Eberhard Rathgeb - Cooper

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 927 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Xirxe.

  • Wenigstens hatte es nicht viele Seiten…


    Ein weißes Haus – hell, warm und übersichtlich – wartet, an einer Landstraße gelegen und von Obstbäumen umzingelt, auf seine neuen Bewohner. Diese zelten nachts im Garten, da das Haus noch so leer ist.
    Schon bald haben die Kinder das Land in Besitz genommen, wie sie sich ausdrücken, und bereits erste Verstecke hinter Farn ausfindig gemacht.
    Am nächsten Morgen beschließen Jakob und die Kinder, zum nahe gelegenen See zu gehen, Linda jedoch besteht darauf, beim Haus zu bleiben, um in den leeren Zimmern aufzuräumen… Während sich Carlotta und Nora darüber unterhalten, wer von beiden nun Recht hat, ob ihre Mutter letzte Nacht geweint hat, ist Linda gerade mit dem Putzen der Fenster fertig geworden. Was dann folgt breitet Dunkelheit über den zuvor so sommerlich-freundlichen Tag aus: Brutal wird sie ermordet, auf blutrünstige Art und Weise. Sie vermutet, dass der Täter muskulös und groß sein muss, kann jedoch keinen Blick mehr auf ihn erhaschen. Aber irgendwie auch nicht, denn als ihre Familie, einem unguten Gefühl folgend, zum Haus, welches nun tot wirkt, zurückkehrt, liegt Lisa tränenüberströmt am Boden und wimmert. Etwas Schlimmes muss passiert sein, meint Jakob, Lisa ist allerdings noch am Leben.
    Aber anstatt das Haus, welches sie unter Inkaufnahme hoher Schulden erworben haben, zu verkaufen, kommt für die Familie trotz der Ereignisse nicht infrage, sodass sie bald beginnen, es wohnlich einzurichten.
    „Der Wille ist eine Notlüge des Lebens , weil wir das Unrechte zu tun in der Lage sind, aber die Vorstellung vom alleserschaffenden Willen wird dem Leben nicht gerecht.“ (S. 125) Wenn wir alle dann, als Handwerker beschrieben, Gestirnen gleich unsere Bahnen ziehen, während die Gegenwart den Wendepunkt darstellt, breitet sich bei mir die ohnehin schon herrschende Verwirrung endgültig aus. Mit den vielen Parabeln (?) konnte ich ebenso wenig anfangen: „Schau dir die Bauern an, wenn sie auf ihren Maschinen über die Felder fahren, ohne Sinn für das reiche Leben in der Erde unter ihnen. Sie sitzen wie Könige auf ihren Kolossen und sehen stur geradeaus, dorthin, wo der Feind steht, die Zeit, deren Übermacht sie fürchten.“ – und so weiter… Auch „der liebe Gott“ (S.137) wird über viele Seiten behandelt, denn Lisa redet auf ihn ein und erhält erneut bahnbrechende Erkenntnisse, die ich nicht nachvollziehen kann…


    Die ganze Zeit über habe ich das Buch als sehr verwirrend wahrgenommen und hatte das Gefühl, jeder Charakter lebe in einer vollkommen anderen Welt. Zu Beginn habe ich mich noch gefragt, was denn nun wirklich vorgefallen ist, wenn beispielsweise ein Junge mit einer Wassermelone nach Jakob wirft, als wäre es ein Basketball, obwohl sonst niemand den Jungen hat sehen können… Oder wenn eine einäugige Katze an einem Ort auftaucht, an dem sie sich keinesfalls aufhalten kann, da sie nicht so viel Weg wie nötig wäre in so kurzer Zeit hinter sich bringen könnte – sie müsste schneller als ein Auto sein… Doch irgendwann war es mir dann einfach zu viel, denn Menschen die ermordet werden oder tödliche Unfälle haben und kurz darauf mit Kühlschränken im Garten reden, sind mir schlicht weg suspekt…
    Darüber hinaus empfand ich den Schreibstil als sehr anstrengend und ermüdend, denn, auch wenn überaus viel wörtliche Rede verwendet wird, ist diese nie als solche gekennzeichnet. Bei langen Dialogen erfährt man als Leser deswegen nur in den seltensten Fällen, wer gerade welche Äußerung macht oder ob etwas gedacht oder gesagt worden ist.
    Außerdem ist das Gesagte auch nicht wirklich mein Fall, da die Unterhaltungen der Kinder bei mir erneut Verwunderung auslösen. Ich bin mir noch immer nicht sicher, wie alt sie sein sollen. Zwar gehen sie zur Schule, allerdings sind ihre Aussagen meines Erachtens nicht stimmig: Mal wirken sie wie Kleinkinder, dann als seien sie bereits sehr alt und erfahren.
    Aufgrund der schwierigen Erzählweise, mit ellenlangen Sätzen, die jedoch nichts ausdrücken, habe ich am Anfang des Buches auch nicht so wirklich verstehen können, von wem die Geschichte nun handelt. Personen werden ja nicht genannt – weder bei Unterhaltungen noch sonstigen Beschreibungen. Da war es schon ein kleines Erfolgserlebnis, als ich die Namen der Protagonisten entdecken konnte. Wer Cooper jetzt so genau ist, habe ich allerdings nicht verstanden… Eine Erscheinung? Der Nachbar? Der Vorbesitzer des Hauses?
    Mir bleiben nach der Lektüre des Buches noch immer zu viele Fragen offen, wobei ich mich nicht wirklich mit ihnen auseinandersetzen mag. Ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, ob Eberhard Rathgeb sie selber beantworten könnte… Ich habe mich wirklich durch das Buch gequält und bin froh, dass es lediglich 139 Seiten umfasst… Für mich ein sehr unbefriedigendes Leseerlebnis, das einen merkwürdigen Eindruck hinterlässt…


    Und so vergebe ich einen einsamen Stern


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    EDIT: Betreff angepasst. LG, Saltanah

  • Der Einstieg fiel mir ganz leicht. Auch wenn wir es diesmal nicht mit einem typischen Thriller zu tun hatten,fand ich die Aufteilung ganz gut. Die Geschichte entwickelte sich langsam und dadurch bekam ich sehr guten Einblick in das jetzige und das frühere Leben der Protagonisten. Die Charaktere selbst wurden von Rathgeb sehr realistisch und authentisch dargestellt. Sie zeigen ihre eigene Verwundbarkeit auf und wirkten auf mich sehr sympathisch und die Protagonisten sind alle nicht unfehlbar und haben größere und kleinere Fehler, so das man sich immer wieder Gedanken über sie macht. Einige Handlungsweisen konnte ich zwar nicht so verstehen, dennoch waren so ziemlich alle gut ausgearbeitet, auch die Umgebungsbeschreiben waren sehr gut. Ich fand es klasse, das die Figuren keine allglatten, nichtssagenden Persönlichkeiten haben, sondern lebensechte Menschen mit Macken und Problemen darstellen. Ich konnte mich sehr gut in deren Geschichten hineinversetzen, was gerade im Thrillergenre oft zu kurz kommt. Hier hat die Rahgeb es aber geschafft, den Thriller mit den Menschen zu verbinden.


    Der Plot selbst gestaltete sich als sehr spannend und fesselnd. Tief in die Psyche der Darsteller einzudringen und alles zu durchleben war wirklich beeindruckend, aber an manchen Stellen auch sehr ergreifend. Es spielen Emotionen und Gefühle eine große Rolle und so wurde es von dem Autor auch dargestellt. Im Laufe der Erzählung wird deutlich, dass weitere Personen durch ihre Liebe, den Hass aufeinander, Freundschaft und fehlender Vergebung zu der furchtbaren Begebenheit beigetragen haben. Darüber hinaus hat deren Beteiligung weitreichende Auswirkungen bis in die Gegenwart. Nicht unbedingt Höchstspannung, dafür aber echter Psychothrill vom Feinsten. Dieser Stil ist absolut fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite. Es gibt einige unvorhersehbare und sehr überraschende Wendungen in der Story, die das Buch durchgehend spannend und kurzweilig halten. Der Thriller wirkt zuerst wie eine Lebensgeschichte, die sich letztendlich dann doch noch zu einem Thriller entfaltet. Wir begegnen hier echten Wahnsinn und werden von einer Menge Emotionen regelrecht überschwemmt.


