Lutz Schumacher: Eigentlich wollte ich doch nur einen Toaster

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    Schumacher, Lutz:
    Eigentlich wollte ich doch nur einen Toaster - Bin ich zu blöd, oder liegt’s an der Technik
    Goldmann Verlag
    ISBN-13: 9783442312993
    ISBN-10: 344231299X
    Satire
    Auflage 08/2012
    Gebundene Ausgabe, 224 Seiten
    [D] 16,99 €


    Verlagsseite http://www.randomhouse.de/goldmann/index.jsp
    Autorenseite https://twitter.com/LutzSchumacher


    Meine Schwägerin sagt immer: Haben bedeutet Macht - nicht haben macht auch nichts. Darüber habe ich anfangs gelächelt, weil ich dachte, dass das eine bequeme Ausrede dafür ist, bestimmte Dinge nicht ausprobieren zu müssen. Mittlerweile habe ich aus verschiedenen Gründen dazugelernt und denke ich ähnlich wie sie.


    Haben wollte ich jedoch das Buch Eigentlich wollte ich doch nur einen Toaster - Bin ich zu blöd, oder liegt’s an der Technik, denn laut Verlagsseite geht es darin um Folgendes:


    Zitat

    Senk ju vor se Betriebsanleitung!
    Es gab Zeiten, in denen war ein Toaster nichts weiter als ein Toaster. Ein Telefon war zum Telefonieren da, und Kaffee kam aus einer einfachen Filtermaschine – und zwar immer wenn man wollte. Heute ist dank allumfassender Digitalisierung und Technisierung unseres Lebens angeblich alles besser, einfacher und bequemer. Doch sieht man genau hin, muss man feststellen: Nichts funktioniert! Jedenfalls nicht so, wie es der gesunde Menschenverstand erwarten lässt. Denn moderne Technik löst im Grunde nur die Probleme, die sie zuvor selbst verursacht hat. Und so stapeln sich nutzlose Ladekabel und Adapter in unseren Kellern, und im Alltag terrorisieren uns Smartphones, soziale Netzwerke und eigenwillige multifunktionale Küchengeräte. Am Ende bleibt die Frage: War es damals in der Höhle eigentlich wirklich so schlimm?


    Schumacher ist Journalist, Autor und Geschäftsführer der Nordkurier Tageszeitungsgruppe in Mecklenburg Vorpommern. Er ist Bestsellerautor. Und er ist unterhaltsam, wie ich aus den Büchern Wenn möglich, bitte wenden und Senk ju for träwelling weiß. Wie der Titel seines aktuellen Buches aus dem Hause Goldmann bereits verrät, geht es um Technik, Technikverliebtheit oder eher um den immer weiter zunehmenden Technikwahn. Und ganz nebenbei um das seltsame Mitteilungsbedürfnis, das die in der Techniklandschaft gnadenlos vereinsamende Bevölkerung so entwickelt.


    Dabei spricht der Autor diese Themen auf eine Art und Weise an, die trotz des an sich eher ernsthaften Inhalts zum Lachen animieren. Das Lesen des Buches gestaltet sich damit wesentlich einfacher als das so mancher Bedienungsanleitung. Zwar bergen diese dank Übersetzungscomputern durchaus Lachpotenzial, doch stellen sie zusammen mit der Bedienung der darin beschriebenen Geräte Benutzer quer durch alle Bevölkerungsschichten des Öfteren vor mehr oder weniger überwindliche Probleme, da sowohl die Nutzung als auch der Nutzen nicht immer zwangsläufig durchdacht ist. Letzteres wurde mir wieder einmal klar, als ich es mir gerade mit dem Buch gemütlich machen wollte. Da hörte ich nämlich meinen Vater laut fluchen (wir wohnen im selben Haus). Er ärgerte sich wieder mit der Fernsehfernbedienung herum, die fatalerweise beim Drücken egal welchen Knopfes gleichzeitig eine Stehlampe ein- oder ausschaltet. Da meine Eltern für gewöhnlich nicht in die Programmzeitung sehen, um gezielt umzuschalten, sondern wie die Weltmeister zappen, wurde es dort unten gerade wieder einmal abwechselnd hell und dunkel. Dank des offenen Treppenhauses hatte ich so mehr oder weniger den perfekten Hintergrund für den Einstieg in Schumachers Buch.


    Mehr als einmal fragte ich mich während der Lektüre, wo die versteckte Kamera wohl sein könnte, mit der der Autor uns beobachtet hat. Da das selbst in meinen Ohren zu paranoid klingt, tröstete ich mich damit, dass wir wohl nicht die Einzigen und andere demnach auch nicht besser dran sind als wir selbst.


