Dr. Kerstin Hoffmann: Web oder stirb!

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 1.177 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Vandam.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Dr. Kerstin Hoffmann: Web oder stirb! Erfolgreiche Unternehmenskommunikation in Zeiten des digitalen Wandels, Freiburg 2015, Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, ISBN 978-3-648-06600-3, Softcover, 243 Seiten, Format: 17,2 x 2 x 24,1 cm, Buch: EUR 29,95, Kindle Edition: EUR 25,99.


    „Unternehmen, die jetzt nicht sehr schnell und gründlich im digitalen Wandel den Anschluss finden, werden in wenigen Jahren weg vom Fenster sein. ‚Web oder stirb‘. Wer nicht online sichtbar ist (…), wer sich nicht dort aufhält, wo die eigenen Kunden längst sind, wird untergehen. (…) Den Änderungen der digitalen Transformation sind wir alle unterworfen, und in diesen Zeiten haben sich Konsumenten- und Entscheiderverhalten längst grundlegend verändert.“ (Seite 14)


    Alte Papiertiger und neue Medien?
    Wie man sieht, hat der Titel nichts mit dem Weben von Stoffen zu tun und ein Krimi ist es auch nicht. Ich habe das Buch gelesen, weil das Thema auch meine Arbeit betrifft. Jahrzehntelang habe ich für den Printbereich geschrieben, irgendwann kamen die Internetjobs dazu. Ich mache das alles nach bestem Wissen und Gewissen, frage mich aber manchmal, ob es wirklich sinnvoll ist, so alte Papiertiger wie mich auf die neuen Medien umzuschulen, wo ich doch von den technischen Aspekten keine Ahnung habe. Sollten diese Texte nicht besser von sehr viel jüngeren Kollegen verfasst werden?


    Mit dieser Frage bin ich offenbar schon bei den Fortgeschrittenen. Es gibt tatsächlich noch Unternehmer/Entscheidungsträger, die generell die Notwendigkeit einer Internetpräsenz bezweifeln wenn nicht gar bestreiten. „Unsere Kunden sind nicht online“, heißt es da, und das wird als Rechtfertigung dafür gesehen, genauso weiterzumachen wie bisher. Gut, für den Bäcker auf dem Dorf ist das sicher okay. Aber wem die Kunden nicht automatisch die Bude einrennen, der sollte vielleicht noch einmal darüber nachdenken und wenigstens das erste Kapitel dieses Buchs lesen.


    Wer Inhalte an Empfänger bringen will, kann sich heute eigentlich nicht mehr leisten, dem Internet fernzubleiben. Die Kunden recherchieren dort, sie besuchen Preisvergleichsportale, sie treten mit Firmen per E-Mail, Facebook oder Twitter in Kontakt und sie wollen ihre Antworten sofort und nicht erst in acht Tagen. Wer da nicht mitspielt, hat ein Handicap. Und je länger ein Unternehmen damit wartet, auch online professionell zu kommunizieren, desto schwieriger und teurer wird das.


    Social Media überlässt man nicht den Praktikanten!
    Was man keinesfalls tun sollte: Die Unternehmenskommunikation in den sozialen Netzwerken den Praktikanten überlassen. Auch wenn sie sich mit der Technik bestens auskennen: Sie sind keine Kommunikationsprofis und Unternehmenskommunikation gehört in Profihände. Es ist tatsächlich sinnvoller, gestandenen Textern, PR-Leuten oder Graphikern die Handhabung der digitalen Medien beizubringen. Wie Kommunikation geht, wissen sie schon. Den Umgang mit den für sie neuen Techniken können sie lernen. Damit wäre auch meine Eingangsfrage beantwortet.


    Das alles heißt natürlich nicht, dass man jetzt das Kind mit dem Bad ausschütten und sämtliche klassischen Kommunikationsformen verwerfen sollte. Das wäre fatal! Es geht hier um integrierte Kommunikation. Werbung, Marketing, PR und die digitale Schiene – das muss alles aufeinander abgestimmt sein. Es kann nicht jede Abteilung nach eigenem Gutdünken Inhalte unters Volk bringen und den Kollegen am Ende noch in die Parade fahren. Unternehmenskommunikation nach dem Motto „Was sie mit den Händen aufbauen, stoßen sie mit dem Allerwertesten um“ ist wenig zielführend. (Kommt aber vor.)


