Henry James ~ Überfahrt mit Dame

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  • Henry James ~ Überfahrt mit Dame. Eine Salonerzählung


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    Originaltitel: The Patagonia
    Erscheinungsjahr: 1909 (erschienen im Band XVIII der New York Edition of Henry James)
    Verlag: Aufbau Verlag
    Seiten: 175 (gebunden)


    Diese Novelle von James wurde neu entdeckt und liegt nun erstmals in deutscher Übersetzung vor. Es handelt sich um eine Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht. Als Inspiration diente James u.a. die Erzählung "Die Reise nach Panama"von Anthony Trollope, die diesem Band beigefügt ist. Wir haben also zwei Erzählungen in einem Band, die sich von der Grundidee ähneln, beide Autoren gehen sie aber auf ihre eigene Weise an. Ich brauche nicht erwähnen wessen Story mir besser gefiel. :zwinker:


    Eine vierköpfige Gesellschaft macht sich auf die Reise von Boston (USA) nach Liverpool (GB) mit einem Schiff, der Patagonia: Mrs. Nettlepoint, ihr Sohn Jasper, der Erzähler und die junge Grace Mavis, die nach 10 Jahren Verlobungszeit nun von ihrem zukünftigen Mann in Liverpool erwartet wird. Doch eine Fahrt über den Atlantik dauert lange, und es beginnen sich unter den Reisenden Gerüchte und Intrigen über Miss Mavis zu verbreiten, sie hätte mit Jasper angebandelt, was für damalige Zeiten wirklich skandalös war. Tatsächlich wird sie nur allzu häufig in seiner Nähe gesehen...


    Die Geschichte wird aus der Perpsektive eines Mitreisenden erzählt, der mit Mrs. Nettlepoint befreundet ist. Dadurch ist er einerseits Augenzeuge, andererseits sieht und weiß er nicht alles und muss sich ebenso wie der Leser in Spekulationen und Andeutungen ergeben. Das verstärkt noch die nebulöse und spannende Atmosphäre, die James schafft. In gewohnter Manier entwirft er hier ein Sittenbild der viktorianischen Zeit und stellt wieder einmal ein Frauenschicksal in den Vordergrund. Stark sind hier wieder James' feine Beobachtungsgabe und sein Talent, Charakterzüge zu beschreiben, dabei schwingt immer leiser Zynismus mit.


    Kurzum: Ein typischer James und ein reines Lesevergnügen!


    5ratten

  • Als Inspiration diente James u.a. die Erzählung "Die Reise nach Panama"von Anthony Trollope, die diesem Band beigefügt ist. Wir haben also zwei Erzählungen in einem Band, die sich von der Grundidee ähneln, beide Autoren gehen sie aber auf ihre eigene Weise an. Ich brauche nicht erwähnen wessen Story mir besser gefiel. :zwinker:


    Die von Trollope natürlich... Kannst Du uns darüber auch noch etwas berichten? Vielen Dank schon mal!

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Im Prinzip kann man zusammenfassen, dass dort, wo James bewusst offene Fragen lässt, um das Ganze uneindeutig und frei für Interpretationen zu lassen, Trollope diese Fragen beantwortet und sowohl Motive als auch Beweggründe der Figuren offen legt. Zudem ist Trollopes Ende ein anderes, weit weniger tragischeres als James'. Trollope schrieb diese Erzählung eigens für den feministischen Verlag Victoria Press, weshalb hier die schlechten Zukunftsaussichten junger Damen dieser Zeit, deren Hauptaufgabe es im Leben war, eine Vernunftehe einzugehen, stärker im Vordergrund stehen. Eine kleine Gesellschaftskritik sozusagen. Das kennen wir von James auch, aber er hier finde ich seinen Humor und seine Beobachtungsgabe doch feiner. Dennoch ist Trollopes Geschichte nett zu lesen.

  • Ah, das Buch stand mal auf meiner Haben-wollen-Liste. Ist dann aus dem Blickfeld verschwunden. Kommt wieder drauf, vor allem, da ich mir am Samstag gerade seinen zuletzt übersetzten Kurzgeschichtenband gegönnt habe.


    Gruß, Thomas

  • Habe ich das jetzt richtig verstanden, dass Trollpe's Buch auf einer ehren Begebenheit beruht und Henry James hier eine Art Nacherzählung schrieb?
    Wie auch immer, es hört sich interessant an.

  • Habe ich das jetzt richtig verstanden, dass Trollpe's Buch auf einer ehren Begebenheit beruht und Henry James hier eine Art Nacherzählung schrieb?
    Wie auch immer, es hört sich interessant an.


    Wenn ich das richtig sehe, hatte James zwei Quellen für seine Erzählung: eine wahre Begebenheit und Trollopes Erzählung. Die, meines Wissens, völlig fiktiv ist.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Wenn ich das richtig sehe, hatte James zwei Quellen für seine Erzählung: eine wahre Begebenheit und Trollopes Erzählung.


    Stimmt.



    Die, meines Wissens, völlig fiktiv ist.


    Nicht ganz, auch Trollope ließ sich von einer wahren Begebenheit inspirieren.
    *im Nachwort wühl*
    "Jemand hatte ihn [Trollope] gebeten, einer Frau, die nach Übersee aufbrechen sollte, um zu heiraten, mitzuteilen, dass ihr Verlobter gestorben sei. Sie reagierte, indem sie sogleich ihre Koffer aus- und wieder einpackte, wobei sie das obenauf liegende Hochzeitskleid ganz nach unten vestaute."