Lars Simon: Elchscheiße – Roman

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  • Die Informationen innerhalb der Spoilermarkierungen kann man mitlesen, muss es aber nicht tun. Sie enthalten keinen Geheimnisverrat, sondern lediglich weitere Informationen zu Personen und Handlungsverlauf.


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    Lars Simon: Elchscheiße, München 2014, dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-423-21508-4, Softcover, 287 Seiten, Format: 19 x 12 x 2,4 cm, Buch: EUR 9,95 (D), EUR 10,30 (A), SFR 14,90, Kindle Edition: EUR 7,99, Audio CD: EUR 14,99.


    „Asa, ich bin es, Torsten. Du musst uns helfen! Die Leute in Gödseltorp sind wahnsinnig. Sie wollen meinen Hof stürmen, und Björn Hakansen beschießt sie mit seinem Karabiner. Schick das SEK oder das Militär oder am besten beide hierher. Hörst du?“ (Seite 222)


    An seine Kindheit in Schweden kann sich der Frankfurter IT-Fachmann Torsten Brettschneider, Mitte 30, kaum noch erinnern. Und seit dem Tod seiner Mutter sind auch seine Schwedischkenntnisse ziemlich eingerostet. Dennoch zögert er keine Sekunde, das Erbe seiner Großtante Lillemor Eriksson anzunehmen, die ihm in einem kleinen Kaff in Mittelschweden einen Bauernhof mit knapp 40 Hektar Nutzwald hinterlassen hat. Und EUR 1938,17 in bar.


    Torsten kündigt seinen Job, kauft sich einen alten VW-Bus und plant, auf seinem Bauernhof in Gödseltorp einen Bildungsroman für Männer in der Midlifecrisis zu schreiben. Sein Vater, der nie viele Worte macht, hält seinen Sohn für eine Pfeife und die Idee mit dem Hof für Blödsinn. „Drecksnest“, ist sein Kommentar und: „Die haben doch alle einen Knall.“
    Was ihn zu diesem harschen Urteil veranlasst, sagt er allerdings nicht.


    Torstens Freundin Tanja – ein entsetzlich nerviges Weib – hat kein Interesse an einem armen Schriftsteller, der in einer Blockhütte am Allerwertesten der Welt haust, was gänzlich unerwartete Folgen nach sich zieht. Jedenfalls steht nun einem Neuanfang in Schweden nichts mehr im Wege.


    Was Torsten nicht hätte tun sollen: unterwegs den schmuddeligen Sozialpädagogik-Studenten (zehntes Semester) Rainer auflesen. Der peilt gar nichts, hat den Rucksack voller Drogen und sagt in jedem Satz mindestens einmal „oberst krass, ne“. In seiner Schusseligkeit schnappt sich Rainer beim Aussteigen versehentlich Torstens Rucksack mit sämtlichen Papieren. Wie soll Torsten sich nun als Erbe des Storegarden-Hofs ausweisen? Tante Lillemors 89-jähriger Lebensgefährte, der rabiate Norweger Björn Hakansen, lässt ihn jedenfalls nicht ins Haus und bedroht ihn mit einer Schusswaffe. Im versifften Gästehaus darf er unterkriechen, bis seine Identität geklärt ist.


    Wenn Torsten schon glaubt, dass dieser Kerl eine Macke hat, was wird er erst sagen, wenn er die restlichen Dörfler kennenlernt?

    Nur der Pfarrer und seine Familie wirken halbwegs normal.


    Das ganze Kaff ist hinter dem Storegarden-Hof her. Aus irgendeinem Grund sind die Leute davon überzeugt, dass dort etwas ungeheuer Wertvolles versteckt sein muss. Und danach würden sie gerne suchen. Der alte Björn hält das für Unfug. Wenn es auf dem Hof so etwas wie einen Schatz gäbe, hätten Lillemor und er ihn doch in all den Jahrzehnten finden müssen. Und wenn sie ihn gefunden hätten, wären sie dann in dieser Einöde geblieben? Torsten sieht das genauso und denkt nicht daran, den Hof zu veräußern. Schließlich will er hier wohnen und seinen Roman schreiben.


    Die Dorfbewohner nehmen ihm das übel und versuchen nach Kräften, ihn zu vertreiben.


    Auch wenn die Stimmung im Dorf schlecht ist, gehen Torsten und Rainer – der zum Austausch der Rucksäcke angereist ist – zur Mittsommerfeier ins Gemeindehaus. Und da kommt es nicht nur zu einem Jahrhundert-Gewitter, sondern auch zu einer handfesten Auseinandersetzung. So also stellen sich die Schweden eine gelungene Party vor!


