Ray Bradbury - Fahrenheit 451

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  • Eigentlich ist schon alles zu diesem Büchlein gesagt worden, aber ich wiederhole es gerne.


    Erschreckend mit welcher Weitsicht Bradbury unsere heutigen Unterhaltungsmedien zu benennen wusste. Ein Reflektieren und Hinterfragen wird nicht gerne gesehen, eher findet man im Fernsehen seine Familie. Der Mensch soll glücklich sein, was er aber nicht wird, wenn er hinterfragt, Bücher liest, an seiner Umwelt teilnimmt. Aber ist er das wirklich? Wird dem Leser nicht anhand von Mildred gezeigt, wie unglücklich und leer diese "glückliche" Hülle tatsächlich ist?


    Bei dieser Lektüre kann einem schon Angst und Bange werden, so viel aktueller Bezug ist zu finden. Gleichzeitig macht die Geschichte aber auch Mut. Mut, dass der Mensch zur Einsicht kommt, denn es wird immer einige geben, die gegen den Strom schwimmen und doch hinterfragen was man ihnen bietet. Bzw. die den "aus" Knopf an ihrer Fernbedienung noch kennen.


    :tipp: 5ratten

  • Endlich, endlich konnte ich eine riesen Leselücke schließen!


    Eigentlich gibt es den bisherigen Kommentaren und Rezensionen wenig hinzuzufügen. Obwohl ich in letzter Zeit eher durch sehr, sehr langsames Lesen auffalle, hatte ich dieses Buch in zwei Tagen durch. Die Atmosphäre, die Bradbury schafft, fand ich sehr beklemmend und fesselnd und Bücherverbrennungen sind ja leider alles andere als Fiktion.
    Am beeindruckendsten fand ich die Dialoge zwischen Montag und seiner Frau, da empfand ich für beide nur Mitleid.
    Sehr gut gefallen hat mir auch die Idee, dass unterschiedliche Menschen Bücher oder Buchkapitel mit sich im Kopf rum tragen.


    Der holprige Stil wäre mir dafür gar nicht aufgefallen. Liegt vielleicht daran, dass ich auf Englisch gelesen habe? Oder daran, dass ich so vom Inhalt gefesselt war, dass mir der Stil gar nicht mehr aufgefallen ist :breitgrins:


    Sehr schön fand ich auch das Vor- und Nachwort von Bradbury und wie er dabei erzählt, wie er dieses Buch in der Bibliothek der UCLA an mietbaren Schreibmaschinen für 10 Cent gegen eine gewisse Zeit geschrieben hat und dass ihn Fahrenheit 451 genau 9,80 US-Dollar gekostet hat :zwinker:


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • Ich hatte dieses Buch vor zwei Jahren gelesen und ich habe es immer noch in guter und auch sehr intensiver Erinnerung. Nun war ich die letzte drei Tage auf einem Klezmer-Workshop und dort spielten wir sehr viel Musik ohne Noten. Warum es so wichtig ist Musik auch auswendig zu können, ohne dass man sich auf Noten verlassen muss, wurde von einem der Dozenten, einem wundervollen Klezmer-Akkordeonisten aus Berlin, wie folgt erklärt:
    Auch Musik muss bewahrt werden, und dass macht man am besten mit dem Herzen und im Kopf - ohne Papier, welches verbrannt werden kann, nicht aber die Erinnerung an die Melodie, die von Musiker zu Musiker weitergegeben werden kann. :herz:


    Ich habe nun schon, durch die drei Tage, zwei Stücke sicher verwahrt :smile: - in meinem Herzen.

  • Ich habe das Buch vor Jahren in der Schule gelesen.


    Grundsätzlich fand ich es ja ganz gut, nur den Schluss fand ich total unpassend und platt.


    Es geht ja im Grund in der Geschichte um die Notwendigkeit für gesellschaftliche Veränderungen und als Lösung bildet sich eine kleine Parallelgesellschaft, die Bücher auswendig lernt?!


    Analog wäre das heute mMn so, als ob als Lösung für gesellschaftliche Probleme sich kleine Internetcommunities bilden, die das Problem diskutieren - und da dann aufhören.



