Andreas Laudan - Das Geflecht

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    Tia Traveen ist Speläologin, zu Deutsch Höhlenforscherin. Und sie ist blind. Seit einem Autounfall in ihrer Kindheit ist ihr Sehnerv unwiderruflich geschädigt und Tia seitdem auf ihre anderen Sinne angewiesen. Gemeinsam mit ihrem besten Freund und Mitbewohner hat sie schon bei einigen Rettungsaktionen mitgeholfen und Tia hat sich einen entsprechenden Namen gemacht. So ist es kein Wunder, dass sie angerufen und um Hilfe gebeten, als mehrere Jugendliche in einer unerforschten Höhle in einem alten Salzbergwerk abgestürzt sind. Die Jugendlichen wollten eigentlich nur ihren Schulabschluss an einem besonderen Ort feiern, doch diese Abenteuerlust ist ihnen nun zum Verhängnis geworden. Da ist es ein wahrer Glücksfall, dass Tia gerade im Nachbarort einen Vortrag gehalten hat und somit kurzfristig zum Einsatz kommen kann. Aber vielleicht gibt es noch andere Gründe, warum man die allein arbeitende, blinde Frau für die Rettung bevorzugt? Denn ganz offensichtlich gibt es in dieser Höhle Dinge, die besser niemand zu Gesicht bekommen sollte!


    Die unerschütterliche blinde Forscherin und starke Frau erfüllt schon ziemlich viele Klischees. Tia Traveen ist trotzdem ein interessanter Charakter, auch wenn sie mir an einigen Stellen zu viel konnte und leistete. Gar nicht mal in Bezug auf ihre Blindheit, es ist ja bekannt, dass Blinde erstaunliche Fähigkeiten entwickeln können, so eben auch die geschilderte Orientierungsmethode, durch Schnalzen Räume auszuloten, die von Daniel Kish gelehrt wird. Aber Tia ist nicht nur körperlich unglaublich leistungsfähig, sondern auch in jeder anderen Hinsicht nahezu perfekt, hyperintelligent, emotional (bis auf eine Ausnahme) extrem feinfühlig, humorvoll, gutaussehend, etc. Wenn sie nicht blind wäre, könnte man glatt Komplexe bekommen.


    Die Nebenfiguren sind aber auch sympathisch, insbesondere eine der Jugendlichen macht im Verlauf des Buches eine tolle Entwicklung durch, sie war eigentlich mein Lieblingscharakter. Gut gefallen hat mir auch die Darstellung der Journalistin, die hier sehr menschlich dargestellt wird und nicht wie so oft das Klischee des Reporters, der für seine Story über Leichen geht, bedient. Ebenso fand ich es gut, dass hier mal ein jugendliches Pärchen dargestellt wird, bei dem der Junge fest zu seiner Freundin steht, obwohl die nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht und einige Pfund mehr auf den Hüften hat, als sie selbst es gerne hätte.


    Die Bösewichte der Geschichte hingegen sind mir ein wenig zu eindimensional geraten, dadurch fand ich auch einen Teil des Rätsels, was in der Höhle wohl passiert ist, sehr vorhersehbar.


    Die Handlung in der Höhle ist aber dennoch spannend und unheimlich. Der Autor spielt hier recht gekonnt die Gruselwirkung von Höhlen, Dunkelheit und ungewöhnlichen Lebensformen aus, so dass man das Buch an diesen Stellen kaum aus der Hand legen kann.


    Die Szenen, die sich parallel außerhalb der Höhle abspielen, fand ich nicht so spannend, aber um die Geschichte rund zu machen, gehören sie dazu.


    Positiv zu erwähnen ist auf jeden Fall auch das schlüssige Ende, an dem alles aufgeklärt wird.


    Tia Traveen könnte ich mir durchaus auch in weiteren Büchern als Protagonistin vorstellen und ich bin gespannt, ob der Autor sie irgendwann wiederkommen lässt!


