Peter Wensierski - Die verbotene Reise

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    Peter Wensierski - Die verbotene Reise - Die Geschichte einer abenteuerlichen Flucht


    Inhalt:

    Zitat

    Im Sommer 1987 wagen zwei junge Ostberliner aus dem Prenzlauer Berg das große Abenteuer: Bedrängt von den politischen Verhältnissen, fälschen sie eine Einladung und erhalten daraufhin ein Visum für Russland und die Mongolei, Sehnsuchtsorte der beiden Wildnisliebhaber. Aber ihr geheimes Ziel ist das für DDR-Bürger eigentlich unerreichbare China. Von Ulan Bator aus versuchen sie nach Peking zu gelangen, wo sie in der westdeutschen Botschaft Pässe für den Westen bekommen könnten. Mehrmals drohen sie, bei ihrer verbotenen Reise aufzufliegen, aber nach 10.000 Kilometern stehen sie tatsächlich vor dem Botschaftsgebäude. Und können sich doch nicht entscheiden, gemeinsam hineinzugehen ...


    Zuerst einmal, Peter Wensierski war ein westdeutscher Journalist, welcher in der DDR als Reporter unterwegs war. Er hat viele Berichte zu den damaligen Verhältnissen und Bewegungen geschrieben. Bekannt geworden ist er mit seinem Buch "Schläge im Namen des Herrn. Die verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik". Er berichtet hier von zwei Studenten aus der DDR, denen die Flucht über China gelungen ist (?).


    Am Anfang wird beschrieben, wie sich Jens und Marie kennenlernen und wie die Idee entstand, in die Mongolei zu reisen. Jens ist bekannt dafür, dass er in Gebiete reist, die eigentlich verboten sind und mit seinen Farbdias Vorträge hält. Marie gehört ebenfalls zu der Sorte Menschen, die nicht auf den üblichen Reiserouten unterwegs ist sondern lieber trampt und querfeldein unterwegs ist.


    Viel passiert ist leider noch nicht, das liegt auch daran, dass alles bis ins kleinste Detail erzählt wird, etwas was mich an dieser Geschichte wirklich stört (an die gesprochenen Worte in kursiv gewöhnt man sich nach ein paar Seiten). Ich empfand es als langweilig zu erfahren, von was wie viel Jens in seiner Wohnung hat. Wie er an die Wohnung kam und woher er kommt und wie er sein Studienplatz bekam ist interessant, aber eben nicht jedes winzigste Detail.


    Noch sind wir in Berlin, aber ich glaube, bald geht es los auf Reisen.

    Bücherwurm - naher Verwandter der Lindwürmer<br /><br />Wenn es sein muss, trete ich auch Zwerge! - Hildegunst von Mythenmetz<br /><br />:buecherstapel:

  • Sodele, ich habe weiter gelesen, wobei ich immer wieder den Kopf geschüttelt habe ...



    [hr]


    Die Geschichte nimmt endlich Fahrt auf.


    Ich muss dazu sagen, dafür, dass die beiden mir ziemlich naiv auftreten und leben hatten sie verdammtes Glück.


    Was mich immer noch sehr stört an dem Buch ist das detailreiche Erzählen. Es ist ein Tatsachen-Bericht in Romanform, aber dadurch, dass wirklich alles haargenau beschrieben und wiedergegeben wird, habe ich oft das Gefühl, dass der Autor gern einen Roman schreiben wollte, aber keine Ideen hatte ... oder so, es ist schwer zu beschreiben, was mich daran stört. Ich weiß genau, dass der Autor nicht dabei war, als die beiden jungen Leute mit den Eltern Kaffee getrunken haben und über ihre Zukunft gesprochen haben und im Nachhinein kann man sich nur selten an die genauen Worte erinnern, aber so wie es hier geschrieben steht ist es, als ob immer ein Tonbandgerät nebenbei lief oder eine Reality Show gerade gedreht wird.


    (übernommen aus dem Lesenacht-Thread, ich weiß nicht, ob Spoiler notwendig sind, ich habe sie einfach mal gesetzt)

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  • Was mich im ersten Teil des Buches sehr gestört hatte, das detailreiche Nacherzählen hatte dann im zweiten Teil nachgelassen ... leider. Denn während der Reise hätte mich schon interessiert, mehr über die Landschaften, die Leute, die Erlebnisse zu erfahren. Stattdessen wurde eine LKW-Fahrt nach der anderen durchgerattert, hier ein Flug, da eine Auto, usw. Hier hat deutlich etwas gefehlt und die fast 4-monatige Reise wurde in wenigen Seiten abgehandelt. Aber das Dilemma am Ende hat mich wieder ein wenig zufrieden gemacht, denn der Konflikt, der entstand, als beide sich eingestehen mussten, dass sie unterschiedliche Ziele hatten und ihre Liebe das wohl nicht überstehen würde, hat endlich ein wenig Farbe in die Geschichte gebracht.


