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Kurzbeschreibung
Einmal durch die Republik, von Nord nach Süd, per Flugzeug, Bahn und Auto: Christian Krachts namenloser Ich-Erzähler berichtet von seiner Deutschlandreise. Der kleine Bildungsroman "Faserland" veränderte in Deutschland die Wahrnehmung einer ganzen Generation, von der es vorher hieß, sie habe gar keine Wahrnehmung.
gelesen von Christian Kracht
Meine Eindrücke
Selten habe ich mich so gerne von zwei Hörbuch-CDs getrennt, wie in diesem Fall. Dabei waren die Vorschuss-Lorbeeren gewaltig. Der Roman habe die Wahrnehmung einer ganzen Generation verändert, heißt es. Und der Roman sei zu Unrecht vom Feuilleton zunächst vernachlässigt worden.
Das Feuilleton hätte den Roman ruhig etwas liegen lassen und anderen Buchbesprechungen Platz machen können. Denn was Kracht da von der Bussi-Gesellschaft berichtet, erscheint mir weder neu noch speziell erzählt; selbst rückblickend darauf, dass der Roman vor 15 Jahren erschienen ist, mag ich nicht glauben, dass der gelangweilte Ich-Erzähler so viel Unruhe gestiftet haben soll.
Der Erzähler langweilt sich auf Sylt, wirft mit Markennamen um sich und denkt gelangweilt über Frauen nach (Kracht erzählt sein Buch übrigens auch absolut passend: Gelangweilt und total unbeteiligt). Er schlabbert Schampus und Scampi, steigt in den Flieger und langweilt sich in Frankfurt weiter. Mit einer von Joghurt durchnässten Hose, weil er irgendwo zwei Becher seiner Lieblingssorte eingesackt hatte. Weil die Jacke ebenfalls durch die Joghurt-Panne unbrauchbar ist, zündet er sie an, verschwindet, mopst sich in einer Kneipe einfach eine neue, zischt damit via München an den Bodensee, um sich dort ... na, was wohl? ... weiter zu langweilen. Und weil es am Bodensee -wie schon bemerkt- auch grausam langweilig ist, mopst er sich ein fremdes Auto, fährt nach Zürich und langweilt sich dort so lange, bis ihn jemand für 200 Franken über den See rudert. Hier endet das Hörbuch zum Glück.
Alles ödet den Jungen Mann an, ein Bub aus reichem Elternhaus, Salem-Absolvent und fast nur unter Seinesgleichen unterwegs. Leuten also, die Roederer Champagner trinken, Modeltypen als Servicekräfte engagieren, Barbour-Jacken tragen und Hermès-Halstücher sowie das neueste Mercedes-Modell fahren. Alle nehmen offensichtlich und ganz selbstverständlich am laufenden Band Tabletten, Alkohol und Drogen, als wären es Lebensmittel. Wer zuviel von der Society hat, wird Hippie und sponsort eine indisches Ashram für die Sinnfindung oder fängt an, nachzudenken und wird schon im Schüleralter verstoßen. Wer Geld hat, der gehört ganz oben dazu, das Leben gab's offensichtlich gratis zur Babyausstattung von Chanel - also mal schauen, was man damit anfangen kann. Folglich ist es auch egal, was die anderen machen; hingucken lohnt nicht, wenn in Zürich schon die nächste Ablenkung auf einen wartet.
Ja, der Erzähler gibt ein trauriges Bild von sich und der Gesellschaft, in der er sich bewegt. Wer aber meint, der Roman habe irgendwie gleich mit einer ganzen Generation zu tun, dreht sich vielleicht selbst zu sehr in der begrenzten Gesellschaftsschicht, die Kracht vorführt, die einggengt von gelangweilten Augen und einem von Valium eingenebelten Hirn die Tage verbringt? Ich weiß wirklich nicht, warum die Feuilletonisten damals voller Überschwang glaubten, die öden Roederer-Schlabberer, die schon nach der Frage nach dem Wetter keinen Gesprächsstoff mehr haben, seien etwas Bewegendes.
Fazit: Trotz all der Interpretationen und Rezensionen, die ich schon kannte, obwohl Kracht so gifitg zur angeblich stets highen Society ist, verstehe ich nach zwei Stunden Hörzeit und einigen Stunden Reflektion nach wie vor nicht, warum ein Ödnis über die mickrige, stinkreiche Bussi-Gesellschaft von mir zur literarischen Besonderheit auserkoren werden soll.