    Kommunikation muss wohl überlegt und geplant sein: Man muss als Unternehmen wissen, wo man steht – auch im Vergleich zu den Mitbewerbern –, was man bei wem erreichen will, mit welchen Mitteln dies zu erzielen ist und wie man die Ergebnisse messen kann. Und: Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Wer nur selbstreferentielle Inhalte in die Landschaft pustet, seiner Zielgruppe nicht zuhört und nicht auf deren Anliegen reagiert, wird nicht viel bewegen.


    Dass digitale Kommunikation schneller getaktet ist als analoge und man nicht jede Äußerung, die man online zu machen gedenkt, in einem mehrstufigen hauseigenen Genehmigungsverfahren absegnen lassen kann, leuchtet ein. Das würde viel zu lange dauern. Also muss vorab festgelegt werden, wer alles im Namen der Firma sprechen darf und was diejenigen sagen oder nicht sagen dürfen.


    Nicht zum Nulltarif zu haben
    Wenn man seine Ziele kennt und das Instrumentarium – ggf. mit externer Hilfe - beherrscht, kann man sich eine integrierte Kommunikationsstrategie zurechtlegen. Wie das geht, erfahren wir in Kapitel 3. Zum Nulltarif gibt es das alles freilich nicht: Firmenwebsites, Facebook, Twitter oder Corporate Blogs verursachen Arbeit und Kosten. Gibt’s kein zusätzliches Budget, muss an anderer Stelle gekürzt werden.


    Wer sich durch die ersten drei Kapitel durchgearbeitet hat, weiß, was er zum erfolgreichen Verkaufen braucht: die richtigen Inhalte in den richtigen Medien für die richtigen Empfänger. Das ist im Grunde auch nichts anderes als im guten alten analogen Marketing. Es funktioniert digital nur ein bisschen anders.


    In Kapitel 4 geht es vor allem um Contentstrategie und Contentmarketing – also darum, für den Empfänger interessante und relevante Informationen bereitzustellen um damit die Marke bekannt zu machen und sie mit positiven Emotionen anzureichern. Idealerweise werden aus den Empfängern irgendwann Käufer. Oder wenigstens Empfehler, die die Unternehmensbotschaften teilen und damit vielleicht andere zu Käufern machen. In diesem Zusammenhang erfahren wir auch einiges über Corporate Blogs. Social-Media-Mix, über das Wecken und Erfüllen von Erwartungen, über Communitys, Blogger-Relations, crossmediales Storytelling und einiges andere mehr.


    Alles klar – bis man’s dann selber macht
    Wie immer, wenn einem ein erfahrener Experte/eine Expertin etwas erklärt, nickt man und denkt: ‚Ist ja vollkommen logisch. Wie soll es denn sonst funktionieren?‘ Und wenn man das Gelernte dann umsetzen soll, hakt es an ganz unerwarteten Stellen. Einige der geschilderten Fehlversuche und Irrwege kamen mir sehr bekannt vor, teils aus eigener Anschauung, teils aus den Erfahrungen von Freunden aus den unterschiedlichsten Branchen. Das passiert alles wirklich – auch wenn die Sache in der Theorie noch so einleuchtend ist.


    Wie man typische Defizite identifizieren und beheben kann, verrät uns die Autorin auf den Seiten 216 ff. Und die „10 Schritte zur Relevanz und dauerhafter Sichtbarkeit Ihres Unternehmens“ (Seite 224 ff.) führen uns noch einmal im Galopp durch das Content-Kapitel.


    Das Buch ist für Firmen jeder Größenordnung interessant und relevant. Wenn’s allerdings nur die kleinen Lichter aus den großen Firmen lesen würden, wäre das bedauerlich. Dann wüssten sie zwar, warum das in ihrer Firma nicht so recht klappt mit dem digitalen Wandel, aber sie könnten von ihrer Position aus nichts daran ändern. Die Unternehmer und Entscheidungsträger sollten das Buch lesen. Das wäre hilfreich und wünschenswert.


    WEB ODER STIRB liest sich nicht so locker weg, wie der saloppe Titel vielleicht vermuten lässt. Es ist ein anspruchsvolles Sachbuch, und man muss sich schon konzentrieren. Auch alte Marketinghasen können da nicht einfach so darüber hinweghuschen. Die werden vielleicht nichts radikal Neues lernen, aber sich doch sehr wundern, wie oft man altbewährte Erkenntnisse über Bord wirft, nur weil einer „ditigal“ sagt.


