P. Howard – Ein Seemann von Welt

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    Da ich noch nicht weiß, ob es wirklich ein Krimi, ein Abenteuerroman oder eine pure Persiflage wird, fange ich mal hier an, verschieben läßt sich der Thread ja immer noch. Jedenfalls ist mir gerade nach etwas zum Amüsieren, und da dürfte dies gut passen. Warum? Ganz einfach, ich zitiere einfach mal den Anfang:


    [quote author=S. 5]
    »Haben die Herren mein Messer gesehen?«
    »Wo haben Sie's zuletzt gehabt?«
    »In irgendeinem Matrosen.«
    »Was war das für ein Messer?«
    »Stahl. Schmale Klinge, leicht gebogen. Haben Sie es nicht gesehen?«
    »Nur mal langsam ... einen Augenblick, bitte ... wie war der Griff?«
    »Muschel.«
    »Aus wie vielen Teilen?«
    »Aus einem Stück.«
    »Dann gibt's gar kein Problem. Das Messer ist da!«
    »Wo?«
    »In meinem Rücken.«
    »Danke ...«
    [/quote]


    Ich finde diesen Auftakt schon recht vielversprechend :breitgrins: Und darum geht es:


    Klappentext: Der satirische Hochseekrimi von P Howard (i. e. Jenö Rejtö) ist eine groteske Geschichte voller Verwicklungen und überraschender Wendungen. Die »Honolulu Star« befindet sich auf Fahrt nach Singapur. An Bord verdingt sich der Gangster Jimmy Reeperbahn als Kellner und treibt seinen Schabernack mit den Passagieren: Mit Morphium versetzt er die Leute an Bord in den Tiefschlaf. Da aber geschieht ein Mord: Mr. Gould, der Vormund des vornehmen Mr. Irving, wird mit einer Hutnadel erdolcht. Doch wer ist der Mörder?

  • :totlach: ! Ich verstehe nur nicht so ganz, wie der Matrose mit dem Messer im Rücken so genau wissen kann, wie der Griff besagten Messers aussieht. :zwinker:
    Aber ich sehe schon, ich muss der Bib noch einen Einkaufsvorschlag machen. Allerdings warte ich erst mal Howards anderes Buch ab.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • :totlach: ! Ich verstehe nur nicht so ganz, wie der Matrose mit dem Messer im Rücken so genau wissen kann, wie der Griff besagten Messers aussieht. :zwinker:


    Oh, ganz einfach: Der Wirt hat ihm erzählt, wie das Messer in seinem Rücken aussieht. Inzwischen bin ich knapp 50 Seiten weiter und amüsiere mich großartig. Der Besitzer des Messers ist Jimmy Reeperbahn, der seinem Opfer, dem Quartiermeister der Honolulu Star, zuliebe einwilligt, die durch seine Mithilfe ausgefallenen Besatzungsmitglieder zu vertreten, einen Kellner und einen Heizer. Allerdings fällt schon bald auf, daß sowohl Kellner José als auch Heizer Wilson ausgesprochen schläfrig sind. Man vermutet die Schlafkrankheit an Bord. Und als Jimmy mit Opium nachhilft, um auch eine Anzahl Passagiere einzuschläfern, rechnet man mit einer Epidemie und trifft Quarantänevorbereitungen. Das bislang einzige Opfer ist aber eben jener im Klappentext genannte Mr. Gould, der im tiefsten Opiumrausch mit einer Hutnadel erstochen wurde. Jetzt wird es sogar Jimmy unheimlich ...

  • Im übrigen gibt es inzwischen auch noch ein Gespenst, das so aussieht wie der Kapitän und – wie sich das für ein Gespenst gehört – an den merkwürdigsten Orten auftaucht. Zum Beispiel in der Nähe von Mr. Irving, dessen Vormund Mr. Gould war. Mr. Irving hat gerade eine verrückte Idee, wie er sich ein paar Tage jenseits seiner üblichen Verpflichtungen und seines gewohnten Lebenswandels verschaffen kann, nachdem Mr. Gould ihn nicht mehr hindern kann. Dafür braucht er natürlich Hilfe, die er – welch Wunder – ausgerechnet bei Jimmy sucht.


    Nicht fehlen darf natürlich auch ein blinden Passagier, mit dem sich Jimmy um einige Besitztümer und vor allem um Geld hin- und herstreitet. Dieser blinde Passagier und ein überraschend aufgetauchter alter Bekannter von Jimmy, der letzteren an seiner „Handschrift“ (sprich: der erhaltenen Ohrfeige) zu erkennen glaubt, könnten jetzt noch gut in die Pläne von Mr. Irving und Jimmy hineinfunken.


