Alan Bradley - Schlussakkord für einen Mord / Speaking From Among the Bones (Flavia de Luce 05)

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  • Als anlässlich seines 500. Todestages die Gebeine von St. Tancred, dem Patron der Pfarrkirche von Bishop's Lacey, exhumiert werden sollen, ist Flavia de Luce höchst neugierig und schafft es tatsächlich, sich in die Krypta einzuschmuggeln, wo die Ausgrabungen in vollem Gange sind. Sie ist sogar die erste, die einen Blick in das frisch geöffnete Grab werfen darf ... und stellt fest, dass der Tote, den sie erblickt, kein fünfhundertjähriger Heiliger sein kann, denn er trägt moderne Kleidung - und überm Kopf eine Gasmaske.


    Bald ist klar, dass es sich bei dem Toten um den seit einigen Wochen verschollenen Dorforganisten handelt. Fragt sich nur, wer dem gutaussehenden jungen Mann ans Leder wollte, und vor allem, warum. Ein gefundenes Fressen für Flavia, die Hobbydetektivin, die mal wieder mit Eigensinn, Cleverness und Chemiekenntnissen (und bei Bedarf anzuschaltendem Kleinmädchencharme) ihre Fühler ausstreckt und dabei in einigen Geheimnissen herumstochert, die man im beschaulichen Dorfidyll von Bishop's Lacey so nie vermutet hätte.


    Bis sich der Musikermord auf recht überraschende Weise aufklärt, vergehen im englischen Original knapp 400 höchst amüsante und unterhaltsame Seiten. Nicht nur Flavias unkonventionelle Ermittlungsmethoden und ein paar ziemlich (manchmal sogar wortwörtlich) brenzlige Situationen sorgen dafür, dass sich die Seiten fast wie von selbst umblättern, sondern auch die immer noch reizvolle Familiengeschichte der de Luces, die diesmal ernsthaft um den heißgeliebten Familienbesitz Buckshaw zittern müssen, Flavias Schlagabtausche mit ihren beiden älteren Schwestern (in diesem Band nicht ganz so gemein wie sonst) und natürlich der göttliche Humor.


    Situationskomik beherrscht Alan Bradley genauso virtuos wie spritzige Dialoge (allein schon die Fledermaus in der Orgelpfeife, die Flavia mit Hilfe von Bachs d-moll-Toccata vertreiben will! :breitgrins: ). War der vorherige Kriminalfall ein wenig lahm, so stimmen Tempo und Spannungsbogen hier wieder ganz vorzüglich. Schön auch die vielen kleinen Anspielungen auf englische Lyrik und Musik.


    Wenn man unbedingt etwas kritisieren wollte, könnte man das Dauermanko der Reihe bemängeln, nämlich dass Flavia einen Tick zu gescheit und zu selbständig für ihr Alter wirkt, aber bei so viel Charme, Witz und Spannung fällt diese kleine Schwäche kaum ins Gewicht.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Auch eine kleine naturwissenschaftliche Unkorrektheit ist mir in meiner Funktion als Erbsenzählerin vom Dienst :zwinker: wieder aufgefallen: (S. 98) "Im Handumdrehen stieg die Temperatur in der Kirche um mindestens 10 Grad Celsius (oder um 283 Grad Kelvin)." Der Satz wäre möglicherweise richtig, wenn statt des zweiten um dort auf stünde (dann stieg die Temperatur auf 283 K, und das sind 10 °C). Wenn aber die Temperatur um 10 Grad steigt, dann sind das 10 Grad egal ob auf der Celsius- oder Kelvin-Skala, denn es ist eine Temperaturdifferenz. Ich frage mich immer, ob solche Fehler bei der Übersetzung hineingebastelt werden und warum? Dem Autor, der ja soviel ich weiß Elektroingenieur ist, traue ich eigentlich schon zu, dass er einen Begriff von Temperatur hat.


    Es heißt tatsächlich auch im Original "by", also "um". Ich bin irgendwie an der Stelle hängengeblieben, habe den Gedanken, was mich da genau stört, aber nicht weiterverfolgt. Jetzt weiß ich es :breitgrins:


    Dafür haben sie aber die Übersetzung der Orgelregister hingekriegt, was auch keine Selbstverständlichkeit ist. Das "diapason" im Original ist brav im Deutschen zum "Prinzipal" geworden, wie sich das gehört :daumen:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Flavia ist zurück - gewitzter denn je, mit viel schwarzem Humor und gespickt mit einer großen Portion Melodramatik.
    Dieses Mal gibt es einen spannenderen Fall, eine schöne Kulisse und eine altbekannte Flavia mit unheimlich vielen Flausen im Kopf. Natürlich alles nur im Namen der Wissenschaft und der Detektivarbeit. :zwinker: Wo sie da überall hineinstolpert, ergibt tolle Bilder im Kopf!