    Rathgeb ist es sehr gut gelungen bis zum Schluss die subtile Spannung zu erhalten und auch noch eine unerwartete Wendung einzubauen.

  • Schon interessant, wie unterschiedlich Bücher auf einen wirken. Für mich war 'Cooper' eines der Highlights des letzten Jahres und zählt zu meinen Lieblingsbüchern, deshalb


    5ratten


    Wir leben in einer Zeit und einem Land, wo es fast schon selbstverständlich zu sein scheint, dass die Menschen ein zufriedenes und teilweise sogar glückliches Leben führen. Wir müssen uns keine Gedanken darüber machen, wie man am nächsten Tag sich und die Familie mit Essen und Trinken versorgt; wo wir Brennmaterial für die nächste Kälteperiode bekommen; wer einem Stoffe oder sogar Kleidungsstücke besorgen kann. Die wichtigsten Bedürfnisse sind in unserer Gesellschaft (und vielen anderen) einfach zu stillen, sodass es nur noch selten zu solchen fast schon existentiellen Situationen für Manche kommt. So verbringen wir Tag für Tag mit der Selbstverständlichkeit und scheinbaren Sicherheit, dass es schon immer so war und immer so sein wird: Dieses Leben in Ruhe und Frieden ohne die ganz großen Ängste und Sorgen. Dass dies überhaupt nicht selbstverständlich und sicher ist, ist Vielen von uns vielleicht gerade in letzter Zeit deutlich geworden. Doch immer noch scheinen diese plötzlich auftretenden Einbrüche im Leben vor allem Andere zu betreffen und von uns glücklicherweise noch weit entfernt zu sein - auch wenn sie näher rücken.
    In dem schmalen Roman 'Cooper' (gerade einmal 124 Seiten) erzählt Eberhard Rathgeb von einer Familie, die ein solch zufriedenes, wenn nicht sogar glückliches Leben lebt. Doch das Unheil steht bereits in Lauerstellung, auch wenn Vater, Mutter und zwei Töchter nichts davon ahnen. Bei strahlendem Sonnenschein fahren sie gemeinsam ins Wochenende und nichts deutet auch nur im Geringsten darauf hin, dass ihnen ein Schicksalsschlag unmittelbar bevorsteht.
    Es ist bewundernswert, wie es dem Autor gelingt, die Lesenden so in die Geschichte hineinzuziehen, dass man bei jedem noch so schlichten Ereignis mit angehaltenem Atem darauf wartet, dass es jetzt, genau jetzt passiert. Und auch wenn sich nichts ereignet und der Besuch einer Tankstelle sich wirklich nur als der Besuch einer Tankstelle herausstellt, wartet man voller Spannung und auch Furcht auf das Unglück, das da kommen wird. Rathgeb erreicht dies, indem er zwischen die eigentliche Geschichte immer wieder kurze Absätze setzt, die deutlich machen, wie wenig es braucht, um aus dem normalen Leben ins völlige Chaos zu stürzen. Und dass der pure Wille allein nicht immer ausreicht, sein Leben so zu leben wie man es möchte.
    Der titelgebende Cooper ist ein späterer Nachbar von Lisa, der Ehefrau und Mutter, der ihr nahebringt, das Leben so zu nehmen wie es kommt. Es scheinen schlichte Wahrheiten zu sein, doch mit ihnen lässt es sich überleben.
    Ein kleiner Roman, der es in sich hat, auch wenn die Sprache auf den ersten Blick etwas sperrig zu sein scheint. Nicht abschrecken lassen, es lohnt sich!!!

    Je mehr sich unsere Bekanntschaft mit guten Büchern vergrößert, desto geringer wird der Kreis von Menschen, an deren Umgang wir Geschmack finden.    Ludwig Feuerbach (1804 - 1872)