Walter Kohl - Leben oder gelebt werden

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  • Schritte auf dem Weg zur Versöhnung.


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    Kurzbeschreibung von amazon.de:
    Die Herausforderung: leben, statt gelebt zu werden


    Viele Jahre lang lebte Walter Kohl ein Leben im Schatten eines übermächtigen Namens – als „Sohn vom Kohl“. Die Belastungen der CDU-Parteispendenaffäre und der Freitod seiner Mutter wurden für ihn schließlich zur existenziellen Prüfung. Doch er entdeckt einen Weg, um die Herausforderung seines Lebens zu meistern: Durch einen Prozess bewusster Versöhnung schließt er Frieden mit der eigenen Vergangenheit, mit den Eltern und mit sich selbst. So öffnet sich für ihn ein neuer Weg zu Selbstbestimmung und persönlicher Erfüllung.


    Ein Buch, das Mut macht, sich aus fremdbestimmten Lebensumständen zu lösen und den eigenen Weg zu gehen.


    Meine Meinung:
    Ich muss sagen, ich steh dem Buch ein wenig gespalten gegenüber. Ich bin 22 Jahre alt und habe die Amtszeit von Helmut Kohl als Zeitzeuge eigentlich gar nicht nicht wahrgenommen, weil ich entweder noch nicht geboren war oder einfach noch so jung, dass mich nichts außer essen und schlafen interessiert hat. Man bekommt zwar einiges mit, gibt ja genügend Berichte über Helmut Kohl, aber wie unterschiedlich er als Politiker doch wahrgenommen wurde, weiß ich nur vom hören-sagen.
    Walter Kohl beschreibt dies in dem Buch immer wieder - und wie sehr es sein Leben beeinträchtigt hat. Wenn man das Buch liest, kommt man nicht umhin zu denken: Was war Helmut Kohl nur für ein Mensch? Wie kann ihm seine Familie nur so egal? Ich finde es schwierig, da zu differenzieren. Familienstrukturen waren zu der Zeit anders, als sie heute sind und im Allgemeinen tue ich mich schwer damit, Helmut Kohl zu verurteilen, obwohl das Buch es irgendwie will. Das ist für mich ein großer Kritikpunkt. Ich hatte teilweise das Gefühl, dass ich in diesen Familienzwist mit hinein gezogen werde, obwohl es mich einfach gar nichts angeht.
    Allerdings wies das Buch auch sehr interessante Aspekte für mich auf. Vor allen Dingen durch den Film Baader-Meinhof-Komplex bekam ich immer ein recht heroisierendes Bild der RAF. Die Bedrohung, die Walter Kohl durch die Terroristen empfindet, wie er teilweise mit Politikern, die später entführt oder ermordert worden, noch Kontakt hatte, hat mich fast zum ersten Mal wirklich nachempfinden lassen, was die RAF eigentlich alles angerichtet hat. Solche Momente haben das Buch für mich dann wieder lesenswert machen lassen, weil sie dort meinen Horizont erweitert und nicht eingeschränkt haben.
    Aufgrund dieser zwei so unterschiedlichen Erfahrungen will ich keine Ratten geben - denn manche Stellen verdienen in meinen Augen fünf Ratten, andere wiederum keine.

  • Ich habe das Buch in diesem Jahr ebenfalls gelesen.
    Helmut Kohl war für einen großen Teil meines Lebens Kanzler, wobei ich mich auch an die vor-Kohl-Zeit erinnern kann. Allerdings bin ich ein eher unpolitischer Mensch und habe mir keine großartigen Gedanken über Helmut Kohl nebst Gattin gemacht. Und das er Kinder hat, war mir nie sonderlich präsent.


    Walter Kohl gibt hier einen guten Einblick in sein Leben und wie er seine Kindheit als "Sohn vom Kohl" empfunden hat. Es war keine angenehme Zeit und trotz vieler Privilegien überwiegen die negativen Seiten, das "gefangen-sein" oder das "gefangen-fühlen", deutlich. Trotzdem rechnet Walter Kohl hier nicht öffentlich mit seinem Vater ab. Oft habe ich seinen Text als versöhnlich empfunden, was Vater Kohl aber sicherlich anders sehen wird.


    Walter Kohl macht im Buch einen eher introvertierten Eindruck, ein anderes Kind hätte das Leben als "Sohn vom Kohl" (diese Worte tauchen immer wieder auf) sicherlich anders verkraftet. Aber es geht hier um Walter Kohl, um sein Empfinden, sein persönliches Erleben und die Beeinflussung seines Lebens durch den bekannten und sicherlich nicht von allen geliebten Vater.


    Ein mutiges Buch von einem sympathischen Walter Kohl.

    Liebe Grüße

    SheRaven

  • Hm, am Anfang habe ich es auch nicht so ganz als Abrechnung empfunden - er beschreibt ja auch Szenen, die er sehr schön in Erinnerung hat und die er auch nur so erleben konnte, weil sein Vater Kanzler war. Allerdings finde ich, ändert sich das ein wenig am Ende des Buches. Ob man es "Abrechnung" nennen soll, ist natürlich fraglich. Aber ich finde einfach, dass Helmut Kohls zweite Heirat und wie er damit umgegangen ist und wie Walter Kohl da empfunden hat - so etwas muss man bei aller Liebe nicht publik machen. Ich kann Helmut Kohl verstehen, wenn er deswegen verärgert war. Das ist eine Familienangelegenheit und gehört nicht in die Öffentlichkeit. Ich finde eh, dass viele bekannte Leute ihr Privatleben viel zu sehr in der Öffentlichkeit ausbreiten. Natürlich ist es irgendwo immer interessant, der Mensch ist ein neugieriges Wesen, aber ich persönlich würde sowas auch nicht haben wollen. Deswegen sind manche Stellen bei mir wirklich negativ aufgestoßen.
    (Im Allgemeinen habe ich eine recht differenzierte Haltung zu (Auto-)Biographien und denke, dass viele Leute, die welche schreiben, sich viel zu wichtig nehmen.)