    Neben der Spannung, die hier früher beginnt und durchgehend anhält im Vergleich zu anderen Bänden, gibt es auch mehr Entwicklung als in den vorherigen Bänden. Während es dort immer nur wieder hieß, die Familie wäre finanziell am Ende und die Schwestern stritten sich ununterbrochen, kam hier endlich mehr Bewegung rein. Einen Beitrag dazu leisten auch die Einzelheiten über Flavias Mutter, während der Vater blass wie eh und je ist. Aber gut, das passt vielleicht zu seiner Lethargie.


    Und wie jedes Mal frage ich mich, ob Flavia einfach viel zu gescheit ist oder ob die Fälle einfach so gestrickt sind, dass man am Ende trotzdem höchstens nach Gefühl auf die Schurken kommt. Ich jedenfalls finde mich immer auf Seiten des Inspektors wieder, der sich fragt, wie die junge Göre diesen Fall einfach so lösen konnte. :redface:


    Situationskomik beherrscht Alan Bradley genauso virtuos wie spritzige Dialoge (allein schon die Fledermaus in der Orgelpfeife, die Flavia mit Hilfe von Bachs d-moll-Toccata vertreiben will! :breitgrins: ).


    Ach ja… :totlach: Oder ihre Mittel und Wege sich krank zu stellen. Wenn das mal keine Schulkinder mitbekommen.


    Kleine Kritikpunkte: Wie immer finde ich doch etwas, dass die Personen nicht mehrdimensional genug oder fassbar genug beschrieben werden. Jedes Mal habe ich Schwierigkeiten zwischen Personen zu unterscheiden und mich daran zu erinnern, wer Person X war. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass es hier doch viel besser war als zu vor, obwohl nicht weniger Personen mitspielten.


    Besonders schwer fiel mir diesmal die Orientierung und räumliche Vorstellung (Kirche, das Innere der Orgel, Verlauf der unterirdischen Gänge usw.)


    Mir ging es genauso, habe das aber erst auf meine ohnehin eher mittelmäßigen Leistungen bei räumlichen Vorstellungen geschoben.


    Ja und das Ende – das ist echt fies. Mit allem anderen hätte ich gerechnet, aber das …


    Kurz und knapp: Ein Fall mit altbekannter Stärke, Spannung und gewohnt eigensinniger Flavia!


    4ratten


    (Und ein Minuspunkt für den Verlag: Während die Buchrücken der vorherigen Taschenbuchbände alle einheitlich und wirklich hübsch anzusehen sind, kam hier jemand auf die Idee, den Verlag groß unten zu platzieren, sodass es nun alles verschoben ist. :traurig:)

    Es geschah kurz nach Anbruch des neuen Jahres, zu einem Zeitpunkt,

    als die violetten und gelben Blüten der Mimosenbäume rings um die Ambulanz

    aufgesprungen waren und ganz Missing in Vanilleduft gehüllt war.


    Abraham Verghese – Rückkehr nach Missing

    Einmal editiert, zuletzt von British_Soul ()

  • Alan Bradley


    Schlussakkord für einen Mord


    Speaking from among the bones


    Flavia de Luce 5


    Bishop´s Lacey ist ein gefährliches Pflaster, denn Flavia hat schon wieder einen Mordfall zu bearbeiten. Die Leiche wird unter sehr bizarren Umständen gefunden, das ist natürlich genau das Richtige für Flavia. Mit Feuereiger stürzt sie sich in die Ermittlungen…


    Es hat Spaß gemacht, Flavia bei ihrem 5. Fall über die Schulter zu schauen. Die Umstände der Tat waren mir etwas zu konstruiert, aber das Buch las sich wie von selbst. Mehr davon!


    4ratten

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • illy

    Hat den Titel des Themas von „Alan Bradley - Schlussakkord für einen Mord/Speaking From Among the Bones“ zu „Alan Bradley - Schlussakkord für einen Mord / Speaking From Among the Bones (Flavia de Luce 05)“ geändert.