Schon mal bei Eiseskälte um 6 Uhr morgens vor einer Buchhandlung Schlange gestanden?
Ihr wahrscheinlich nicht - ich mache das allerdings einmal jährlich, nämlich wenn hier in Schweden der "Bokrea" beginnt. Das schwedische Buchhandelssystem weist einige Sonderbarkeiten auf, die in Deutschland undenkbar sind, und der Bücherschlussverkauf ist eine solche. Hier verschwinden Bücher sehr schnell aus dem Sortiment, und alles was älter als 3 Jahre ist, ist im normalen Buchhandel kaum mehr erhältlich. Das ist einerseits schade, da man bei älteren Büchern auf Bibliotheken oder Antiquariate angewiesen ist, falls man sie nicht gelesen oder ungelesen im Regal stehen hat, hat aber den Vorteil, dass man jedes Jahr im Februar, wenn die "alten" Bücher verramscht werden, gebundene Bücher zu sehr humanen Preisen ergattern kann - wenn man früh genug aufsteht.
Zu einem erfolgreichen Bokrea gehört die Einhaltung eines Rituals. Es beginnt 1-2 Wochen vorher mit dem genauen Studium der Kataloge, in denen die Buchhandlungen und -ketten ihre Bücher und die Preise vorstellen. Erst wird alles eventuell interessante angekreuzt, dann eine Liste gemacht, in denen die verschiedenen Preise verglichen werden - sie können sich ziemlich unterscheidend. Dann wird ein Schlachtplan aufgestellt: wo gehe ich als erstes hin, welche Buchhandlung kommt dann dran, wo lagere ich meine bisherigen Einkäufe zwischen, wenn ich schon zu viel zu schleppen, aber noch einige Buchhandlungen abzuklappern habe, wo frühstücke ich, um die Öffnung einer sehr interessanten Buchhandlung abzuwarten, die in einem Kaufhaus liegt, das erst um 10 Uhr morgens öffnet, und schließlich stürze ich mich ins Getümmel.
Dieses Getümmel übertrifft den schlimmsten Weihnachtsrummel um Längen! In einer Buchhandlung, die besonders eng ist und besonders billige Preise hat, steht man in der Kassenschlange schon mit Betreten des Geschäfts. Die Schlange ringelt sich einmal durch den gesamten Laden, und auf dem Weg zur Kasse sammelt man alle interessante Bücher ein. Dumm ist es nur, wenn man ein Buch vergessen hat; dann muss man entweder noch eine Runde drehen, oder quer durch den Laden wildfremde Büchersüchtige darum bitten, ein Exemplar des gewünschten Buches doch durchzureichen, was eigentlich problemlos funktioniert. Trotz der frühen Zeit, der Enge und des ewigen Anstehens ist nämlich die Stimmung gut, man spiezt in die Einkaufskörbe der anderen, in der Hoffnung, weitere schöne Bücher zu entdecken, macht sich gegenseitig auf besondere Schnäppchen aufmerksam, lacht über ähnlich aussehende Einkaufslisten etc. und hat einfach einen guten Tag!
Nächste Woche ist es so weit!
Einen Bericht werde ich natürlich liefern (und eine lange Liste meiner neuesten Regalbewohner).