William Shakespeare - Viel Lärm um nichts/Much Ado about Nothing

Es gibt 29 Antworten in diesem Thema, welches 39.323 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

  • Ich bin jetzt erst mit dem ersten Akt durch, was auch sicherlich daran liegt, dass ich noch andere Bücher parallel lese/lesen muss... Abgesehen davon ist Shakespeare einfach auch komplex, wenn man sich wirklich darauf einlässt, selbst bei einer Komödie. Ich glaube bei dem Stück ohne Kommentar würde ich nur die Hälfte mitbekommen bei der Fülle an Anspielungen und Wortspielen. Ich nehme an, dass das damalige Publikum bezügl. gewisser Redewendungen oder mythologischer Anspielungen einfach bedeutend geübter war als der heutige Leser.


    Trotzdem mag ich das Stück, muss ich sagen, Benedick ist toll. :breitgrins: Und wenn man die "Großen" zweier Nationen vergleicht (und davon ausgeht, dass sie in ihren jeweiligen Ländern die Nr. 1-Quelle für Zitate und geflügelte Worte sind), dann muss ich zugeben, dass ich Shakespeare doch um einiges unterhaltsamer finde als Goethe.

    ... this is nat language at any sinse of the world.<br />:lesen: Gustave Flaubert: Madame Bovary&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; :buecherstapel: [url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/16631

  • Ich nehme an, dass das damalige Publikum bezügl. gewisser Redewendungen oder mythologischer Anspielungen einfach bedeutend geübter war als der heutige Leser.


    Das wird damals auch nicht gewesen sein, als es für uns heute ist. Man kennt eben die Redewendungen und Anspielungen seiner eigenen Zeit gut und weiß sie zu deuten. In vierhundert Jahren werden unsere Nachfahren mit dem Wortwitz heutiger Stücke genauso wenig vertraut sein wie wir jetzt mit Shakespeare, jedenfalls wenn es um Laien geht.

  • Tut mir leid, dass ich in diese Leserunde so gar nicht reinkomme, aber das Problem ist, dass ich noch kein Internet hab und immer wenn ich in der Uni sitze, wo ich Internet hab, hab ich keinen Shakespeare dabei. :breitgrins: Aber heute hab ich extra mal meinen Kindle mitgenommen und mir ein paar Minuten Zeit genommen.


    Mir gefällt Much Ado auch eher so mittelmäßig. Bei mir ist das so, dass ich Benedick und Beatrice einfach hervorragend finde, aber Hero und Claudio mich viel zu sehr nerven, weil sie einfach so konturlos sind (was natürlich Benedick und Beatrice wiederum noch wortgewaltiger erscheinen lässt... Wie Leonato so schön sagt: If they were but a week married, they would talk themselves mad.). Auch den Bösewicht finde ich nicht so überzeugend. Er ist einfach kein abgrundtief böser Iago oder kein verschmähter und grollender Richard III. Aber man kann nicht alles haben.


    Was ich bei dem Stück immer faszinierend finde, ist dass Shakespeare mitten in die Handlung springt und ständig andeutet, dass zwischen Beatrice und Benedick schon mal etwas mehr gewesen sein muss:


    Don Pedro: Come, lady, come; you have lost the heart of Signior Benedick.
    Beatrice: Indeed, my lord, he lent it me awhile; and I gave him use for it, a double heart for a single one: marry, once before he won it of me with false dice, therefore your Grace may well say I have lost it.
    Don Pedro: You have put him down, lady, you have put him down.
    Beatrice: So I would not he should do me, my lord, lest I should prove the mother of fools.


    Aber so richtig schlau, wird man daraus ja nicht.


    Interessant ist natürlich auch, dass Beatrice sich anfangs strikt weigert, sich verheiraten zu lassen. Es wird angedeutet, dass sie durchaus viele Interessenten hat (Leonato: "O! by means: she mocks all her wooers out of suit") und auch Don Pedro macht ihr ja einen Antrag. Beatrice ist Weise und komplett auf die Hilfe von Leonato angewiesen, was natürlich keine leichte Situation ist und sehr vergleichbar mit der von Rosalind in As You Like It.


