Gerbrand Bakker - Oben ist es still

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    Inhalt
    Helmer entrümpelt das Erdgeschoss seines Elternhauses. Er verfrachtet seinen Vater mit seinen gesamten Sachen in den ersten Stock, streicht die Wände und kauft neue Möbel. Mit Pflanzen kann er nichts anfangen, die landen auf dem Misthaufen. Wenn jetzt sein Vater noch sterben würde, hätte er endlich Ruhe vor der Vergangenheit. Aber der alte Mann tut ihm den Gefallen nicht. Schlimmer noch: Helmer soll den Sohn einer Freundin als Knecht auf dem Hof beschäftigen. Mit dem Jungen kommt die Vergangenheit zurück.


    Meine Meinung
    Helmer van Wonderen ist über 50, Junggeselle und lebt mit seinem Vater auf dem Bauernhof der Familie. Nach dem Tod der Mutter haben die beiden Männer den Hof gemeinsam bewirtschaftet, bis der Vater zu gebrechlich wurde. Doch eigentlich war es nie Helmers Wunsch, Bauer zu werden. Er wollte in Amsterdam studieren, aber der Tod seines Zwillingsbruders Henk brachte ihn auf den Hof zurück. Er sollte seinem Vater den Sohn ersetzen, den er verloren hatte. Mit Helmer konnte er nie etwas anfangen, weil der sich nie für den Hof interessierte. Der Vater wiederum interessierte sich für nichts anderes und konnte nicht verstehen, dass es seinem Sohn nicht genauso ging.


    Dann kommt ein neuer Henk auf den Hof: der Sohn der Verlobten seines Bruders. Helmer muss sich mit dem jungen beschäftigen, der sein Neffe hätte sein können. Zunächst verleugnet er die Existenz des alten Mannes vor dem Jungen, wie er sie vor sich selbst gerne verleugnen würde. Aber der junge Henk macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Zwischen ihm und dem Alten einwickelt sich so etwas wie Freundschaft, während Helmer seinen Vater nur hasst und ihn und seine Bedürfnisse mehr als einmal ignoriert. Dabei wollen die beiden doch dasselbe: Helmer will seinen Vater los werden und der alte Mann will sterben.


    Oben ist es still ist ein sehr eindringlich geschriebenes Buch. Helmer erzählt die Geschichte seiner Familie, von der nur noch der einzige Mensch übrig geblieben ist, den er nicht liebte. Das Auftauchen des jungen Henk zwingt ihn, sich mit seiner Vergangenheit auseinander zu setzen. Dabei muss er erkennen, dass nicht alles so war, wie er sich zu erinnern glaubte.


    Die Geschichte hat mich von der ersten Seite gefesselt. Ich kann mir auch vorstellen, sie ein zweites Mal zu lesen, weil es zwischen den Zeilen bestimmt noch viel zu entdecken gibt.
    5ratten:tipp:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Das hätte ich dem Buch gar nicht zugetraut. Mir viel es wegen des Covers auf, hab es aber als "nicht meins" wieder weggelegt.

    //Grösser ist doof//

  • Ich schleiche schon ziemlich lange um das Buch herum, hatte aber immer die Befürchtung, dass der Schreibstil für mich nichts ist.


    Aber jetzt kommt deine Rezi.... Ich glaube, ich werde es mir doch zulegen müssen. ;)

    Mögest du dir die Zeit nehmen, die stillen Wunder zu feiern, die in der lauten Welt keine Bewunderer haben. ~ Altirischer Segenswunsch

  • Das geht mir genauso. Irgendwann werde ich es doch mal versuchen.

    &quot;Wenn es mir schlecht geht, gehe ich nicht in die Apotheke, sondern zu meinem Buchhändler&quot; (Philippe Dijan)<br /><br />[url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/11612.0.html]Mein SUB[/url

  • Gerbrand Bakker


    Oben ist es still


    Boven is het stil


    Helmer und sein alter Vater leben an der niederländischen Küste. Sie sind Kleinbauern. Die Mutter ist seit einigen Jahren tot, und Helmers Zwillingsbruder Henk starb schon mit 19. Henks Tod hat Helmer nie verwunden, und seinem Vater hat er nicht verziehen, dass Henk der Lieblingssohn war.


    Nun kann der alte Bauer nicht mehr, ist pflegebedürftig, und Helmer schafft ihn ins stille, kalte Obergeschoss. Der Vater ist aus dem Weg, und Helmer beginnt, Veränderungen in Haus und Hof durchzuführen. Nur Kleinigkeiten, aber stetig.