    Zur Entwicklung/ Gegenwart habe ich eher das Gefühl, dass es zwei unterschiedliche Tendenzen gibt:
    Viele Menschen sind routinemäßig immer besser informiert und gewohnt, diese Informationen auch kritisch zu durchdenken, diskutieren und ggf. sich politisch zu engagieren (oder anderweitig) - viele Menschen sind allerdings auch total mediengläubig, oft wird nicht mehr zwischen Doku und Soap unterschieden (von den Machern natürlich gewollt ... :rollen:) - gerade bei älteren oder jüngeren Menschen.


    Gelesen wird meines Wissens so viel wie nie zuvor - einmal ja aufgrund der veränderten Medienlandschaft - wer im Netz kommuniziert muss halt lesen können - aber auch Bücher sind ja wieder m.W. sehr gefragt - auch durch das vergrößerte Angebot von Spezialtiteln und Titeln in allen möglichen Sprachen.


    Die Allgemeinheit wird m.W. immer gebildeter und kritischer (in den "wohlhabenden Ländern" jedenfalls) - ein kleiner (?) Teil nimmt sich davon aus, aus diversen Gründen, und bleibt Schaf.
    Vielleicht auch, weil dieser Teil nicht viel Geld hat und damit andere Sorgen bzw. sich schon aus der Gesellschaft ob des Geldmangels verabschiedet hat und Medienkonsum - im Wortsinne - als Tranquelizer benutzt.


    Wer müde ist, kann dann auch nicht mehr lesen oder kritisch denken und handeln. :rollen:



    Liebe Grüße von
    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Inhalt:


    Fahrenheit 451: Die Temperatur, bei der Papier verbrennt. Montag ist Feuerwehrmann, doch seine Aufgabe besteht nicht darin, Feuer zu löschen, sondern es zu legen. Denn Bücher sind gefährlich und niemand darf sie besitzen. Fliegt jemand auf, so brennt sein Haus. Bis Montag irgendwann selber anfängt, mit dem Feuer zu spielen...


    Meine Meinung:


    Ray Bradburys "Fahrenheit 451" ist eines jener Bücher, die ich schon so lange lesen wollte, aber irgendwie nie geschafft habe. Jetzt endlich konnte ich meine Wissenslücke schliessen und was bin ich froh, dass ich das getan habe!


    Schon auf den ersten Seiten verzauberte Bradbury mich. Er erzählte mir eine Geschichte und weigerte sich, mich wieder gehen zu lassen, bevor ich sie nicht zu Ende gehört hatte. Bradybury wählt genau die richtigen Worte, um mich zu packen und zu fesseln. Fesseln im wahrsten Sinne des Wortes, ich wollte gar nicht mehr aufhören zu lesen!


    Die Welt, in der Montag lebt, möchte ich nicht kennenlernen. Diese abgestumpfte, trostlose Welt, in der jeder nur seinem Vergnügen nachhängt und sich weigert, hinter die Kullissen zu blicken. Nein, danke. Umso mehr faszinierte mich Montag selber. Nicht unbedingt er als Person, sondern seine Wandlung. Die Wandlung von einem angesehenen Mann zum Ausgestossenen. Seine Gedanken brannten sich in mein Hirn und auch der Schluss gefiel mir ausserordentlich gut. Denn er zeigt auf, dass es immer noch Hoffnung gibt. Leute, die nicht aufhören zu glauben und für das eintreten, was sie für richtig halten.


    An einigen Orten hörte ich, dass das Buch nicht leicht zu lesen sei. Dem kann ich jedoch nicht zustimmen. Bradbury benutzt eine schöne, tiefsinnige, feinfühlige Sprache, ja. Keine Sprache, die man auch im Alltag spricht. Genau das mochte ich, es passte zur ganzen Stimmung, die er heraufbeschwört. Dennoch fand ich das Buch sehr flüssig zu lesen. Vielleicht liegt es an der Übersetzung oder an der Übung - wer weiss?


    Fazit:


    Ich bin hin und weg von der Geschichte und werde sie tief in meinem Herzen bewahren. Wunderbar und wundervoll, obwohl gleichzeitig auch beängstigend. Tiefgründig und unterhaltsam zugleich.