    4ratten

    LG, Dani


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    Einmal editiert, zuletzt von Spatzi79 ()


  • Tia Traveen ist Speläologin, zu Deutsch Höhlenforscherin. Und sie ist blind. Seit einem Autounfall in ihrer Kindheit ist ihr Sehnerv unwiderruflich geschädigt und Tia seitdem auf ihre anderen Sinne angewiesen. Gemeinsam haben die beiden schon bei einigen Rettungsaktionen mitgeholfen


    Welche beiden? Bin ich so blind, oder hast du jemanden nicht erwähnt? :gruebel:



    es ist ja bekannt, dass Blinde erstaunliche Fähigkeiten entwickeln können, so eben auch die geschilderte Orientierungsmethode, durch Schnalzen Räume auszuloten, die von Daniel Kish gelehrt wird.


    Haben wir da nicht gerade schon mal ein Buch von gelesen? :zwinker: Bist du deshalb darauf gekommen, oder war das Zufall?

    Liebe Grüße,<br />Verena<br /><br />&WCF_AMPERSAND"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben?&WCF_AMPERSAND" Gandalf in &WCF_AMPERSAND"Die Gefährten&WCF_AMPERSAND", J.R.R. Tolkien

  • Sorry, hab es verbessert - das kommt davon, wenn man nur Teile noch 3mal umschreibt...


    Ja, irgendwo hatten wir diese Methode kürzlich erst, ich komm aber nicht mehr drauf, wo das war. Und hier im Buch wird Kish auch ausdrücklich erwähnt.

    LG, Dani


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  • Sorry, hab es verbessert - das kommt davon, wenn man nur Teile noch 3mal umschreibt...


    Das kenne ich auch. :breitgrins:



    Ja, irgendwo hatten wir diese Methode kürzlich erst, ich komm aber nicht mehr drauf, wo das war. Und hier im Buch wird Kish auch ausdrücklich erwähnt.


    In Dark Canopy. Da wird Kish natürlich nicht explizit erwähnt, aber könnte schon sein, dass er da auch zugrunde liegt.

    Liebe Grüße,<br />Verena<br /><br />&WCF_AMPERSAND"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben?&WCF_AMPERSAND" Gandalf in &WCF_AMPERSAND"Die Gefährten&WCF_AMPERSAND", J.R.R. Tolkien

  • jetzt wo du es sagst! Stimmt, da bekommt sie ja die Lektion von der Blinden! Danke! Da hätte ich jetzt noch ewig drüber nachgrübeln können!


    Ich finde das ja immer lustig, wenn solche Details in mehreren Büchern hintereinander eine Rolle spielen :zwinker:
    Und ja, Jennifer hatte in der Leserunde auch Kish erwähnt und verlinkt, wenn ich nicht irre.

    LG, Dani


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  • Ich finde das ja immer lustig, wenn solche Details in mehreren Büchern hintereinander eine Rolle spielen


    Ich finde das manchmal regelrecht erschreckend. Man hört von irgendwas zum ersten Mal und plötzlich läuft es einem andauernd über den Weg :entsetzt:

    Liebe Grüße,<br />Verena<br /><br />&WCF_AMPERSAND"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben?&WCF_AMPERSAND" Gandalf in &WCF_AMPERSAND"Die Gefährten&WCF_AMPERSAND", J.R.R. Tolkien

  • Der junge Justin Bringshaus hat sich eine besondere Überraschung für seine Freunde Dana, Laura und Finn einfallen lassen: er will mit ihnen ihren Schulabschluß in einem stillgelegten Bergwerk feiern, den Schlüssel stibitzt er seinem Vater, der dort regelmäßig nach dem Rechten sieht. Durch den mitgebrachten Sekt und einem Joint ist die Stimmung ziemlich gut, bis Dana und Finn durch ein Loch im Boden in den darunterliegenden ehemaligen Müllschacht abstürzen. Justins Vater wendet sich an die bekannte Höhlenforscherin Tia Traveen, die zufälligerweise in der Gegend einen Vortrag hält und bundesweit durch ihre Hilfe bei Rettungsaktionen von Verschütteten bekannt ist. Die Rettung läuft erfolgreich an, bis plötzlich alles schief läuft und Tia mit den anderen von der Außenwelt abgeschnitten wird. Aber nicht nur der verschüttete Rückweg macht Tia Sorgen, sondern auch das pilzartige Geflecht, das den ganzen Müllschacht überzogen hat und auch vor Menschen nicht haltzumachen scheint. Außerdem scheint Justins Vater und dessen Freund Boettcher irgenwas über den Müllschacht zu wissen, von dem sie vermeiden wollen, daß es an die Öffentlichkeit gelangt.


