Fabienne Siegmund - Goldstaub

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 1.372 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Miramis.

  • Der Clown Pipp zieht seit dem Tod seiner geliebten Frau heimatlos durch die Straßen, zerfressen von seiner Trauer. Begleitet wird er dabei von einem mysteriösen Raben, der ihn eines Tages zu einer jungen Frau führt, die auf dem Geländer einer Brücke balanciert. Über ihr schwebt ein goldener Schmetterling, der in einem goldenen Käfig eingesperrt ist. Pipp entschließt sich dazu, die junge Frau vom Sturz in den Abgrund abzuhalten, ohne die Folgen dieser Tat zu ahnen …


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    Diese Geschichte beginnt mit einem Prolog, der bereits zeigt, wie wunderbar die Autorin mit Worten malen kann. Poetisch und intensiv, stimmungsvoll und beeindruckend. Das hat mein Herz berührt und etwas in mir zum Klingen gebracht. Dieses besondere Gefühl wurde mit jeder gelesenen Seite stärker, daher habe ich die Lektüre auch sehr genossen.


    Normalerweise ängstigen mich Clowns, aber Pipp ist anders. Bei ihm schaut man hinter die Maske und entdeckt eine Begabung, eine tragische Geschichte und auch eine mögliche Erklärung für die Angst vor Clowns. Das, was es ihn kostet, andere zum Lachen zu bringen. Mir gefällt die Tiefe und Sensibilität, die hier gezeigt wird.
    Die meisten anderen Figuren standen mir aber auch sehr nah, man entwickelt schnell ein Gespür für sie und erfährt trotz der Kürze des Romans so einiges über die jeweiligen Hintergründe. Jede hatte ihre ganz eigene Tragik, so dass ich leicht mit allen mitfiebern konnte.


    Die Ideen haben es mir ja auch sehr angetan! Schmetterlinge, die Seelen sind. Oder Raben, die einmal Engel waren. Das sind Dinge, die den eigenen Blick auf die Welt verändern können – wenn man es zulässt. Vor allem das Bild mit den Seelenschmetterlingen lässt mich nicht los. Ich frage mich manchmal sogar, wie mein eigener wohl aussieht …


    In “Goldstaub” geht es um eine Liebe, die über den Tod hinausgeht, aber auch um Opfer und Freiheit, die man in sich selbst finden kann. Es ist eine melancholische Geschichte, die mich verzaubert und sehr berührt hat. Mit vielen besonderen Momenten, einer dichten Atmosphäre, wunderschönen Bildern, intensiven Eindrücken und einer poetischen Sprache.


    5ratten

  • Deine Rezi ist echt toll und macht richtig Lust auf das Buch.


    Ich habe von der Autorin diese Sammlung gelesen:


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    Das zerbrochene Mädchen und andere Erzählungen


    ... und die titelgebende Geschichte "Das zerbrochene Mädchen" hat mich stark berührt, ähnlich wie dich "Goldstaub". Daher denke ich, diese Sammlung könnte dir auch sehr gut gefallen.

  • Dankeschön, das freut mich! :smile:


    Die Sammlung steht auch schon bei mir im Regal, unter anderem. Als nächstes werde ich von der Autorin aber wahrscheinlich "Das Zylinderkabinett" lesen, eine von Oliver Plaschkas "Die Magier von Montparnasse" inspirierte Geschichte, in der es um die Abenteuer von Ravis Kaninchen Puschkin geht. (Gibt es nur als eBook.)

  • Mit "Goldstaub" hat Fabienne Siegmund eine Novelle geschaffen, die sich um die Themen Leben, Tod und Abschied dreht. Ihre Protagonisten Pipp, Fine, Jakob und Angela bewegen sich in einer Welt, in der sich Realität und Traum vermischen - ein surrealer Mix, in dem es nur wenige Fixpunkte gibt, an denen sie sich orientieren können.


    Pipp und seine Begleiter befinden sich daher auf eine verworrenen Wanderschaft und wissen selbst nicht so genau, wonach sie eigentlich suchen - aber es ist für jeden eine andere Suche. Angela dagegen schildert aus der Ich-Perspektive ihre Erlebnisse aus dem Jenseits und begleitet mal sichtbar, mal unsichtbar ihre große Liebe.


    Die Atmosphäre ist sehr eindringlich beschrieben; es ist Winterzeit, kalt und ungemütlich, die Flocken fallen und die Figuren frieren. Gleichzeitig wird die Welt in Farben und Formen beschrieben, wie sie surrealer nicht sein können. Der Zirkus spielt eine wesentliche Rolle und immer wieder kommen Elemente aus der Manege zum Vorschein.


    Die Geschichte insgesamt lebt von ihrer Sprache; der Sprachstil ist sehr ausgereift, alle Worte ausgefeilt und wohlüberlegt, kunstvoll zusammengefügt, was eigentlich nicht zusammen passt, aber dennoch. Kaum ein Satz ein Satz ist nicht bedeutungsschwanger, kaum ein Blick belanglos, kaum eine Seite kommt ohne das Wort Tränen aus, und ein melancholischer Beiklang zieht sich durch jeden Satz.


    Wer eine solche kunstvolle Textbearbeitung schätzt, wird sicher seine Freunde an diesem Roman haben. Mir persönlich war das allein ein bisschen zu wenig; die Sprache trägt die Geschichte zwar über weite Strecken hinweg, aber die Story an sich war mir zu dünn. Da hätte ich mir wirklich mehr erwartet, deshalb auch meine Zurückhaltung bei der Bewertung.


    3ratten

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel