William Shakespeare - Der Sturm/The Tempest

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  • Diese "Dummies"-Bücher kommen zwar in einer seltsamen Aufmachung daher, sind aber inhaltlich meistens nicht zu verachten. Ich denke also, Shakespeare für Dummies werde ich mir auch zulegen.


    Es ist bisher mein einziges Dummies-Buch, aber ich mag es wirklich gern. Ein paar Passagen scheinen zwar für ECHTE Dummies geschrieben zu sein (es ist also tatsächlich ratsam, sich rechtzeitig um Karten zu kümmern, wenn man ins Theater gehen möchte? :rollen: ), aber die meisten Kapitel fand ich nett gemacht und ziemlich informativ.


    Ich habe das Stück nun auch fertig gelesen (ihr habt mich angespornt :teufel: ) und mir waren die letzten beiden Kapitel viel zu schnell vorbei! Meiner Meinung nach hätte der Stoff viel mehr hergegeben als so ein kurzes Stück. Umso gespannter bin ich auf das Tad-Williams-Buch, das ich mir bestellt habe, ein Roman aus der Sicht Calibans. Bloß, wann ich da wieder zum Lesen komme ...!?

    [color=darkblue]"Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of b

  • Ich habs gestern auch noch fertig gelesen.


    Dass in der Ceres-Episode nochmal eine Steigerung an Rhythmus und so zu finden ist, stimmt. Das liegt daran, dass die Episode eine court masque ist. Das ist auch ein Untergenre des Dramas und King James I., unter dessen Herrschaft das Stück verfasst wurde, war großer Fan davon. Bei der court masque ist das so, dass das Stück sehr stilisiert und kunstvoll ist und meistens für einen bestimmten Zuschauer (also z. B. King James) aufgeführt wird. Die anderen Zuschauer sitzen dann etwas abseits und beobachten eigentlich eher die Reaktionen des Königs als das Stück. Ist also eine große Ehre für Ferdinand, wenn Prospero für ihn eine masque aufführen lässt.


    Bei dem Versmaß ist mir noch aufgefallen, dass Caliban ja auch im Vers redet, was zunächst vielleicht ein bisschen verwunderlich ist, aber da er die Sprache ja von Prospero gelernt hat, nicht mehr so sehr. Sein Versmaß ist allerdings ziemlich wirr und unordentlich, was wieder zeigt, dass er die Sprache eben doch noch nicht so gut beherrscht wie Prospero.


    Prosperos "Our Revels now are endet"-Monolog ist für mich so ziemlich die schönste Rede im Gesamtwerk. Prospero bringt es hier auf den Punkt, was es mit dem Theater auf sich hat: alles nur Illusionen... aber eben sehr schöne.


    Und dann natürlich der Epilog. Die Aussage, dass Applaus ihn befreit und so Anmerkungen wie "I'll drown my books" haben oft dazu geführt, dass man Prospero als Shakespeares Alter Ego liest, weil Shakespeare danach eben (vermutlich) auch nur noch Kollaborationen geschrieben hat, um jüngere Schriftsteller heranzuziehen und sich nach Stratford zurückgezogen hat. Irgendwie find ich den Gedanken schön, dass man Prospero so deuten kann. Ich mag diese Interpretation sehr gern.


    Der Tempest hat bei mir definitiv Lieblingsstück-Potenzial, aber noch bleibt mein Favorit Richard III, was aber einfach daran liegt, dass ich das Stück am besten kenne.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Was für interessante Infos du da zum Abschluss noch einmal für uns hast - dankeschön! :blume:


    Mir hat das Stück ebenfalls super gefallen und es reiht sich auf jeden Fall bei denen ein, die mehr als nur 1x gelesen werden.

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  • Ich bin gestern auch fertig geworden.


    Prospero erschien mir im letzten Satz richtiggehend bekehrt. Nachdem er seine Feinde im Wahnsinn sieht, packt ihn das Mitleid und er lässt sie durch Ariel von dem Zauberbann befreien. Außerdem will er seine magischen Utensilien zerstören. Allerdings weiß er noch nicht, ob er überhaupt sein Herzogtum zurückbekommt. Der Rachegedanke, den er sicherlich in den zwölf Jahren auf der Insel gehegt hat, ist wie weggeblasen.


    Was mich etwas verwirrt: Erstreckt sich die Handlung des Stückes über einen Zeitraum von lediglich drei Stunden? Im V. Akt spricht der Bootsmann:


    Das nächste: Unser Schiff, das vor drei Stunden
    Wir für gescheitern ansahn, ist so dicht ...


    Das ist relativ wenig für so viel Aktion, Ränkeschmiederei, Heiratspläne und Gesinnungswechsel.

