James Salter - Alles was ist

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  • James Salter - Alles was ist. Berlin Verlag. 368 Seiten.


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    Dieser Roman ist eine Sensation. Seit 35 Jahren hat James Salter, der hierzulande erst 1988 durch das Literarische Quartett mit seiner Novelle "Lichtjahre" entdeckt wurde, keinen Roman mehr veröffentlicht. Mit 87 Jahren gibt es nun sein Alterswerk zu lesen, von dem die von mir geschätzte Ursula März in der ZEIT schreibt, dass "es seinesgleichen sucht". Bevor nun die Zeitungen vermutlich schon am Wochenende in weitere Lobeshymnen einfallen, möchte ich zuvor hier eine erste Besprechung abliefern, wenn ich auch bisher nur 50 Seiten gelesen haben. Diese Seiten scheinen mir vor dem Hintergrund der Kenntnis der ZEIT-Rezension schon charakteristisch.


    Philip Bowman ist der Protagonist, der im gleichen Jahr geboren wurde, wie der Autor. Der Roman setzt im April 1945 auf einem amerikanischen Kriegsschiff ein. Bowman ist Leutnant und der Angriff einer japanischen Insel steht bevor. Auf gerade mal 13 Seiten beschreibt Salter eine der größten Seeschlachten des 2. Weltkrieges mit hohen Verlusten auf beiden Seiten. Bowman überlebt. Auf den folgenden restlichen 350 Seiten ist er Zivilist und Bowmans Leben wird beschrieben. Bei Salter geht es ums Scheitern von Ehen, wie man der Rezension entnehmen kann. Dabei beschreibt Salter zum einen um die Beziehungen von Bowman selber, auf den ersten Seiten lernt er zunächst seine erste Ehefrau kennen. Wie aus dem Nichts tauchen dann jedoch Nebenfiguren auf, wie beispielsweise die Eltern von Bowmans erster Freundin, deren Scheitern dann beiläufig beschrieben wird. Während man die Geschichte um Bowman gerne verfolgt, langweilen die Nebenfiguren. Ursula März erkennt darin den bilanzierenden, gleichgültigen Erzähler und hält diesen Kunstgriff für gelungen. März hält auch die Darstellung des Krieges für "literarisch unübertroffen", während mir die Szenen kaum nahe gingen, zu oft wechselt Salter zwischen der Detailperspektive des Augenblicks und dem geschichtlich rückblickenden allwissenden Erzähler. Die Sprache Salters wird vor allem in amerikanischen Amazon-Besprechungen gelobt. Im Gegensatz zu seinen Novellen konnte ich hier noch keinen besonderen Ton erkennen. Vielleicht benötigt man dazu noch ein paar mehr Seiten Lektüre.


    So viel fürs Erste.


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Ich werde gespannt diesen Thread verfolgen. Ich habe "Lichtjahre" gelesen und dieses Buch hat mir ausgesprochen gut gefallen. Die Art und Weise, wie Salter dort Stimmungen, Emotionen und Gedanken zu Papier brachte, fand ich perfekt.

  • Heute gibt es einen wunderbaren, ganzseitigen Besuchsbericht in der FAZ, der dem Autor näher kommt (bisher nicht online). Leider enthält der Artikel aber auch ziemlich explizite Spoiler über das neue Buch.


