Oliver Uschmann/Sylvia Witt: Log out!
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Inhalt (Klappentext)
Alle sind weg? Alles muss raus! Als Paul nach dem Abitur plötzlich allein dasteht, verkauft er übermütig sein Hab und Gut und begibt sich auf einen Survivaltrip in den Wald. Hundert Tage will er dort überleben, mit nichts in der Tasche... außer seinem Laptop, denn er möchte online davon erzählen. Ein paar Blogeinträge später entwickelt sich der Aussteiger zum Shootingstar und muss feststellen: Der Mediendschungel ist viel fieser als der Wald. Doch einen Menschen gibt es, dem Paul offen sein Herz ausschütten kann: das mysteriöse RetroGirl18, in das er sich von Mail zu Mail mehr verliebt, obwohl er es noch nie getroffen hat.
- Der Roman zum Selbstversuch -
Meine Meinung
Paul Planbaum (passender Name), der sich nach dem Abitur plötzlich alleine vorfindet (sein Vater und dessen Lebensgefährtin sind auf einem Asien-Trip und unerreichbar, sein bester Freund Benny ist zum Studium in eine andere Stadt gezogen und ebenfalls nicht zu erreichen) plant seine Survival-Aktion mit Blogprotokoll nicht von Anfang an, sondern alles ergibt sich allmählich. Nach einer erfolglosen Lehrstellensuche dümpelt Paul zunächst ziemlich planlos durchs Leben und beginnt, überflüssige Dinge aus seinem Besitz bei ebay zu verkaufen. Dann trifft er im Wald auf einen Werbefachmann und wird von diesem auf die Idee gebracht, sein Survival-Spiel im Wald ebenso wie sein Verkaufen unnötiger Dinge in einem Internet-Blog zu präsentieren und eine Art Wette daraus zu machen (überleben ohne Geld). Schon bald wächst das Interesse der Medien und der Internetnutzer an Paul und die Aktion entwickelt ganz schnell eine Eigendynamik: Paul wird zur Zielscheibe von Projektionen und Deutungen anderer Leute und auch von Anfeindungen.
Die eingestreuten Blogtexte und die e-Mails, die Paul mit Sonja (RetroGirl18) tauscht, machen das Buch leicht-locker, abwechslungsreich und schnell lesbar. Sprachlich sind sie zwar nicht immer top, aber so ist es ja auch im Internet, daß viele Texte sehr spontan geschrieben werden. Die Geschehnisse entbehren nicht einer gewissen Situationskomik, man liest gerne weiter und man fragt sich stets gespannt, auf welche Idee Paul wohl als nächstes kommen wird. Allerdings wirkt das Buch stellenweise etwas schludrig geschrieben (es gibt leichte Logikfehler) und der Zufall spielt eine zu große Rolle: Pauls Situation wirkt allzu konstruiert. Es ist wohl kaum so einfach, einen jungen Menschen aus jedwedem sozialen Kontakt herauszunehmen. In der Regel haben junge Leute haben doch wohl wesentlich mehr Bezugspersonen als nur die Eltern und einen einzigen Freund. Doch durch diesen Kunstgriff wird das Buch erst möglich, denn es gibt niemanden, der Paul den Kopf zurechtrückt und ihn auf den Boden der Realitäten zurückholt. So ist er voll und ganz der Medienwelt und dem Internet ausgeliefert, in dem ja bekanntlich nicht alles so sein muss, wie es scheint. Diese einfache Wahrheit scheint Paul freilich nicht bekannt zu sein (überhaupt wirkt er für einen 19jährigen ziemlich naiv und sehr leicht manipulierbar).
Das Buch nennt sich "Buch zum Selbstversuch", was suggeriert, die Autoren hätten das Überleben im Wald selber ausprobiert. Doch dafür wirkte mir die Beschreibung nicht authentisch genug. Tagelang nur von Kräutersuppen zu leben und dann noch lange Strecken zurückzulegen ist nicht ganz so leicht, und danach wieder mit "richtigem" Essen anzufangen ist ebenfalls nicht einfach. Zumindest müsste Nahrung in den Gedanken dann einen viel größeren Stellenwert einnehmen als in Pauls Gedanken im Buch.
Trotz dieser kleinen Mängel und der etwas konstruierten Ausgangssituation hat das Buch originelle Aspekte und es wirft berechtigte Fragen auf: wie viel materiellen Ballast schleppen wir eigentlich durch unser Leben, den wir getrost loswerden könnten? Schwimmen wir vielleicht zu oft einfach mit dem Strom? Beurteilen wir unsere Mitmenschen zu sehr nach dem Äußeren, und begegnen wir auch Menschen mit anderer Meinung immer mit Respekt?
Der Buchtitel ist passend gewählt und trifft sogar doppelt zu, wie der Leser am Ende erfährt. Auch das Cover gefällt mir sehr gut, erinnert an Computergrafik und illustriert Pauls Naivität.
Eigentlich halte ich das Buch eher für ein Jugendbuch, doch es ist nicht explizit als solches ausgewiesen und hat als Zielgruppe offenbar eher junge Erwachsene. Deshalb habe ich es unter "Sonstige Belletristik" eingeordnet.
Fazit: Für Jugendliche vielleicht lehrreich, für Erwachsene zumindest unterhaltsam! Doch die Finn-Bücher von Oliver Uschmann haben mir besser gefallen.