  • Ich bin auch schon fertig und will mir in einer ruhigen Minute eure Beiträge mal genauer durchlesen. Mir hat das Stück jedenfalls gut gefallen, auch wenn es am Ende alles recht schnell ging.


    Doris: In meinem Vorwort stand, dass sich die Handlung wirklich nur über einen Zeitraum von 3 Stunden erstreckt. Das war damals wohl so üblich, dass man die Zeit, die im Stück vergeht auch der Zeit anpasst, die in echt während der Aufführung vergeht.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Ich hab übrigens ganz vergessen eine meiner Lieblingsanekdoten zum Tempest hier noch zu posten und will das gern nachholen. An einer Stelle sagt Ferdinand:


    So rare a wondered father and a wise
    Makes this place paradise.
    (4.1.123 f.)


    Eine feministische Shakespeareforscherin, Jeanne Addison Roberts, war 1978 damit dann total unzufrieden, weil sie nicht verstehen konnte, dass Ferdinand Miranda an der Stelle total vergisst und für ihn die Insel nur das Paradies ist weil er hier einen wunderbaren und weisen neuen Vater findet. Also hat sie jede Menge Ausgaben der First Folio Ausgabe von Shakespeares sämtlichen Werken (auf der die meisten heutigen Ausgaben basieren) überall auf der Welt zusammengesucht, um zu beweisen, dass es statt "wise" "wife" heißen muss und das nur ein Fehler war, der sich über die Jahre eingeschlichen hat. Sie wurde aber lange Zeit nicht fündig und in den Folios war immer das Wort "wise" (mit langem s). Aber eines Tages hat sie dann wirklich eine Ausgabe gefunden, wo neben dem langen s noch ein ganz kleiner horizontaler Strich war. Das hat dann bewiesen dass bei einem ganz frühen Druck der Folio Ausgabe tatsächlich ein "f" an der Stelle war, aber der Querbalken vom "f" gebrochen ist und daher alle anderen nachfolgenden Drucke als langes "s" gelesen wurden. :breitgrins:
    Sowas find ich voll cool. :breitgrins:

    &quot;This was another of our fears: that Life wouldn&#039;t turn out to be like Literature&quot; (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Nur hat sie dabei übersehen, dass sich wife und paradise nicht wirklich reimen. Aber um ehrlich zu sein, mir gefällt das Wort wife an der Stelle auch besser.


    @ Stefanie
    Danke für den Hinweis. Dann habe ich es doch richtig interpretiert. In der Kunst ist halt in wenigen Stunden vieles möglich :zwinker:.


  • Aber eines Tages hat sie dann wirklich eine Ausgabe gefunden, wo neben dem langen s noch ein ganz kleiner horizontaler Strich war. Das hat dann bewiesen dass bei einem ganz frühen Druck der Folio Ausgabe tatsächlich ein "f" an der Stelle war, aber der Querbalken vom "f" gebrochen ist und daher alle anderen nachfolgenden Drucke als langes "s" gelesen wurden. :breitgrins:
    Sowas find ich voll cool. :breitgrins:


    Was sagt denn die, sagen wir mal, "allgemeine Shakespeare-Forschung" dazu? Ich habe gerade ein paar Online-Textsammlungen abgegrast, und in einigen (z.B. hier und hier) heißt es "wife", an anderer Stelle aber auch "wise" (z.B. hier). Was steht denn in Euren Ausgaben? Ich habe ja die Übertragung ins Deutsche von August Wilhelm Schlegel gelesen, und da heißt es:


    So wunderherrlich Vater und Gemahl
    Macht mir den Ort zum Paradies.


    ... reimt sich nicht, und "Gemahl" hört sich für mich auch nicht nach "wise" an, aber irgendwie auch nicht nach "wife", es sei denn, man denkt sich ein "in" hinzu. :zwinker:

  • Also, "Gemahl" find ich ne ganz komische Übersetzung...


    Ich hab mich selbst gewundert, dass meine Ausgabe (erschienen 1999) noch "wise" hat, aber in einer Fußnote auf die Einleitung verweist, wo das Problem besprochen wird.
    Eine meiner Dozentinnen hier ist General Editor für Arden und sie hat die Geschichte auch mal im Unterricht erwähnt und es klang stark danach, als ob sie "wife" bevorzugen würde. Ich glaub, sie ist noch nicht so lange General Editor und deshalb geh ich mal davon aus, dass die nächste Ausgabe vom Tempest für Arden dann "wife" nehmen wird.
    Der Oxford Shakespeare (von 2005) sagt auch "wise".


    Ich denk mal, das ist so ein typischer Fall, wo man für beide Varianten Argumente vorbringen kann und das Ergebnis dann stark vom jeweiligen Geschmack des Editors abhängt.

    &quot;This was another of our fears: that Life wouldn&#039;t turn out to be like Literature&quot; (Julian Barnes - The Sense of an Ending)