    Schöne Grüße,
    Thomas

  • 366 Seiten habe ich das Leben von Philip Bowman verfolgt und mit einer Traurigkeit, dass man ihn am Ende des Buches nicht weiter begleiten kann, schlägt man das Buch zu. Man ist aber zugleich erleichtert, dass das Buch vorbei ist. Ohne ein Namensverzeichnis sind die Vielzahl der Nebenfiguren, die Salter einführt, kaum zu verfolgen, insbesondere wenn sie ihr Leben erst viele Seiten später noch einmal aufgenommen wird. Hinzu kommt, dass diese Nebenfiguren fürchterlich langweilig daherkommen und geschildert werden. Ganz gewöhnliche Leben, die dann auf tragische Weise, oft tödlich, enden. Wenn Ursula März in der ZEIT schreibt, dass dieses Teilnahmslosigkeit des Ich-Erzählers an seinen Figuren, seine Gleichgültigkeit ein Kunstgriff ist, dann muss ich dieser guten Beobachtung zustimmen. Salter verzichtet bewusst auf Spannungselemente, wie sie einen Roman leicht vorantreiben. Aber er verzichtet nicht vollkommen darauf. Die meist nur 10 Seiten langen Kapitel lassen den Leser immer wieder neugierig weiterlesen. Das Leben Bowmans mit seinen auch sexuell äußerst interessanten Beziehungen wird deutlich lebendiger beschrieben. Aber keiner der Figuren, auch Bowman nicht, kommt man so richtig nah. Dass die letzten Geheimnisse nicht gelüftet werden, macht die besondere Stimmung des Buches aus.


    Salter traut sich an die ganz großen Themen der Literatur, nämlich die Frage nach einer erfüllten Lebensgestaltung sowie die Beziehungen zwischen Mann und Frau, so wie man sie derzeit in der aktuellen deutschen Literatur nicht in gleicher Weise findet. Es wundert mich daher nicht, dass das gesamte deutsche Feuilleton in den Besprechungen in Jubel ausbricht. Zugleich findet man doch enttäuschte Leser in einigen Amazon-Rezensionen, wenn auch nicht in überwiegender Zahl, die mit den Stilmitteln von Salter so ihre Schwierigkeiten haben. Ich schließe mich ihnen an und würde einem zukünftigen Leser empfehlen, den Roman zügig ohne größere Unterbrechungen zu lesen.


    So bleibt ein gespaltenes Urteil.


    4ratten


    Gruß, Thomas

  • Ich hab die englische Ausgabe gelesen. Es war für mich das erste Buch von James Salter und ich bin mir immer noch zwiegespalten, ob ich es nun gut fand oder nicht.


    Den Einstieg, die Zeit, als der Protagonist im Krieg war, fand ich sehr stark und beeindruckend. Ebenso die erste Zeit danach, als Bowman seine Ehefrau kennen lernt. Danach hat es leider etwas nachgelassen, mir fehlte manchmal ein wenig der Sog, der Antrieb, doch noch schnell ein Kapitel zu lesen, ehe ich das Buch zur Seite lege. Das kam erst im zweiten Teil wieder.


    Ich fand es manchmal auch etwas schwierig, den Überblick über die vielen Nebenpersonen zu behalten. So kam es auch vor, dass wieder eine kleine Geschichte nebenbei erzählt wurde, ich aber nicht mehr wusste, um wen es da nun geht, in welchem Verhältnis die Personen zu Bowman stehen. Dennoch mochte ich die meisten dieser eingestreuten Nebengeschichten, hätte aber gerne noch mehr gewusst oder zumindest mehr über die Verbindung zum Protagonisten, die eben fehlte.
    Auch bei Bowman selbst hatte ich öfter das Gefühl, dass mir zu wenig erzählt wird, dass ich diese Person nicht ganz verstehen kann, weil mir etwas fehlt. Bowman geht von einer Beziehung zur nächsten, immer sind es Beziehungen, die unglücklich enden. Dazwischen noch sein Beruf, ab und an etwas Familiäres, mehr erfährt man eigentlich nicht. Und obwohl das zwar schon eine Menge ist, hat mir doch etwas gefehlt, um mir Bowman näher zu bringen. Bowmans Leben ist interessant, aber mir teilweise zu einseitig dargestellt worden.


    "All That Is" konnte mich nicht völlig überzeugen, aber es gab viele starke Momente und ich musste mich zu keiner Zeit durch das Buch quälen. Bowman ist zwar in meinen Augen kein sehr vielseitiger Charakter, aber dennoch irgendwie faszinierend.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

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