    Auf einmal steht Torstens Vater Gerd mit seiner neuen Flamme Renate auf der Matte.


    Und dann geht’s so richtig ab. Freunde tumultartiger Szenen können sich auf ein Spektakel freuen, das irgendwo zwischen „Rambo“, „Der Tank“ und „Alarm für Kobra 11“ liegt und in dessen Verlauf das halbe Dorf wie wild ein einer Abortgrube buddelt. Ob sie da den ersehnten Schatz finden und ob dieser überhaupt existiert, das sei hier nicht verraten …


    Ich habe eine kindische Vorliebe für unflätige Buchtitel, von denen es immer mehr zu geben scheint. Manchmal ist der Titel dann schon das Witzigste an dem Buch. Hier nicht! Die Story und das Personal dermaßen schräg und abgefahren, dass es eine Freude ist. Überzeichnet ist das schon, und der Autor entschuldigt sich im Anhang auch brav bei allen Bevölkerungsgruppen, denen er mit diesem Buch irgendwie auf die Füße getreten sein könnte. Aber es ist einfach oberst krass unterhaltsam, ne.


    Könnte das bitte mal jemand verfilmen? Vor allem die Mittsommerfeier und die Materialschlacht in den letzten paar Kapiteln sind absolut popkornkinotauglich.


    Lernen kann man natürlich überall was, so auch hier: ein paar Brocken Schwedisch nämlich. Es gibt ein sechsseitiges Glossar, und wenn man die Übersetzungen sieht, gewinnt man den Eindruck, dass man sich in diese Sprache recht flott einarbeiten könnte. Das muss man aber gar nicht. Die verwendeten schwedischen Sätze erklären sich allesamt aus dem Zusammenhang.


    Alles in allem ist die Geschichte kein Elchscheiß, sondern höchst vergnüglich und unterhaltsam, nicht nur für Schweden-Fans.


    Der Autor
    Lars Simon, Jahrgang 1968, hat nach seinem Studium lange Jahre als Marketingleiter einer IT-Firma gearbeitet, bevor er als Touristen-Holzhaus-Handwerker mit seiner Familie mehr als sechs Jahre in Schweden verbrachte. Heute lebt er in der Nähe von Frankfurt/Main.

  • Danke für die Rezi, klingt großartig, muss ich mir unbedingt notieren. Auf jeden Fall weiß ich schon, wer dieses Buch zum Geburtstag bekommt...derjenige hat nämlich auch eine kindische Vorliebe für unflätige Titel :elch:

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”

  • Meine Meinung:


    Lustig und absurd: Leichte Sommerlektüre für die ganz heißen Tage


    Torsten Brettschneider sucht den Ur-Mann in sich, um seine Freundin Tanja wieder mehr an sich zu binden. Dass dies funktionieren soll, weiß er jedenfalls von seinem besten Freund und Therapeuten Ferdinand. Außerdem will er ein Buch schreiben. Eines über Midlife-Crisis-geplagte Männer. Doch dann erbt er von seiner ihm unbekannten Tante Lillemor einen Hof im schwedischen Gödseltorp. Kurzerhand entschließt sich Torsten, einige Wochen dort zu verbringen. Sehr zum Verdruß von Tanja - die läuft schnurstracks mit Ferdinand davon, aber Torsten hält an seinem Plan fest und dann beginnt das Durcheinander erst recht.


    "Elchscheiße" verspricht von Titel und Cover vor allem eines: Lustige Unterhaltung, eventuell ein paar platte Lacher und damit auch im Hochsommer bei 50 Grad im Schatten mit Matschbirne les- und verstehbar. Inhaltlich wird das Buch dem auch gerecht. Als anspruchsvoll kann man diesen ersten Teil der Tierkot-Trilogie also nicht nennen, aber das hat man sich darauf eingestellt, bietet es ein paar kurzweilige Stunden.


    Zielsicher trifft Lars Simon diverse Klischees. Sei es der hanfrauchende ewige Soziologiestudent, der keines Satzes ohne "krass" fähig zu sein scheint, sei es der subtil verschlagene türkische Gebrauchtwagenhändler oder die gummibestiefelten Landbewohner.


    Ist das Buch anfangs noch unterhaltsam und lustig, entwickelt sich das Ende leider zu einer absurden und hanebüchenen Handlung, die meine Augäpfel etwas strapazierte.


    Trotz der Kritik hat mir das Lesen Spaß gemacht. Man sollte sich nur darauf einstellen, sein Hirn auszuschalten.


    3ratten

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.