Yael Hedaya - Eden

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    OT: Eden
    OA: 2005
    932 Seiten
    ISBN: 978-3257066388



    Klappentext:
    Eine Mitfahrgelegenheit in ein anderes Leben suchte Langzeit-Single Alona, als sie den geschiedenen Mark traf, der gerade eine Trattoria eröffnet hat und phantastisch kocht. Doch die Idylle mit Häuschen und Garten und zwei kleinen Kindern auf dem Lande hat ihre Schönheitsfehler, genauso wie die der anderen Paare in Eden, diesem Paradies alternder Yuppies vor den Toren von Tel Aviv.



    Eigene Meinung:
    Es ist sehr schwer zu beschreiben, worum es genau in diesem Roman geht, der schon fast eine Gesellschaftsstudie ist. Die Protagonisten sind keiner Altersgruppe zuzuordnen, denn egal ob der 3 jährige Ido, die 80jähriga Nechama, die 17jährige Ronny oder all die anderen im mittleren Lebensalter, sie alle spielen eine wichtige Rolle in diesem Roman. Es gibt nicht den einen Protagonisten, sie alle sind es, die gemeinsam ein Ganzes bilden; den Moschaw Eden, ein kleines Dorf in der Nähe der Großstadt Tel Aviv. Wie viele Zellen dazu nötig sind, dass ein einzelnes Organ funktioniert, so sind auch hier viele Menschen nötig um die Gesellschaft zu beschreiben, die in diesem Ort lebt. Lässt man sich ein, auf dieses Buch, so stellt man sehr schnell fest, dass für jeden ein Teil des Lebens darin enthalten ist, welchen man kennt. Liest man weiter, so wird den ein oder anderen das Gefühl beschleichen, die Autorin habe heimlich die eigenen Tagebücher gelesen, denn es sind so viele Gedanken, die wir selbst nur im geheimen ausformulieren, aber nie aussprechen, die hier klar, direkt und unverpackt ans Tageslicht kommen und dabei ist es irrelevant, ob es um den Kummer eines dreijährigen geht, den anscheinend unüberwindbare Berg an Problemen, des Erwachsenwerdens einer 16jährigen, die Belastungen einer alleinerziehenden, berufstätigen Mutter, einer Mutter, die getrennt von ihrer halbwüchsigen Tochter lebt, eine Großmutter, die feststellen muss, dass sie an ihre körperlichen Grenzen kommt, ein Mann, der nicht weiß was er will und wo er hingehört, ein Vater, der verzweifelt an seiner pubertierenden Tochter, weil er die Panik bekommt sie zu verlieren. Sie alle interagieren miteinander, gegeneinander und im Laufe des Buches erkennt man das Netz mit dem sie alle miteinander verbunden sind. Es sind keine herausragenden Ereignisse, die sich abspielen, es ist das alltägliche Leben, dass allerdings Aufregung und Beschäftigung zu genüge bietet und das Tag für Tag. Da diese Geschichte in Israel spielt, ist sie natürlich auch politisch eingebettet in den israelisch-palästinensischen Konflikt, dies aber nur am Rande. Letztendlich könnte dieses Dorf mit seinen Einwohnern über all auf der Welt sein. Die Emotionen, Gedanken und Geschehnisse sind unabhängig von Nation und Kontinent.
    Dass dieser Roman so intensiv in seinen Aussagen ist, liegt an der gelungenen Gestaltung der Autorin. Jedes Kapitel trägt immer wieder den Namen eines der vielen Protagonisten, welche abwechselnd im Mittelpunkt des Geschehens stehen. So geht Yael Hedaya immer wieder explizit auf eine Person und deren Emotionen ein und wir erhalten, zu oftmals sich berührenden Geschehnissen, unterschiedliche Einstellungen, Ansichten und auch Moralvorstellungen und das macht diese Geschichte ganz besonders interessant, denn auch der Leser ist indirekt dazu aufgefordert sich seine Meinung zu bilden und das Geschehene zu hinterfragen und zu beurteilen.
    Allerdings gab es einen Punkt, der mich immer wieder störte und zeitweise sogar nervte. Sehr oft verwendet Yael Hedaya, gerade was Sexualität angeht, und dies ist ein Thema dem sehr viel Raum eingeräumt wird, eine sehr derbe, ja fast vulgäre Sprache. Vielleicht hatte ich aber auch die Intension, die damit eventuell verbunden sein könnte, nicht verstanden. Ich habe schon zwei andere Romane dieser Autorin gelesen und habe dies in jenen auch nicht so erfahren. Im Nachhinein überlege ich mir, ob sie vielleicht gerade diese sehr harte Sprache dazu verwand, um die chaotischen Emotionen einer Jugendlichen und ihre ersten sexuellen Erfahrungen zu beschreiben und in einen Rahmen setzte, der dies verdeutlichen soll. Ich gestehe, dass dies zu Beginn des Buches ein ausschlaggebender Punkt war, dass ich das Buch fast nicht weitergelesen hätte. Zum Glück, habe ich mich letztendlich doch nicht davon abhalten lassen, diesen Roman zu beenden und trotz diesem, manchmal etwas unangenehmen Beigeschmack, hatte ich immer öfter das Gefühl ein ganz besonderes Buch mit einer unglaublichen Liebe zu charakterlichen Details in den Händen zu halten.
    Yael Hedaya ist eine Autorin, die sich sehr viele Gedanken macht und zwar um alle Bereiche der menschlichen Existenz, diese genauestens unter die Lupe nimmt, sich immer ausgezeichnet mit Hintergrundinformationen versorgt und sehr ehrlich ist, in dem was sie schreibt. Dass, was diese Frau zu Papier bringt, sind Gedanken, welche wir niemals äußern würden, aber die uns allen vertraut sind. Sehr oft wird uns in diesem Buch ein Spiegel vorgehalten und was wir sehen ist nicht immer unbedingt schön, aber es ist unsere Natur. Wenn wir das begreifen, dass wir damit nicht alleine sind, dass auch andere in ihrem geheimsten Bereichen des Lebens ihre dunklen Seiten haben, so werden diese Bereiche schon wieder etwas heller, denn wir sehen beim Lesen dieses Buches, wir sind einfach ganz normale Menschen, die vielleicht nach Perfektion streben, aber trotz aller Bemühungen diese niemals erreichen und das ist überhaupt nicht schlimm, solange wir ein wenig auf den anderen achten und uns bemühen zu verstehen.
    Selten war ich während des Lesens eines Buches so unschlüssig in meiner Meinung und noch niemals habe ich eine derart lange Rezension geschrieben, aber ich kann nur sagen, dieses Buch war es 100% wert nicht aufzugeben, sondern weiterzulesen.


    4ratten


    Tina