    Meine Meinung:
    Bücher über Menschen, die verschüttet werden, gibt es einige, aber die Besonderheit in diesem Buch ist, daß die Protagonistin Tia Traveen nicht nur eine Expertin auf ihrem Gebiet, sondern auch blind ist. Zusammen mit ihrem Partner Leon hat sie bereits viele Höhlen erkundet und wurde in den Medien durch ihre Hilfe bei Rettungsaktionen bekannt. Sie orientiert sich in den Höhlen mit der Methode nach Daniel Kish, bei der der Blinde Schnalzlaute von sich gibt und durch das Echo Gegenstände erkennen kann, ähnlich dem Radar der Fledermäuse. Diese Methode war mir bekannt, da ich vor einiger Zeit davon gelesen habe; es ist sehr faszinierend, wozu der Mensch in der Lage ist, wenn er nicht alle seine Sinne zur Verfügung hat.


    Von den Charakteren haben mir Tia und Leon sowie Justin und Dana am besten gefallen. Tia erschien mir anfangs fast zu perfekt: sie ist Expertin in der Höhlenforschung, verliert nicht die Nerven, kann beruhigend auf Menschen einwirken, die kurz davor stehen, in Panik auszubrechen und dazu sieht sie auch noch gut aus. Normalerweise finde ich solche Charaktere eher langweilig, aber der Grund, warum sie ihre Stärke entwickelt hat, fand ich nachvollziehbar. Außerdem wird während der Lektüre klar, daß Tia zunehmend unter dem Druck und dem Zwang, alles alleine in den Griff zu bekommen, zunehmend leidet und ihre starke Fassade bröckeln anfängt.
    Leon, mit dem sie in einer Wohngemeinschaft zusammenlebt, und der sie zu ihren Höhlenexkursionen begleitet, würde Tia gerne helfen, schafft es aber auch nicht, durch ihren Schutzpanzer zu dringen.
    Justin und seine Freundin Dana sind ein sehr gegensätzliches Paar: Justin ist risikofreudig, macht sich kaum Gedanken um Gefahren und liebt das Leben, während Dana Angst vor Krankheiten und vorallem Dunkelheit hat und unter Minderwertigkeitskomplexen wegen ihrem Äußeren leidet. Die Entwicklung, die die Beiden während ihres Aufenthalts in der Höhle durchmachen, hat mir sehr gut gefallen.


    Die übrigen Figuren waren mir etwas zu einseitig und dadurch in ihrem Handeln zu vorhersehbar, aber das Buch lebt hauptsächlich von den spannenden und klaustrophobischen Beschreibungen der Verschütteten, die versuchen, in völliger Dunkelheit einen Weg nach draußen zu finden und dem Pilzgeflecht zu entkommen. Und immer, wenn ich dachte, es kann nicht schlimmer kommen, kam es doch noch schlimmer.


    Eine weitere Hauptfigur ist unbestritten das pilzartige Geflecht, das dem Leser immer wieder die Nackenhaare aufstellen läßt. Umso gruseliger wird das Ding dadurch, daß es nicht der Fantasie des Autors entsprungen ist, sondern eine reale Vorlage hat.


    Ich freue mich in jedem Fall darauf, in dem neuesten Buch von Andreas Laudan „Das blaue Leuchten“ wieder auf Tia Traveen zu treffen, auch weil ich nach dem Ende dieses Buches gespannt, bin, wie es mit ihr weitergeht.


    4ratten

    Liebe Grüße

    Karin

  • Cool, dass du es noch vor dem zweiten Teil gelesen hast. Unsere Meinungen sind ja ziemlich deckungsgleich :zwinker:

    LG, Dani


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