    Der Leser fragt sich zu Anfang eher bang, was Helmer mit seinem hilflosen Vater wohl vorhat. Die Stimmung hat etwas unterschwellig Bedrohliches, ein bisschen wie bei den Büchern von Lesley Glaister. Später kommt ein unterdrückter sexualler Aspekt dazu, und wieder habe ich gerätselt, wohin der Roman wohl noch führt. Letztlich nahm Helmers Geschichte dann einen anderen Lauf: eigentlich recht unspektakulär, aber dennoch interessant und lesenswert.


    Mal was anderes.



    Knappe 4ratten

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    Helmer van Wonderen räumt auf. Er verfrachtet seinen bettlägerigen Vater ins Obergeschoß des alten Bauernhauses, entrümpelt das Erdgeschoss, streicht die Wände und schafft neue Möbel an. Das Gemälde mit den schwarzen Schafen, die Fotografien von Mutter und die alte Standuhr kommen nach oben, alle Pflanzen, die blühen können, auf den Misthaufen. Und da Vater ihm nicht den Gefallen tut, einfach zu verschwinden, sich von einem Windstoß hinwegfegen zu lassen oder wenigstens zu sterben, richtet der Sohn sein Leben unten neu ein. Doch die ländliche Ruhe währt nicht lang, denn Helmers Neffe Henk, der pubertierende Sohn seines verstorbenen Zwillingsbruders, soll bei seinem Onkel das Arbeiten lernen …



    Mit dieser Umräumaktion beginnt die Geschichte. Was der Auslöser dafür war, ist mir noch etwas unklar. Das Verhältnis von Helmer zu seinem Vater ist nicht herzlich. Am liebsten wäre Helmer, der Vater würde sich verflüchtigen. Da er das nicht macht, bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich zumindest um dessen notwendige Betreuung zu kümmern.
    Erwähnt wird öfters Helmers jüngerer Zwilling Henk, der bereits verstorben ist, und im Gegensatz zu ihm, dem Vater näher stand.


    Helmer, er ist jenseits der 50, ist aber eigentlich ein umgänglicher Mann. Er hat ein nettes Verhältnis zu seinen Nachbarn, besonders den beiden kleinen Jungen, Teun und Ronald. Ob sie ihn wohl an seine Kindheit erinnern.
    Bisher habe ich den Eindruck, dass Helmer unangenehmen lieber aus dem Weg geht. Eine Sache lieber aussitzt, als aktiv einzugreifen. Diese Umräumaktion muss daher eine lange Vorgeschichte haben. Er hat den Vater nicht bloß nach oben gebracht, damit dieser eine bessere Aussicht hat. Er ist dort oben aus dem Weg. Aber wofür? Was hat Helmer im Sinn?

  • Kiba: Ich schwanke da ständig. Was hat Helmer vor, würde es etwas tun, dass den Vater bedroht?


    Im Grunde kann ich nicht glauben, dass Helmer seinem Vater etwas antun würde, aber als er den Schlüssel für das neue Schlafzimmer seines Vaters umdreht und ihn später auch nur einen Apfel zum Essen zurücklässt, war ich mir nicht sicher, ob er ihn nicht einfach verhungern oder erfrieren lässt.
    Der Vater selbst scheint zu glauben, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Die Nebelkrähe, die ständig im Baum sitzt, denkt er, will ihn holen. Ist er wirklich so krank und bereits etwas verwirrt, oder ist das das Wunschdenken Helmers? Warum will er ihn nicht zum Arzt bringen? Würde ein plötzlicher Tod dann vielleicht merkwürdig aussehen?


    Im 2. Teil taucht Riet, die ehemalige Freundin seines Bruders, auf. Einem Besuch gehen zwei Briefe voraus, in denen sie Helmer mitteilt, ihm eine Frage stellen zu wollen. Bisher hat sie es noch nicht getan.

  • Nachdem ich mit dem Buch fertig bin, kann ich sagen, Helmer hat ordentlich umgeräumt. Nicht nur im Haus, sondern letztendlich sein ganzes Leben. Die Aufarbeitung seines Lebens, hat ihn sicher ebenso überrascht wie manchen Leser.


    Ein sehr beeindruckendes Buch mit seinen leisen Tönen. Und es ist sicher ein Buch, das ich irgendwann noch einmal lesen werde.

  • Ich habe das Buch schon 2016 gelesen und meine Meinung deckt sich mit deiner:


    Ich kann mir auch vorstellen, sie ein zweites Mal zu lesen, weil es zwischen den Zeilen bestimmt noch viel zu entdecken gibt

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hast du eventuell den Film dazu gesehen? Ich könnte mir das Buch sehr gut verfilmt vorstellen, aber irgendwo stand, dass man sich bei der Verfilmung einige Freiheiten herausgenommen habe und ihn umgeändert habe. Das schreckt mich ja nun total ab.