    Wußtet Ihr übrigens, daß die Hafengangster in Clubs organisiert sind? :breitgrins: Mit rigiden Abstufungen in Ansehen und Bedeutung. Jimmy erklärt Mr. Irving auch, wie festgestellt wird, wie „fein“ ein solcher Club ist:


    [quote author=S. 79 f.]
    »Nun ... das berechnet man nach rechtskräftig gewordenem Strafmaß. Wenn man die Gesamtzahl der Jahre durch die Anzahl der Mitglieder dividiert, dann bekommt man das Endergebnis der Vornehmheit. Die Verspielten Fische, wie man die Falschspieler wegen ihrer Kaltblütigkeit und kindischen Beschäftigung nennt, haben insgesamt nicht mehr als vierzig Jahre auf dem Buckel. Und sie sind zu zehnt! Vier Jahre pro Nase. Das Proletariat der Unterwelt. Die Tafelrunde der Scharfrichter zählt schon zu den besseren Kreisen: hundertfünzig Jahre auf siebzehn Leute. Wenn Sie jetzt noch feinere Kreise kennen lernen wollen, dann gehen Sie zu den Einnehmern mit zwölf ordentlichen Mitgliedern und siebenhundert Jahren. Das geht auf, weil sie vor den Behörden mit mehr als vierhundert Jahren auf der Flucht sind.«
    [/quote]


    Jimmy selbst gehört übrigens einem noch elitäreren Club an :zwinker:

  • :totlach:


    Ich habe beschlossen, dass ich Ein Seemann und ein Gentleman so lang als Geisel behalte, bis ich den Seemann von Welt bekomme. ;)

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Dann kannst Du mir das übermorgen im Austausch wieder mitbringen :breitgrins:

  • :lachen: Köstlich!


    Hängen die Bücher eigentlich irgendwie zusammen, oder sind die Geschichten eigenständig?


    (Und schon ist es auch ganz oben auf dem Wunschzettel gelandet :smile:, denn natürlich hat unsere Bücherrei dieses Buch auch nicht. :grmpf: )

  • Es gibt, so weit ich das bislang sagen kann, keine inhaltliche Verbindung, lediglich Fred Unrat aus Ein Seemann und ein Gentleman taucht auch hier auf, aber die Verbindung ist recht lose. Es könnte auch ein anderer Charakter sein, ohne daß es irgendwie auffiele. Daher sage ich mal, sie sind völlig eigenständig lesbar.

  • Interessant dazu finde ich:


    Zitat von wikipedia

    Die Anzahl der deutschen Veröffentlichungen ist gemessen an der Gesamtzahl Rejtős Bücher überschaubar. Die Tatsache, dass Piszkos Fred, a kapitány dafür sogar in zweifacher Übersetzung erschien, mag die Problematik veranschaulichen: der Humor Rejtős Bücher beruht zu weiten Teilen auf Wortwitz, dessen Übertragung in fremde Sprachen schwierig ist: "Bis-zu-den-Ohren-Jimmy" heißt im Original ("Fülig Jimmy") so, weil sein Grinsen ein Ohr mit dem anderen verbindet. "Bis-zu-den-Ohren-Jimmy" hört sich im Deutschen wenig griffig und teilweise sogar lächerlich an. Die neuere Übersetzung "Jimmy Reeperbahn" entfernt sich vom ungarischen Namen der Hauptperson, um den Geist der Geschichte besser zu treffen.


    Es gibt also von dem Buch zwei deutsche Übersetzungen (Nicolas Pataky und Anna von Lindt), wobei Aldawen anscheinend die neuere (Anna von Lindt) liest. Das von Breña erwähnte Ein Seemann und ein Gentleman hat wiederum jemand anderes (Vilmos Csernohorszky jr.) übersetzt. Interessant ist überdies, dass die beiden Übersetzungen von von Lindt und Csernohorszky mit einem Abstand von nur 4 Jahren im selben Verlag erschienen sind. Warum also wurde der Übersetzer gewechselt?