    Und wieder kann ich nur sagen: Dafür, dass beide sehr naiv mit ihrem Umfeld umgegangen sind hatten sie verdammt viel Glück und viel Mut und ein festes Ziel vor Augen, was ihnen geholfen hat, über ihre Grenzen hinaus zu wachsen. Für Ost-Deutsche war ihre Reise wirklich eine Meisterleistung und gehört respektiert!


    Im Großen und Ganzen würde ich dem Buch 3ratten geben. Die Fotos vermitteln ein Gefühl von Fernweh und Andersartigkeit, was in der erzählten Geschichte leider zum größten Teil gefehlt hat.

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  • Danke Leen, für die Schilderung deiner Eindrücke! :winken: Sehr interessant.


    Ich hänge mich mal hier an, denn ich habe gestern kurzerhand auch das Buch zu lesen begonnen und bin schon über die Hälfte weg. Es liest sich sehr schnell weg.


    Ich hatte ja zunächst Bedenken, als ich las, daß der Autor ein westdeutscher Journalist ist. Die Texte dieser Leute über den Osten sind oftmals leicht herablassend-gönnerhaft, und als ehemalige DDR-Deutsche bin ich da sehr empfindlich. Doch ich muß dem Autor zugestehen, daß dies hier so gut wie nicht zu spüren ist. Dafür etwas anderes, dazu komme ich später.


    Es stimmt, daß am Anfang alles sehr detaillert beschrieben wird. Das war zwar etwas länglich und hätte kürzer sein können, war aber für mich wie eine Reise in die Vergangenheit. Vieles war mir bekannt, einiges neu, einiges kann ich so nicht bestätigen. Daß man z.B. einfach so Kohlen vom Anhänger klauen konnte, war i.d.R. nicht möglich, die wurden nicht öffentlich zugänglich gelagert.


    Es heißt, für Marie war das Leben in solchen Wohnungen wie Jens´ ein "Verzicht auf Luxus": so wie das Wohnen beschrieben wird, war es völlig normal. Es wird ein Kohlebadeofen erwähnt, kenne ich auch, aber später habe ich wieder ohne gewohnt. Viele Wohungen hatten nicht mal ein Bad, man machte Wasser in der Küche auf dem Herd warm, goß es ins Waschbecken und wusch sich damit. Das war ganz normal und so habe ich noch bis 1994 gewohnt, einschließlich Klo halbe Treppe und eingefrorene Leitungen.


    Die Art, wie Jens seine Wohnung bekam: Vermutlich hatte er großes Glück, denn eigentlich ging das so nicht. Man konnte nicht einfach eine Wohnung besetzen und das durch Mietzahlung legalisieren, dann flog man achtkantig wieder raus, jedenfalls kenne ich es so. Ich habe allerdings nicht in Berlin gewohnt, sondern in Leipzig. Für eine Wohnung brauchte man eine sog. Zuweisung, und um die zu bekommen, mußte man einen Wohnungsantrag stellen. Dann wurde geprüft, ob man nach Ansicht des Wohnungsamtes einen Bedarf hatte. Da 1985 angeblich das Wohnungsproblem gelöst sein sollte, war es in den späten 80ern zunehmend schwierig. Ich wohnte z.B. als Studentin bei meinen Eltern in einer 3-Zimmer-Wohnung, nachdem mein Bruder ausgezogen war, und war damit "endversorgt". Wer in einer anderen Stadt studierte, lebte in der Regel im Studentenwohnheim. Gründe für eine eigene Wohnung waren z.B. Heirat und/oder Kinder zu kriegen. Klar konnte man nach leerstehenden Wohnungen schauen und das Wohnungsamt darauf hinweisen, aber ohne einen Bedarf zu haben, hatte man keine Chance. Halblegale Tauschgeschäfte waren eine andere Möglichkeit.


    Die Bewerbung auf den Studienplatz war zumindest für mich viel einfacher als hier im Buch beschrieben. Ich habe eine andere Naturwissenschaft studiert, die als schwierig galt und wo man froh war, genug Studenten zu bekommen. Daß es in Biologie so viel schwieriger gewesen sein soll, okay, mag sein.

