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Zitat:
"Er ist ein Held. Die Straßen dieser Welt sind voll von Menschen wie ihm. Nur sind sie alle tot."
(S. 142)
"In letzter Zeit verwandeln sich zu viele Gesichter in teuflische Fratzen. Mein Glaube an die Menschheit hat sich zu einem dünnen Nebel verflüchtigt."
(S. 299)
Inhalt:
Vor 18 Monaten schlug die Seuche zu. White Horse, benannt nach dem ersten Reiter der Apocalypse. Einer nach dem anderen beginnt sich zu erbrechen und stirbt. 90% der Menschheit sind betroffen, 5% sind immun. Doch es ist nicht nur eine Krankheit, sondern eine Mutation. Die übrigen 5% der Bevölkerung verändern sich...
Zoe ist 29, als das Gefäß in ihrer Wohnung auftaucht. Ein unscheinbares Tongefäß, eine Antiquität. Anstatt den Wachsverschluss zu öffnen, geht sie zum Therapeuten und versucht, mit dem Umstand klar zu kommen, dass es, ohne Einbruchsspuren zu hinterlassen, dort aufgetaucht ist. Nach und nach werden Bekannte und Freunde krank, kurz darauf gibt es erste Tote.
Plötzlich spielt auch das Klima verrückt. Es heißt, Experimente scheinen misslungen zu sein.
18 Monate später befindet sich Zoe in Italien. Sie leidet immer noch an ihrer Schwangerschaftsübelkeit. Gegen White Horse scheint sie immun zu sein. Sie trifft auf die blinde Lisa und rettet diese aus ihrer ausweglosen Situation. Gemeinsam versuchen sie, die Fähre nach Griechenland zu erreichen. Lisa wird schwächer und schwächer. Ist sie vielleicht auch erkrankt?
Die zwei Frauen werden verfolgt. Plötzlich ist Lisa verschwunden und Zoe spürt das Seil an ihrem Hals. Die Stimme eines Mannes fragt sie, warum sie noch nicht tot sei.
Meinung:
Die Autorin hat für dieses Buch einen sehr eigenen Schreibstil gefunden, der definitiv zuerst erwähnt werden muss: Die Perspektive wechselt nicht zwischen verschiedenen Protagonisten im herkömmlichen Sinn, sondern zwischen der Zoe JETZT und er Zoe DAMALS. So erhielt ich aus der jetzigen Perspektive Infos über die Vergangenheit, erlebte aber gleichzeitig Schritt für Schritt, was damals passiert ist. Beide "Zoes" erzählen ihre Geschichte in der Ich-Perspektive im Präsens.
Die ersten Seiten werfen stilbedingt so dermaßen viele Fragen auf, dass ich nicht anders konnte, als schnell nach Antworten zu suchen.
Nach einem kurzen Prolog wird der Leser mit einem Weltuntergangsszenario in zwei Stufen und einer abgestumpften und brutalen Hauptprotagonistin konfrontiert, die ihn nur erahnen lässt, was sie bis zu diesem Zeitpunkt erlebt hat. Denn nur bruchstückhaft bekommen wir über die Rückblicke weitere Details zu der Seuche, zum Krieg und zu ihr.
Damals:
Das Gefäß steht plötzlich in ihrer mehrmals gesicherten Wohnung, die Zoes verstorbener Mann ihr hinterlassen hat. Zoe ist eine einfache Reinigungskraft bei Pope Pharmaceuticals als nach und nach immer mehr Menschen erkranken. Um mit jemanden über das Gefäß reden zu können, besucht sie den Therapeuten Nick Rose. Während viele in ihrem Leben erkranken und sterben, ist er ihre Konstante. Sie entwickelt zarte Gefühle für ihn, doch dann wird er in den Krieg gerufen. Zoe klammert sich gemeinsam mit ihrer Schwester an die Hoffnung, dass deren Mann und Nick unverletzt zurückkehren. Während die Seuche immer mehr um sich greift und Zoe auch ihren letzten Anker verliert, gerät sie in die Obhut des Militärs. Der dortige Psychologe ist Nick. Die beiden lassen ihre Gefühle füreinander endlich zu - dann verschwindet Nick über Nacht.
Heute:
Zoe erlebt die Hölle auf Erden, während sie sich durch Italien kämpft. Sie versucht, ihre Menschlichkeit zu bewahren, wie sie es nennt. Für ihr Ungeborenes. Doch schon der Versuch allein ist schwer. Denn der "Schweizer", der sich im ersten Moment noch wie ein Verbündeter verhält, ist grausam, voller Tötungsdrang - und er trachtet nicht nur nach Zoes Leben.
Vergleicht man die Zoe "damals" mit der Zoe "jetzt" sieht man die Folgen, die diese Apokalypse in Menschen auslöst. Ich war stets versucht, die guten Seiten der Protagonisten zu finden, teilweise aber vergeblich. Dies spiegelt für mich aber die wahre Natur eines derartigen Horrorszenarios wider.
Man merkt beim Lesen sofort, dass es kein Jugendbuch ist. Die düstere Stimmung und die Brutalität sprechen Bände. Die Atmosphäre ist der Situation angepasst recht kühl und emotionslos. Der Schreibstil ist kurz und bündig, keinesfalls überdetailliert. Selbst für Beschreibungen findet die Autorin "kalte" und "pessimistische" Adjektive und Vergleiche.
Die Idee des Buches ist durchaus plausibel: das erschaffene Virus gepaart mit den Versuchen, das Wetter zu beeinflussen - beides nicht allzu weit hergeholt. Dennoch ist die Verbindung beider Szenarien zuviel des Guten und wirkt überladen und verwirrend.
Spannung ist - wie bereits erwähnt - vom ersten Kapitel an vorhanden. Doch es benötigt sehr viel Konzentration und Auffassungsgabe, die Fülle an Details aus Vergangenheit und Gegenwart zusammenzufügen und nicht den Faden zu verlieren. Das letzte Drittel des Buches hielt unerwartete Wendungen und Überraschungen bereit, die mein Herz höher schlagen ließen.
Urteil:
Brutal und verwirrend, auf der anderen Seite aber spannend und überraschend. "White Horse" ist keine leichte Kost und daher sicherlich nicht für jeden geeignet. Zoes Apokalypse konnte mich im einen Moment mitreißen und im nächsten saß ich völlig verwirrt da. Durch dieses Auf und Ab ist "White Horse" knapp an einer Empfehlung vorbeigeschrammt und erhält von mir sehr, sehr gute 3 Ratten.
Es ist eine Empfehlung für Fans des "anderen Schreibstils", die sich ohne Unterbrechungen komplett auf diese Geschichte einlassen können und keine Angst davor haben, mit einer sehr realen Brutalität konfrontiert zu werden.