    Ganz wundervoll finde ich in Akt 4 übrigens die Szene, in der Benedick und Beatrice zu einander finden. So viele schöne Zitate... :smile:


    Benedick: I do love nothing in the world so well as you: is not that strange?
    [...]
    Beatrice: I love you with so much of my heart that none is left to protest.


    ... und schon wird die Romantik durch das schön subtile "Kill Claudio" unterbrochen. Tja, Beatrice weiß eben, was sie will... manchmal zumindest.



    Dann ist mir noch was witziges aufgefallen: Als Benedick sich am Schluss darüber auslässt, dass er nicht gut reimen kann, kommt die Zeile: "I can find out no rime to lady but baby." Das ist mir vorher noch nie aufgefallen und als ich das Stück das letzte Mal im Theater gesehen hab, dachte ich, das hätte der Regisseur so eingebaut, da dieses "Baby" so unglaublich ironisch wirkt. Benedick, der Beatrice "Baby" nennt. Sehr modern. :breitgrins:


    Ich hab das Stück im Theater übrigens auch schon als Hip Hop Version gesehen: Beatrice und Benedick als Rapper, die sich Battles liefern und Don Pedro als schwuler Pimp. :breitgrins:

    &quot;This was another of our fears: that Life wouldn&#039;t turn out to be like Literature&quot; (Julian Barnes - The Sense of an Ending)


  • Ich hab das Stück im Theater übrigens auch schon als Hip Hop Version gesehen: Beatrice und Benedick als Rapper, die sich Battles liefern und Don Pedro als schwuler Pimp. :breitgrins:


    Das würde ich mir nur antun, wenn ich vorher wenigstens zwei "vernünftige" Inszenierungen davon gesehen hätte.

  • Ich habe soeben den 4. Akt gelesen und hier wird es jetzt trotz allem ziemlich tragisch.


    4. Akt, 1. Szene:
    Die arme Hero wird vor allen verleumdet und beleidigt und das nur auf Grund von sehr uneindeutigen Beweisen. Lediglich Beatrice und Benedick glauben ihr, wobei ich mir nicht sicher bin, ob Benedick ihr glauben würde, wäre er nicht in Beatrice verliebt und möchte um alles in der Welt Eindruck schinden und Beatrice gefallen.
    Die Worte des Priesters gefielen mir sehr gut, denn auch er ahnte, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Ich bin jedesmal etwas schockiert, wie Heros Vater reagiert. So heftig, dass er sogar seiner einzigen Tochter den Tod wünscht, aber man muss sich nun mal in Erinnerung rufen, dass dies vor einigen hundert Jahren spielte und Ehre und Tugend sehr hochangesehen waren. Ich könnte mich immer wieder aufregen, über dieses, damals so selbstverständlich Ungerechtigkeit, dass Männer sich vor der sexuell lustig austoben konnten, aber den Frauen dies verwehrt war. Zumindest wird die Idee des Mönches in die Tat umgesetzt und Hero hat Beatrice und Benedick auf ihrer Seite, so dass sie das Ganze nicht alleine durchstehen muss.
    Zumindest haben sich Beatrice und Benedick ihre Liebe gestanden. :herz:


    4. Akt, 2. Szene:
    Etwas entspannend und lustig ist dann wieder diese Szene, mit dem Verhör des Constables. Trotz seiner Verrücktheit kommt hier endlich die Wahrheit ans Licht.


    Viele Grüße Tina

  • Jetzt habe ich auch den Rest des Stückes gelesen und freue mich schon darauf mir auch wieder den Film anzuschauen, aber das darf ich nur mit meiner Tochter (7 Jahre), denn sie liebt diesen Film.


    5. Akt, 1. Szene
    Nachdem etwas Ruhe eingekehrt ist, und Leonato zum nachdenken kommt, ahnt er im Grunde seines Herzens das Hero verleumdet wurde. Die Rechnung des Mönches ging auf. Der „Tod“ Heros, lässt sie auf einmal in anderem Licht und als Opfer dastehen.
    Nun kommt auch der Constable zu Wort und Don Pedro und Claudio müssen erkennen, was sie angerichtet haben. Geschieht ihnen recht. Am meisten verärgert mich dieses Stelle:


    Zitat

    Sweet Hero! Now thy Image doth appear
    In rare semblance that I lov’d first.