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Hallo Kaluma,


    im Buch oder in einem der Berichte hab ich gelesen/gehört, dass das Jahr mit Absicht verändert wurde. Du kannst übrigens online ein paar Berichte mit Jens und Marie dir anschauen, aber ich würde dir raten, dass erst nach der Lektüre zu machen :breitgrins:


    Ich hab ja auch immer das Gefühl gehabt, dass die beiden mehr Glück wie Verstand hatten. Aber ich glaube auch, dass der Autor sehr viel Fantasie ins Buch hat einfliegen lassen. Allein bei den ganzen Details, die man für einen Bericht nicht erwartet, wurde das Gefühl sehr stark. Ich glaube jedenfalls nicht, dass Maries Tagebücher so detailiert waren, sie meinte ja, dass sie diese nur angefangen hatte. Und Aufzeichnungen wie Ton oder Video gabs/gibts ja nicht.


    Alles ein wenig komisch :rollen:

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  • Hallo Leen,


    aha das Jahr wurde verändert, bisher dachte ich, wir befinden uns in der zweiten Hälfte der 80er Jahre, aber dann fand die Reise vermutlich früher statt. Das würde jedenfalls passen und einiges plausibler machen.



    Ich muss dazu sagen, dafür, dass die beiden mir ziemlich naiv auftreten und leben hatten sie verdammtes Glück.


    Ja, über die Naivität der beiden habe ich mich auch gewundert. Die Vorträge über die unerlaubten Reisen, Vorträge in seiner Wohnung mit -zig Leuten - es war sonnenklar, daß bei solcherart Veranstaltungen die Stasi anwesend war und jeder wußte das.


    Zur Exmatrikulation (ich setze das jetzt nicht in Spoilermarkierung, denn ich habe viel dazu zu sagen, und vielleicht ist es ja auch nicht so ein Geheimnis) schreibe ich morgen, denn wie diese dargestellt wurde, hat mich etwas verärgert.

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  • Zur Exmatrikulation:
    Im Buch wird suggeriert, als wäre diese aus heiterem Himmel gekommen und nur, weil Jens zu unabhängig ist. Erwähnt, aber nicht weiter kommentiert wird aber auch der Fakt, daß Jens zu den meisten Lehrveranstaltungen und Praktika nicht erschienen ist und zuvor schon verwarnt wurde.


    Wenn man ein Studium beginnt, weiß man, was von einem erwartet ist und welche Pflichten man hat. Um einen bestimmten Abschluß zu erlangen, muß man eben bestimmte Lehrveranstaltungen besuchen, Praktika absolvieren, Leistungsnachweise bringen usw. Das ist heute ganz gewiß nicht anders. Es war in der DDR möglich, Sonderbedingungen zu bekommen, wenn man mit den Professoren verhandelt hat und vor allem: gute Leistungen hatte. Aber einfach kommentarlos nicht zu erscheinen? Ich bekomme den Eindruck, Jens hat einfach nur gemacht, was ihm Spaß macht, und alles, was am Studium vielleicht anstrengend oder nicht so interessant ist, hat er ignoriert. Nach dem Motto "ich mache nur, was ich will, und alles andere und alle anderen sind mir egal". Von dieser Einstellung halte ich nicht viel. (Dazu paßt auch die Episode mit Marie, ihrer Freundin und dem Spargel.)

    Wensierski führt die Exmatrikulation einzig auf Jens´ Unabhängigkeitsdrang zurück, macht ein Politikum draus und stellt ihn quasi als Opfer dar. Das ist für mich ein Hauptkritikpunkt am Buch, denn es ist ein Verbiegen der Fakten, wie Journalisten es manchmal gerne tun und mit ein Grund, warum ich diesen Berufsstand manchmal nicht mag. Und es ist ein Schlag ins Gesicht anderer Opfer, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen.


    Natürlich ist das nur eine Seite und das, was Jens gemacht und erreicht hat, finde ich trotzdem wahnsinnig beeindruckend.


    An einer Stelle hieß es auch, die Seminargruppe und die Seminarveranstaltungen, auch der Seminarberater, seien ein Mittel der politischen Einflußnahme gewesen (oder so ähnlich, ich habe den genauen Wortlaut nicht mehr im Gedächtnis). Das ist Unsinn. Die Seminargruppen waren so etwas wie Schulklassen und in den Seminaren wurde der Stoff aus den Vorlesungen geübt und durch Übungsaufgaben vertieft, auch konnte man dem Seminarberater leichter Fragen stellen als dem Prof in der Vorlesung.



    Ich hab ja auch immer das Gefühl gehabt, dass die beiden mehr Glück wie Verstand hatten. Aber ich glaube auch, dass der Autor sehr viel Fantasie ins Buch hat einfliegen lassen. Allein bei den ganzen Details, die man für einen Bericht nicht erwartet, wurde das Gefühl sehr stark. Ich glaube jedenfalls nicht, dass Maries Tagebücher so detailiert waren, sie meinte ja, dass sie diese nur angefangen hatte. Und Aufzeichnungen wie Ton oder Video gabs/gibts ja nicht.


    Ja, die beiden hatten Riesenglück. Die Details sind sicher zum Teil Erinnerungen (manche Beschreibung ist sehr detailliert bis hin zur Farbe der Kleidungsstücke). Das ist ja typisch dafür, wie man sich an Ereignisse von vor Jahrzehnten erinnert: Von manchen Dingen ist mir alles haarklein im Gedächtnis, anderes ist komplett verschwunden.


    Die Dialoge sind sicher nachvollzogen, wie sie wahrscheinlich waren. Von der Exmatrikulationsverhandlung wird es wohl ein Protokoll geben.


    Ich bin jetzt bereits mit den beiden in der Mongolei und finde die Schilderungen hochinteressant, wenngleich auch ich gerade über die Reiseerlebnisse lieber mehr gelesen hätte.

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  • aha das Jahr wurde verändert, bisher dachte ich, wir befinden uns in der zweiten Hälfte der 80er Jahre, aber dann fand die Reise vermutlich früher statt.


    Hinten auf dem Buch steht 1987 und das muß auch ungefähr so stimmen, denn irgendwo las ich, daß sie sich über Tschernobyl unterhalten.

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  • Ich bin durch. Insgesamt hat es mir, rein von den Fakten her, sehr gut gefallen. Auch wenn der Teil, in dem es um die Reise geht, relativ kurz war verglichen mit der Vorgeschichte, die das halbe Buch einnahm. Die Fotos habe ich mit großem Interesse betrachtet und hätte gern mehr davon gesehen.


    Gut nachvollziehbar geschildert fand ich die Kapitel gegen Ende der Reise, wo beide vor der Entscheidung stehen, wie es weitergehen soll. Auch die Gründe der beiden für ihre jeweilige Entscheidung wurden verständlich klargemacht. Marie erschien mir durch das ganze Buch hinweg etwas dümmlich-naiv geschildert, (was mir nicht gefallen hat), das milderte sich hier ein wenig, denn sie traf tatsächlich eine eigene Entscheidung. Etwas Kopfzerbrechen bereitet mir in diesem Zusammenhang der Untertitel des Buches, der suggeriert,


    Fazit: eine interessante Reise in die deutsch-deutsche Vergangenheit, mit sehr vielen Details, aber leider in einem etwas merkwürdigen Stil geschrieben und stellenweise zu distanziert und tendenziös. Das Ende hat nochmal einiges gerettet.


    3ratten

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    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • Hallo Kaluma,


    ich bin froh, dass du meine Einschätzung irgendwie untermauern konntest. Über die Vorgänge und Abläufe in der DDR weiß ich nicht viel, ich war ja zur Wende gerade mal in der 2. Klasse und als Karl-Marx-Städter war die Mauer einfach nicht im Bewusstsein, ich habe vieles erst im Nachhinein erfahren. Ich weiß zwar, dass vieles unvorstellbar war, aber inwiefern das überzogen oder politisch aufgeputscht war, kann ich selber nicht einschätzen, daher hilft mir deine Erfahrung und Meinung, um diese Geschichte einfach besser zu beurteilen.


    Was mich mal interessieren würde, es wurde ja immer mal erwähnt, dass ein Ausreiseantrag oder der Versuch zu Fliehen nicht nur an der Person geahndet wurde, sondern auch an dessen Familie, ich kann mir gut vorstellen, dass das so ablief, aber entsprach das wirklich der Wahrheit oder ist das auch überzogen?

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  • Was mich mal interessieren würde, es wurde ja immer mal erwähnt, dass ein Ausreiseantrag oder der Versuch zu Fliehen nicht nur an der Person geahndet wurde, sondern auch an dessen Familie, ich kann mir gut vorstellen, dass das so ablief, aber entsprach das wirklich der Wahrheit oder ist das auch überzogen?


