Noch ein paar Gedanken zum 2. Akt. In der 8. Szene unterhalten sich Salarino und Solanio über Shylocks Reaktion auf das Durchbrennen seiner Tochter mit Lorenzo. Mrs. Dalloway hat das weiter oben schon angesprochen. Shylock ist ziemlich aufgebracht, aber am schlimmsten scheint für ihn der Verlust seiner Dukaten zu sein. Von elterlicher Trauer keine Spur, auch kein Hass, weil die Tochter sich ausgerechnet einen Christen ausgesucht hat. Langsam bekommt man eine Ahnung, dass Vater und Tochter sich das Leben nicht gerade leicht gemacht haben. Jessica hat genau gewusst, womit sie ihn am meisten treffen kann.
Und dann dieses ominöse Kästchen. Welcher junge Mann lässt sich denn auf einen Handel ein, bei dem er im negativen Fall bereit ist, um keine Frau mehr anzuhalten? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dafür ein historisches Beispiel gibt. Es ist wohl nur ein Mittel, um das Stück für die Zuschauer spannender zu gestalten. Fast wie bei Wer wird Millionär: "Entscheiden Sie sich für A, B oder C. Sie können auf Null zurückfallen." :smile:
Ich finde die Möglichkeit, dass Antonio in Bassanio verliebt war, ebenfalls sehr interessant und das würde in der Tat einiges erklären, aber ... es wird ja nicht offen ausgesprochen und man kann es sich eigentlich nicht aus dem Kontext ableiten.
Unter der Prämisse, dass zumindest Antonio eine heimliche Liebe für Bassanio hegt, finde ich Salarinos Worte am Ende des II. Aktes, 8. Szene, eindeutig. Sie enden so: "Und hier, die Augen voller Tränen, wandt er (Antonio) sich abwärts, reichte seine Hand zurück, und, als ergriff ihn wunderbare Rührung, drückt' er Bassanios Hand; so schieden sie." Darauf erwidert Solanio: "Ich glaub, er liebt die Welt nur seinentwegen [...]"
Ich leide mit ihm.
Den III. Akt habe ich heute gelesen und einfach nur genossen, ohne große Gedanken. Nur Shylocks Empfindungen entwickeln sich auffallend negativ. Er schaukelt sich gerade so richtig hoch und wittert einen Triumph über Antonio.