    5ratten

    //Grösser ist doof//

  • An einigen Orten hörte ich, dass das Buch nicht leicht zu lesen sei. Dem kann ich jedoch nicht zustimmen. Bradbury benutzt eine schöne, tiefsinnige, feinfühlige Sprache, ja. Keine Sprache, die man auch im Alltag spricht. Genau das mochte ich, es passte zur ganzen Stimmung, die er heraufbeschwört. Dennoch fand ich das Buch sehr flüssig zu lesen. Vielleicht liegt es an der Übersetzung oder an der Übung - wer weiss?


    ich kann nur sagen, dass es an Bradburys Talent liegt, Dinge in Worte und Bilder zu fassen. Ich war ebenfalls begeistert von diesem Buch. Aus diesem Grund habe ich mich auch an ein ganz anderes Genre herangewagt, welches mir bis zu diesem Zeitpunkt noch sehr fremd war. Bradbury hat "Die Mars-chroniken" geschrieben. Das Buch fällt unter das Genre Science-Fiction, aber Bradbury beschreibt auch dort auf faszinierende Art und Weise, den Charakter der Menschheit und deren Gesellschaft.

  • Nachdem mir 451 so gefallen hat, werde ich bestimmt noch ein paar andere Bücher von ihm lesen! :winken:

    //Grösser ist doof//

  • Inhalt


    In einer dystopischen Zukunft sind Bücher verboten. Erlaubte Medien sind Radio und Fernsehen, die allerdings die Bürger manipulieren und abstumpfen lassen. Der Protagonist des Romans trägt den Namen Guy Montag und ist Feuerwehrmann – d.h., seine Aufgabe besteht darin, verbotenerweise gesammelte Bücher zu verbrennen.
    Guy zweifelt insgeheim allerdings am aufgebauten System, und seine Zweifel werden noch verstärkt, als er auf Clarisse trifft, eine junge Frau die ihm die Schönheit und den Wert des gedruckten Wortes vor Augen führt. Guy beginnt zu rebellieren und wird schnell zum ungeliebten Staatsfeind.


    Meinung


    Klassische Dystopie, die durchaus mit den Genreklassikern mithalten kann. Das geschichtliche Setup ist nichts neues, Guy lebt in einem absolutistischen Staat, dessen Führung damit beschäftigt ist, das einfache Volk von den wesentlichen Dingen abzuhalten.
    „Neu“ ist allerdings die Art und Weise, wie die unbekannten Herrscher vorgehen: im Gegensatz zum Großen Bruder Orwells, in dessen Welt die Geschichte ständig neu gedeutet, uminterpretiert und umgeschrieben wird (FakeNews lassen grüßen!), sodass niemand mehr weiß, was wahre Historie und was Fiktion ist, werden in Bradburys Roman kurzerhand alle schriftlichen – und damit langlebigen – Werke verbannt – aus den Augen, aus dem Sinn, sozusagen. Nicht umsonst ist die Entwicklung einer Schrift eine der höchsten Leistungen eines Volkes, und alle frühen Hochkulturen waren gerade durch die Existenz einer Schriftform gekennzeichnet.


    Der gesunde Menschenverstand gebietet allerdings eine andere „Kulturform“, um die Bürger von den dringenden Problemen ihrer Zeit abzulenken (wie dem nebenbei erwähnten Krieg). Prophetischerweise – Fahrenheit 451 wurde bereits 1953 geschrieben – sind die Medien der Wahl vor allem Radio und Fernsehen, mit denen die Stadtbürger geradezu bombardiert werden. Anstelle von informationslastigen Dokumentationen oder Tatsachenberichten, politischen Interviews oder ähnlich sinnvollen Bildergeschichten werden die Zuschauer im wahrsten Sinne des Ortes mit stumpf produzierten Shows zugemüllt und verblödet. Unwillkürlich stellt sich dem heutigen Leser die Frage, ob es bei dem nachmittäglichen Programm gewisser Sender nicht an der Zeit wäre, die Reißleine zu ziehen – gewisse Parallelitäten sind nicht zu übersehen, und die Folgen davon bekommt ebenfalls jeder mit, der mit offenen Augen durchs Leben geht.


