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Ayana Mathis, Zwölf Leben
(dtv, Mai 2014)
368 Seiten, € 19.90 (Hardcover)
ISBN 978-3-423-28028-0
Originaltitel: "The Twelve Tribes of Hattie"
Hattie hat viele Kinder und kein einfaches Leben: August, ihr Ehemann, kümmert sich nicht sonderlich um seine Familie, sondern flirtet stattdessen lieber mit fremden Frauen in irgendwelchen Bars. Auch wenn er Hattie einen Teil des verdienten Geldes gibt und sie ein Dach über dem Kopf haben, reicht es Hattie irgendwann. Und so wird aus der Frau, die einst mit ihrer Mutter und ihren zwei Schwestern nach Philadelphia kam, um den trostlosen, immer noch rassistischen Süden hinter sich zu lassen und im Norden ihr Glück zu versuchen, eine gebrochene Frau, die für ihre Kinder kämpft. Schon der frühe Tod ihrer ersten Kinder, der Zwillinge Philadelphia und Jubilee, hat die junge Mutter sehr verändert und lässt ein Stück weit emotionale Nähe zu ihren nachfolgenden Kindern missen… Darum verwundert es nicht sonderlich, dass sie sich irgendwann mit Lawrence, mit dem sie das Baby Ruthie hat, Richtung Baltimore aufmacht - wieder in der Hoffnung, ein besseres Leben zu leben. Auch wenn Hattie bereits nach kurzer Fahrt das schlechte Gewissen plagt, weil sie ihre anderen Kinder zurück gelassen hat, so hat sie doch fest vor, diese baldmöglichst nachzuholen.
Ayana Mathis erzählt die Geschichte um Hattie anhand ihrer zwölf Kinder, deren Leben sie einfängt und so eine Familiengeschichte entstehen lässt, die nicht immer einfach zu lesen ist. Das liegt einerseits an der Zeit der "Great Migration", in der sehr viele Afroamerikaner ihre Heimat im Süden der Vereinigten Staaten verließen, um dem Hass und der Gewalt zu entfliehen und im Norden ein besseres Leben zu finden. Zum anderen daran, dass Hattie schon in frühen Jahren schwere Schicksalsschläge hinnehmen musste und damit nicht wirklich fertig wurde. So ist "Zwölf Leben" im Grunde ein Portrait einer Familie, die vor allem unter dem Rassismus der damaligen Zeit zu leiden hatte - und unter einer Mutter, die zwar ihr Bestes für ihre Kinder gab, damit sie genug zu essen hatten und sauber angezogen waren, aber denen es stets an Liebe fehlte, weil ihre Mutter sie einfach nicht (mehr) aufbringen konnte. Aber kann man ihr das wirklich verdenken? Ich hatte auf keiner Seite das Gefühl, dass sie nicht mit sich ringt und alles gibt, aber sie muss sehr viel ertragen und kann einfach nicht mehr geben. Aus der Sicht der Kinder und Enkel erfährt man nach und nach mehr über dieses Leben und seine Schattenseiten…
Der Autorin gelingt es trotz widersprüchlichster Gefühle, dass man mit den einzelnen Figuren mitfühlen und mitleiden kann. Es ist nicht einfach, so eine hart kämpfenden Mutter zu verurteilen - und dennoch kann man sehr viele Emotionen nachvollziehen, ja entwickelt selbst einige gegenüber den einzelnen Charakteren.
"Zwölf Leben" ist ein großartiger Roman, der die einzelnen Lebensgeschichten mit einander verwebt, denn jedes einzelne wirft Licht und Schatten auf andere. Ayana Mathis eine Art Familienepos geschrieben, der wie ein Episodenroman funktioniert und dessen Figuren 'leben'. Sie zeigt uns, wie viel Macht gesellschaftliche Umstände auf Familien haben kann und wie sehr eine Mutter ihre Kinder prägen kann. Dabei ist das Buch trotz der Thematik keines, dass einen niedergeschmettert zurücklässt, denn es zeigt ebenso die Hoffnung auf ein besseres Leben, die uns Menschen ausmachen kann. Und so ist auch die Geschichte von Hatties Familie noch nicht zu Ende…