der ersten Person erzählen und so fühlt sich der Leser sehr dicht an der Handlung und an Luisas Trauer, die sehr nachvollziehbar dargestellt ist:
"Ich bin wieder allein. Tränen rinnen mir die Wangen herab und tränken die neue Jacke mit meiner Trauer. So nehme ich die Jacke in Besitz. Jetzt ist es meine. Jetzt gehört sie zu mir."
Anfangs war der Sprachstil für mich gewöhnungsbedürftig, dann war ich davon fasziniert. Diese Faszination wich zwischendurch leider einer gewissen Frustration, weil die Sätze kurz und abgehackt blieben, sich das Buch so offensichtlich nicht veränderte und somit auch sprachlich etwas langweilte. Immer wieder ziehen sich solche Sätze durch das Buch:
Ich nicke. Er scheint in Eile. Keine Geste der Verbundenheit, kein Abschied, nichts von dem, was ich mir so wünschen würde. Er dreht sich nur wortlos um und ist ein paar schnelle Schritte später mit der Dunkelheit verschmolzen. Als ich höre, wie im Gebüsch, ein ganzes Stück entfernt, knacksend ein Zweig bricht, sehe ich ihn immer noch vor mir, sein von Anthrazitsträhnen umrahmtes Gesicht, seine dunklen Augen, in denen sich das Licht der Laterne spiegelt."
Für sich alleine recht interessant, melancholisch und schön zu lesen. Auf die Dauer war dieser Stil aber ermüdend für mich.
Die letzten 100 Seiten jedoch konnte ich wiederum vor Spannung kaum aus der Hand legen. Und dennoch: Manche Handlungen waren für mich nicht nachvollziehbar und es fühlte sich so an, als ob Szenen herausgeschnitten wurden. Warum empfinden Luisa und Thursen nach dieser sehr kurzen ersten Begegnung eine so tiefe Liebe füreinander? Ich hätte mir gewünscht, dass die beiden Hauptcharaktere etwas einfühlsamer mit mehr Kennenlernzeit und weniger "Edward-und-Bella-Geschmachte" zueinander geführt wurden. Dies hätte den beiden mehr Tiefe und Glaubwürdigkeit verliehen und die Geschichte hätte weniger konstruiert gewirkt. Auch bezüglich Luisas Eltern fehlten mir eine Menge Hintergrundinformationen, aber das Buch hat nicht mal 400 Seiten - da ist für eine tiefere Charakterentwicklung nicht genug Platz.
Trotz aller Kritik an Sprachstil und den Charakteren habe ich "Schattenblüte" sehr gerne gelesen und bin auch gespannt, wie die Geschichte weitergehen wird. Das Ende ist für mein Empfinden abgeschlossen und lässt sich somit auch sehr gut als Einzelwerk lesen.