Maarten ´t Hart - Unterm Scheffel

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  • Maarten ´t Hart: Unterm Scheffel


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    Inhalt:


    Alexander Goudveyl blickt als Pianist auf eine ansehnliche Karriere zurück. Eines Abends wird der verheiratete Musiker nach einem Auftritt von einer jungen Frau angesprochen. Sie interessiert sich für eins seiner Konzerte. Bald stattet sie ihm einen persönlichen Besuch ab, umd diese Aufnahme bei ihm abzuholen. Unüberlegt und voller Leidenschaft stürzt sich Alexander in eine Affäre mit ihr. Zum ersten Mal in seinem Leben denkt er nicht an Johann Sebastian Bach, sondern an Sylvias Lippen und die sinnlichen Linien ihres Körpers. Doch während seine Liebe wächst, immer intensiver und unbedingter wird, kühlt die seiner Geliebten unversehens ab. Verzweifelt versucht Alexander, die Kluft zwischen ihnen zu schließen. Immer weniger weiß er, mit wem er es überhaupt zu tun hat - mit einem zaghaften Mädchen oder einem weiblichen Don Juan, dessen Liebe so schnell erlischt, wie sie entflammt ist.


    Meine Meinung:


    Das Buch behandelt ein Thema, das ich eigentlich völlig uninteressant finde: ein Mann verliebt sich in eine wesentlich jüngere Frau, und das Ganze ist aus Sicht des Mannes geschildert. Dennoch habe ich das Buch mit großem Genuß gelesen, denn wie Maarten ´t Hart es schafft, die Gedanken, Empfindungen und alltäglichen Erlebnisse Alexanders zu schildern, ist (wie alles von diesem Autor) so gelungen, daß es einfach spannend ist. Goudveyl, der sich mit Mitte 40 als zu alt für eine Dreißigjährige empfindet und zunehmend sein ganzes Leben dieser Affäre unterordnet, merkt kaum, wie sie mit ihm spielt und wie er sich unversehens in immer tiefere Abhängigkeit und damit ins Verderben manövriert. Er kommt nicht mehr von Sylvia los, auch nicht als diese ihn mal abweisend, mal freundlich behandelt und am langen Arm verhungern läßt. Auch Alexanders Freunde schaffen es nicht, ihm da herauszuhelfen.


    "Unterm Scheffel" wurde bereits vor 20 Jahren geschrieben und wurde offenbar erst kürzlich ins Deutsche übersetzt. Ich finde darin bekannte Motive aus anderen Werken von ´t Hart. Alexander Goudveyl ist die Hauptperson von "Das Wüten der ganzen Welt" und kommt (wenn ich mich recht erinnere) auch in "Die Netzflickerin" vor. Gedanken über Musik spielen eine große Rolle, typisch für ´t Harts Bücher. Auch die Motive der Kinderfeindlichkeit, der nächtlichen Schlaflosigkeit sind bekannt ("Der Schneeflockenbaum", "Der Psalmenstreit").


    Mit dem Ende des Buches gibt der Autor seinen Lesern eine ziemliche Kröte zu schlucken. Bis wenige Seiten vor dem Schluß hofft man, daß Alexander es doch noch schafft, sich von Sylvia zu lösen - man denkt, es kann nicht sein, daß solch eine Frau Macht über Leben und Tod von jemandem wie Alexander Goudveyl bekommt, der seine eigene reiche Welt hat, aber diese völlig aus den Augen verliert und sein Licht unter den Scheffel stellt. Das Ende ist offen - es deutet zwar in eine ganz bestimmte Richtung, aber mit etwas Phantasie ist auch eine Alternative denkbar (ich bleibe im Ungefähren, um nicht zu spoilern). Mir gefällt dieses Ende in seiner Unbestimmtheit sehr gut.


    Insgesamt bietet das Buch ein schönes Lesevergnügen, es hat trotz des etwas unangenehmen Themas Leichtigkeit, Humor und Lebensweisheit.


    5ratten

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Ich habe das Buch auch vor ein paar Wochen gelesen. Das war mein erster `t Hart (übrigens, angeregt durch den Beitrag von dir, kaluma, ein einer Monatsrunde habe ich spontan in der Buchhandlung zu dem Buch gegriffen) und es wird nicht mein letzter sein. Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Wie du sagst, schafft es der Autor, Themen, die eigentlich nichts mit der eigenen Erfahrungswelt zu tun haben müssen, spannend, unterhaltend und interessant zu schildern. Auch für klassische Musik (und es ist wirklich viel die Rede davon) konnte er mich begeistern, obwohl das totales Neuland für mich ist. Ich habe schon ein paar CDs auf meinen Wunschzettel gepackt....