    Außerdem gibt es, so weit sich mir die ungarische Wikipedia erschließt, noch mehr Teile, insgesamt vier:
    * Az elveszett cirkáló ("Ein Seemann und ein Gentleman")
    * Piszkos Fred, a kapitány ("Ein Seemann von Welt")
    * Piszkos Fred közbelép
    * A megkerült cirkáló


    PS: Laut meinem Wörterbuch haben die Ungarn sogar zwei Wörter, die ins Deutsche übersetzt "bis über die Ohren" bedeuten. :breitgrins:

    Auch ungelebtes Leben<br />geht zu Ende<br />- Erich Fried


  • Es gibt also von dem Buch zwei deutsche Übersetzungen (Nicolas Pataky und Anna von Lindt), wobei Aldawen anscheinend die neuere (Anna von Lindt) liest. Das von Breña erwähnte Ein Seemann und ein Gentleman hat wiederum jemand anderes (Vilmos Csernohorszky jr.) übersetzt. Interessant ist überdies, dass die beiden Übersetzungen von von Lindt und Csernohorszky mit einem Abstand von nur 4 Jahren im selben Verlag erschienen sind. Warum also wurde der Übersetzer gewechselt?


    Es ist noch viel verwirrender. Laut Deutscher Nationalbibliothek ist die Ausgabe im Elfenbein Verlag von 2004 die von Anna von Lindt übersetzte. Im Impressum meines Buches steht, es handele sich um die dritte Auflage von 2008, Erstausgabe 2004. Man sollte also meinen, es handele sich um jene bei der DNB geführte. Allerdings steht auf der ersten Seite auch ganz eindeutig: Aus dem Ungarischen von Vilmos Csernohorszky jr., also jenem Übersetzer, der auch Ein Seemann und ein Gentleman übertragen hat. Paßt irgendwie nicht ganz zusammen, oder? Sehr merkwürdig :gruebel:

  • Abschließend noch meine Meinung zu diesem Roman, denn über die in den Postings schon gemachten Aussagen und Andeutungen hinaus, möchte ich zum Inhalt gar nicht mehr verraten, das würde zuviele Überraschungseffekte nehmen.


    Auch bei diesem Roman von P. Howard (oder Jenö Rejtö) habe ich mich, wie schon in Ein Seemann und ein Gentleman wunderbar amüsiert. Die Handlung ist völlig anders, aber genauso aberwitzig, skurril und rasant. Und da es um einige Seiten umfangreicher ist, gibt es ab und zu mal Gelegenheit die Gesichts- und Lachmuskeln wieder etwas zu entspannen, was aber nicht bedeutet, daß die Erzählung deswegen Längen aufweist. Zum Ende überschlugen sich die Ereignisse auch derartig, daß ich fast Mühe hatte, noch den Überblick über die Stränge und Personen zu behalten, aber es gab eine runde und durchaus zufriedenstellende Auflösung, die ich mir zu Beginn des Romans so keinesfalls hätte träumen lassen. Ich bin ziemlich sicher, wenn ich es in ein paar Jahren noch einmal lese, wird mich vieles wieder genauso überraschen, weil ich mir die ganzen Wendungen keinesfalls merken kann, und das ist doch auch eine schöne Perspektive. Wegen des rundum gelungenen Lesevergnügens gibt es auch hier


    5ratten


    Schönen Gruß
    Aldawen

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()

  • Und mal wieder kann ich mich Aldawen im Wesentlichen nur anschließen.


    Ein kurzweiliges Buch mit skurrilen Charakteren, überraschenden Wendungen und einer ordentlichen Prise schwarzem Humor. Ich weiß gar nicht, was ich mehr genossen habe, die witzigen Dialoge, die spannende, verzwickte Handlung oder die wahnsinnigen Typen, die den Leser an beidem teilnehmen lassen. Am Anfang hätte ich nicht damit gerechnet, dass die Geschichte so verläuft und endet, wie sie es eben tut, obwohl ich schon in Ein Seemann und ein Gentleman in den Genuß von Howards Einfallsreichtum gekommen bin.


    5ratten


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • In einem von beiden Seemann-Threads muß ich es sofort loswerden: Es wird demnächst einen weiteren P.-Howard-Roman geben :freu: :jakka: :freu:
    Ich hatte diesbezüglich beim Verlag angefragt und weiß so immerhin schon, daß Fred Unrat nicht auftauchen und das ganze in der Fremdenlegion angesiedelt sein wird. Aber mir wurde versichert, der Roman sei nicht minder amüsant und ebensogut übersetzt. Ich habe mich in den Email-Verteiler aufnehmen lassen, um sofort über den Erscheinungstermin informiert zu werden, wenn dieser feststeht :smile:

  • Tolle Neuigkeiten! :jakka: Du hast den Verlag sicher wissen lassen, dass sie damit einige Leser glücklich machen, oder? ;)

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges