Salman Rushdie - Joseph Anton. Die Autobiographie

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    "Joseph Anton. Die Autobiographie" von Salman Rushdie


    Den Namen Salman Rushdie dürfte selbst derjenige schon einmal gehört haben, der keine Bücher liest. Ich selbst hörte ihn zuerst mit 14, als die Nachricht über die Fatwa um die Welt ging. Gelesen habe ich nie etwas von ihm, trotz fester Vorsätze. Vor ein paar Tagen landete dann die Autobiographie des Schriftstellers auf meinem Kobo - und ich war hin und weg.


    Die Geschichte beginnt mit dem wohl wichtigsten und beängstigendsten Erlebnis im Leben des damals schon bekannten Salman Rushdie - am Valentinstag 1989 verhängt der iranische Ayatollah Khomeini die Fatwa über ihn. Zum Tode verurteilt wurde der Autor für sein Buch "Die satanischen Verse", das angeblich den Islam, den Koran und den Propheten beleidigt. Es hatte zuvor schon Demonstrationen und Ausschreitungen gegeben, aber erst mit der Fatwa wird die Sache für Rushdie richtig ernst. Er muss mit seiner Frau untertauchen, bekommt Polizeischutz und wird praktisch zum Schweigen verdammt. Aber Salman Rushdie ist niemand, der einfach aufgibt. Er kämpft sich gegen alle Anfeindungen, Drohungen und Versuche, ihn mundtot zu machen, wieder an die Öffentlichkeit und kämpft für das Recht auf Meinungsfreiheit.


    Rushdie erzählt zunächst, wie seine Eltern ihn auf eine Schule in Großbritannien schicken, wie er später Geschichte studiert und als Werbetexter sein Geld verdient. Als er beschließt, Schriftsteller zu werden, ist die Reaktion seines Vaters alles andere als begeistert. Sein zweites Buch, "Mitternachtskinder", macht ihn berühmt, die "Satanischen Verse" schließlich berüchtigt. Als Folge der Morddrohungen muss er ständig umziehen, auf eigene Kosten. Ihm wird zwar Polizeischutz gewährt, jedoch sehr widerwillig, um alles andere muss er sich selbst kümmern. Er bekommt sehr viel Unterstützung von seinen Freunden, ohne die er es vermutlich nicht geschafft hätte.
    Sehr detailiert beschreibt er seine Bemühungen, wieder ein normales Leben zu führen. Auf Politiker, besonders die der britischen Regierung, braucht er dabei nicht zu zählen, die britische Regierung ist der Ansicht, er sei selbst an allem schuld, und außerdem habe er ja nichts Nützliches für das Land getan. Die Briten regen sich erst, als Rushdie andere Regierungen dazu bringt, ihm zur Seite zu stehen.


    Das Buch ist nicht in der ersten Person geschrieben, was mich sehr irritiert hat, sondern in der dritten. Der Autor ist dabei immer nur "er". Das lässt die Handlung etwas distanziert wirken, was vermutlich Absicht ist. Der Protagonist hat einen Namen, wird aber nie bei ebendiesem genannt. Das ist insbesondere dann sehr verwirrend, wenn im gleichen Absatz oder im vorherigen bereits von einer anderen männlichen Figur die Rede ist. Diese Art, die Geschichte zu erzählen, zeigt, dass der Autor selbst zeitweise nicht mehr genau wusste, wer der denn nun ist. Ist er Salman, der ganz normale Mann, Ehemann, Vater, Schriftsteller? Ist er der "verfluchte Rushdie", dem die halbe Welt nach dem Leben trachtet, und der täglich ganze Wagenladungen an Beleidigungen, Unterstellungen und dreisten Lügen in der Presse abbekommt? Ist er der geheimnisvolle amerikanische Verleger Mr. Joseph Anton, genannt Joe, der nur in gepanzerten Wagen durch die Stadt fahren darf und wegen der Präsenz von vier ständig anwesenden Polizisten manchmal den Verstand zu verlieren droht?


    Dieses Buch ist spannender als so mancher Thriller, den ich in den letzten Jahren gelesen habe. Ich habe für dieses Werk mit annähernd 800 Seiten nur zwei Tage gebraucht und bis drei Uhr Morgens gelesen. Die phantastische Erzählweise von Salman Rushdie kann weder die Übersetzung (ich habe die russische gelesen) noch die schauerliche eBook-Formatierung kaputtmachen. Es ist ein außergewöhnliches Buch über und von einem außergewöhnlichen Menschen, von dem ich unbedingt noch weitere Bücher lesen will. Seine komplette Bibliographie ist bereits auf meinem Reader und ich muss mich nur noch entscheiden, mit welchem Buch ich anfangen möchte.


    Fazit: Ein hochinteressantes und wichtiges Buch über einen Menschen, der für sein Recht auf freie Meinungsäußerung kämpft.


    5ratten + :tipp:


    ***
    Aeria