    Interessant fand ich auch, dass ich mich eigentlich ganz gut mit der weiblichen Person identifizieren konnte, aber zu Alexander gehalten und mit ihm mitgefühlt habe.


    Von mir auch


    5ratten

    Ich bezeige, nach Hertzens-Aufrichtigkeit, dass ich mich glücklich schätze, mich mit Verehrung nennen zu dürfen und ersterbe,<br />Roulade<br /><br />[url=http://www.literaturschock.de/autoren/interviews/119-intervie

  • Hallo!


    kaluma: danke für die Rezi!


    "Leichtigkeit" und "Humor" sind Worte die ich nicht unbedingt mit Maarten 't Hart in Verbindung bringe. Trotzdem klingt das Buch sehr interessant- besonders wenn ich mir überlege, wie viel Autobiografisches oft in seinen Romanen zu finden ist :teufel: Ich freunde mich gerade wieder vorsichtig mit 't Hart an. Nachdem mir einige Bücher von ihm nicht gefallen haben, hat mich die Lektüre der letzten Zeit wieder ein wenig mit ihm versöhnt.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Das freut mich, roulade, wenn ich dir einen guten Tip geben konnte! :smile:


    Kirsten


    "Leichtigkeit" und "Humor" sind Worte die ich nicht unbedingt mit Maarten 't Hart in Verbindung bringe.


    Leichtigkeit meine ich auch nicht im Sinne von "seicht", sondern ich meine sein Talent, die alltäglichen, kleinen Dinge des Lebens so interessant und im Plauderton zu beschreiben. Humor finde ich immer wieder bei Maarten ´t Hart, hast du Lotte Weeda (In unnütz toller Wut) gelesen? Da hätte ich mich an vielen Stellen wegschmeißen können vor Lachen, obwohl es insgesamt ein bißchen makaber ist.


    Irgendwie trifft dieser Autor wohl einfach meine Wellenlänge. Ich fand bisher noch jedes Buch gut, das ich von ihm gelesen habe. Ich werde versuchen, nach und nach alle seine Bücher zu lesen. Zum Glück ist er mir ja auch in Originalsprache zugänglich.


    Grüße, kaluma

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Hallo!


    In unnütz toller Wut habe ich gelesen, aber die Lektüre ist zu lange her für eine Rezi :rollen: Zu einem kleinen Kommentar in Deinem Thread hat es aber gereicht :winken:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hmm, mich konnte "Unterm Scheffel" leider nicht so überzeugen... auch wenn ich es nicht schlecht fand, begeistert hat es mich auch nicht.



    Der Musiker Alexander trifft bei einem Auftritt auf die Tierärztin Sylvia und ist von Beginn an von ihr fasziniert. Sylvia ist auf der Suche nach einer seiner Schallplatten – für Alexander ist dies die Möglichkeit, mit dieser Frau in Kontakt zu kommen. Dies ist der Anfang einer Affäre, bei der es innerhalb eines Jahres viele Höhen und Tiefen sowie Anziehung und Ablehnung von beiden Seiten geben wird.


    Schon die Vorbereitung des ersten Telefonanrufes bei Sylvia ist eigentlich bereits eine Zusammenfassung der sich ergebenden Beziehung. Alexander zögert, traut sich nicht, bei Sylvia anzurufen, um einen Termin zur Übergabe der versprochenen Schallplatte abzumachen. Er lernt ihre Nummer auswendig, sieht überall Zeichen und Hinweise auf diese Nummer und ruft schließlich an. Es folgt ein erstes Treffen bei ihm zu Hause. Weitere Treffen finden zu Beginn vor allem an neutralen Plätzen statt, es dauert, bis Alexander Sylvia zum ersten Mal bei ihr zu Hause besuchen darf.