    Geniale Idee – und wieder ein prophetischer Vorgriff auf die Political Correctness heutiger Tage – ist die Umdeutung des Begriffs Feuerwehr (bzw. die Zweideutigkeit des Wortes Firemen im Englischen). Die einstigen Helden der Brandbekämpfung, die (Vorsicht, Klischee) alten Omas ihre Kätzchen vom Baum holen, sind zu Verrätern ihres Heldentums und zu Unterstützern des Systems geworden, ein absolut feinsinniger Kunstgriff Bradburys.


    Zu was der Zerfall schriftlicher – und damit streng genommen jeglicher – Kultur führt, wird auch am Beispiel der Jugendlichen deutlich, für die es zum neusten Trend geworden ist, fremde Bürger aus Jux und Tollerei zu Tode zu hetzen.


    Ein Schelm, wer Böses dabei denkt und den Prozess in Berlin vor Augen hat.


    Sonnige Tage und erholsame Nächte!


    5ratten

    Auf meinem Blog <br /><br />cynthor.wordpress.com <br /><br />findet ihr meine Rezensionen, weitere &quot;Bücherschätze&quot; sowie Infos zu meinem gesellschaftskritischen Fantasy-Roman &quot;Ethopia - Erwachen&quot;.

  • Ich gebe meinen Senf hier auch mal dazu, nachdem ich das Buch gestern endlich mal auf Deutsch gelesen habe:


    Fahrenheit 451 habe ich bereits mehrfach in der Originalversion gelesen und jetzt zum ersten Mal in der deutschen Übersetzung, die wirklich hervorragend ist und das Buch meiner Meinung nach auch Erstlesern sehr zugänglich machen wird. Stören wir uns ausnahmsweise mal nicht an der Tatsache, dass das Mädchen Clarisse das Klischee des Manic Pixie Dream Girls vollends erfüllt. Ich weiß, es ist ein Buch seiner Zeit. Bradbury war in dieser Hinsicht wie viele seine schreiberischen Kollegen ein Mann seiner Zeit. Lassen wir das einfach mal alles beiseite.


    Nehmen wir das eigentliche Thema. Pulen wir es heraus aus dem ganzen Drumherum. Die Menschen in Bradburys Roman wollen es einfach und sie wollen sich vergnügen. Sie wollen keine Zusammenhänge erkennen, geschweige denn verstehen. Sie wollen es einfach. Eine homogene eigentlich zufriedene Konsumgesellschaft, deren Wunsch nach mehr Konsum und Zufriedenheit die Menschen antreibt. Bradbury überzeichnet seine Figuren und erschafft ein erschreckendes Bild einer Gesellschaft, in der keiner mehr kommuniziert. Und Bücher sind verboten.


    Das eigentlich erschreckende dabei ist, dass dieses Verbot und diese Zensur nicht von der Regierung vorgegeben wurden sondern es ein schleichender Prozess, von der gesamten Gesellschaft hausgemachter Prozess ist.

    Zitat

    Es kam nicht von oben, von der Regierung. Es fing nicht mit Verordnung und Zensur an, nein! Technik, Massenkultur und Minderheitendruck brachten es ganz von allein fertig.

    Zitat
    Nur keinen beleidigen, niemandem auf den Schlips treten. Politische Korrektheit wurde auf die Spitze getrieben und führte dazu, dass Bücher und Artikel und und und eingekürzt wurden auf einen Satz, dessen Aussage sinnlos war.


    Bei dem Minderheitendruck muss ich gestehen, stößt es mir schon etwas auf. Minderheiten sind hier alle und jeder. Gern kann man diesen Punkt als potentielle Gefahr für allgemeine Verdummung in heutigen Diskussionen anführen, aber man schließt dabei nicht nur echte Minderheiten ein, die tatsächlich diskrimiert werden, sondern alles und jeden, Hundebesitzer und was weiß ich. Das ist in der Tat krank und hier sollte man bewusst differenziert das Thema des Minderheitendrucks betrachten. Ich halte es nicht für richtig, alte Werke politisch korrekt neu zu schreiben. Sie sind ein Spiegel ihrer Zeit und sollten das mit allen guten und schlechten Dingen bleiben. Ich halte es allerdings für wichtig, dass Autoren und Kreative der heutigen Zeit Dinge berücksichtigen und sich für Augen führen, dass nur durch ihr Werk eine echte Veränderung erfolgen kann. Wenn wir weiterhin Bücher schreiben, die Frauen und Menschen homosexueller Orientierung diskriminieren, wird auch die Gesellschaft ihre Denkweisen nicht ändern. Hier MUSS zwingend korrekt gehandelt werden. Und hier ziehe ich jeden Autor der heutigen Zeit in die Verantwortung.