    Einiges im Buch ist natürlich überspitzt dargestellt. Etwa die bestellende Kühlschrank-Vision (auf die der Autor immer mal wieder Bezug nimmt) oder der Servicetechniker des multifunktionalen Druckers. Beides sind imaginäre Albträume, wenngleich sie mich zum Lachen brachten. Der beschriebene Servicetechniker für die Spülmaschine in der heutzutage vorhandenen Servicewüste (warum reparieren, kaufen geht doch schneller) erinnerte mich jedoch prompt an die Aussage eines Kfz-Meisters („Früher haben wir Kaputtes repariert, heute lesen wir Fehlerspeicher aus. Und müssen Dinge ersetzen, die gar nicht kaputt sind, weil das kaputte Teil für 2,20 € nur noch in Kombination mit was Teurerem erhältlich ist und verbaut werden kann.“).


    In Eigentlich wollte ich doch nur einen Toaster - Bin ich zu blöd, oder liegt’s an der Technik stellt Schumacher Vergleiche mit der Steinzeit an, bringt aber vorwiegend die Moderne humorvoll und durchaus selbstironisch aber ebenso scharfzüngig-satirisch, manchmal beißend eloquent auf den Punkt. Legt den Finger auf etwas, das wir in seiner Offensichtlichkeit gerne übersehen. Zwar ist nicht alles grundsätzlich schlecht, doch bedauerlicherweise gibt es zahlreiche technische Errungenschaften, die uns das Leben nicht so erleichtern, wie von der Werbung vollmundig versprochen. Ich habe beispielsweise bis heute nicht kapiert, wozu ich eine App brauche, die mir verrät ob ich einen Schirm nutzen soll oder nicht, wenn ein einfacher Blick aus dem Fenster oder in die Zeitung den gleichen Zweck erfüllt.


    Doch Schumacher geht nicht nur auf Orangenpressen und Brotbackautomaten ein, die nicht überzeugen, oder auf die Gefahren von Duschen mit selbsterklärendem Touch-Screen-Bedienpaneel. Er nimmt auch die inflationär zunehmende Informationswut aufs Korn, ruft quasi auf innezuhalten, nachzudenken, nicht alles blind mitzumachen. Egal ob es der blinde (Irr-)Glaube an den aus dem WWW gefischten (teils ungesicherten) Informationswust oder der offenbar aus Zugzwang entstehende Mitteilungswahn mancher Nutzer sozialer Netzwerke ist.


    Fazit: 4ratten


    Schumacher zeigt in seinem Buch, dass Kritik durchaus humorvoll abgefasst sein kann. Sein kleiner Rundumschlag in Sachen Technik sollte indessen nicht bloß als unterhaltsam abgetan werden. Nachdenken lohnt sich in diesem Fall durchaus. Lesen auch, weshalb ich für Eigentlich wollte ich doch nur einen Toaster - Bin ich zu blöd, oder liegt’s an der Technik vier von fünf Punkten vergeben möchte.


    Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)


    Emoticon aus Threadtitel entfernt. LG, Valentine

    Man sagt, dass die Welt ohne Fantasie ein trostloser Ort wäre.<br />Doch was wäre die Fantasie ohne Worte? Sie sind die Flügel, auf denen Fantasien in die ganze Welt gelangen können.

    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Zwar ist nicht alles grundsätzlich schlecht, doch bedauerlicherweise gibt es zahlreiche technische Errungenschaften, die uns das Leben nicht so erleichtern, wie von der Werbung vollmundig versprochen. Ich habe beispielsweise bis heute nicht kapiert, wozu ich eine App brauche, die mir verrät ob ich einen Schirm nutzen soll oder nicht, wenn ein einfacher Blick aus dem Fenster oder in die Zeitung den gleichen Zweck erfüllt.


    Wahrscheinlich bist du schon nassgeregnet, bevor die App dir gesagt hat, dass du den Schirm brauchst :zwinker: Natürlich gibt es viel zu viele Dinge, die wir eigentlich nicht brauchen. Aber solange es noch einen gibt, der glaubt, sich damit das Leben erleichtern zu können, werden wir diese Dinge auch nicht los.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Danke für diese Rezi, Ati. Etwas derartiges suche ich schon länger. Dieses Buch landet unter dem Weihnachtsbaum meines Technikfreaks, der sich dann hoffentlich mal Gedanken über sein Bedürfnis nach Technologie macht.


    Grüße
    Doris

  • Dieses Buch landet unter dem Weihnachtsbaum meines Technikfreaks, der sich dann hoffentlich mal Gedanken über sein Bedürfnis nach Technologie macht.