    Zentrales Thema ist die Anziehung zwischen den beiden, aus Alexanders Sicht geschildert. Dabei ist diese Anziehung immer von einem Zögern und Zweifeln Alexanders geprägt. Wiederholt glaubt er, dass seine Gefühle für sie vorbei seien, dass er die Beziehung beenden muss – nur um sich kurz darauf wieder sicher zu sein, dass er den Rest seines Lebens mit ihr verbringen will. Und während er sich allmählich seiner Zuneigung zu ihr sicherer wird und weniger zweifelt, zieht sich Sylvia langsam immer weiter von ihm zurück, bringt immer wieder andere Männer (ihre Ex-Freunde) ins Gespräch und verbringt auch ihren Urlaub mit einem von ihnen.
    Alexanders Ehefrau spielt kaum eine Rolle. Es gibt eigentlich keine Beziehung mehr zwischen den beiden, sie haben sich nichts mehr zu sagen und leben aneinander vorbei. Die Ehefrau ist oft als Sängerin unterwegs und somit ist es für Alexander nicht schwer, Sylvia regelmäßig zu treffen. Ob die Ehefrau von der Affäre ihres Mannes weiß, wird nicht klar – wahrscheinlich hätte es sie aber sowieso nicht gestört. Zu Beginn versucht Alexander mehrmals, über eine mögliche Scheidung zu sprechen, doch dies wird immer abgeblockt. Und in der zweiten Hälfte des Buches wird die Ehefrau so gut wie nie erwähnt, man erfährt immer nur, dass sie wieder zu einem Engagement unterwegs ist.
    Die dritte Frau in Alexanders Leben ist seine Freundin Hester, mit der er oft zusammen Auftritte hat. Sie ist auch diejenige, der er von seiner Affäre erzählt und die sich immer wieder sein Leid anhören muss. Mit Hester hat Alexander eine große Gemeinsamkeit, nämlich die Liebe zur Musik. Musik, vor allem die seiner Lieblingskomponisten sowie seine eigenen Kompositionen, sind für ihn sehr wichtig. So ist es für ihn ab und an auch problematisch, dass Sylvia seinen Musikgeschmack überhaupt nicht teilt und nichts von klassischer Musik versteht. Dennoch ist meistens ihre Anziehung größer als die Ablehnung ihrer musikalischen Vorlieben, so dass Alexander mit Sylvia kaum über Musik diskutiert.


    Kurz gesagt besteht der gesamte Roman aus Alexanders ewigem Zweifeln, einem ständigen Pendeln zwischen „nicht mehr ohne sie leben können“ und der Erkenntnis, dass er mit dieser Frau nichts gemeinsam hat. Im Verlauf der Beziehung verschiebt sich der Schwerpunkt auf ersteren Punkt und gleichzeitig weicht Sylvia ihm immer mehr aus, sie treffen sich seltener, zeitweise sind sie getrennt.


    Die Geschichte an sich ist nicht schlecht, das Thema fand ich auch interessant, das Ganze ist auch gut zu lesen, und dennoch hatte ich meine Probleme damit. Ich fand diese Beziehung zu umständlich, dieses ständige Hin und Her, Alexanders ständige Zweifel, dazu immer wieder die eingestreuten Verweist auf die Lieblingskomponisten und Lieblingswerke (die ich auch nicht alle kannte) – mich konnte das leider nicht wirklich überzeugen und ich empfand es streckenweise auch als langatmig und schwerfällig.


    Das war mein erstes Buch von Maarten `t Hart, und ich fand es insgesamt dennoch gut genug, um mal ein anderes ausprobieren zu wollen.

  • Meine Meinung
    Viel passiert nicht in der Beziehung zwischen Alexander und Sylvia. Aber was passiert, beschreibt Maarten 't Hart sehr genau. Wie sich die Beiden ineinander verlieben, das Glück der ersten gemeinsamen Zeit und den Moment, an dem ihre Beziehung zerbricht. Alles, was danach kommt ist nur noch das Festhalten an einer Sache, die zum Scheitern verurteilt ist. In dieser Phase wird die rosarote Brille abgesetzt. Was vorher nicht gesehen wurde, wird auf einmal zum Problem. Warum isst Alexander sein Ei so hastig oder warum ist Sylvia so kalt zu ihren Patienten? Solche Kleinigkeiten werden zu unüberbrückbaren Hindernissen. Aber eigentlich war es absehbar, dass die Beziehung nicht halten würde. Er traut seinem spät gefundenen Glück nicht und Sylvia hat sich eher in den Gedanken an eine neue Beziehung als in den Mann selbst verliebt.


    Ich musste mir beim Lesen immer wieder vor Augen führen, dass Alexander erst Mitte Vierzig ist. So wie er redet und wie er sich gibt, hätte ich ihn für wesentlich älter gehalten. Meiner Meinung passen er und Hester übrigens viel besser zusammen als er und Sylvia :zwinker:


    Unterm Scheffel hat mir eine neue, sehr angenehme Seite von Maarten 't Harts Werken gezeigt. Das Buch hat mich angenehm überrascht.
    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

    Einmal editiert, zuletzt von Kirsten ()