    Wie ich oben schrieb, ist Clarisse, die unserem männlichen Helden Guy Montag die Augen öffnet und ihn zum Hinterfragen animiert, ein Manic Pixie Dream Girl. Das ist ein in vielen Medien oft verwendetes und mittlerweile ausgelutschtes Klischee: Eine weibliche Figur, deren einzige Rolle und der Sinn ihrer Existenz in einem Medium einzig darin bestehen, dass sie dem meist männlichen Helden die wahre Welt zeigt, ihm die Augen öffnet. Meistens ist sie quirlig und ein bisschen schräg und so anders als der Rest. Es ärgert mich in vielen Büchern und Filmen und Videospielen ungemein, wenn dieses Klischee auch heute noch von Autoren der heutigen Zeit bedient wird. Bradbury sehe ich es nach. Allen Autoren seiner Zeit und davor sehe ich es nach. Autoren der heutigen Zeit allerdings nehme ich es arg übel. Autorinnen sogar noch ein bisschen mehr.

    Aber zurück zum Thema Zensur. Guy ist Feuerwehrmann und verbrennt Bücher. Die Vorstellung, dass die Feuerwehr Brände löschte statt Feuer zu legen, erscheint ihm lächerlich. Clarisse ändert sein Leben. Plötzlich sieht er, wie dumm seine Frau ist mit ihren Fernsehserien und der ständigen Berieselei. Ebenso ihre Nachbarinnen. Guys Frau vergisst sogar, dass sie versucht hat, sich das Leben zu nehmen. Beide erinnern sich nich mehr daran, wie sie sich eigentlich kennengelernt haben. Und irgendwo am Rande droht ein Krieg auszubrechen, aber für den interessiert sich keiner. Tod, Trauer, alles Dinge, die passieren und vor denen man die Menschen beschützen muss, weil es ihr Glück stört.


    Bücher bzw. deren Inhalte sind dabei das, was dieses Glück bedroht. Warum? Weil Bücher die Fantasie anregen und die Menschen lehren, Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen, und Dinge zu hinterfragen.


    An einem Abend nimmt Guy von einer Verbrennungsaktion ein Buch heimlich mit nach Hause. Es wird erst später klar, dass er das bereits öfters getan hatte und es ihm nicht bewusst war. Doch nun liest er, sich selbst darüber im Klaren, dass es verboten ist. Als würden diese Bücher ihn verändern. Aber eigentlich war es Clarisse, die den Anstoß zu allem gab.

    Zitat

    Sie wollte nicht wissen, wie etwas gemacht wird, sondern warum. Das kann unangenehm sein. Frag ständig, warum und du bist am Ende sehr unglücklich.

    Zitat
    Personifizierter Gegner von Guy Montag ist sein Vorgesetzter, Captain Beatty, einem Mann, der in Dialogen ein Bücherzitat nach dem anderen bringt und behauptet, dass jeder Feuerwehrmann irgendwann mal in diese Versuchung gerät, ein Buch zu lesen.


    Als es klar wird, dass Guy von seiner eigenen Frau und ihren Nachbarinnen angezeigt wurde und die Feuerwehr bei ihm auftaucht, dreht er durch. Er tötet seinen Vorgesetzten und erst im Nachhinein wird im klar, dass der eigentlich sterben wollte. Captain Beatty ist dabei eine sehr komplexe Figur, die dem Leser sehr unsympathisch bleibt. Er ist sehr gebildet und kennt den Inhalt von mehreren Büchern, trotzdem ist er systemtreu bis zum Schluss. Ich persönlich bin überzeugt, dass er sich im Vergleich zu anderen im Buch erwähnten Menschen, die ihrem Leben selbst ein Ende setzten, über sein Unglücklichsein im klaren war.