    Der Anti-Wunschzettel sozusagen :zwinker: Da kenne ich auch ein paar, denen das Buch gut tun würde.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hoffentlich liest er auch mehr als die üblichen 30 Seiten. :rollen:


    Manche Leute glauben ja leider den Medien oder Fremden mehr als ihren Familienmitgliedern. Ich würde mich freuen, wenn das Buch ein Denkanstoß wird. Ich freue mich schon darauf, es auch zu lesen.

  • Ich komme auch aus einer sehr technikbegeisterten Familie. Die kann manchmal immer noch nicht verstehen, warum wir Dinge einfach nicht brauchen. Ich überlege, ob das Buch ein passendes Geschenk wäre oder ob sie es mir dann an den Kopf werfen :angst:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • @ kirsten
    Sieh es doch so. Wenn sie es tatsächlich werfen sollten, erfüllt das Geschenk trotzdem gleich drei Dinge auf einmal.


    1) Überraschung (Wie reagiert der Beschenkte (für dich), wie sieht mich die Schenkerin (für die Technikfreaks).)
    2) Werfen gehört ja irgendwie zu den Sportarten. Also ist es quasi eine Anregung zum Sport. (Ist gut für Schultergelenke, die beispielsweise durch zu intensive Smartphone-Nutzung eher eingerostet sind.)
    3) Sollte sich der Beschenkte zum Werfen entschließen, gewinnst du eine unterhaltsame Lektüre (natürlich nur, wenn du es nicht bereits gelesen hast).


    Nein, im Ernst. Meine Lachanfälle während der Lektüre haben dafür gesorgt, dass drei Technikfreaks hellhörig wurden, als ihnen davon erzählt wurde. Und wiederum zwei davon haben, nachdem sie das Buch selbst gelesen hatten, prompt hinterher diverse Schubladen (der Autor erwähnt welche, in denen er Ladekabel und ähnliches deponiert) ausgemistet und saßen hinterher stöhnend vor dem Kabelsalat. Also hat das Buch schon was geholfen.


    @ Doris
    freut mich, dass dir meine Rezi weitergeholfen hat.

    Man sagt, dass die Welt ohne Fantasie ein trostloser Ort wäre.<br />Doch was wäre die Fantasie ohne Worte? Sie sind die Flügel, auf denen Fantasien in die ganze Welt gelangen können.

  • Ich hoffe, ich kann bald nach Weihnachten den ersten Erfolg in Form des gelesenen Buches vermelden. Ob Schatz es dann auch umsetzt, bleibt abzuwarten.


  • Danke für diese Rezi, Ati. Etwas derartiges suche ich schon länger. Dieses Buch landet unter dem Weihnachtsbaum meines Technikfreaks, der sich dann hoffentlich mal Gedanken über sein Bedürfnis nach Technologie macht.


    Hallo Doris,


    dein Mann wird sich genauso langweilen wie ich mich schon nach der Leseprobe gelangweilt habe, obwohl ich kein Technikfreak bin. Kaffeemaschinen, die fiepen, sind Männern so was von egal ... "Gähnen" (Zitat aus der Leseprobe :zwinker:)


    Männer wollen eher Bücher, die ihren Spieltrieb bedienen.
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    Gruß, Thomas

  • Hm, das muss ich mir erst einmal genauer ansehen. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde es den Elektro-Sammeltrieb unterstützen.


  • Hm, das muss ich mir erst einmal genauer ansehen. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde es den Elektro-Sammeltrieb unterstützen.


    So ist es. Wenn Du jemand umerziehen wolltest, dann schaffe Dir einen Hund an, aber keinen Mann. :breitgrins:


    Gruß, Thomas

  • Meine Meinung
    Wenn jemand mit "der Technik" nicht zurechtkommt, ist das bestimmt nicht immer einfach. Wenn er sich dann aber trotzdem jede technische Neuerung anschafft und dann darüber klagt, kann ich nur sagen "selbst schuld". Ich bin mir sicher, dass man die meisten Geräte, die Lutz Schumacher bei sich Zuhause hortet, nicht braucht. Einige von ihnen kenne ich nicht einmal. Aber trotz dieses deutlichen Widerspruchs hat mich das Buch gut unterhalten. Es gibt eben nichts Schöneres, sich über die Mißgeschicke andere Menschen zu amüsieren. Besonders wenn man einen Technikfreak daheim hat, der helfen kann wenn man gerade selbst nicht mit "der Technik" zurechtkommt :zwinker:
    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.