    Was ein bisschen wunderlich und absunderlich ist, ist das Vorwort. Das rät ja quasi davon ab, das Buch zu lesen! Aber ich glaube, ich bin ohnehin der einzige Mensch, der Vorworte und Danksagungen liest, also ist das nicht weiter schlimm. ;)


    Die Autorin
    Dr. Kerstin Hoffmann gehört in Deutschland zu den bekanntesten Beratern, Speakern und Autoren aus dem Bereich PR, Social Media und digitale Strategien. Sie ist Kommunikationsberaterin, hat Journalismus gelernt, Geisteswissenschaften studiert und in Germanistik promoviert. Ihr Blog "PR-Doktor" ist eines der führenden deutschen PR-Blogs. Vom Branchenmagazin t3n wird Kerstin Hoffmann zu den 20 wichtigsten Meinungsbildnern aus dem Bereich PR und Social Media gezählt. An der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf lehrt sie Public Relations und digitale Strategien.

  • Was man keinesfalls tun sollte: Die Unternehmenskommunikation in den sozialen Netzwerken den Praktikanten überlassen.


    Och ... der Praktikant der WELT macht das aber nicht schlecht ... :breitgrins:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Je nach Firma reicht vielleicht auch nur eine kleine Internetseite mit Angaben zu Branche, Öffnungszeiten, besonderen Angeboten/ Spezialisierung und Kontakt/ Anfahrtmöglichkeiten.


    Kürzlich ist hier ein Delikatessengeschäft angeblich umgezogen, die neue Adresse stand einige Zeit lang am Fenster. Dort habe ich den Laden kürzlich gesucht und nicht gefunden; Google ergab nur einen Eintrag auf einer Bewertungsseite unter der alten Adresse. Also ist der Laden für mich jetzt de facto weg.


    Firmenblogs etc. lohnen sich mMn nur für bestimmte Firmen und das sind mMn meist solche, die jetzt schon im Netz vertreten sind.
    Zunächst möchte der Kunde doch wissen, ob es eine Firma gibt, wo die sich befindet, wie er sie erreichen kann und worauf sie spezialisiert ist (und ggf. noch Preise).


    Für einen großen Faktor halte ich als Laie mal Bewertungsportale. Die sollte man mMn kennen und regelmäßig lesen. Früher wurde man als kleine Firma vielleicht durch Mundpropaganda bekannte und es kamen auch Kunden, die nur weit zurück liegende Erfahrungen ihrer Freunde kannten oder einfach das Angebot mangels Alternative annahmen. Heute ist es umgekehrt; man informiert sich auf Bewertungsseiten und negative Bewertungen schrecken sehr schnell ab, also muss die Firma sehr schnell reagieren, damit ein paar positive Erfahrungen hinzukommen.
    Teilweise kann man das in der Gastronomie live beobachten (Bewertungen gelesen, man kommt in den Laden, genau die Kritikpunkte der früheren Gäste werden sehr bemüht vermieden).


    Ein interessanter Aspekt ist mMn die Verwendung sozialer Netzwerke etc. in einem Grenzbereich zwischen der eigenen Branche und dem Privatleben. Man schreibt nur am Rande von seiner Arbeit und zieht sich eher durch seine Art zu Schreiben interessierte neue Kunden heran (wie diese Buchhändlerin, die Kurioses aus ihrem Arbeitsalltag schreibt). Damit übertritt man natürlich ein bisschen die Grenze zwischen Beruf und Privatperson und gibt ein kleines Stück von sich preis (oder erfindet es). Das mag und kann auch nicht jeder.


    LG
    von Keshia


    PS
    Anfangs dachte ich auch, dass es sich um ein Buch über Weber handelt...

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Och ... der Praktikant der WELT macht das aber nicht schlecht ... :breitgrins:


    Facebook-Scherzkekse sind damit nicht gemeint. Da geht's wirklich darum, dass man nicht irgendwelche Leuts frisch von der Schule hinsetzt und sagt: "Mach uns mal facebook". So ganz ohne Unternehmenskenntnis, Ziel und Strategie wird das nix. Und nach einem halben Jahr ist der Prakti weg und mit ihm das Passwort.