    Erst vor ein paar Sekunden noch war Hero die Hure und nur noch Abschaum und im nächsten Moment wird das Bild dieser Frau wieder mit tiefer Liebe in Verbindung gebracht. Das ist eine Stelle, welche ich doch ein wenig übertrieben finde. In der heutigen Zeit, würde ich an Heros Stelle, Claudio dahin schicken wo der Pfeffer wächst. Wenn er ihr so etwas, zu damaligen Zeiten unverzeihliches zutraut, dann ist da ja wohl kein Vertrauen und keine Liebe. Nun muss man aber allerdings auch sagen, dass sich die beiden, sowie ich es verstanden habe, nicht sehr gut gekannt haben, und die Anziehung wohl eher zuerst auf Grund von Äußerlichkeiten bestand, wie es anscheinend zu diesen Zeiten öfters der Fall war. Es ist letztendlich sehr schwer darüber zu urteilen. Lediglich aus heutiger Sicht ist so ein Verhalten unverständlich.
    Nun, Claudio und Don Pedro erhalten insofern ihre Strafe, als das sie öffentlich, und zwar genauso öffentlich wie Hero angeklagt wurde, eingestehen müssen, die sie Schuld am Tod einer unschuldigen Frau tragen.
    Nun folgt allerdings noch eine Szene, welche ich ebenfalls niemals so richtig verstanden habe. Warum stirbt Leonatos Rache, wenn Claudio die Cousine von Hero heiratet? Ich verstehe hier nicht den Gedankengang.
    Und noch ein Satz, der mich immer wütend macht:


    Claudio:

    Zitat

    Tonight I’ll mourn with Hero


    Idiot, davon hat sie auch nichts mehr, wenn sie den, wie ja alle noch glauben, wirklich gestorben wäre.


    5. Akt, 2. Szene
    Die Liebe dieser beiden ist im Gegensatz zu der von Hero und Claudio viel glaubhafter. Sie kennen sich schon seit ewigen Zeiten und zwar so gut, dass sie auch die negativen Seiten des anderen kennen und sich dennoch bewusst füreinander entscheiden. Auch wenn Beatrice und Benedick, eigentlich die Nebenfiguren sind, so sind sie für mich, das einzig wahre Liebespaar in diesem Stück und gerade auf Grund diese beiden Charaktere ist es eben eines meiner Lieblingsstücke von Shakespeare.


    5. Akt, 3. Szene
    Claudio hält sein Wort und bekennt öffentlich seine Schuld an Heros Tod und fixiert es auch in form einer Grabinschrift.


    5. Akt, 4. Szene
    Claudio ist schon wieder echt fröhlich und macht seine Scherze mit Benedick obwohl, wie es scheint, gerade erst der Trauerzug um Hero beendet wurde. Ich denke, dass ist auch einer der Gründe, warum ich Claudio nichts abgewinnen kann. Er erscheint mir immer wieder extrem arm an wahren Gefühlen und ich fragte mich schon oft, ob dies in der Absicht Shakespeare lag oder ob er einfach aus irgendeinem Grund diesen Charakter vernachlässigt hat.
    Nach wie vor streiten Benedick und Beatrice in der Öffentlichkeit ihre Gefühle füreinander ab, bis sie mit Beweisen von ihren eigenen Händen, der Lüge gestraft werden. Schön. Die beiden sind einfach liebenswert.
    Und schon wir haben ein Happy End.

    Viele Grüße Tina

  • Dass Hero und vor allem Leonato, Claudio zurueck nehmen, ist sogar aus damaliger Zeit recht verwunderlich, da angedeutet wird, dass Claudio nicht mal viel Geld zu haben scheint. Claudio beschreibt Hero ja als ziemlich schoen und wenn das stimmt, kommt es schon komisch rueber, dass Leonato seine Tochter so "verscherbelt".


