Kaufen* bei
Amazon
Bücher.de
Buch24.de
* Werbe/Affiliate-Links
Wer sich wundert, wie das vorliegende Buch zum Thema "Music Box" passen soll, dem sei verraten, dass ich einen Teil meiner Teenagerzeit als fanatischer Fan der Band "Queen" verbracht habe (die es damals schon gar nicht mehr aktiv gab), daher kam mir in Verbindung mit dem Buchtitel sofort das Lied "Heaven for everyone" in den Sinn (und Valentine war so großzügig, es zu genehmigen ).
Mein Verhältnis zur Autorin ist ein wenig gespalten; während ich ihre Kinderbücher sehr mag ("Die Nacht der gefangenen Träume", "Die wunderliche Reise von Oliver und Twist") haben mich ihre Romane für Erwachsene leider ein ums andere Mal befremdet zurückgelassen ("Der letzte Regen", "Solange die Nachtigall singt", "Friedhofskind"). Trotzdem kann ich es nicht lassen und gebe die Hoffnung nicht auf, dass die Autorin irgendwann mal einen Roman für Erwachsene schreiben wird, der mir gefällt.
Zum Buch:
Erzählt wird aus der Perspektive von Malerin Lovis. Ihr Sohn, der neunjährige David, liegt nach einem mysteriösen Autounfall im Koma. Fünfzig Kilometzer von seinem Zuhause entfernt ist er plötzlich wie aus dem Nichts auf der A20 aufgetaucht und wurde von einem Auto erfasst - warum war er dort?
Während sich ihr Mann Claas, der als Arzt ausgerechnet in diesem Fall selbst hilflos ist, sich in seine Arbeit vergräbt, zieht sich Lovis noch weiter von ihm zurück. Sie ist überzeugt, dass David aus dem Koma aufwachen wird, wenn sie nur herausfinden kann, was ihn auf die Autobahn geführt hat.
In seinem Zimmer findet Lovis schließlich eine Mappe, die Davids Aufzeichnungen enthalten über die "Werkstatt zur Verbesserung der allgemeinen Gerechtigkeit", kurz "Werkstatt zur V.D.A.G.".
David ist durch Begegnungen mit verschiedenen Menschen zum Schluss gekommen, dass die Güter auf dieser Welt ungerecht verteilt sind. Er beschließt dafür zu sorgen, dass es mehr Gerechtigkeit gibt und das Paradies schon auf Erden entstehen kann und nicht erst in einer jenseitigen Welt. Durch seine Werkstattberichten erfährt Lovis schließlich von den Projekten ihres außergewöhnlichen Sohnes, der ihr in der letzten Zeit sehr fremd geworden war.
Meine Meinung:
Bis jetzt bin ich richtig gefesselt von dem Buch. Vielleicht wird es ja tatsächlich DAS Buch von Antonia Michaelis sein, mit dem sie mich doch noch begeistern kann...
Die Autorin wechselt geschickt zwischen zwei Erzählebenen: Das, was Lovis in der Zeit nach dem tragischen Unfall erlebt (es gibt zum Glück auch keinen Vorausblick, wie es ausgehen wird und ob David wieder aus dem Koma erwacht) und Davids Erlebnisse während seiner "Werkstatt zur V.D.A.G.", die er minutiös (und verschlüsselt) für die Nachwelt aufgeschrieben hat.
Wer es ganz realistisch mag, der wird bei Antonia Michaelis wahrscheinlich ohnehin nicht glücklich und würde hier kritisieren, dass David viel zu reif und klug wirkt für sein Alter... Aber darum geht es überhaupt nicht. David IST nun mal ein außergewöhnlicher Junge und ich möchte mich lieber von seinen interessanten Gedankengängen unterhalten lassen als mich über "typische" 9jährige Kinder zu langweilen, die "realistisch" beschrieben werden.
Auch Glaubensthemen greift die Autorin auf, geht dabei jedoch nicht plump vor: Lovis und ihr Mann sind Atheisten und David kommt durch die Schule und seine Begegnungen mit anderen Menschen verschiedenen Glaubensvorstellungen in Berührung, die ihn zum Nachdenken bringen.
Ich bin erst bei Seite 62 angekommen und im Grunde ist noch nicht viel passiert, außer dass Lovis den Werkstattbericht gefunden und die ersten Einträge gelesen hat, aber schon jetzt bin ich mittendrin und will unbedingt mehr erfahren. Wer schon einmal etwas von Antonia Michaelis gelesen hat, dem wird ihre besondere Sprache und Erzählweise in Erinnerung geblieben sein.
Durch die Ich-Perspektive ist man besonders nah dran an Lovis' Gefühlen, und die Autorin schafft es meiner Meinung nach perfekt, dem Leser durch ihre Sprache Lovis' Schmerz, ihre Isolation und das Gefühl der Taubheit nahezubringen, ohne dass dies explizit angesprochen werden muss. Großartig!
Jetzt geht es erst noch mal mit dem Hund raus (ach ja, ein schwarz-grau gefleckter "nichtschöner" Hund kommt auch in "Paradies für alle" vor, was schon mal mindestens einen Pluspunkt gibt :smile:) und dann zurück aufs Sofa und weiterlesen.