    An ihm wird es deutlich, dass nicht die Bücher und ihr Inhalt das Problem sind, das Unfrieden stiftet, sondern jeder Mensch für sich.

    Zitat

    Seelenruhe, Montag. Beschäftige die Menschen mit Gewinnspielen, wer am meisten Schlagertexte kennt oder Hauptstädte aufzählen kann und dergleichen. Stopfe ihnen den Kopf voll mit nüchterner Tatsachen, bis sie sich zwar überladen, aber doch >umfassend informiert< vorkommen. Dann glauben sie, denkende Menschen zu sein und vom Fleck zu kommen, ohne sich im Geringsten zu bewegen. Und sie sind glücklich, weil diese Tataschen keinem Wandel unterworfen sind.

    Zitat
    Guy flieht und trifft am Ende auf eine Gruppe Landstreicher, die ihn in ihre Mitte aufnehmen. Sie alle sind aus dem System ausgestiegen und wollen dafür sorgen, dass Geschichten und die Inhalte von Büchern nicht in Vergessenheit geraten.


    Es gibt in diesem Roman zwei Zitate, mit denen ich vollkommen übereinstimme und die ich selbst für mich schon sehr lange als Lebenseinstellung habe:

    Zitat

    Was ich hasse ist ein Römer namens Status quo.

    Zitat
    Ein Status Quo steht echter Veränderung im Wege und es gibt leider zuviele Menschen, die den Status Quo beibehalten wollen, koste es was wolle. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass dieses Zitat von einem der 'Landstreicher' kommt, einer kleinen Gruppe, die am Rande steht und wartet, ohne tatsächlich zu versuchen, das System zu verändern.
    Zitat

    Verlangt keine Sicherheit, so ein Tier hat es in unserer Welt nie gegeben.

    Zitat
    Sicherheit gibt es nicht. Als 2016 in meiner Heimatstadt München ein Schüler im Olympia Einkaufszentrum Amok lief, fragten mich danach viele, ob ich mich denn in München überhaupt noch sicher fühlen würde. Meine Antwort lautete damals wie heute: Ja! Leben ist mit Risiko verbunden. Es ist sehr wahrscheinlicher, dass ich beim Überqueren einer Straße vom Auto überfahren werde, als dass mich ein Amokläufer erschießt. Ich habe mir beim Herabtreten von Gehweg vor 7 Jahren so dermaßen schlimm den Fuß umgeknickt, dass mein Sprunggelenk gebrochen und meine Bänder gerissen waren. Das veränderte mein Leben zwar nicht dauerhauft, aber doch für einige Monate und es dauerte insgesamt 18 Monate, bis ich wieder schmerzfrei laufen konnte. Was ich damit sagen will, es kann jeden von uns jederzeit und überall erwischen. Es gibt im Leben nur eine Garantie und das ist die, dass wir alle irgendwann sterben werden. Und ich hasse es, wenn sich Menschen in falscher Sicherheit wiegen. Oder wenn im Namen der Sicherheit Menschenrechte und Freiheiten eingeschränkt werden.


    Wir tendieren nur alle allzugern dazu, zu vergessen, dass wir nur ein Teil dieser Welt sind und dass wir alle vergänglich sind. Es gibt keine Sicherheit.


    Fazit:

    Fahrenheit 451 war nicht nur damals aktuell sondern ist es auch heute, 50 Jahre später immer noch. Wenn nicht sogar aktueller als je zuvor. Wir Menschen sind nicht ehrlich zu uns selbst. Wir sind wahre Heuchler und wir belügen uns gern. Gegenseitig und uns selbst. Und abgesehen davon sind wir alle faul und bequem. Wir lieben die Annehmlichkeiten und die Bequemlichkeit. Wie wir an Captain Beatty sehen, ist es nicht nur wichtig, Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen. Um wirklich etwas zu verändern, muss man handeln.


    Klare Lesempfehlung für diesen Roman, den jeder mal gelesen haben sollte.

    5ratten

    ~~ noli timere messorem ~~

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