[Costa Rica] José León Sánchez – Tenochtitlan. Die letzte Schlacht der Azteken

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    Inhalt: 1519 erreicht Hernán Cortés die Hauptstadt des aztektischen Reiches, Tenochtitlan. Diese Stadt übertrifft an Größe und Prunk alles, was er aus Spanien kennt. Und auch in den verschiedenensten Künsten und Wissenschaften haben die Azteken für die Spanier nur ein müdes Lächeln übrig, sei es Baukunst, sei es Medizin, sei es Astronomie. Die Waffen der Spanier sind allerdings effektiver, aber deren Benutzung eignen sich die Azteken recht schnell an, nachdem sie sich von der Vorstellung verabschiedet haben, die Weißen seien die angekündigten, zurückgekehrten Götter. Aber in Verbindung mit den eingeschleppten Pocken einerseits und der einheimischen Unterstützung durch von den Azteken unterworfenen und tributpflichtig gemachten Völker gelingt die Eroberung schließlich, um den Preis vieler Opfer und der vollständigen Zerstörung der Stadt.



    Meine Meinung: Sánchez erzählt hier teils aus der Sicht eines aztekischen hohen Beamten, des Herrn Amoxua (der Herr der Bücher), teils als auktorialer Erzähler aus dem Lager der Spanier, so daß ein recht gutes Gesamtbild entsteht. Dabei ist immer klar, welche Perspektive man gerade liest, denn die aztekischen Abschnitte sind in einer recht auffälligen, etwas verschwurbelt wirkenden Spache gehalten, während die spanischen Abschnitte „normal“ klingen. Das war zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber nach einer Einlesephase kam ich damit recht gut zurecht. Es unterstreicht auch recht gut die verschiedenen Normen und Werte, die hier auf beiden Seiten zum Tragen kommen. In üblicher europäischer Expansionsmanier halten die Spanier die Kultur der Azteken, die sie nicht wirklich verstehen, natürlich für barbarisch, weil sie anders ist als ihre eigene.


    Bemerkenswerterweise schafft es Sánchez aber, sich von einer bloßen Schwarz-Weiß-Malerei fernzuhalten. Daß seine Sympathien erkennbar nicht bei den Spaniern liegen, ändert daran nichts. Aber immerhin stellt er die Azteken nicht als bloße Opfer oder „edle Wilde“ oder welches Stereotyp man auch sonst ansetzen mag dar, sondern als Menschen mit Stärken und Schwächen wie andere auch. Und die Spanier sind nicht alle einfach bloße Dumpfbacken, allen voran, und das ist vielleicht das Verblüffendste, Cortés nicht. Dieser wird zwar als Choleriker gezeichnet, gleichzeitig aber erkennt er durchaus die Größe der Kultur, auf die er hier getroffen ist, und bringt den Azteken auch Hochachtung im militärischen Bereich entgegen. Aber geprägt durch seine Zeit, seinen Auftrag für König und römische Kirche und mehr noch durch seine Gier nach Gold kann er letztlich keine andere Entscheidung treffen, als die der Vernichtung des Gegners. Das macht das Verhalten der Spanier nicht besser, aber nachvollziehbar. Zudem verwendet Sánchez viel Raum darauf, zu zeigen, wie und warum sich die unterworfenen Völker gegen die Azteken stellen. Aufstände gegen die Herrschaft, die sich nicht nur in materiellem Tribut sondern auch der Entführung von Menschen für religiöse Opferzwecke manifestiert, gab es auch schon vor Ankunft der Spanier, und irgendwann hätten sie auch zum Erfolg geführt, so wurde die Entwicklung wohl nur beschleunigt. Letztlich kommen auf aztekischer Seite auch eine Reihe von inneren Faktoren zusammen, die die Niederlage gegen die Spanier unvermeidlich machten: ein entscheidungsschwacher Herrscher, Fehlbewertungen der Lage, taktische Versäumnisse in den Schlachten und eine sich selbst erfüllende Prophezeihung des Untergangs.


    Das alles präsentiert Sánchez in einer ausgesprochen bildgewaltigen Sprache, die der beschriebenen Umwälzung durchaus gerecht wird. Allerdings wird es streckenweise doch ein bißchen zu detailverliebt, da wäre etwas mehr Erzähltempo gut gewesen. Vermißt habe ich auch ein Glossar für die eingestreuten Begriffe auf Nahuatl, die mich manchmal etwas ratlos zurückgelassen haben, sowie ein Personenregister. Im Laufe der Lektüre ist es mir zwar gelungen, das wesentliche halbe Dutzend Namen auf aztekischer Seite auseinanderzuhalten, aber angesichts dessen, daß sie zum Teil doch recht ähnlich sind, zum Teil Titel und persönliche Namen durcheinander verwendet werden und man praktisch keine Anknüpfungspunkte für irgendwelche Bedeutungen der Namen hat, fand ich das über weite Strecken doch ein bißchen verwirrend.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß
    Aldawen