    Fuer mich macht es deshalb in einer Inszenierung noch am meisten Sinn, wenn die Hero-Darstellerin nicht wirklich huebsch ist und deshalb von Anfang an klar, dass Claudio auf ihr Geld aus ist und Leonato seine "haessliche" Tochter unter die Haube bringen will.


    Uebrigens empfinde ich Beatrice und Benedick schon als die zwei Hauptfiguren im Stueck. Beatrice ist die typische wortgewaltige Shakespeare-Heldin wie Rosalind oder Julia. Auch im Theater gehen diese beiden Rollen immer an die bekannteren und begabteren Darsteller.

    &quot;This was another of our fears: that Life wouldn&#039;t turn out to be like Literature&quot; (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Ich bin jedesmal etwas schockiert, wie Heros Vater reagiert. So heftig, dass er sogar seiner einzigen Tochter den Tod wünscht, [...]


    Ich finde das auch heftig. Er hätte sie genausogut in ein Kloster abschieben können, dann wäre sie quasi vom Erdboden verschwunden, könnte aber wenigstens ihr Leben in Ruhe leben.


    Auch wenn Beatrice und Benedick, eigentlich die Nebenfiguren sind, so sind sie für mich, das einzig wahre Liebespaar in diesem Stück und gerade auf Grund diese beiden Charaktere ist es eben eines meiner Lieblingsstücke von Shakespeare. [...] Nach wie vor streiten Benedick und Beatrice in der Öffentlichkeit ihre Gefühle füreinander ab, bis sie mit Beweisen von ihren eigenen Händen, der Lüge gestraft werden. Schön. Die beiden sind einfach liebenswert.


    Die beiden passen auch gut zusammen. Beatrice ist zwar berechnend und weiß ihren Charme einzusetzen, aber das ist genau das, was der etwas labile Benedick braucht. Sozusagen Zuckerbrot und Peitsche. Erst immer mit spitzen Worten agieren, und wenn er dann endlich am Ziel ist, hat er Angst vor der eigenen Courage und ist zu allem bereit, um Beatrice zu gefallen. Sie ergänzen sich ganz gut.


    Fuer mich macht es deshalb in einer Inszenierung noch am meisten Sinn, wenn die Hero-Darstellerin nicht wirklich huebsch ist und deshalb von Anfang an klar, dass Claudio auf ihr Geld aus ist und Leonato seine "haessliche" Tochter unter die Haube bringen will.


    So klingt das für mich auch am plausibelsten.

  • Das würde mich auch interessieren. Für mich gehört das Stück auch eindeutig in die Kategorie "Lieblingsstücke", obwohl ich einige Schwierigkeiten mit der Interpretation der Dialoge hatte.


    Sorry, dass ich jetzt erst antworte. War so stressig die Woche, dass ich gar nicht das Forum besucht habe....
    Ich denke es wird das Thema gewesen sein. Ich empand einfach nicht die Spannung wie bei Macbeth oder auch Hamlet. Vielleicht hat man mir einfach zu wenig gemordet :breitgrins: Geschmäcker sind eben verschieden. Aber ich fand das Stück ja jetzt auch nicht schlecht.

    :lesen: Sabine Weigand - Die Tore des Himmels


  • Sorry, dass ich jetzt erst antworte.


    Macht doch nichts.



    Ich empand einfach nicht die Spannung wie bei Macbeth oder auch Hamlet. Vielleicht hat man mir einfach zu wenig gemordet :breitgrins: Geschmäcker sind eben verschieden.


    Ich mag z. B. die Königsdramen nicht so gern. Du hast recht, dies ist ein unblutiges Stück, was mir aber nichts ausmacht. Der einzige Bösewicht, Don Juan, war ja eigentlich gar nicht sooo böse. Seine Rolle hätte ruhig noch ein bisschen vertieft werden dürfen. Claudio und Leonato haben auch nicht gerade weiße Westen an. Ihre Reaktionen gegenüber Hero lassen zu wünschen übrig, aber bei ihnen liegt es an ihrer Dummheit und den damaligen Gepflogenheiten, dass sie sich so verhalten.