    Nein, das war tatsächlich so und wurde hier keineswegs überzogen dargestellt, im Gegenteil, ich hätte eigentlich erwartet, daß


    Ich habe selber eine Tante, die in den 80ern nach dem Westen heiratete und (unter anderem) aufgrund dessen meinen Studienwunsch geändert.
    In der Familie meines Mannes gab es auch einige Erfahrungen, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte.
    Die Familie war ein beliebtes Druckmittel, auch um Leute zu zwingen, für die Stasi zu arbeiten. Ich bin heute noch jeden Tag dankbar, daß wir die DDR abgeschafft haben.

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  • Danke ... Über die DDR und die Stasi gibt es noch so viel, was verwischt und ungeklärt bleibt, da bin ich froh über jeden Text und Erfahrungsbericht, den man kriegen kann


    Wie gesagt, ich war zu jung, um das zu verstehen. Für mich war die Mauer erst da, als sie weg war. Für uns war sie halt nicht so present, wir sind erst 87 nach Teltow gezogen und damit direkt an die Mauer, aber sie wurde nicht besprochen. Als die Mauer dann weg war, habe ich mitbekommen, dass unsere Familie viel größer war, als ich sie bis dahin kannte. Die Verwandten im Westen waren halt ... nicht existent. Ich müsste mal meine Mutter fragen, ob die West-Schwester irgendwie ihr Leben in der DDR beeinflusst hat.

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  • Hallo Leen,



    Danke ... Über die DDR und die Stasi gibt es noch so viel, was verwischt und ungeklärt bleibt, da bin ich froh über jeden Text und Erfahrungsbericht, den man kriegen kann


    es gibt ja einiges an Büchern und auch an Filmen zu dem Thema.
    Was Filme betrifft, so spontan aus dem Gedächtnis kann ich sagen, daß ich "Weißensee" ganz gut fand, aber z.B. "Das Leben der anderen" weniger (der Schluß war sehr unrealistisch). "Böseckendorf" ist auch sehenswert, wenngleich ziemlich theatralisch.


    Was Bücher betrifft, müßte ich mal nachdenken. Vielleicht kann ich hier im Forum mal das eine oder andere empfehlen.


    Ich bin nur immer wieder erstaunt, wenn ich höre, daß in vielen Familien sogar heute darüber gar nicht (mehr) gesprochen wird. Bei uns ist das immer wieder Thema und meine Tochter (15) kriegt auch so einiges erzählt. Daß das früher in eingen Familien totgeschwiegen wurde, ist klar.
    Frag deine Eltern/Großeltern und sonstigen Verwandten, solange es noch geht.

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  • Ich bin nur immer wieder erstaunt, wenn ich höre, daß in vielen Familien sogar heute darüber gar nicht (mehr) gesprochen wird. Bei uns ist das immer wieder Thema und meine Tochter (15) kriegt auch so einiges erzählt. Daß das früher in eingen Familien totgeschwiegen wurde, ist klar.
    Frag deine Eltern/Großeltern und sonstigen Verwandten, solange es noch geht.


    Ich hatte und habe immer noch das Gefühl, das lag damals vor allem daran, weil ich zu jung war und nicht danach gefragt habe (klar, wie auch, wenn ich davon nichts wusste) und zweitens, weil es einfach nicht notwendig war bis zur Wende, warum über etwas reden, was da ist und wahrscheinlich nie verschwinden wird. Verstehst du? Es ging nicht darum das totzuschweigen sondern es wurde nicht thematisiert weil es einfach zum Alltag gehörte, oder sprichst du mit deinen Leuten jeden Tag über den Baum vor deiner Tür (blöder Vergleich, aber so kam das in meiner Jugend nach der DDR halt rüber).

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  • Hallo Leen,


    ja ich verstehe schon was du meinst, man redet nicht jeden Tag über das Selbstverständliche. Aber als du schriebst, 1. ihr seid nach Teltow gezogen ohne die Mauer zu thematisieren und 2. du kanntest die westdeutsche Hälfte der Familie nicht, habe ich mich schon ein wenig gewundert. Auch wenn man nicht täglich über die Mauer redet, wußte man doch um ihr Vorhandensein (meine Eltern und Großeltern erzählten hin und wieder Geschichten aus der Zeit, als man noch nach Westberlin durfte, oder vom 17. Juni usw.) und auch die Stasi war stets präsent.


    Vielleicht liegt es ja tatsächlich an deinem jungen Alter zur Wendezeit. In den Achtzigern war ich Teenager/junge Erwachsene und da ist man politisch ganz anders interessiert, eckt eher mal an und beschafft sich seine Informationen auch anderswoher.

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